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2013 | OriginalPaper | Buchkapitel

4. Modelltheoretische Analyse zweier Bad-Bank-Konzepte

verfasst von : Thomas Vieten

Erschienen in: Bad-Bank-Konzepte zur Bewältigung von Finanzkrisen

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

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Zusammenfassung

Staatliche Bad-Bank-Konzepte wurden in der Vergangenheit mehrfach zur Bekämpfung von Finanzkrisen eingesetzt. Sie weisen gegenüber anderen staatlichen Interventionen den Vorteil auf, dass sie zumindest vorübergehend für eine Bilanzbereinigung einer teilnehmenden Bank sorgen, indem toxische Aktiva entfernt, und der Bank stattdessen sichere Aktiva zur Verfügung gestellt werden. Dadurch wird die Unsicherheit im Bankensektor reduziert.

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Fußnoten
1
Für einen Überblick über Diamond/Rajan (2011), siehe Abschnitt 3.​3.​7.
 
2
Alle Aktiva werden in diesem Modellrahmen mit ihrer erwarteten (Brutto-) Rückzahlung oder ihrem Nominalwert bilanziert, abhängig davon, welcher Wert geringer ist. Die erwartete Rückzahlung des toxischen Aktivums ist in \(t=0\) geringer als sein Nominalwert, weil ein Schock in der Vorperiode seine Erfolgswahrscheinlichkeit wesentlich reduziert hat. Folglich wurde es auf seine erwartete Rückzahlung abgeschrieben.
 
3
Die Prämie für die Einlagensicherung wurde bereits entrichtet. Sie ist deshalb nicht aufgeführt und für den Bankmanager entscheidungsirrelevant.
 
4
Die Zeitpräferenzrate beträgt null. Es existiert eine sichere Alternativanlage, die keine Verzin sung erbringt. Einlagen sind nicht knapp; die Einleger stehen im Wettbewerb zueinander. Sie sind risikoneutral. Sie verlangen keine Verzinsung, sofern sie ihre Einlagen im Erwartungswert zurückerhalten.
 
5
Ein solches Handelsverbot findet sich beispielsweise im deutschen Bad-Bank-Konzept von 2009; es ist nicht zulässig, die von der Bad Bank erhaltenen staatlich garantierten Schuldtitel zu handeln (DEUTSCHER BUNDESTAG, 2009, §6a, II, Nr. 6).
 
6
Die Neukredite sind mit ihrem Nominalwert L 0 bilanziert, da er geringer ist als die erwartete Rückzahlung θ neu (1 + α)L o mit θ neu (1 + α) > 1, vgl. Fußnote 81.
 
7
Die Prämie für die Neukredite an die Einlagensicherung ist in der Rendite der Neukredite einberechnet.
 
8
Diese Annahme lässt sich auf eine strengere Regulierung als Reaktion auf eine Bankenkrise zurückführen, so dass Banken gezwungen sind, weniger riskant zu investieren. Die Europäische Kommission (2010) weist in diesem Zusammenhang z. B. darauf hin, dass die neuen Finanzaufsichtsbehörden in Europa in Krisenzeiten auch bestimmte Finanztätigkeiten, worunter auch bestimmte riskante Investitionen fallen, verbieten können.
 
9
Stigmakosten spielen bei staatlichen Interventionen eine wichtige Rolle. Ihre Relevanz zeigte sich z. B. im Rahmen der Interventionen der US-amerikanischen Zentralbank in der Finanzkrise von 2007. Aufgrund mangelnder Inanspruchnahme ihrer konventionellen Liquiditätsversorgung, bei denen die Teilnehmer öffentlich beobachtbar waren, richtete sie anonyme Fazilitäten ein, um Stigmaeffekte zu vermeiden (siehe Kapitel 2.​4.​2). Theoretisch wird diese Thematik im Zuge der staatlichen Rettung angeschlagener Banken z. B. von CORBETT/MITCHELL (2000) aufgegriffen, siehe Kapitel 3.​2.
 
10
Aus (4.5) folgt, dass stets \(L_{0}^{max}\ge 0\) gilt.
 
11
Es ergibt sich, dass die Bank in dieser Situation in \(t=1\) solvent ist, da wegen (4.5) gilt: \(Z+{{{\tilde{L}}}_{1}}=Z+(1+\alpha ){{L}_{0}}\ge {{D}^{nB}}+(1+\alpha ){{L}_{0}}\) . Zusätzlich ergibt sich aus (4.6), dass \({{D}^{B}}={{D}^{nB}}+{{L}_{0}}<{{D}^{nB}}+(1+\alpha ){{L}_{0}}\) . Folglich gilt \(Z+{{{\tilde{L}}}_{1}}>{{D}^{B}}\) , so dass die Bank solvent ist.
 
12
Der Schwellenwert \(Z_{VV}^{*}\) erfüllt die Bedingung (4.5), da sich durch Umformen von (4.21) \(Z_{VV}^{*}={{D}^{nB}}+\frac{r}{{{\theta }_{neu}}(\alpha +r)}[\theta (Y-{{D}^{nB}})+B]\) ergibt, mit \(\frac{r}{{{\theta }_{neu}}(\alpha +r)}[\theta (Y-{{D}^{nB}})+B\ge 0\) .
 
13
Welcher dieser beiden Effekte überwiegt, hängt von dem Verhältnis der Erfolgswahrscheinlichkeiten θ neu und θ ab. Je höher θ neu bzw. je niedriger θ ist, desto eher steigen die erwarteten zurückzuzahlenden Alteinlagen bei einem Anstieg von θ. Dann ist auch der Gesamteinfluss von θ auf \(Z_{RV}^{*}\) eindeutig: Mit steigendem θ steigt der Schwellenwert.
 
14
Gemäß Bedingung (4.20) steigen bei einer Erhöhung von θ neu um eine Einheit, die erwarteten Erträge einer Bad-Bank-Teilnahme um \( Z+\alpha L_{0}^{\max } \). Die erwarteten Kosten steigen lediglich um D nB , so dass unter Berücksichtigung von (4.5) die erwarteten Erträge stets stärker wachsen als die erwarteten Kosten.
 
15
Beck et al. (2010) weisen allerdings darauf hin, dass für den Staat ein großer Anreiz dazu besteht, die Wahrscheinlichkeit für eine positive Rückzahlung des übernommenen Aktivums zu hoch anzusetzen, wodurch in der Praxis Verzerrungen bei der Höhe der erwarteten fiskalischen Kosten auftreten können.
 
16
Diese Annahme lässt sich auf eine strengere Regulierung als Reaktion auf eine Bankenkrise zurückführen, so dass Banken gezwungen sind, weniger riskant zu investieren, siehe dazu auch Fußnote 87.
 
17
Die EUROPäISCHE ZENTRALBANK (2009c, S. 9) definiert Finanzstabilität als einen Zustand, in dem das Finanzsystem fähig ist, Schocks zu verkraften. Allgemein impliziert eine höhere Eigenkapitalquote eine größere Schockabsorptionsfähigkeit. Wird also die Eigenkapitalquote als Maß für die Schockabsorptionsfähigkeit einer Bank verwendet, ist zu beachten, dass ein hö herer Übertragungswert \(Z>Z_{VV}^{*}\) die Eigenkapitalquote der Bank \({{r}_{0}}=\frac{{{V}_{0}}}{{{L}_{0}}}\) nicht erhöht. Eine Erhöhung des Übertragungswerts führt in dem hier dargestellten Modellrahmen ausschließ lich zu einer höheren Kreditvergabe, da der Bankmanager eine Maximierung seines Nutzens U anstrebt, der positiv von der Höhe des erwarteten Eigenkapitals (siehe Gleichung (4.8)), das wiederum positiv von der Neukreditvergabe abhängt, beeinflusst wird. Folglich vergibt der Bankmanager stets das unter Beachtung der Eigenkapitalrestriktion maximal mögliche Neukreditvolumen. Die Eigenkapitalquote bleibt unverändert. Allerdings ist die Erhöhung der Eigenkapitalquote auch nicht Ziel der Errichtung einer Bad Bank.
 
18
97 Zur Vereinfachung wird in diesem Modellrahmen keine Differenzierung der Neukredite bezüg lich ihres Risikos vorgenommen. Eine solche Unterscheidung würde eventuell zu einer Modi fizierung der Umsetzung des staatlichen Ziels führen; nicht mehr die Maximierung der Kre ditvergabe, sondern die der erwarteten Kreditrückzahlung würde angestrebt werden, um zu risikoreiche Investitionsprojekte zu verhindern.
 
19
Im Zweckgesellschaftsmodell der deutschen Bundesregierung, das 2009 implementiert wurde, sind beispielsweise die Ansprüche des Staats nachrangig gegenüber den Ansprüchen der Einleger.
 
20
Der Übertragungswert Z stellt sowohl ein sicheres Aktivum der Bank als auch eine Verbindlichkeit gegenüber der Bad Bank dar. Die Solvenzbedingung \(Y+Z\ge {{D}^{B}}+Z\) wurde bereits saldiert.
 
21
Wird, wie im Basel-I-Standard für alle Kredite einheitlich vorgesehen und im Basel-II-Standard auf die „risikogewichteten Aktiva“ bezogen, eine Mindesteigenkapitalanforderung \(r=0,08\) unterstellt, sowie eine Erfolgswahrscheinlichkeit des toxischen Aktivums \(\theta =0,2\) angenommen, müsste die (Netto-) Rendite der (relativ sicheren) Neukredite \(\alpha =0,22\) übersteigen, um die Bedingung (4.34) zu verletzen und damit den umgekehrten Fall (ii) zu erhalten. Die Erfahrung mit der Verwertung von in Finanzkrisen übernommenem toxischen Aktiva zeigte, dass die Aktiva nicht vollständig wertlos sind (siehe Kapitel 2). Eine Erfolgswahrscheinlichkeit oberhalb von 20 Prozent erscheint somit realistisch, insbesondere unter Berücksichtigung des in diesem Modell bestehenden Zusammenhangs mit der Rendite der Neukredite; sinkt die (für relativ sichere Kredite vergleichsweise hoch gewählte) Maximalrendite der Neukredite α, sinkt auch die Mindestanforderung für 9, die sicherstellt, dass die Bedingung erfüllt ist.
 
22
\(\overline{Z}\) ergibt sich, indem \(L_{0}^{max}\) in (4.10) durch \({{\overline{L}}_{0}}\) ersetzt wird und nach Z aufgelöst wird. \({{\overline{L}}_{0}}\) ist in (4.33) definiert.
 
23
Diese Komponente findet sich auch bei den erwarteten Erträgen einer Teilnahme an einem Bad-Bank-Konzept mit vollständigem Verkauf des toxischen Aktivums (siehe Gleichung (4.20)) wieder. Allerdings sind bei einem VV -Konzept zusätzlich erwartete Erträge zu berücksichtigen, die aus den sicheren Aktiva resultieren. Diese kann der Bankmanager in dem RV -Konzept nicht realisieren, da er diese Aktiva in \(t=1\) zurückgeben muss.
 
24
Allerdings entgehen der Bank die erwarteten Erträge aus dem toxischen Aktivum nicht vollständig, wie in einem VV -Konzept, in dem das toxische Aktivum vollständig und endgültig verkauft wird, so dass ausschließlich die staatliche Bad Bank von einer Rückzahlung profitiert. Die beiden letzten Summanden der erwarteten Kosten aus der Teilnahme an einem Bad-Bank-Konzept mit Rückkaufvereinbarung sind dagegen mit den Komponenten in den erwarteten Kosten eines VV -Konzepts (siehe Gleichung (4.20)) identisch.
 
25
Die Ziele, die der Staat mit der Implementierung einer Bad Bank verfolgt, werden ausführlich in Abschnitt 4.4.4 diskutiert.
 
26
Bei einem Übertragungswert \(Z=\theta Y\) = θY entsprechen sich die Differenzen aus pekuniären erwarteten Erträgen und pekuniären erwarteten Kosten zwischen den beiden Bad-Bank-Konzepten (vergleiche die Gleichungen (4.20) und (4.39)). Die erwarteten Erträge sind in einem Konzept mit Rückkaufvereinbarung um θ neu Z geringer, da der Bankmanager in \(t=1\) nicht von den sicheren Aktiva profitiert. Das entspricht bei einem Übertragungswert \(Z=\theta Y\) dem Wert θ neu θY. Die erwarteten Kosten in einem RV-Konzept sind geringer, da der Bankmanager nur dann nicht von den erwarteten Erträgen des toxischen Aktivums profitiert, wenn die Bank in \(t=1\) = 1 insolvent ist. Sie ist insolvent, wenn die Neukredite ausfallen, d. h. mit der Wahrscheinlichkeit 1 — θ neu partizipiert die Bank in einem RV-Konzept nicht an der erwarteten Rückzahlung des toxischen Aktivums θY. In einem Konzept mit vollständigem Verkauf partizipiert dagegen die Bank mit Sicherheit nicht mehr an einem Ertrag des toxischen Aktivums. Folglich unterscheiden sich die erwarteten Kosten der beiden Konzepte um den Wert θ neu θY, so dass bei einem Übertragungswert \(Z=\theta Y\) die Differenz der Erträge und die Differenz der erwarteten Kosten zwischen den beiden Bad-Bank-Konzepten identisch sind. Mithin sind auch die kritischen Stigmakosten \({\hat{B}}\) identisch.
 
27
Die Bank profitiert aus der Rückzahlung der sicheren Aktiva nur, wenn sie in \(t=1\) solvent ist. Dieser Zustand tritt mit der Wahrscheinlichkeit θ neu ein.
 
28
Welcher dieser beiden Effekte überwiegt, hängt von dem Verhältnis der Erfolgswahrscheinlichkeiten θ neu und θ ab. Je höher θ neu bzw. je niedriger θ ist, desto eher steigen die erwarteten zurückzuzahlenden Alteinlagen bei einem Anstieg von θ. Dann ist auch der Gesamteinfluss von θ auf \(Z_{RV}^{*}\) eindeutig: Mit steigendem θ steigt der Schwellenwert.
 
29
Bei einer Erhöhung von θ neu um eine Einheit, steigen gemäß Bedingung (4.39) die erwarteten Erträge einer Bad-Bank-Teilnahme um den Wert \( \alpha L_{0}^{\max }. \) Die erwarteten Kosten sinken um θY und steigen um D nB . Aus Gleichung (4.3) ergibt sich, dass bei einer Erhöhung von θ neu bereits die Senkung der erwarteten Kosten größer ist als ihr Anstieg, so dass insgesamt die Kosten sinken. Dazu kommt eine Erhöhung der erwarteten Erträge. Deshalb sorgt eine Erhöhung von θ neu für einen negativen Einfluss auf den Schwellenwert.
 
30
Im Zweckgesellschaftsmodell der deutschen Bundesregierung, das 2009 implementiert wurde, sind beispielsweise die Ansprüche des Staats nachrangig gegenüber den Einlegern. Die staatlichen Ansprüche werden aus potenziellen Dividendenzahlungen (dabei grundsätzlich vorrangig gegenüber den Aktionären) erfüllt.
 
31
Bei einer staatlichen Einlagensicherung werden deren erwartete Auszahlungen in die erwarteten Kosten der Steuerzahler einbezogen. In diesem Fall ergibt sich, dass die beiden Bad-Bank-Konzepte mit Rückkaufvereinbarung äquivalent sind, weil die Bank in diesem Modellrahmen nur zwei Gläubiger aufweist: Den Staat und die Einlagensicherung. Diese beiden Parteien teilen die Kosten einer Insolvenz der Bank, in einem Verhältnis, welches von der Reihenfolge, in der ihre Ansprüche bedient werden, abhängig ist. Bei einer staatlichen Einlagensicherung spielt die Aufteilung der Kosten keine Rolle.
 
32
Wird die Eigenkapitalquote der Bank als Maß für die Stabilität der Bank herangezogen, gilt wie in einem Bad-Bank-Konzept mit vollständigem Verkauf auch in einem Konzept mit Rückkaufvereinbarung, dass ein höherer Übertragungswert die Eigenkapitalquote nicht erhöht. Für eine ausführlichere Erläuterung, siehe Fußnote 96.
 
33
Die HRE und die WestLB nahmen nicht an dem ursprünglichen Zweckgesellschaftsmodell, sondern an dem weiter reichenden Konsolidierungsbank-Modell teil.
 
Metadaten
Titel
Modelltheoretische Analyse zweier Bad-Bank-Konzepte
verfasst von
Thomas Vieten
Copyright-Jahr
2013
Verlag
Springer Fachmedien Wiesbaden
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-02708-7_4