Skip to main content

2012 | Buch

Kernenergie

Eine Technik für die Zukunft?

herausgegeben von: Julia Mareike Neles, Christoph Pistner

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

Buchreihe : Technik im Fokus

insite
SUCHEN

Über dieses Buch

Was ist Kernenergie? Wie funktionieren Kernkraftwerke? Welchen Beitrag zur Energieversorgung liefern sie, und was sind dabei die Risiken?

Antworten auf diese und weitere Fragen geben die Autorinnen und Autoren in dem kompakten und gut verständlichen Buch. Neben der Darstellung der physikalischen und technischen Grundlagen behandeln sie die Themen Sicherheit, Entsorgung und nukleare Nichtverbreitung. Das Buch bietet so die Möglichkeit, die aktuellen Entwicklungen nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima zu verstehen.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
1. Rückblick – Von den Anfängen bis heute
Zusammenfassung
Zu Beginn der Kernenergienutzung in den 1950er- und 1960er-Jahren herrschte eine große Euphorie. Es wurden tausende Kernkraftwerke für die nahe Zukunft prognostiziert. Spätestens seit den 1970er-Jahren formierten sich in zahlreichen Ländern Anti-Atomkraft-Bewegungen. Mit den Reaktorkatastrophen von Tschernobyl und Fukushima erhielten deren Ziele und Argumente auch in Deutschland in der breiten Gesellschaft mehr und mehr Gewicht. Die Ereignisse führten vor Augen, dass Unfälle katastrophalen Ausmaßes nicht ausgeschlossen werden können und dramatische Folgen für die Betroffenen haben. Heute nutzen nur 30 von insgesamt 269 Ländern weltweit die Kernenergie. 435 Kernkraftwerke waren im Januar 2012 am Netz. Weltweit erzeugten die Kernkraftwerke im Jahr 2011 rund 2.518 Terawattstunden Strom. Das entspricht einem Anteil von rund 15 Prozent an der gesamten Stromerzeugung. Die Zahl der Anlagen ist seit Jahren leicht rückläufig, da weniger Kernkraftwerke neu in Betrieb genommen als stillgelegt werden. Als Konsequenz aus Fukushima wird Deutschland die Nutzung der Kernenergie zur Stromerzeugung bis zum Jahr 2022 beenden.
Julia Mareike Neles
2. Energie der Kerne – Physikalische Grundlagen der Kernenergienutzung
Zusammenfassung
Die Entdeckungen der physikalischen Gesetzmäßigkeiten zu Beginn des 20. Jahrhunderts führten zur Nutzung der Kernenergie. Die physikalischen Grundlagen umfassen den Aufbau der Atome,die Prinzipien der Kernspaltung und die Bedingungen zur Aufrechterhaltung einer Kettenreaktion. Die Bedeutung der Kernspaltung ergibt sich aus der hohen Energiefreisetzung. Bei der Spaltung eines Uranatoms wird ungefähr eine Million Mal mehr Energie freigesetzt als bei der chemischen Verbrennung eines Kohlenstoffatoms. Ergebnis einer Kernspaltung sind aber auch hochradioaktive Spaltprodukte und Transurane, was letztlich die Frage nach der Sicherheit der Kernenergie aufwirft.
Christoph Pistner
3. Radioaktivität – Strahlung und ihre Folgen für den Menschen
Zusammenfassung
In einem Kernkraftwerk fallen sehr große Mengen radioaktiver Stoffe an. Gelangen sie in die Biosphäre, gefährden sie Mensch und Umwelt. Man unterscheidet mehrere Arten radioaktiver Strahlung, unter anderem die Alpha-, Beta- und Gammastrahlung. Je nachdem, auf welchem Wege in Mensch welcher Art der Strahlung ausgesetzt ist, kann dies ganz unterschiedliche Konsequenzen haben. Einige Radionuklide schädigen den Menschen bereits von außen durch ihre Strahlung, andere Radionuklide wirken erst nach einer Aufnahme durch die Atmung oder über die Nahrung in den Körper. Schließlich wird auf die Höhe des mit der radioaktiven Strahlung verbundenen Risikos eingegangen.
Christian Küppers
4. Funktionsweise – Von Kernreaktoren und Reaktorkonzepten
Zusammenfassung
Die meisten Kernreaktoren auf der Erde gehören zum Typ der Leichtwasserreaktoren. Leichtes Wasser, H2O, dient hier zur Kühlung und Moderation der Neutronen. Die Wärme, die bei der Kernspaltung entsteht, wird über einen Kühlkreislauf auf eine Turbine geleitet, die den Strom produzierenden Generator antreibt. Neben den Leichtwasserreaktoren gibt es weitere Reaktortypen, die mit unterschiedlichen Kühlmitteln und Moderatoren arbeiten. Dieses Kapitel beschreibt die grundsätzliche Funktionsweise von Kernreaktoren und skizziert die technischen Unterschiede der verschiedenen Konzepte. Auch Ideen für Reaktorsysteme der Zukunft wie die sogenannte Generation IV werden vorgestellt.
Christoph Pistner
5. Reaktorsicherheit – Sicherheitskonzepte und Unfallrisiko
Zusammenfassung
Im Kernkraftwerk werden große Mengen Energie freigesetzt. Auch nach der Abschaltung eines Reaktors entsteht noch für lange Zeit die Nachwärme aus dem Zerfall der radioaktiven Stoffe. Bei einem Verlust der Kühlung droht eine Freisetzung von Radioaktivität. Ein zentraler Baustein für die Reaktorsicherheit sind verschiedene Barrieren, die die radioaktiven Stoffe im Kernkraftwerk einschließen sollen. In der Betriebspraxis kommt es aber auch zu Störungen oder Störfällen, die die Barrieren beeinträchtigen oder aufheben können. Sicherheitssysteme zielen daher darauf ab, die Funktion der Barrieren bei allen denkbaren Ereignissen aufrechtzuerhalten. Dabei wird weltweit ein gestaffeltes Sicherheitskonzept angewendet, mit dem ernste Zwischenfälle ausgeschlossen werden sollen. Versagen die Sicherheitssysteme jedoch vollständig, drohen schwere Unfälle mit weitreichenden Folgen für Mensch und Umwelt.
Christoph Pistner, Christian Küppers, Stephan Kurth
6. Tschernobyl und Fukushima – Unfallablauf und Konsequenzen
Zusammenfassung
Am 26. April 1986 kam es im Block 4 des Kernkraftwerks Tschernobyl in der Ukraine zum bis dahin schwersten Unfall in der Geschichte der zivilen Kerntechnik. Der Reaktor wurde durch einen unkontrollierten Anstieg der Reaktorleistung zerstört. Bei den anschließenden Bränden des im Reaktor verwendeten Graphits gelangte ein großer Anteil des radioaktiven Inventars weiträumig in die Umwelt. Fast genau 25 Jahre später, am 11. März 2011, ereignete sich vor der japanischen Ostküste ein starkes Erdbeben und löste einen schweren Tsunami aus. Viele küstennahe Kraftwerksstandorte in Japan waren von diesem Ereignis betroffen. In der Anlage Fukushima Dai-ichi fiel die Stromversorgung und die Nachkühlung aus. Dadurch kam es in drei Reaktorblöcken zu Kernschmelzen, und erhebliche Mengen radioaktiver Stoffe wurden freigesetzt. Beide Ereignisse wurden in die höchste Stufe 7: „katastrophaler Unfall“ der Bewertungsskala Internationalen Atomenergie-Organisation eingeordnet.
Christoph Pistner, Christian Küppers
7. Urangewinnung – Von der Mine bis ins Kraftwerk
Zusammenfassung
Dieses Kapitel führt nun an den Beginn der Versorgungskette eines Kernreaktors. Der Rohstoff für die Stromerzeugung aus Kernenergie ist das radioaktive Schwermetall Uran. Es kommt nur mit 0,0003 Prozent in der Erdkruste vor, ist damit aber immer noch häufiger als Gold und Silber. Das gewonnene Natururan lässt sich nicht direkt im Reaktor einsetzen. Es muss zunächst in verschiedenen Verfahrensschritten aufbereitet und verarbeitet werden. Uran zu gewinnen und aufzubereiten, hat erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt. Insbesondere entstehen große Mengen an radioaktiven Rückständen, die bei der Uranerzaufbereitung bis heute nicht angemessen gesichert und verwahrt werden. Über Verschleppung, Verwehung und Auslaugung werden Luft, Wasser und letztlich auch Menschen belastet.
Julia Mareike Neles, Gerhard Schmidt
8. Radioaktive Abfälle – Vom Kraftwerk bis zur Endlagerung
Zusammenfassung
Kernkraftwerke hinterlassen große Mengen radioaktiver Abfälle. Ihre Entsorgung muss sicherstellen, dass sie auch langfristig nicht in die belebte Umwelt gelangen. Radioaktive Abfälle unterscheiden sich unter anderem in ihrer Aktivität und Wärmeentwicklung und werden entsprechend klassifiziert. Sehr hohe Aktivitäten weisen beispielsweise abgebrannte Brennelemente und verglaster hochradioaktiver Abfall aus der Wiederaufarbeitung auf. Der letzte Schritt der Entsorgung radioaktiver Abfälle stellt in aller Regel die Endlagerung dar. In Deutschland ist das Endlager Konrad für schwachradioaktive Stoffe in Planung. Für die Endlagerung hochradioaktiver Abfälle in tiefen geologischen Formationen gibt es verschiedene Konzepte. Bis heute existiert jedoch weltweit noch kein genehmigtes Endlager für hochradioaktive Abfälle. Dies ist auf die Komplexität der Aufgabe aber auch auf die fehlende gesellschaftliche Akzeptanz zurückzuführen.
Gerhard Schmidt, Julia Mareike Neles
9. Kernwaffen – Das Zusammenspiel von Kernenergienutzung und Atombombe
Zusammenfassung
Eine der größten Bedrohungen der internationalen Sicherheit besteht in der Existenz und Weiterverbreitung von Kernwaffen. Selbst zwanzig Jahre nach dem Ende des Kalten Krieges befinden sich immer noch etwa 20.000 Sprengköpfe in den aktiven Arsenalen der Kernwaffenstaaten. Auch nahm die Zahl der Kernwaffenstaaten über die Jahrzehnte zu. Dabei gehen die zivile und militärische Nutzung der Kernenergie seit Entdeckung der Kernspaltung Hand in Hand. Oft kommen dieselben Technologien und Materialien sowohl beim Bau von Kernwaffen als auch bei der zivilen Kerntechnik zum Einsatz – man spricht daher von Dual-Use-Technologien. Und auch das spaltbare Material hat einen solchen ambivalenten Charakter. Dieses Kapitel vermittelt Grundlagen über Kernwaffen, spaltbare Materialien und deren weltweite Bestände. Es informiert über Dual-Use-Technologien und den Zusammenhang zwischen Kernwaffen und der zivilen Kernenergienutzung.
Matthias Englert
10. Die Zukunft der Kernenergie – Kosten, Klimaschutz und internationale Entwicklungen
Zusammenfassung
Als wichtige Argumente für die Kernenergie werden angeführt: Sie sei kostengünstig und klimaschonend. Das Argument der Kosten gilt allerdings nur für ältere, bereits abgeschriebene Anlagen. Ein Kernkraftwerksneubau erfordert dagegen erhebliche Investitionen, die auch wieder verdient werden wollen. Neubauten werden deshalb überwiegend in Ländern vorangebracht, in denen die Gesellschaft die finanziellen Risiken mitträgt. Im Hinblick auf den Klimaschutz sind die Freisetzungen von Klimagasen durch Kernkraftwerke zwar vergleichbar gering wie bei regenerativen Energiequellen. Doch der weltweite Anteil an der gesamten Energieerzeugung ist zu gering, um tatsächlich einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz leisten zu können. Hierzu wäre ein massiver Ausbau der Kernenergie erforderlich. Aber viele Länder stellen ihre Kernenergieprogramme auf den Prüfstand, nachdem der Unfall im japanischen Kernkraftwerk Fukushima Dai-ichi der Welt vor Augen führte, dass sich auch eine Hightech-Nation mit westlichen Sicherheitsstandards nicht zuverlässig vor einer Reaktorkatastrophe schützen kann. Während Staaten wie Deutschland oder die Schweiz den Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen haben, überprüfen andere Länder wie China oder Japan zumindest ihre bisherigen massiven Ausbaustrategien. In der Zukunft wird daher die Bedeutung der Kernenergie auch global eher zurückgehen.
Julia Mareike Neles, Stefan Alt, Christoph Pistner
Backmatter
Metadaten
Titel
Kernenergie
herausgegeben von
Julia Mareike Neles
Christoph Pistner
Copyright-Jahr
2012
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-642-24329-5
Print ISBN
978-3-642-24328-8
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-642-24329-5