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2012 | Buch

Die Zukunft der Führung

herausgegeben von: Sven Grote

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Über dieses Buch

„Zukunft der Führung“ – der Titel dieses Bandes könnte auf den ersten Blick als gewagt erscheinen: Mit dem Band wird eine Diskussion um die „Zukunft der Führung“ nicht abgeschlossen, sondern angeregt und eröffnet.

Womit müssen Führungskräfte in Zukunft umgehen? Welche Kompetenzen brauchen Führungskräfte der Zukunft? Wie nähert man sich dieser „Zukunft“?

Ein Blick in Forschung und Praxis zeigt, dass altbewährte Führungskonzepte immer noch Anwendung finden, jedoch „in die Jahre kommen“. Beispiele sind das Verhaltensgitter von Blake und Mouton (1968), das 3D-Modell nach Reddin (1970; 1978), die situative Führungstheorie nach Hersey und Blanchard (1977) sowie die Kontingenztheorie Fiedlers (1967). Diese Modelle sind im Schnitt um die ca. 40 Jahre alt.

Dies sind die Idee und der Ausgangspunkt für den Band: Über 30 Autoren erläutern, wie sie die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Führung sehen.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Kapitel 1. Mythen der Führung

Viele klassische Führungsmodelle, die heute gelehrt werden, stammen aus den 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts. Es erscheint nicht übertrieben, wenn man formuliert, dass diese „in die Jahre gekommen“ sind. Hierzu passend wird von prominenter Seite – Hamel – kritisiert, dass die gängigen Managementpraktiken in Unternehmen aus der Mitte des 20. Jahrhunderts stammen und veraltet seien. Insofern erscheint es an der Zeit, nach neueren Perspektiven, Instrumenten und Ansätzen der Führung zu fragen. Der Überblick über diesen Band argumentiert entlang von insgesamt neun thesenartig formulierten Mythen zum Thema Führung. Mit diesen Mythen werden Verweise auf die Artikel gegeben. Mythen reduzieren in mehrdeutigen Situationen die Komplexität, dies allerdings zum Preis der Einseitigkeit, denn sie gehen mit Simplifizierung und Stereotypisierung einher, so dass eine mögliche Sichtweise zur allein richtigen erklärt wird. Insofern geht es in dem Artikel zum einen darum, irreführende Fehlannahmen zur Diskussion zu stellen und zum anderen einen Überblick über die 33 (weiteren) Artikel des Bandes zu geben.

Sven Grote, Victor W. Hering

Herausfordernde Führungssituationen und -kontexte

Kapitel 2. Transformationale Führung – Führung für den Wandel?

In einer Welt, die stark von Krisen und Veränderungssituationen geprägt ist, sind sowohl Wissenschaftler als auch Praktiker auf der Suche nach geeigneten Führungskonzepten. In diesem Kapitel wird das Konzept der transformationalen Führung insbesondere unter dem Fokus seiner Bedeutung im Rahmen von Krisensituationen und Wandel beleuchtet. Bereits bei seiner Entwicklung (vgl. Abschn.

2.2

) wurde transformationale Führung als veränderungsorientierte Führung konzipiert. Diese Konzeption prägt auch die aktuelle Forschung. Empirische Studien belegen sowohl die Wirksamkeit der transformationalen Führung im Allgemeinen als auch ihre Relevanz im Kontext von Veränderungsprozessen (vgl. Abschn.

2.3

). Trotz einer relativ großen Nähe des Konzeptes zu Persönlichkeitstheorien der Führung, wurden Ansätze zur Diagnose und Entwicklung der transformationalen Führung entwickelt, welche eine wichtige Voraussetzung für die Umsetzung der transformationalen Führung in der Praxis bilden (vgl. Abschn.

2.4

). Und obwohl das Konzept die Wirksamkeit der einzelnen Führungsperson möglicherweise überbetont, wird die transformationale Führung zurzeit auch außerhalb des Wirtschaftslebens (in der Politik oder im Sport) stark beachtet (vgl. Abschn.

2.5

).

Alexander Pundt, Friedemann W. Nerdinger
Kapitel 3. Mergers & Acquisitions: Grundlagen für die Führung in Fusionen

Bei Mergers (Fusionen) erwirbt ein Unternehmen das Vermögen eines anderen, Unternehmen schließen sich zusammen oder gehen eine sonstige Verbindung ein. Bei einer Akquisition (Unternehmensübernahme) wechselt eine Einheit in den Einfluss- und Entscheidungsbereich einer anderen und kann nicht mehr selbständig entscheiden. Obwohl diese Phänomene sehr häufig auftreten, sind die ökonomischen Ergebnisse eher negativ. Ein Grund dafür ist die mangelnde Berücksichtigung der Mitarbeiter in diesem Prozess. Diese reagieren häufig in Form des „Merger-Syndroms“ auf Fusionen, wodurch der Prozess erheblich erschwert wird. Um dies zu vermeiden, sind die organisationalen und psychologischen Bedingungen zu beachten. Zu den organisationalen Bedingungen zählen v. a. die Merkmale der übernehmenden Organisation sowie die Passung zwischen den Kulturen. Zu den psychologischen Bedingungen zählen die wahrgenommene Kontrolle, die erlebte Gerechtigkeit der Fusion und die Möglichkeit der Identifikation. Die Konsequenzen von Fusionen für die Mitarbeiter sind zunehmender Stress, das Wohlbefinden sinkt und die Fluktuation steigt. Solche negativen Folgen finden sich in der Regel nur bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des übernommenen Unternehmens. Der wichtigste Erfolgsfaktor von Mergers & Acquisitions ist die Unternehmenskommunikation, wobei sich die meisten Empfehlungen aus allgemeinen Erfahrungen mit Veränderungsprozessen in Organisationen ableiten.

Friedemann W. Nerdinger, Alexander Pundt
Kapitel 4. Zwischen Stabilität und Dynamik: Perspektiven des Balance-Modells der Führung

Eine gute Führungskraft zeichnet sich durch ein Höchstmaß an „strategischer Orientierung“ aus – so könnte man manche Aussage zugespitzt darstellen. Das Balance-Modell der Führung verabschiedet sich von dieser linearen Sichtweise. In dem Modell werden acht Spannungsfelder für Führungskräfte beschrieben, die so gestaltet werden müssen, dass die sich jeweils ergebenden gegensätzlichen Anforderungen gleichzeitig verfolgt werden. Einseitigen Orientierungen und sog. Überzeichnungen von Kompetenzen kann so vorgebeugt werden. Diese acht für Führungskräfte relevanten Spannungsfelder sind: (1) Strategie vs. Tagesgeschäft; (2) Selbermachen vs. Delegieren; (3) Nähe vs. Distanz; (4) Team vs. Individuum; (5) Reflexion vs. Umsetzung; (6) Optimierung vs. Innovation; (7) Offenheit vs. Positionierung; (8) Autonomie vs. Integration. In dem Artikel wird beschrieben, wie in einem schnell wachsenden Unternehmen der Balanceansatz der Entwicklung eines maßgeschneiderten, unternehmensweiten Kompetenzmodells zu Grunde gelegt wurde, um dem starken Wachstum und den damit einhergehenden Veränderungsprojekten gerecht zu werden. Das Balance-Modell der Führung kann als Diagnoseinstrument und als Instrument der Gestaltung von Personal- und Organisationsentwicklungsprozessen eingesetzt werden.

Sven Grote, Victor W. Hering, Volker Casper, Laurens Lauer
Kapitel 5. Führung in Projekten – eine prozessorientierte Zukunftsperspektive

Projektarbeit ist eine der typischen Organisationsformen, um den geänderten Anforderungen in der Arbeitswelt Rechnung zu tragen und die damit verbundenen Herausforderungen zu meistern. Obwohl die Bedeutung von Projektarbeit stetig zunimmt, hat die Führungsforschung bislang keinen Führungsansatz hervorgebracht, welcher den Besonderheiten der Projektarbeit Rechnung trägt. Umgekehrt nehmen psychologische Erkenntnisse zu führungsrelevanten Themen erst nach und nach in die Projektmanagementpraxis Einzug.

Wir skizzieren deshalb in diesem Beitrag einen prozess- und zielorientierten Führungsansatz, der – entsprechend den spezifischen Bedingungen und Herausforderungen in Projekten – nicht nur die Führung von Mitarbeitern beinhaltet, sondern unter anderem auch die Führung weiterer Stakeholder mittels Mikropolitik. Dabei stützen wir uns auf Erkenntnisse aus der psychologischen Forschung sowie auf Vorgehensmodelle des Projektmanagements.

Die systematische Umsetzung dieses Führungsansatzes hat in den Unternehmen und in der Qualifizierung und Zertifizierung von Projektleitern gerade erst begonnen. Mit der wachsenden Bedeutung von Projekten steigt die Notwendigkeit, Erkenntnisse aus dem Projektmanagement und psychologische Themen zu integrieren und diskursiv weiter zu entwickeln.

Monika Wastian, Isabell Braumandl, Silke Weisweiler
Kapitel 6. Führung auf Distanz und E-Leadership – die Zukunft der Führung?

Die Führung von Mitarbeitern unter Einsatz elektronischer Medien (E-Leadership) gewinnt angesichts steigender Digitalisierung und Globalisierung von Arbeitsprozessen zunehmend an Bedeutung. Neben einer Reihe neuer, positiver Möglichkeiten führt der spezifische Charakter elektronisch vermittelter bzw. „virtueller“ Zusammenarbeit jedoch auch zu ganz eigenen Herausforderungen, die es für eine erfolgreiche Praxis zu beachten gilt. Im Folgenden werden diese Vorteile und Herausforderungen analysiert, und bestehende Führungskonzepte auf ihre Eignung für E-Leadership hin diskutiert. Aufbauend auf diesen Ergebnissen werden spezifische Instrumente des E-Leadership vorgestellt und mit Bezug zu erfolgskritischen Faktoren beschrieben. Abschließend werden anhand eines fiktiven Beispiels aus der Praxis die Ausführungen veranschaulicht sowie ein Ausblick auf zukünftige Entwicklungen im Bereich von E-Leadership gegeben.

Guido Hertel, Laurens Lauer
Kapitel 7. Diversity Management als Führungsaufgabe

Organisationen versuchen, mittels Diversity Management die Heterogenität der Mitarbeiterschaft einer Organisation wirtschaftlich zu nutzen und potenzielle Nachteile in der Zusammenarbeit heterogener Belegschaften zu vermeiden. Ausgelöst durch Globalisierung und demographische Entwicklungen stellt sich den Unternehmen in wachsendem Maße die Anforderung, heterogene Mitarbeiterschaften führen und auf internationalen Märkten agieren zu müssen. Dies kann in international operierenden Unternehmen erfolgreich nur mittels eines geeigneten Diversity-Management-Konzeptes gelingen. Vorteile verspricht das Konzept im Gewinn hoch talentierter Mitarbeiter, einer gesteigerten Mitarbeitermotivation und der Überwindung von Arbeitskräfteengpässen. Innovation und Kreativität im Betrieb können gefördert werden, neue Marktsegmente gewonnen werden, Service und Kundenzufriedenheit damit ebenso verbessert werden wie das Unternehmensimage. Als Führungsaufgabe geht es im Diversity Management heute darum, betriebliche Ziele aus Sicht der jeweiligen Interessenlage und Anforderungssituation des Unternehmens zu definieren und strategisch sinnvolle Maßnahmen zur Realisierung der bestmöglichen Lebens- und Arbeitsqualität der Mitarbeiterschaft zu implementieren, um deren Verhalten in Richtung der Zielerreichung zu steuern.

Doris Gutting
Kapitel 8. Führung in Zeiten des demografischen Wandels

In Deutschland sehen wir, ebenso wie in den meisten westlichen Industrienationen, einer „doppelten Alterung“ der Gesellschaft entgegen. Die Menschen in Deutschland werden immer älter, gleichzeitig sinkt die Geburtenrate. Diese „doppelte Alterung“ hat nicht nur Auswirkungen auf private und soziale Lebensbereiche, sondern sie hat auch dramatische Konsequenzen für Organisationen, Führungskräfte und Beschäftigte. Die enorme Herausforderung für Unternehmen und deren Führungskräfte wird u. a. darin bestehen, Arbeitsprozesse und -inhalte an die Bedürfnisse, Kompetenzen und Fähigkeiten einer älter werdenden Beschäftigungsgruppe auszurichten, Stereotypen gegenüber älteren Mitarbeitern entgegen zu wirken und die Gesundheit der Mitarbeiter zu erhalten. Schon jetzt zu antizipieren, dass ältere Mitarbeiter dazu ermutigt und bewegt werden müssen, möglichst lange und aktiv in ihrem Beruf zu verbleiben, ist aus volkswirtschaftlicher Perspektive ebenso wie aus Perspektive einzelner Unternehmen notwendig und wichtig. Für Unternehmen wird es unausweichlich zu einem Mitarbeitermangel kommen, sollten sie nicht in der Lage sein, auch ihre älteren Beschäftigten langfristig an sich zu binden und deren Arbeitsengagement nachhaltig zu fördern. Führungskräften als Vermittler zwischen Unternehmenszielen und Mitarbeiterbedürfnissen kommt dabei eine herausragende Rolle zu. Nur durch die Einflussnahme im Sinne einer effizienten, altersgerechten und gesundheitsförderlichen Führung ist es einer Organisation möglich, die Herausforderungen des demografischen Wandels und die damit verbundenen Aufgaben erfolgreich zu bewältigen, wettbewerbsfähig zu bleiben und das Potenzial ihrer Mitarbeiter optimal auszuschöpfen. Daher wird demografiegerechte Führung, Führungsverhalten, das dazu beiträgt, dass ältere Beschäftigte ihren Beruf lange motiviert, engagiert und leistungsfähig ausüben, in Zukunft eine grundlegende Kompetenz erfolgreicher Führungskräfte sein.

Annika Nübold, Günter W. Maier
Kapitel 9. Komplexität – eine Herausforderung für Unternehmen und Führungskräfte

Die wachsende Komplexität der wirtschaftlichen Strukturen und Zusammenhänge ist eine der großen Herausforderungen, der sich Unternehmen schon jetzt – vor allem aber in Zukunft stellen müssen.

Komplexität ist ein schillernder Begriff, der zunächst einmal eingegrenzt und präzisiert werden soll, um dann diskutieren zu können, wie Komplexität in die Realität von Unternehmen hineinwirkt und welche Implikationen sich daraus für Führung und Führungshandeln ergeben.

Aus psychologischer Sicht bilden komplexe Anforderungen, verstanden als Klasse von Situationen, die durch Merkmale wie Intransparenz, Vernetzung und Eigendynamik charakterisiert sind, eine besondere Herausforderung für die Handlungsorganisation von Akteuren und Entscheidungsträgern. Individuen, Teams aber auch Unternehmen orientieren sich im Umgang mit komplexen Anforderungen vor allem an der Leitidee der Komplexitätsreduzierung, die jedoch nicht immer zielführend ist. Daraus resultierende typische Fehler werden als Beispiele für missglückendes Komplexitätsmanagement dargestellt und mit Anforderungen an gutes Komplexitätsmanagement und der dafür hilfreichen und notwendigen Kompetenzvoraussetzungen kontrastiert.

Die Rückbindung der Komplexitätsdiskussion an die Realität von Unternehmen – verbunden mit der Frage, wie und auf welchen Ebenen eine Auseinandersetzung mit Komplexität in Unternehmen notwendig geworden ist und was das für Führung heute und mit Blick auf die Zukunft bedeutet, steht im Mittelpunkt der abschließenden Kapitel.

Elke Döring-Seipel, Ernst-Dieter Lantermann
Kapitel 10. Management von Ungewissheit: zukünftige Zumutungen an die Führung

In diesem Artikel wird Führung als Differenz zu Organisation entworfen. Hierzu bedarf es einer Unterscheidung von Herrschaft und Führung. Während Organisation als rationale Form der Herrschaft darauf ausgerichtet ist, Unsicherheit zu beherrschen, ist Führung darauf angelegt, Ungewissheit zu bewältigen. Durch Führung werden Ressourcen aktiviert, die Organisationsversagen kompensieren können. Der Artikel argumentiert entlang von zehn Thesen: 1) Führung ist eine Zumutung. 2) Führung erhebt einen Totalitätsanspruch, ist aber fragil. 3) Management verdrängt Führung. 4) Managementsysteme reduzieren Unsicherheit – und Innovation. 5) Management von Ungewissheit bedeutet Führung wieder zuzulassen. 6) Führung kompensiert Organisationsversagen. 7) Führung ist ein Spiel. 8) Im Führungsspiel wird Ungewissheit zur Ressource. 9) Nur durch Führung lassen sich Krisen bewältigen. 10) Die Führung der Zukunft fördert Resilienz und Salutogenese.

Martin Elbe
Kapitel 11. Meta-Führung – Besonderheiten bei der Führung von Führungskräften

Bisher fand das Thema „Führung von Führungskräften“ in der deutschsprachigen Literatur wenig Beachtung. Die selten explizit thematisierten spezifischen Anforderungen, die mit der Führung von Führungskräften („Meta-Führung“) verbunden sind, verlangen nach einer fundierten Auseinandersetzung mit diesem Themenbereich. In diesem Artikel werden die Unterschiede zwischen der Führung von Mitarbeitern mit und ohne Führungsaufgaben analysiert und die bekannten Führungsstile auf ihre Eignung für die Führung von Führungskräften untersucht. Mit dem Hemisphärenmodell der Führung von Führungskräften wird ein Schema vorgestellt, das die verschiedenen Anforderungen an Vorgesetzte von Führungskräften kategorisiert und in vier Teilbereiche einordnet: „Sinn stiften und Verständnis wecken“, „Selbstführung anstoßen und zulassen“, „zur Führung motivieren und delegieren“ und „Führung ermöglichen und dulden“. Dem Vorgesetzten kommen bei der Führung von Führungskräften in den beiden Hemisphären „Entwicklung“ und „operatives Tun“ zwei Aufgaben zu: Eine aktiv handelnde und eine stillhaltend ermöglichende. Abschließend werden Trends im Kontext der Meta-Führung beschrieben, die integraler Bestandteil der Management- und Leadership-Ausbildungen werden soll.

Miriam Landes, Eberhard Steiner, Elisabeth von Hornstein

Ziele, Wirkungen und Nebenwirkungen von Führung

Kapitel 12. Führung und Innovation

Der nachfolgende Beitrag befasst sich mit der Verknüpfung von Führung und Innovation. Dabei wird zum einen diskutiert, inwieweit und wodurch Führung generell und spezifische Arten von Führung die Fähigkeit von Unternehmen, Innovationen zu erzielen, fördern oder hemmen, zum anderen wird beleuchtet, inwieweit auch Innovationen die Art von Führung, wie wir sie in der Vergangenheit und in der Gegenwart kennen gelernt haben, verändern wird bzw. schon verändert hat. Dabei ist zunächst wichtig zu verstehen, was „Innovation“ im wirtschaftlichen Kontext bedeutet, denn nicht jede Idee qualifiziert als Innovation und nicht jede Innovation ist auch wirtschaftlich relevant – so ist die Innovation der Zwölftonmusik in der Kunst bahnbrechend, wirtschaftlich aber irrelevant. In diesem Kontext ist „Innovation“ unweigerlich mit dem Individuum („Innovator“) verknüpft, das seinerseits sich zumeist in einem strukturierten Arbeitsumfeld von Ressourcen, Abläufen und Entscheidungsprozessen seiner Arbeit hingibt („Organisation“). Insofern muss Führung als Führung von Menschen, den individuellen Innovatoren, und von Organisationen betrachtet werden. Durch die Wechselwirkung der verschiedenen Element innerhalb einer Organisation, die letztlich zum Output „Innovation“ führen wird ein Innovationssystem im Sinne eines ganzheitlichen Organisationsmodells („House of Innovation“) diskutiert und schließlich wird anhand eines Praxisbeispiels, der amerikanischen Firma IDEO, ein prototypisches Innovationssystem vorgestellt und abschließend ein Ausblick auf die Zukunft von Führung hin zu und beeinflusst durch Innovationen gewagt.

Andreas Guldin
Kapitel 13. Center of Excellence Kulturen sowie professionelle ethikorientierte Führung als Voraussetzung für ökonomischen Erfolg

Als Grundlage für den nationalen und internationalen Erfolg sozialer und kommerzieller Organisationen können so genannte Center of Excellence Kulturen dienen. Das sind Kulturen, die sich aus mehreren Subkulturen zusammensetzen und von erfolgreichen Teams, Abteilungen und Unternehmen praktiziert werden. Center of Excellence Kulturen ermöglichen Spitzenleistungen durch die Aktivierung der Mitarbeiter und hohe Innovativität. In diesem Beitrag beschreiben wir aus dem Pool der Center of Exellence Kulturen die wichtigsten Kulturen, die unseres Erachtens für die Führung der Zukunft besonders relevant sind, (z. B. Kundenorientierungskultur, Kulturen des kritischen Rationalismus, Zivilcouragekultur). Zusätzlich ist eine professionelle Unternehmens- und Mitarbeiterführung eine zentrale Grundlage, damit diese Kulturen überhaupt initiiert und aufrecht erhalten werden können. Wir postulieren hier unser Prinzipienmodell der Führung und Motivation, das letztlich auf ethikorientierte Führung hinausläuft.

Dieter Frey, Bernhard Streicher, Nilüfer Aydin
Kapitel 14. Führung und Strategie

Eine exzellente Führung, eine gute Strategie, taktische Maßnahmen mit rasch spürbaren Wirkungen, die richtigen Mitarbeiter und Glück sichern das Überleben des Unternehmens, machen es langfristig stärker und fügen es in eine Perspektive des Gemeinwohls ein, die über das Unternehmen hinausreicht. Dieser Beitrag behandelt die Verbindung zwischen Führung und Strategie. Zentrale Ergebnisse sind: Führungsexzellenz ist zentral, denn die Frau oder der Mann an der Spitze einer Organisation bestimmen weitgehend deren Erfolg. Strategie ist ein Gesamtkonzept zur Erreichung von Zielen. Eine gute Strategie besteht aus folgenden vier Dimensionen: klare Definition der Wettbewerbsarena, klare Definition von Wettbewerbsvorteilen, Kundenwert versus Kosten und die Human-Resources-Politik. Die Qualität einer Strategie kann gemessen werden. Zur Verbindung von Führung und Strategie ist eine Leadership-Strategie notwendig, die angibt, welche Führungskräfte für nachhaltiges Wachstum und die langfristige Überlebensfähigkeit eines Unternehmens benötigt werden. Ein Vorgehen zur Auswahl und Beurteilung der Führungskräfte wird vorgestellt. Die Ausführungen verstehen sich als Appell an Unternehmer und oberste Führungskräfte, mehr Mitarbeiter als heute zu Führenden mit unternehmerischer Geisteshaltung zu machen.

Hans H. Hinterhuber, Birgit Renzl, Christian H. Werner
Kapitel 15. Die dunkle Seite der Führung: Negatives Führungsverhalten, dysfunktionale Persönlichkeitsmerkmale und situative Einflussfaktoren
Zukunft der Führung

Trotz der weitreichenden Konsequenzen von negativem Führungsverhalten, hat sich die Führungsliteratur bis vor circa 15 Jahren weitestgehend auf die Untersuchung von positivem Führungsverhalten beschränkt. Dieses Kapitel beleuchtet schlaglichtartig die noch junge Forschungsliteratur zu negativem Führungsverhalten, sowie dessen wichtigste Antezedenzien: dysfunktionale Persönlichkeitsmerkmale und situative Einflüsse. Negatives Führungsverhalten wird dabei weit umfassend als den Mitarbeitenden und/oder dem Unternehmen schadendes Führungsverhalten definiert. Nach einer Übersicht über die bisher noch sehr heterogene Landschaft unterschiedlicher Definitionen negativen Führungsverhaltens (d. h., beleidigende, tyrannische, aversive, despotische, und destruktive Führung), werden die drei wichtigsten dysfunktionalen Persönlichkeitsmerkmale in Bezug auf negative Führung vorgestellt: Narzissmus, Hybris und Machiavellianismus. Anschließend werden situative Einflüsse auf negatives Führungsverhalten untergliedert in Merkmale der Mitarbeitenden und Umwelteinflüsse diskutiert. Die Relevanz der Ergebnisse der Forschung zu negativer Führung wird im Hinblick auf die Einführung von Corporate Governance Richtlinien, Unternehmensinitiativen und einzelne Führungskräfte sowie der aktuellen wirtschaftlichen Gesamtsituation näher betrachtet. Zum Abschluss werden drei wichtige zukünftige Trends in Bezug auf negative Führung – die Rolle der Medien, die Virtualisierung der Arbeit, sowie die Globalisierung – vorgestellt und deren Auswirkungen im Hinblick auf negative Führung diskutiert.

Prisca Brosi, Matthias Spörrle
Kapitel 16. Führung aus Sicht der Geführten verstehen: Denn wem nicht gefolgt wird, der führt nicht

Vertreter der organisationalen Praxis und klassischen Führungsforschung sind von Konstrukten wie Führungspersönlichkeit oder Führungsverhalten sprichwörtlich verzaubert. In der Tat wird Führungserfolg fast ausschließlich auf das eine oder das andere zurückgeführt. Dabei wird jedoch die entscheidende Rolle, die Mitarbeiter in Führungsprozessen einnehmen, kaum beachtet. Um besser verstehen zu können, unter welchen Bedingungen Führung effektiv ist, stellen moderne Führungstheorien daher eher die Mitarbeiter in den Mittelpunkt ihrer Betrachtungen.

In diesem Kapitel führen wir die Leser in diese Geführtenperspektive auf den Führungsprozess ein, indem wir beschreiben, wie Mitarbeiter mit Hilfe sogenannter impliziter Führungstheorien das Wirken ihrer Führungskräfte wahrnehmen und schlussendlich auf dieser Basis auf diese reagieren. Anschließend leiten wir anhand von verschiedenen Beispielen aus der Praxis Konsequenzen der Geführtenperspektive für die Gestaltung von Führungsprozessen und der Führungskultur von Unternehmen ab.

Matthias M. Graf, Niels Van Quaquebeke
Kapitel 17. Gesundes Führen für effiziente Organisationen der Zukunft

Die psychologischen Aspekte einer guten Führung sind seit Jahrzehnten recht gut erforscht. Beispielsweise ist bekannt, dass der Entscheidungsspielraum ein wichtiges Kriterium für Arbeitszufriedenheit und Produktivität ist (z. B. Ulich 1994). Dennoch ändert sich – trotz zahlreicher Seminare zum Führungsverhalten, welche die derzeitigen Erkenntnisse zusammenfassen – in den Organisationen hinsichtlich der Führungsqualität nur wenig. Dies zeigt sich in einer Reihe von empirischen Befunden (Zusammenfassungen z. B. in Kromm und Frank 2009). Insbesondere weist der Gesundheitsreport des Bundesverbands der Betriebskrankenkassen seit 2009 mehr als 10 % der Arbeitsunfähigkeitstage von Mitarbeitern und Führungskräften über alle Berufssparten dem Aspekt schlechter Führung zu. Krankheit ist jedoch nur die Spitze des Eisberges einer ineffizienten Organisation; ungesunde Führung hat für einen Betrieb hinsichtlich Motivation, Produktivität und Qualität bereits weitaus früher Folgen. Vor diesem Hintergrund befasst sich der Artikel zunächst mit den kognitiven Gründen für ineffiziente Führung und der Verbindung von Führung und Gesundheit. Er zeigt auf Basis dieser Zusammenhänge ein kognitiv-emotionales Erklärungsmodell, warum wir als Menschen immer wieder in ungesundes Führungsverhalten verfallen.

Warum tun wir uns so schwer im Umgang mit dem System ‚Mensch‘?

Warum gelingt es uns offensichtlich nicht, effizientes Führen und gesundes Führen durch einfaches Lernen von Verhaltensregeln in Führungskräftetrainings umzusetzen?

Über die Erklärung, in welcher Weise Emotionen in den kognitiven Verarbeitungsmechanismus des Menschen eingebunden sind und welche Auswirkungen ein fehlender Umgang mit (positiven wie negativen) Emotionen für Mitarbeiter, Führungskräfte sowie Unternehmen im Hinblick auf Abwesenheitsstatistiken haben kann, wird ein Ansatz abgeleitet, wie sowohl auf der individuellen als auch auf der organisatorischen Ebene gesünder bzw. effizienter geführt werden kann und welche Möglichkeiten zur Prävention bzw. zum Umgang mit negativen Emotionen bestehen.

Oliver Sträter, Meike Siebert-Adzic, Ellen Schäfer
Kapitel 18. Prinzipien der Fairness als Führungskultur der Zukunft

Erfolgreiche Führung muss sich an den sich wandelnden Arbeitsanforderungen orientieren. Dabei sind Unternehmen in immer stärkerem Maße vom Engagement ihrer Mitarbeiter abhängig. Diese führen in großer Eigenverantwortung zunehmend komplexere Arbeitsschritte in Kooperation mit Kollegen mit unterschiedlichsten beruflichen und kulturellen Hintergründen aus. Gleichzeitig erwarten hochqualifizierte Mitarbeiter eine sinnstiftende Tätigkeit und ein Arbeitsumfeld, das ihren Selbstverwirklichungsbedürfnissen entspricht. Führung, die sich allein auf die fachspezifische Steuerung einzelner Mitarbeiter beschränkt, greift hier zu kurz. Vielmehr muss Führung in Zukunft einen Rahmen schaffen, mit dem sich auch alle Mitarbeiter eines global agierenden Unternehmens identifizieren können und der diese zu hohem Engagement für den Unternehmenserfolg anregt. Wir argumentieren, dass eine faire Führung, die auf den Prinzipien distributiver, prozeduraler, interpersonaler und informationaler. Fairness beruht, die ideale Grundlage für eine solche identitätsstiftende und engagementfördernde Führungskultur darstellt. Mitarbeiter, die sich von ihrer Führungskraft fair behandelt fühlen, identifizieren sich stärker sowohl mit der Führungskraft als auch mit dem Unternehmen, vertrauen diesen mehr und engagieren sich in der Folge mehr für die Unternehmensziele. Gleichzeitig bildet Fairness als Wert, der allen Menschen wichtig ist, ein Kulturen übergreifendes Unternehmens- und Führungsleitbild.

Bernhard Streicher, Dieter Frey
Kapitel 19. Navigation in unbekannten Welten – Dekonstruktion als zukünftige Führungsaufgabe

Mit dem beschleunigten Wandel und der Zunahme von Komplexität verändert sich auch die Führungsaufgabe in post-bürokratischen Organisationen. Mentale Modelle, die aus Erfahrungen in der Vergangenheit abgeleitet sind, können leicht zu einer Barriere werden. Führungskräfte stehen zunehmend vor der Notwendigkeit, mentale Konzepte zu dekonstruieren, um Raum für neue Sichtweisen zu schaffen. Genutzt wird dabei das Konzept der „boshaften Probleme“ (Grint 2008), weil gerade sie sich einer sorgfältigen Planung und detaillierten Prozesshandbüchern entziehen und hartnäckig Aufmerksamkeit beanspruchen. Solche „boshaften Probleme“ gehören immer mehr zu den Herausforderungen im Alltag von Führungskräften und erfordern kollektives Lernen. Dem liegt die Annahme zu Grunde, dass es für „boshafte Probleme“ aufgrund ihrer Neuheit oder Besonderheit des Einzelfalls weder eine Lösung noch Experten gibt. Daher können prinzipiell alle Betroffenen an einer Lösungsfindung beteiligt werden (Pedler et al. 2010). Es wird ein Modell der Dekonstruktion vorgestellt, das zeigt, welcher Bereich besondere Aufmerksamkeit benötigt, um Raum für neue Denkweisen zu eröffnen. Das Konzept des Critical Action Learning (Trehan 2011; Marsick und ONeill 1999) bietet einen Weg, die Rahmenbedingungen für eine systematische Dekonstruktion zu schaffen und neue Sichtweisen zu entwickeln. Es fördert die Selbstverantwortung der Beteiligten und schafft gleichzeitig ein gemeinsames Verständnis für den Umgang mit neuartigen Problemen.

Bernhard Hauser
Kapitel 20. Führungskräfteentwicklung im 21. Jahrhundert – Wo stehen wir und wo müssen (oder wollen) wir hin?

Führungskräfte sehen sich der Herausforderung gegenüber, Potentiale ihrer Mitarbeiter abzurufen sowie Veränderungen in immer kürzeren Zyklen aktiv mitzugestalten. Transformationalen Führungskräften gelingt es in besonderem Maße diese Anforderungen zu bewältigen. Daher werden in diesem Beitrag Methoden zur Entwicklung von transformationalen Führungskräften vorgestellt. Zunächst wird ein Überblick über verschiedene theoretische Modelle und Ansätze der Führungsforschung gegeben. Anschließend wird das Konzept der transformationalen Führung näher erläutert, positive Auswirkungen dieses Führungsstils beschrieben sowie Befunde zur Trainierbarkeit transformationaler Führung vorgestellt. Daraufhin werden klassische Methoden der Führungskräfteentwicklung wie 360° Feedback und Coaching dargestellt und erläutert wie diese im Rahmen der Entwicklung von transformationalen Führungskräften eingesetzt werden können. Des Weiteren werden jüngere Methoden der Führungskräfteentwicklung beschrieben, wie beispielsweise das Training mentaler Modelle und die Verwendung kunstbasierter Methoden. Die Zukunft der Führungskräfteentwicklung wird diskutiert sowie Thesen zu ihrer Entwicklung aufgestellt.

Björn Michaelis, Christoph Nohe, Karlheinz Sonntag
Kapitel 21. Wissensgewinnung durch Führung – die Vermeidung von Informationspathologien durch Kompetenzen für Mitarbeiter (Empowerment)

In der Arbeitswelt muss immer mehr und schneller Wissen erworben, weitergegeben, genutzt und neu produziert werden. Das klappt oft nicht so recht, es gibt entsprechende Informationspathologien, die entweder auf unangemessene Vorstellungen von Wissen, auf mangelndes Problembewusstsein, auf Wunschdenken, auf Verständigungsprobleme und am häufigsten auf Machtausübung zurückgeführt werden können. Aus einer Reihe von Experimenten und Feldstudien werden typische Fehlerquellen bei Informationsverarbeitung und Kommunikation aufgezeigt. Um solche Informationspathologien so weit wie möglich zu vermeiden, bietet sich Empowerment als Führungskonzept an. Es beinhaltet mehr Selbstbestimmung und größeren Einfluss für die Mitarbeiter, die durch mehr Kompetenz im Sinne einer Übertragung von Befugnissen und einer Weiterentwicklung von Fähigkeiten realisiert werden, verbunden mit einem partizipativen Führungsstil. Neuere Studien zeigen, dass Empowerment eine Reihe von positiven Konsequenzen hat, zu denen besonders auch die Vermeidung von Informationspathologien und die Gewinnung besseren Wissens gehören. Da sich Empowerment nur langsam verbreitet trotz nachgewiesener positiver Effekte, werden abschließend praktische Umsetzungsprobleme ausführlich erörtert.

Wolfgang Scholl, Carsten Schermuly, Ulrich Klocke
Kapitel 22. LEAD® – Entwicklung eines evidenzbasierten Kompetenzmodells erfolgreicher Führung

„In der Führungsforschung gibt es nichts, was es nicht gibt“ (Nerdinger 1994, S. 301). Trotz der fast nicht mehr zu überblickenden Anzahl von wissenschaftlichen und praxisorientierten Ansätzen zu „erfolgreicher Führung“ fehlt im deutschsprachigen Raum bislang weitgehend ein umfassendes evidenzbasiertes Modell effektiver Führung. Der folgende Beitrag versucht, diese Lücke zu schließen und beschreibt die Entwicklung und Validierung eines ganzheitlichen Kompetenzmodells erfolgreicher Führung (LEAD® – Leadership Effectiveness and Development). Nach einer kurzen Hinführung zur Bedeutung des Ansatzes des evidenzbasierten Managements stellen wir die theoretische Verankerung des LEAD®-Kompetenzmodells sowie die zentralen Ergebnisse der empirischen Überprüfung vor. Anschließend beschreiben wir die praktische Relevanz für die Führungskräfteentwicklung an Hand eines Fallbeispiels. Insgesamt zeigen wir, dass mit LEAD® ein validiertes, ökonomisches und praxisrelevantes Führungsinstrument vorliegt, das von Unternehmen sowohl für die Führungsdiagnostik als auch die Führungskräfteentwicklung nutzbringend eingesetzt werden kann.

Stefan Dörr, Marion Schmidt-Huber, Günter W. Maier
Kapitel 23. Interkulturelle Führung

Führung im interkulturellen Kontext hat in den letzten Jahrzehnten durch Veränderungen in der Arbeitswelt stark an Bedeutung gewonnen. Dies hat auch die wissenschaftliche Erforschung gefördert. In diesem Artikel wird auf zwei relevante Themenfelder für die Formen interkulturelle Führungsforschung, die Kulturen vergleichende Strategie (cross-cultural) sowie auf die interkulturelle Perspektive (intercultural) eingegangen. Erstere wird am Beispiel der GLOBE-Studie mit der aufwändigen Erarbeitung und Messung von Werte-Dimensionen zur Beschreibung von Länderkulturen sowie der Suche nach universell gültigen Führungsdimensionen vorgestellt; letztere mit Blick auf Vorbedingungen für kulturell effektive Führung am Beispiel interkultureller Kompetenz und Cultural Intelligence beschrieben. Diese Ansätze gehen darauf ein, dass ein übergreifendes kulturelles Verständnis in komplexen interkulturellen Überschneidungssituationen wichtig ist und Eigenschaften wie kulturelle Kompetenz und Cultural Intelligence den Umgang mit der und die Anpassung an die Fremdkultur ermöglichen. In der Praxis der Führungsausbildung wird dem durch den Einsatz diagnostischer Instrumentarien zur Messung kulturelle Kompetenz sowie durch strukturierte Auswahlinterviews und Assessment-Center Rechnung getragen. Des Weiteren sind interkulturelle Trainings für Führungskräfte auf das Erlernen kulturspezifischer Attributions- und Interpretationsformen und die Verhaltensmuster der Zielkultur ausgerichtet. Zuletzt geben die Autoren einen Ausblick auf wesentliche Probleme der zukünftigen Erforschung interkultureller Führung und Herausforderungen für die Personalpraxis. Sie zweifeln an, dass bisherige Forschungsstrategien ausreichen, um die Komplexität interkultureller Führungssituationen adäquat abzubilden. Darüber hinaus sprechen sie sich für eine Zunahme begleitender Personalentwicklungsmaßnahmen wie zum Beispiel Coachings anstatt interkultureller Vorbereitungstrainings aus, die eine bessere Reflexion interkultureller Führungssituationen ermöglichen können.

Jürgen Kaschube, Rosina Maria Gasteiger, Elisabeth von Oberhauser
Kapitel 24. Auch in Zukunft nicht nur eine Frage der Person: Persönlichkeitskonzepte im organisationalen Führungskontext

Persönlichkeit, als die Zusammenfassung zeitlich stabiler Eigenschaften einer Person oder einer Organisation, hat sich im organisationalen Führungskontext als sehr relevant erwiesen. Das vorliegende Kapitel beschäftigt sich mit dem Einfluss, den die Persönlichkeit sowohl der Führungskraft selbst als auch ihres Umfeldes (d. h. der Organisation, der Mitarbeitenden und des Teams) auf das Führungsverhalten der Führungskraft und die Reaktionen der Mitarbeitenden auf dieses Verhalten ausübt. Es werden sowohl Befunde aufgezeigt welche Persönlichkeitsdimensionen mit einer erfolgreichen Führung zusammenhängen und somit bei der Auswahl von zukünftigen Führungskräften berücksichtigt werden sollten, als auch wann sich eine Ähnlichkeit der Führungskraft mit ihrer Umwelt hinsichtlich bestimmter Persönlichkeitsdimensionen positiv auf das Verhalten in der Organisation auswirkt. Am Ende des Kapitels wird die Relevanz der Befunde für die Praxis sowie Implikationen für die Zukunft gegeben.

Magdalena Bekk, Matthias Spörrle

Perspektiven der Führung

Kapitel 25. Postheroische Führung

Postheroisches Management ist die Wiedereinführung der Differenz von Organisation und Wirtschaft in die Organisation. Postheroische Führung ist die Wiedereinführung der Differenz von Organisation und Gesellschaft in die Organisation. Beide beruhen darauf, dass das Unternehmen im Besonderen wie die Organisation im Allgemeinen spätestens im 20. Jahrhundert damit begonnen haben, die Mechanismen der Absorption von Ungewissheit, die es ihnen bis dato erlaubt hatten, Entscheidungen effizient und effektiv zu technisieren, zu ökonomisieren und zu routinisieren, in die Organisation wieder einzuführen und dort ihrerseits zum Gegenstand der Entscheidung zu machen. Postheroisches Management wie Führung laufen daher letztlich darauf hinaus, der Organisation die Selbstreferenz ihrer Gestaltung, Lenkung und Kontrolle wieder zugänglich zu machen, die ihr im Zuge der Durchsetzung eher disziplinärer Konzepte ihrer Etablierung und Institutionalisierung zumindest thematisch verweigert worden waren, auch wenn ihre jeweilige Praxis ohne Selbstreferenz nicht zu denken ist. Im Unterschied zum Management referiert Führung nicht nur auf das jeweilige Funktionssystem, in dem die Organisation primär operiert, sondern auf die Gesellschaft insgesamt. Postheroische Führung stellt der Organisation eine Selbstreferenz zur Verfügung, die es dieser erlaubt, laufend an ihrer Kompetenz, ihrem Profil und ihrer Disziplin in der Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Nachfragen, Möglichkeiten und Gelegenheiten zu arbeiten.

Dirk Baecker
Kapitel 26. Dialektische Führung: Förderung von Dissens als Führungsaufgabe

Die meisten Führungsansätze betrachten die Anpassung der Geführten an die Führungskraft als wesentliches Erfolgskriterium. Der hier beschriebene Ansatz der dialektischen Führung beleuchtet hingegen die Probleme einer schnellen Anpassung der Geführten für die Qualität von Entscheidungen. Die zentrale Aufgabe dialektischer Führungskräfte besteht darin, Dissens (d. h. Meinungsverschiedenheit) bei Entscheidungsprozessen in Teams zu fördern. Der Ansatz basiert auf Forschungsbefunden, nach denen Dissens zu tieferer und ausgewogenerer Informationsverarbeitung führt und dadurch kreativere Ideen und hochwertigere Entscheidungen hervorbringt. Vor dem Hintergrund zunehmend komplexer Probleme ist damit zu rechnen, dass dialektische Führung in Zukunft relevanter wird. „Dialektische Führungskräfte“ können das Auftreten von Dissens fördern, indem sie Teams aus extravertierten Mitgliedern unterschiedlicher Meinungen und Expertisen zusammensetzen, externe Experten zu Rate ziehen, Wechsel der Teammitglieder initiieren oder dialektische Entscheidungsmethoden (z. B. den Advocatus Diaboli) einsetzen. Damit abweichende Meinungen und Informationen in die eigene Sichtweise integriert werden und nicht zu Beziehungskonflikten führen, sollte die Führungskraft dafür sorgen, dass eine vertrauensvolle Atmosphäre im Team herrscht, sich alle Mitglieder gleichmäßig an der Diskussion beteiligen und die vorhandenen Alternativen zwar kontrovers, aber anhand übereinstimmender Zielkriterien diskutiert werden. Während Dissens die

Qualität

von Entscheidungen verbessern kann, ist bei der

Umsetzung

der Entscheidung Konsens wichtig, den die Führungskraft durch Beteiligung aller Mitglieder aber auch durch charismatisches Verhalten fördern kann.

Ulrich Klocke, Andreas Mojzisch
Kapitel 27. Synergetische Führung – die Steuerung eines zukunftsfähigen Mikrosystems

Steigende Komplexität, immer schnellere Veränderungsprozesse, wandelnde Arbeitsanforderungen und unsichere Zukunft: die Arbeitswelt ist heute eine andere als noch vor 15 Jahren – und damit auch die Anforderungen an die Führungskräfte. Dennoch haben sich die Führungskonzepte in den letzten Jahren in ihrer Systematik kaum verändert. Grundsätzlich wird immer noch das Führungsverhältnis zwischen Führungskraft und Mitarbeiter in den Fokus gestellt. Doch diese personenbezogenen, elementaristischen Ansätze können den oben genannten Herausforderungen kaum adäquat begegnen. In diesem Kapitel wird die synergetische Führung vorgestellt. Auf Basis einer vereinfachten Systemtheorie erhält die Führungsaufgabe ein neues Verständnis: der Fokus wird von einer personenbezogenen auf eine organisationsbezogene (synergetische) Perspektive geändert. Es steht somit nicht mehr die individuelle Führung von Mitarbeitern durch Vorgesetzten im Zentrum der Aufgabenbewältigung, sondern das zielorientierte Funktionieren eines Mikrosystems. Bei der synergetischen Führung werden alle Elemente zu einer Synthese verbunden, um das gemeinsame Ziel zu erreichen.

Nele Graf, Erich H. Witte
Kapitel 28. Wenn man mit Hierarchie nicht weiterkommt:
Zur Weiterentwicklung des Konzepts des Lateralen Führens

In Organisationen gibt es immer mehr Anlässe, in denen hierarchische Weisungsbefugnisse nicht mehr (oder nur sehr begrenzt) zur Verfügung stehen. Hier greift das Konzept des Lateralen Führens, mit dem die Organisation von Verständigungsprozessen, die Bildung von Machtarenen und der Aufbau von Vertrauens- (bzw. Misstrauens-)beziehungen gefördert werden kann. Nach dem dieses Konzept des Lateralen Führens inzwischen breit als Trainingskonzept, als Analyseschemata in Veränderungsprozessen und als Tool in Coachings- und Supervisionsprozessen eingesetzt wird, werden hier mögliche Weiterentwicklungen des Konzeptes aufgezeigt.

Stefan Kühl, Kai Matthiesen
Kapitel 29. Geteilte Führung in Arbeitsgruppen – ein Modell für die Zukunft?

Wer meint, nur Vorgesetzte führen in Gruppen, dem bietet dieses Kapitel einen erweiterten Blickwinkel. Denn neben der klassischen Führung von oben, sollten die Dynamik in der Arbeitsgruppe und das Potenzial einer geteilten Führung durch die Gruppenmitglieder nicht missachtet bleiben. Ein Modell für die Zukunft? – Ganz gewiss! Denn die aktuelle Forschung zeigt, dass die neue Form der Führung eine gewinnbringende Ressource für verschiedene Erfolgsparameter der Arbeitsgruppe sein kann. Im folgenden Kapitel wird dem Leser das Konzept der geteilten Führung näher gebracht. Nach einem Überblick über die aktuelle Forschung werden zusätzlich Hinweise für die erfolgreiche Implementierung dieser Führungsform gegeben.

Annika Piecha, Jürgen Wegge, Lioba Werth, Peter G. Richter
Kapitel 30. Umgang mit Risiko als Führungsaufgabe – Lernen von Hochleistungsteams

Umgang mit Risiken und die Verantwortung risikobehafteter Entscheidungen sind Anforderungen, denen Wirtschaftsorganisationen gegenüberstehen. In diesem Beitrag werden Antworten auf den Umgang mit Risiken aus den Untersuchungen zu Hochleistungssystemen abgeleitet. Hochleistungssysteme, wie z. B. Rettungs- und OP-Teams, Feuerwehrmannschaften oder auch Sondereinsatzkommandos der Polizei streben unter extremen Risikobedingungen nach Verlässlichkeit ihres Handelns. Auf Basis des derzeitigen Forschungsstandes sind die Führungs-, Organisations- und Lernprinzipien dieser Organisationen auch für Wirtschaftsbetriebe von Interesse, um ihren Umgang mit Risiken zu reflektieren. Die Ursprünge der Hochleistungsforschung und die Prinzipien von Hochleistungssystemen werden vorgestellt und ihre Übertragungsmöglichkeit auf Wirtschaftsorganisationen aufgezeigt.

Monika Küpper, Uta Wilkens
Kapitel 31. Passion meets Profession – erfolgreiche Führung von Fußballteams und Ballettensembles

Die Führung von Expertenteams ist eine zentrale Herausforderung in Unternehmen ebenso wie im Sport- und Kunstbereich. Mitglieder von Expertenteams werden häufig als schwierig, temperamentvoll und egozentrisch charakterisiert. Zusätzlich erschwert wird die Führungsaufgabe, wenn – wie im Fall von Fußballspielen und Ballettaufführungen – der Coach bzw. Choreograph während des Leistungserstellungsprozesses nicht direkt eingreifen kann. Diese spezielle Situation wurde bisher in der Führungsliteratur nicht aufgegriffen. Daher wurden 17 narrative Interviews geführt und mit GABEK®-WinRelan® („GAnzheitliche BEwältigung von Komplexität“) analysiert. Mit Hilfe der Darstellung der Metastruktur der Interviews mit Choreographen und Fußballtrainern konnten wir die vorherrschenden Charakteristika, Aufgaben und Rollen in diesen Teams identifizieren und besser verstehen. Darüber hinaus konnten wir Einblicke in die Beziehungen zwischen Führenden und Geführten sowie Determinanten des Führungserfolgs gewinnen, die Rückschlüsse auf generelle Fragen der Führung von Expertenteams zulassen.

Dagmar Abfalter, Julia Müller, Melanie E. Zaglia, Linda Fitz
Kapitel 32. Impulse aus der Sportpsychologie: Bewegung für die Zukunft der Führung?

Im Rahmen der sportpsychologischen Betreuung von Sportlern, Mannschaften und Trainern wird das Ziel verfolgt, Leistung zu optimieren. Der Trainer im Spitzensport hat dabei eine sehr spezielle Rolle - sein Erfolg wird ausschließlich über den Erfolg des Sportlers oder der Mannschaft definiert. Die Herausforderung besteht zudem darin, kontinuierlich erfolgreich zu sein. Und kontinuierlicher Erfolg geht mit einer außergewöhnlichen hoch ausgeprägten intrinsischen Motivation der Sportler einher. Es stellt sich die Frage, wie Trainer kontinuierlich erfolgreich sein können ohne dies auf Kosten der intrinsischen Motivation der Sportler zu erwirken.

Ein wichtiges Konstrukt, das in hohem Zusammenhang mit der maximal möglichen Leistung (Peak Performance) von Spieler und Mannschaft steht und zudem als wesentlicher Teil einer intrinsischen Motivation angesehen werden kann, ist die individuelle und kollektive Kompetenzüberzeugung. Dieser Begriff beinhaltet die Überzeugung das eigene Können auch im Wettkampf tatsächlich umzusetzen.

Aus systemtheoretischen Überlegungen ergibt sich, dass bestimmte Grundhaltungen des Trainers wie Souveränität, Prozessorientierung und Vertrauen wichtig sind, um die individuelle und kollektive Kompetenzerwartung von Sportler oder Mannschaft anzusprechen und zu optimieren. Gerade im Setting Spitzensport, bei dem es um die Führung von leistungsorientierten (Klein-) Gruppen geht, ist es weniger relevant, was der Trainer konkret macht. Vielmehr ist es das aus diesen Grundhaltungen heraus resultierende Verhalten des Trainers, das den entscheidenden Unterschied zwischen vorhandenem oder nicht vorhandenem kontinuierlichen Erfolg auszumachen scheint.

Jan Mayer
Kapitel 33. Visuelle Führung

Führung als soziale Beeinflussung setzt auf Kommunikation. Fest verankert im Führungsalltag sind die Instrumente Sprache und Text. In einem komplexeren und schnell lebigeren Führungsalltag erhält eine weitere Kommunikationsform immer mehr Auftrieb: Visualisierungen. Angetrieben wird diese Entwicklung auf Grund des vereinfachten Einsatzes von Visualisierungen vor allem im Internet. Hier haben sich Visualisierungen längst als kommunikatives Steuerungsinstrument durchgesetzt. Was bedeutet diese Entwicklung für die Arbeit von Führungskräften? Welche Visualisierungsformen können sie einsetzen? Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Visualisierungen im Führungskontext wirksam werden können? Diesen Fragen geht der Artikel nach und gibt diesem Führungsinstrument dabei einen eigenen Namen: „Visuelle Führung“.

Volker Casper
Kapitel 34. Führen mit dem gesunden Menschenverstand- aber mit Wissen

Der vorliegende Artikel reflektiert den betrieblichen Alltag von Führung aus Sicht der Arbeitspsychologie. Es wird plädiert für einen „gesunden Umgang“ mit Menschen bzw. Mitarbeitern. Hierzu gehören im Einzelnen z. B. Dankbarkeit, Wertschätzung, Qualifikation, Einsatz für ordentliche und Arbeitskraft erhaltende Arbeitsbedingungen und ein sozial angemessenes Auskommen. Ein reflektierter, aufgeklärter Umgang mit Vorgaben aus dem Top-Management sowie ein kritischer Umgang mit Managementmoden werden angemahnt. Über die Beeinflussung der Einstellungen und des Verhaltens von Mitarbeitern hinaus muss es auch um die bewusste Gestaltung der Arbeitsbedingungen, die zu einem bestimmten und gewollten Verhalten der Beschäftigten beitragen, gehen. Zur Verhaltensprävention muss in der Praxis die Verhältnisprävention kommen. Führung darf nicht auf die Durchführung motivierender Gespräche reduziert werden.

Ekkehart Frieling
Metadaten
Titel
Die Zukunft der Führung
herausgegeben von
Sven Grote
Copyright-Jahr
2012
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-642-31052-2
Print ISBN
978-3-642-31051-5
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-642-31052-2