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2014 | Buch

Interne Unternehmensrechnung

verfasst von: Ralf Ewert, Alfred Wagenhofer

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

Buchreihe : Springer-Lehrbuch

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Über dieses Buch

Dieses Lehrbuch befasst sich mit der konzeptionellen Gestaltung und den Einsatzbedingungen von Rechnungs- und Informationssystemen im Unternehmen. Themen sind Methoden und Instrumente der Kosten- und Leistungsrechnung, des Kostenmanagement und des Controlling. Das Buch stellt drei Hauptfunktionen in den Vordergrund:

1. Entscheidungsrechnungen: Analysiert werden entscheidungstheoretische Grundlagen, Beziehungen der internen Unternehmensrechnung zur Investitionsrechnung, Produktionsprogrammplanung bei Sicherheit und Unsicherheit, Preisbestimmung, Break-even-Analysen und Instrumente des Kostenmanagement.

2. Kontrollrechnungen: Im Mittelpunkt stehen die Berechnung und die Auswertung von Abweichungen sowie Anreizwirkungen von Kontrollen.

3. Koordinationsrechnungen: Untersucht werden Konzepte und Wirkungen von Budgetierung, von Kennzahlen zur Performancemessung und von Verrechnungspreisen.

Systeme der Kostenrechnung runden das Lehrbuch ab.

In der Neuauflage wurden kleine Ergänzungen in mehreren Themenbereichen vorgenommen sowie aktuelle Entwicklungen in der internen Unternehmensrechnung eingearbeitet.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
1. Einleitung und Überblick
Zusammenfassung
Unter interner Unternehmensrechnung werden Informationssysteme verstanden, die sich an unternehmensinterne Benutzer richten. Es sind dies die Kosten- und Leistungsrechnung sowie Investitions- und Finanzrechnungen. Diese Informationssysteme werden von der Unternehmensleitung zur Erfüllung bestimmter Funktionen gestaltet.
Die interne Unternehmensrechnung stellt entscheidungsrelevante Informationen bereit. Ihre Hauptfunktionen sind die Entscheidungsfunktion und die Verhaltenssteuerungsfunktion. Bei der Entscheidungsfunktion dient die interne Unternehmensrechnung zur Unterstützung von Sachentscheidungen durch die Unternehmensleitung. Treffen andere Entscheidungsträger im Unternehmen die Sachentscheidung, wird von vollständiger Zielkongruenz mit der Unternehmensleitung ausgegangen.
Bei der Verhaltenssteuerungsfunktion wird die Organisation des Unternehmens explizit berücksichtigt. Die interne Unternehmensrechnung dient dabei zur Beeinflussung von Entscheidungen untergeordneter Entscheidungsträger, denen die Unternehmensleitung bestimmte Sachentscheidungen delegiert hat. Die gelieferten Informationen werden zur Kontrolle und Koordination von Entscheidungsträgern im Unternehmen genutzt.
Dieses Buch analysiert beide Hauptfunktionen im Detail. Dabei werden insbesondere die konzeptionellen Überlegungen in den Vordergrund gerückt und neuere theoretische Entwicklungen, insbesondere informationsökonomische Ansätze, berücksichtigt.
Ralf Ewert, Alfred Wagenhofer

Entscheidungsrechnungen

Frontmatter
2. Die Kosten- und Leistungsrechnung als Entscheidungsrechnung
Zusammenfassung
Die Kosten- und Leistungsrechnung wird als Instrument zur Vorbereitung von Entscheidungen institutionaler Unternehmen verwendet. Die Fundierung von Entscheidungen mit Hilfe von Kosten und Leistungen im üblichen Sinne ist jedoch keineswegs selbstverständlich. Dieser Vorgehensweise liegen vielfältige Vereinfachungen von Entscheidungszusammenhängen zugrunde. Diese Vereinfachungen lassen sich schrittweise aufzeigen, wenn man vom Grundmodell der Entscheidungstheorie und den damit zusammenhängenden Prinzipien der Entscheidungsfindung ausgeht. Zur Lösung von Entscheidungsproblemen wären danach grundsätzlich langfristig ausgerichtete, zeit-zustandsabhängig formulierte Handlungsstrategien aufzustellen; darüber hinaus müssten diese Strategien auch die individuellen Portefeuilleentscheidungen der Eigner umfassen, wenn sie aus finanzieller Sicht (d.h. Gestaltung von Konsumzahlungsströmen hinsichtlich der Höhe, zeitlichen Struktur und Unsicherheit) zielentsprechend festgelegt werden sollen.
In diesem Rahmen wäre eine Entscheidungsrechnung grundsätzlich mit der Ergebnisfunktion des Grundmodells gleichzusetzen. Spaltet man daraus positive und negative Ergebnisbestandteile ab, lässt sich eine erste Kosten-Leistungs-Konzeption wie folgt benennen:
■ Kosten I: Angesichts eines bestimmten Zielplanes und Entscheidungsfeldes resultierende negative Konsequenzen (Ergebnisstrukturen) einer Aktion.
■ Leistungen I: Angesichts eines bestimmten Zielplanes und Entscheidungsfeldes resultierende positive Konsequenzen (Ergebnisstrukturen) einer Aktion.
Diese Konzeption ist allgemein für beliebig viele Ergebnisarten ausgerichtet und liefert mehrwertige Kosten- und Leistungsgrößen.
Eine strenge Orientierung an den Prinzipien des Grundmodells ist allerdings praktisch kaum möglich und auch nicht für jedes Problem wirtschaftlich, so dass Vereinfachungen bedenkenswert sind. Erste Vereinfachungen bestehen darin, dass man die individuelle Portefeuillewahl der Eigner vernachlässigt, nur noch finanzielle Zielgrößen berücksichtigt und die Zahlungen der Aktionen zu einer Repräsentanzgröße verdichtet. Diese Größe übernimmt die Funktion eines Nutzenindex, so dass höhere Werte mit einer besseren Zielerreichung der Investoren verknüpft sind. Daraus lässt sich eine weitere Kosten-Leistungs-Konzeption entwickeln:
■ Kosten II: Verringerungen der die ggf unsicheren, mehrperiodigen monetären Konsequenzen einer Aktion widerspiegelnden Repräsentanzgröße.
■ Leistungen II: Erhöhungen der die ggf unsicheren, mehrperiodigen monetären Konsequenzen einer Aktion widerspiegelnden Repräsentanzgröße.
Für diese Konzeption II existiert eine Präzisierung in Form des investitionstheoretischen Ansatzes der Kostenrechnung. Dort ist der Kapitalwert die gesuchte Repräsentanzgröße, der unter bestimmten Bedingungen über die Struktur des Kapitalmarktes auch sämtliche Bedingungen erfüllt, die zur Begründung der Separationseigenschaften der Konzeption II erforderlich sind. Die Kosten und Leistungen II berücksichtigen grundsätzlich langfristige Wirkungen. Unter bestimmten Bedingungen lassen sich sogar traditionelle Kostengrößen als Spezialfälle der Kosten II auffassen, wodurch die Bindegliedfunktion der Konzeption II verdeutlicht wird. Dennoch wäre auch die Anwendung dieser Konzeption bei jedem Entscheidungsproblem sehr anspruchsvoll, weil – analog zur Konzeption I – immer noch Totalmodelle aufgestellt werden müssten. Weitere Vereinfachungen bestehen zunächst in der Trennung von langfristig wirksamen (Potenzialentscheidungen) und kurzfristig wirksamen Entscheidungen (Anpassungsentscheidungen). Letztere umfassen die Festlegung konkreter Beschaffungs-, Produktions- und Absatzprogramme bei gegebenen Potenzialen. Sind – gegeben die Potenziale – die Handlungsbedingungen verschiedener Perioden nicht miteinander verbunden und fallen die Zahlungskonsequenzen aller Periodenmaßnahmen in der jeweiligen Periode an, dann könnten ausgehend von der Konzeption II die Periodenentscheidungen stets durch Maximierung der periodischen Zahlungsüberschüsse optimal festgelegt werden. Ansonsten wird zur weiteren Vereinfachung nur noch auf diejenigen Zahlungen abgestellt, die durch Entscheidungen einer Periode und den damit zusammenhängenden Güterverbräuchen und Gütererstellungen ausgelöst werden. Dadurch ist man schließlich bei den traditionellen Inhalten von Kosten und Leistungen angelangt:
■ Kosten III: Bewertete, sachzielbezogene Güterverbräuche eines Unternehmens in einer Periode.
■ Leistungen III: Bewertete, sachzielbezogene Gütererstellungen eines Unternehmens in einer Periode.
Diese Größen dienen zur Fundierung kurzfristig wirksamer Entscheidungen im beschriebenen Sinne, wobei diese Abgrenzung allerdings nicht unproblematisch ist und kaum schematisch vorgenommen werden kann. Die Optimalität der Resultate von Entscheidungskalkülen, die mit der Konzeption III arbeiten, ist letztlich unter der Gesamtheit aller genannten Vereinfachungen zu sehen. Man kann diese Vereinfachungen als eine spezifische Lösung des Problems eines optimalen Komplexitätsgrades von Entscheidungsmodellen auffassen.
Trotz der Konzentration auf kurzfristig wirksame Entscheidungen lassen sich die Rechengrößen der Konzeption III gemäß dem Lücke -Theorem auch zur Fundierung langfristig wirksamer Maßnahmen einsetzen, wenn man mit Residualgewinnen arbeitet. Das Lücke-Theorem zeigt die Barwertäquivalenz dieser Rechengrößen bei Gültigkeit des Kongruenzprinzips. Es ist allerdings bezüglich der Gestaltung von Entscheidungsrechnungen ein eher formales Resultat. Es löst nicht das Komplexitätsproblem und die Frage nach dem Umfang einzubeziehender Interdependenzen bei der Lösung von Entscheidungsproblemen.
Ralf Ewert, Alfred Wagenhofer
3. Produktionsprogrammentscheidungen
Zusammenfassung
Zur Lösung kurzfristig wirksamer Programmentscheidungen auf der Basis von Kosten und Leistungen ist die Verwendung ausschließlich variabler Erfolgsgrößen hinreichend, aber nicht notwendig. Das Optimum kann auch mit einer als Periodenrechnung ausgestalteten Vollkostenrechnung gefunden werden. Sofern allerdings Stückrechnungen verwendet werden, führt die Orientierung an Stück-Vollkosten – unter den hier gesetzten Prämissen für kurzfristig wirksame Entscheidungsprobleme – regelmäßig zu falschen Entscheidungen.
Bei der „reinen“ Programmplanung wird von a priori festgelegten Fertigungsverfahren für die Endprodukte ausgegangen. Dann ist nur noch über die optimalen Produktions- und Absatzmengen der Endprodukte zu entscheiden. Hier spielen bei linearen Abhängigkeiten Deckungsbeiträge eine zentrale Rolle für die Entscheidungsfindung. Bei freien Kapazitäten sind alle Produkte mit positivem Deckungsbeitrag im Umfang ihrer jeweiligen Absatzhöchstgrenzen zu fertigen. Bei einer wirksamen Mehrproduktrestriktion sind dagegen spezifische Deckungsbeiträge (Deckungsbeiträge je Engpasseinheit) heranzuziehen. Die Produkte werden nach der Höhe ihrer spezifischen Deckungsbeiträge und unter Berücksichtigung ihrer individuellen Absatzbeschränkungen dem Engpass solange zugeteilt, bis er erschöpft ist. Liegen mehrere wirksame Mehrproduktrestriktionen vor, ist dagegen ein Simultanansatz unter Verwendung der Methoden der Linearen Programmierung zu lösen. Bei linearen Abhängigkeiten befindet sich das Optimum stets auf dem Rand des zulässigen Bereichs und ist darüber hinaus ein Eckpunkt. Diese Verhältnisse lassen sich nicht auf den Fall nichtlinearer Gewinnfunktionen übertragen; dort kann das Optimum zB auch im Inneren des zulässigen Bereichs liegen. Die zusätzliche Einbeziehung der Verfahrenswahl lässt sich durch analoge Anwendung der bei der „reinen“ Programmplanung gefundenen Grundsätze behandeln, was insbesondere bei der Vorgehensweise der Alternativkalkulation deutlich wird.
Opportunitätskosten treten in Form input- und outputbezogener Typen auf; alle Typen setzen letztlich die Kenntnis der optimalen Lösung des Programmplanungsproblems voraus. Sie können daher zur Berechnung des Optimums keinen wirklichen Beitrag leisten; ihre Bedeutung ergibt sich allenfalls bei postoptimalen Analysen.
Ralf Ewert, Alfred Wagenhofer
4. Preisentscheidungen
Zusammenfassung
Preisgrenzen sind Entscheidungswerte für das Unternehmen, bei deren Über- oder Unterschreiten bestimmte Entscheidungen ausgelöst werden. Preisuntergrenzen werden zB für die Entscheidung über die Annahme oder Ablehnung eines Zusatzauftrages oder die Eliminierung eines Produktes aus dem Produktionsprogramm benötigt. Preisobergrenzen legen die Entscheidung über den Bezug von benötigten Beschaffungsgütern fest. Relative Preisgrenzen führen zu einer Veränderung der Zusammensetzung des Produktionsprogramms.
Für die Bestimmung von Preisgrenzen sind die relevanten Kosten zu ermitteln, das sind jene Kosten, die sich gegenüber der Ausgangssituation durch Änderung der Entscheidung ergeben. Sie umfassen bei einem Zusatzauftrag immer die Grenzkosten (des gesamten Auftrages, nicht nur des letzten Stücks) und alle weiteren Kosten, die durch die Entscheidung beeinflusst werden können. Dabei handelt es sich einmal um Opportunitätskosten, die dann auftreten, wenn ein Auftrag das bisherige Produktionsprogramm verändert. Dies kann auch (kurzfristig) fixe Kosten betreffen, zB bei der Möglichkeit des Ausbaues (der Einschränkung) der Kapazitäten bei Annahme (Ablehnung) des Auftrages.
Preisgrenzen sind kritische Werte, bei denen sich eine Entscheidung gerade ändert. Das heißt noch nicht, dass die tatsächlichen Preise diesen Preisen entsprechen müssen. Insbesondere können Kosten auch für die Ermittlung optimaler Absatzpreise verwendet werden. Sie sind jedoch nicht isoliert, sondern immer im Zusammenhang mit sämtlichen Marketinginstrumenten zu sehen.
Der kurzfristig optimale Preis ergibt sich grundsätzlich aus der fundamentalen Gleichung: Grenzerlös = Grenzkosten. Fixkosten spielen dabei keine Rolle. Das bedeutet, dass typische Verfahren der Preiskalkulation (zB Zuschlagskalkulation, Handelsspannenkalkulation, Target pricing) im Regelfall nicht zu optimalen Preisen führen. Sind (aus kurzfristiger Sicht) Fixkosten jedoch beeinflussbar, sind sie ebenfalls relevant. Es handelt sich dabei um dieselben Überlegungen wie bei der Preisuntergrenze. Je nach Dauer der Leistungserstellung (Fristigkeit) werden damit mehr oder weniger (kurzfristig) fixe Kosten berücksichtigt. Beispielsweise sind für die Angebotserstellung eines langfristigen Fertigungsauftrages die meisten Kosten beeinflussbar, die Preisentscheidung basiert dann auf Vollkosten. Das Zurechnungsproblem von (dann nur mehr variablen) Gemeinkosten bei mehreren Aufträgen bleibt aber bestehen. Der optimale Preis hängt nicht nur von den Produktkosten in der betreffenden Periode ab, sondern zusätzlich von künftigen Kosten (dynamische Preisstrategien), von den Interdependenzen zu anderen Produkten und damit deren Kosten als auch von Kosten der Konkurrenten, wenn diese einen spürbaren Einfluss auf das Entscheidungsfeld des Unternehmens haben.
Das Ergebnis der Untersuchung, wie optimale Preise von den Kosten abhängen, hat gezeigt, dass es sehr vielfältige Zusammenhänge gibt, die eigentlich alle beachtet werden sollten. Für eine formale Analyse kann man sich leicht auf ein oder höchstens zwei Produkte und auf eine oder höchstens zwei Perioden beschränken und alles andere unbeachtet lassen (ceteris paribus-Annahme). In der praktischen Anwendung der Ergebnisse treten diesbezüglich jedoch Schwierigkeiten auf. Es existieren weit mehr und komplexere Zusammenhänge. Zusätzliche Probleme mit der Anwendung der Modellergebnisse liegen in den benötigten Daten selbst. So ist beispielsweise die Schätzung der Preis-Absatz-Funktion nicht gerade einfach. Schwierigkeiten liegen zB in der Produkt- und Marktdefinition, der Berücksichtigung von Produktinterdependenzen und den Einflüssen anderer Marketinginstrumente, die vom Preis als Einflussgröße kaum hinreichend isoliert werden können.
Ralf Ewert, Alfred Wagenhofer
5. Entscheidungsrechnungen bei Unsicherheit
Zusammenfassung
Für Entscheidungsrechnungen bei unsicheren Erwartungen existieren mehrere Ansätze. Zunächst kann es sinnvoll sein, Vorstellungen über die Bedeutung der Unsicherheit für das vorliegende Entscheidungsproblem zu entwickeln. Dazu eignen sich Break Even-Analysen, die als nicht stochastische und stochastische Varianten angewandt werden können. Bei den nicht stochastischen Varianten geht es um die Ermittlung solcher Produktionsmengen bzw Mengenkombinationen, bei denen weder ein Gewinn noch ein Verlust erzielt wird oder eine andere Entscheidung, wie eine Verfahrenswahl, umschlägt. Die Grundsätze dafür lassen sich für vielfältige Fragestellungen einsetzen. Insbesondere können auch „Risikokennzahlen“ in Form des Sicherheitskoeffizienten und des Operating Leverage ermittelt werden. Deren Problematik besteht jedoch darin, dass sie unabhängig von den eigentlichen Wahrscheinlichkeitsverteilungen der unsicheren Größen berechnet werden. Um Vorstellungen hinsichtlich solcher Gewinnverteilungen zu entwickeln, kann eine stochastische Break Even-Analyse durchgeführt werden, die in der Praxis unter dem Stichwort Cash Flow at Risk verbreitet ist. Das Problem aller Break Even-Analysen besteht darin, dass offen bleibt, wie letztlich zu entscheiden ist und wie demnach die Lösungsstruktur bei unsicheren Erwartungen aussieht.
Die expliziten Auswirkungen unsicherer Erwartungen wurden anhand eines Programmplanungsproblems für verschiedene Ausprägungen des Entscheidungskontextes untersucht. Wenn das Produktionsprogramm nicht handelbar ist und individuelle Portefeuilleentscheidungen der Anteilseigner ausgeblendet werden, kommt die Maximierung des Erwartungsnutzens (Bernoulli -Prinzip) zum Tragen; dabei ist das Produktionsprogramm simultan sowohl für die Höhe als auch die Risikostruktur des Einkommens bzw Endvermögens des Unternehmers zuständig. Damit sind auch unternehmensspezifische Diversifikationsaspekte für die Programmplanung bedeutsam; außerdem kann sich für bestimmte Nutzenfunktionen eine Relevanz der Fixkosten für die Entscheidungsfindung ergeben. Sofern außer den Deckungsbeiträgen die Fixkosten selbst risikobehaftet sind, sind sie bei risikoscheuen Entscheidungsträgern so gut wie immer entscheidungsrelevant.
Wenn das Produktionsprogramm direkt am Kapitalmarkt handelbar ist, kommt die Marktwertmaximierung als Zielsetzung zur Anwendung. Dafür ergeben sich zum Teil analoge Resultate wie für die Programmplanung bei sicheren Erwartungen, denn die Lösungsstruktur des Programmplanungsproblems entspricht faktisch derjenigen bei Sicherheit; an die Stelle der sicheren Deckungsbeiträge sind lediglich die Marktwerte der Deckungsbeiträge zu setzen. Fixkosten erweisen sich wegen der Eigenschaft der Wertadditivität als für die Entscheidungsfindung irrelevant. Im Rahmen der Marktwertmaximierung spielen Diversifikationsaspekte eine Rolle. Diese befinden sich allerdings nicht auf der Unternehmensebene; sie sind stattdessen an Marktfaktoren zu messen.
Wenn die Möglichkeit individueller Portefeuilleentscheidungen am Kapitalmarkt berücksichtigt wird, können Diversifikationseffekte auch durch Kapitalmarkttransaktionen erzielt werden, so dass das Produktionsprogramm von der Funktion der Risikosteuerung entlastet werden kann. In diesem Fall kann das Produktionsprogramm analog zu einem handelbaren Produktionsprogramm optimiert werden, indem der virtuelle Marktwert maximiert wird; Fixkosten und Anfangsvermögen werden wieder irrelevant. Die für die virtuelle Marktwertmaximierung erforderlichen Bedingungen entsprechen denen, die ansonsten für die Begründung der Marktwertmaximierung bei handelbarem Produktionsprogramm herangezogen werden.
Ralf Ewert, Alfred Wagenhofer
6. Kostenmanagement
Zusammenfassung
Kostenmanagement dient der Beeinflussung der Kosten im Hinblick auf Kostenniveau, Kostenstruktur und Kostenverlauf zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit der Leistungserstellung im Unternehmen. Die Maßnahmen im Kostenmanagement setzen zumeist bei strategischen Entscheidungen an, wie Unternehmensstrategie, langfristiges Produktionsprogramm, Fertigungstechnologie und vertikale Integration. Ansatzpunkte des Kostenmanagements können die Produkte, Prozesse und Ressourcen des Unternehmens sein. In diesem Kapitel werden einige Konzeptionen und Instrumente des Kostenmanagements dargestellt und kritisch diskutiert. Im Vordergrund steht die Gestaltung von Informationssystemen, die eine Entscheidungsgrundlage für das Kostenmanagement bereitstellen. Die KLR basiert auf vielen vereinfachenden, oft nur sehr implizit in Erscheinung tretenden Annahmen. Nicht berücksichtigt werden etwa das Verhalten der Konkurrenz, die Konkurrenzgefahr, oder längerfristige Auswirkungen von Entscheidungen. Um möglichst „gute“ Entscheidungen sicherzustellen, muss die KLR entsprechend adaptiert werden.
Ein Konzept einer strategischen Kostenrechnung basiert auf der Wertkettenanalyse. Das Unternehmen oder ein Teil davon wird in Aktivitäten unterteilt, die Kundennutzen bewirken. Den Aktivitäten werden Kosten zugeordnet, und deren strategische Kostentreiber werden identifiziert. Strategien können nun anhand ihrer Auswirkungen auf Kosten und Nutzen der erforderlichen Aktivitäten bewertet werden.
Die Prozesskostenrechnung ist ein pragmatisches Instrument, Teile dieses Konzeptes umzusetzen. Ihre Zielrichtung sind die indirekten Leistungsbereiche des Unternehmens, welche die Ressourcen für unternehmerische Aktivitäten (Prozesse) zur Verfügung stellen. Als Einsatzmöglichkeiten der Prozesskostenrechnung kommen das Gemeinkostenmanagement, die strategische Kalkulation, die Kundenprofitabilitätsanalyse und das Produktdesign in Betracht. Genauere Betrachtungen zeigen aber, dass die tatsächliche Einsatzfähigkeit der Prozesskostenrechnung zu relativieren ist, denn etwa im Bereich der strategischen Kalkulation und der damit verbundenen langfristigen Produktplanung erweist sie sich nur dann als sinnvoll, wenn stationäre Verhältnisse vorliegen. Dann aber hat man keinen wirklich „strategischen“ Bezug.
Das Target Costing ist speziell zur Unterstützung der Produktplanung, Produktentwicklung und Konstruktion gedacht. Die Zielkosten ergeben sich aus dem künftigen Absatzpreis abzüglich des Zielgewinnes. Ein Produkt, das höhere Kosten als diese Zielkosten verursachen würde, wird nicht eingeführt. Mit Hilfe von Prozesskostensätzen kann den Produktentwicklern und Konstrukteuren vorgerechnet werden, wie viel das Produkt langfristig kosten wird. Die Schwächen dieses Instruments liegen vor allem in der Einperiodigkeit der Betrachtungsweise und in der angenommenen Konstanz des Absatzpreises, Zielgewinns und der Kosten.
Die Lebenszykluskostenrechnung versucht, die Produktkosten von der ersten Planung bis zur Beendigung der Nutzung durch den letzten Konsumenten zu verfolgen. Durch diese periodenübergreifende (und oft auch unternehmensübergreifende) Rechnung sollen falsche Kostensignale vermieden werden, die sich bei einer mehr oder weniger streng periodenbezogenen Rechnung einstellen. Die Lebenszykluskostenrechnung kann insbesondere die Allokation von Kosten in den einzelnen Lebenszyklusphasen steuern helfen.
Prinzipiell basieren die Verfahren der strategischen Kostenrechnung auf einer Reihe von Verrechnungsvorgängen, die allenfalls als Approximation tatsächlicher Wirkungen strategischer Entscheidungen gelten können. So handelt es sich dabei idR um Vollkostenrechnungen, die auf Basis von Istkosten oder Plankosten ohne Berücksichtigung des zeitlichen Anfalls der Zahlungen erfolgen. Als Grund für die Verwendung von Approximationen kann gelten, dass Einzelanalysen viel zu umfangreich und damit unwirtschaftlich sind. Bei der Anwendung dieser Verfahren sollte aber immer überlegt werden, ob dies für die anliegende spezielle Entscheidung auch wirklich sinnvoll ist oder ob gegebenenfalls nicht doch eine Einzelanalyse durchgeführt werden sollte.
Die vorgeschlagenen Instrumente des Kostenmanagements lassen insgesamt viele Fragen offen. Ihr Nutzen kann allenfalls im Vergleich mit anderen strategischen Entscheidungsinstrumenten beurteilt werden; diese sind oft sehr grob oder oberflächlich, was weitgehend aus der schlechten, weil langfristig vorausschauenden, Datenbasis erklärlich ist. Im Vergleich mit der für kurzfristig wirksame Entscheidungen hoch entwickelten KLR ist jedenfalls derzeit auch ein methodisches Defizit zu bemerken.
Ralf Ewert, Alfred Wagenhofer

Kontrollrechnungen

Frontmatter
7. Kontrollrechnungen
Zusammenfassung
Die Kontrolle ermittelt und analysiert Abweichungen zwischen Sollwerten und den korrespondierenden Istwerten. Ursachen für Abweichungen können kontrollierbar oder nicht kontrollierbar sein. Die kontrollierbaren Ursachen können aufgrund von Planungsfehlern, Ausführungs- und Realisationsfehlern sowie Auswertungsfehlern entstehen. Die Kontrolle besitzt Entscheidungsfunktion, sie dient also der Verbesserung eigener Entscheidungen, und Verhaltenssteuerungsfunktion, dh der Beeinflussung der Entscheidungen anderer Entscheidungsträger im Unternehmen.
Die Vorgehensweise bei Kontrollrechnungen beinhaltet die Aufstellung des Kontrollfeldes (Kontrollobjekt, Kontrollausmaß, Kontrollhäufigkeit), die Bestimmung der Sollgrößen und der Istgrößen, den Vergleich der beiden und die Aufspaltung der Gesamtabweichung in Einzelabweichungen sowie schließlich die Auswertung der Ergebnisse.
Bei der Aufspaltung der Gesamtabweichung besteht das Problem, dass die Einflussgrößen auf das Kontrollobjekt (Kosten, Erlöse) oft nicht additiv zur Gesamtabweichung beitragen, dabei entstehen Abweichungen höherer Ordnung, und dass sie zum Teil voneinander abhängig sind. Eine verursachungsgerechte Aufspaltung ist dann nicht möglich. Sämtliche Methoden können nur nach ihrer Zweckmäßigkeit beurteilt werden. Von den wesentlichen Methoden: differenzierte, alternative, kumulative und symmetrische Methode, erfüllt die differenzierte Methode am ehesten die Zweckmäßigkeitskriterien; in der Praxis wird allerdings die kumulative Methode am häufigsten verwendet.
Typische Abweichungen bei der Kostenkontrolle sind (echte) Beschäftigungs-, Preis- und Mengen(Verbrauchs-)abweichungen. In Vollkostenrechnungen entstehen überdies (sogenannte) Beschäftigungsabweichungen, die eine vorgenommene Proportionalisierung der Fixkosten wieder korrigieren. Die Mengen(Verbrauchs-) abweichungen beinhalten Abweichungen infolge von Unwirtschaftlichkeiten und von Änderungen des Produktionsvollzugs (Spezialabweichungen). Induzierte Abweichungen sind Abweichungen, die aufgrund von Abweichungen in einem anderen Kontrollobjekt auftreten.
Bei der Erlöskontrolle entsteht regelmäßig das Problem, dass Einflussfaktoren voneinander abhängig sind. Eine Trennung in interne und externe, nicht kontrollierbare Einflussgrößen kann durch die Ermittlung einer Marketing- und einer Preiseffektivitätsabweichung einerseits und einer Branchenpreis- und Marktvolumensabweichung andererseits vorgenommen werden. Bei Deckungsbeitragsabweichungen können Interpretationsschwierigkeiten infolge von Vorzeichenwechseln bei den Deckungsbeiträgen auftreten.
Die Planungskontrolle versucht, Planungsfehler von den Realisationsfehlern (sowie von Auswertungsfehlern) zu trennen. Dabei wird ein ex post -Plan unter Verwendung der nachträglich bekannt gewordenen Informationen erstellt. Dieses Vorgehen weist eine Reihe von Problemen auf, sodass es für die Beurteilung von Mitarbeitern anhand der Planabweichung oder auch der verbleibenden (Rest-)Abweichung nur mit Vorbehalt geeignet erscheint.
Die Auswertungen der Abweichungsanalyse ermöglichen eine tiefer gehende Analyse von Abweichungsursachen; sie erfordern Informationen über zusätzliche Einflussgrößen, und dies ist zum Teil kostspielig. Sind Abweichungen unbeabsichtigt entstanden, wird die Auswertungsentscheidung davon abhängig gemacht, ob die Abweichung auf kontrollierbare oder auf nicht kontrollierbare Ursachen hindeutet. Aus den realisierten Abweichungen wird auf die Ursachen der Abweichung statistisch rückgeschlossen. Dazu gibt es viele, auf verschiedenen Annahmen basierende, statistische und entscheidungstheoretische Modelle.
Statistische Verfahren sind zB das Kontrollkarten-Verfahren, das nur die gerade aktuelle Abweichung als Entscheidungskriterium für die Auswertung heranzieht, und das Winkelschablonen-Verfahren, das auch vergangene Abweichungen dafür berücksichtigt. Erfasst man darüber hinaus Kosten und Nutzen von Auswertungen samt den notwendigen Korrekturmaßnahmen, ergeben sich Modelle auf entscheidungstheoretischer Basis. Mit ihnen können je nach Annahmen über die Folgen kontrollierbarer Ursachen verschiedene Auswertungsstrategien gewonnen werden.
Bei der Auswertung beabsichtigt verursachter Abweichungen dient die Zusatzinformation zur besseren Verhaltenssteuerung von dezentralen Entscheidungsträgern, die über bessere Information als die Zentrale verfügen und divergierende Interessen haben. Anders als bei der Auswertung unbeabsichtigter Abweichungen ist hier das (beabsichtigte) Verhalten des Entscheidungsträgers vorweg bekannt, womit die Informationsfunktion der Auswertung ex post wegfällt. Die Kontrolle entwickelt nur ex ante einen Nutzen.
Der Nutzen aus einer Auswertung bei einer bestimmten Ergebnisabweichung ist immer strikt positiv. Er erreicht idR sein Minimum nicht dann, wenn die Ergebnisabweichung null ist; dies hängt von vielen Faktoren ab. Ob nur bei ungünstigen oder nur bei günstigen Abweichungen ausgewertet wird, oder ob eine zweiseitige oder eine komplexere Auswertungsstrategie optimal ist, hängt im Wesentlichen von der Risikoscheu des Agenten und vom Informationsgehalt der Auswertung ab. Einfache, robuste Regeln sind grundsätzlich nur in Sonderfällen optimal.
Ralf Ewert, Alfred Wagenhofer

Koordinationsrechnungen

Frontmatter
8. Koordination, Budgetierung und Anreize
Zusammenfassung
Der Koordinationsbedarf eines Unternehmens ergibt sich sowohl aus sachlichen als auch aus personellen Gründen. Im Rahmen der sachlichen Koordination sind vielfältige Interdependenzen zwischen verschiedenen Aktionen und/oder Bereichen dafür verantwortlich, dass ein Abstimmungsbedarf entsteht, der regelmäßig eine Gesamtbetrachtung aller Aktivitäten erforderlich macht. Wichtige Ausprägungen der sachlichen Koordination sind der Ressourcen-, der Erfolgs-, der Risiko- und der Bewertungsverbund.
Im Rahmen des Ressourcenverbundes sind Konkurrenzbeziehungen angesprochen, die aus der gemeinsamen Nutzung knapper Kapazitäten durch mehrere Bereiche entstehen. Dagegen bezieht sich der Erfolgsverbund auf Interdependenzen in der Ergebnisfunktion, wenn der Erfolgsbeitrag einer Maßnahme davon abhängt, welche anderen Maßnahmen gleichzeitig durchgeführt werden, früher realisiert wurden und/oder künftig geplant sind. Der Risikoverbund zielt auf stochastische Abhängigkeiten zwischen verschiedenen Aktivitäten ab, die bei nicht risikoneutralem Entscheidungsverhalten für die insgesamt optimale Unternehmenspolitik bedeutsam sein können. Beim Bewertungsverbund kann die Bewertung der Erfolgs- und Risikobeiträge einer Maßnahme davon abhängen, von welcher Basissituation aus die Maßnahme realisiert wird.
Der personelle Koordinationsbedarf resultiert letztlich aus der Delegation von Entscheidungsbefugnissen und aus dem simultanen Vorliegen von asymmetrischer Informationsverteilung und Interessenkonflikten. Die Manager „vor Ort“ verfügen zumeist über bessere Informationen bezüglich der Erfolgssituation ihrer Abteilungen und Bereiche als die Zentrale selbst. Interessenkonflikte entstehen zB, weil den Managern weder der Umfang der ihnen zugeteilten Ressourcen noch die Faktoren des Arbeitsleids gleichgültig sein werden, während für die Zentrale als Repräsentant der Anteilseigner ausschließlich finanzielle Aspekte relevant sind. Darüber hinaus kann es auch bei den finanziellen Aspekten Interessenkonflikte geben, wenn die Risikoeinstellungen der Manager und der Zentrale unterschiedlich sind.
Die personelle Koordination kann grundsätzlich unabhängig von sachlichen Verbundeffekten bestehen; im Allgemeinen überlagert sie aber diese Faktoren. Die sachlichen Koordinationsprobleme können aus Sicht der Zentrale nur dann zielentsprechend gelöst werden, wenn die personellen Koordinationsprobleme ebenfalls gelöst sind. Dazu werden Anreizsysteme installiert, die aus Beurteilungsgrößen einerseits und daran anknüpfenden Kompensationsfunktionen andererseits bestehen.
Zur Lösung von Koordinationsproblemen spielt die Budgetierung sowohl aus theoretischer als auch aus praktischer Sicht eine große Rolle. Die der Budgetierung zugeschriebenen Vorteile bestehen zunächst darin, dass Manager zu einem präzisen Nachdenken über künftige Erfolgspotenziale angehalten werden. Weiterhin findet durch den Budgetierungsprozess eine Abstimmung von Aktivitäten statt, so dass auch Engpass- und Problembereiche des Unternehmens identifiziert werden können. Schließlich sollen die Budgets als Grundlagen der Managementbeurteilung dienen, wobei insbesondere der Partizipation der Mitarbeiter eine maßgebliche Bedeutung für die Motivation und die Planungsqualität zugeschrieben wird.
Diese erhofften Vorteile der Budgetierung hängen allerdings von den Informationen ab, die im Budgetierungsprozess verarbeitet werden. Weil diese Informationen sich vornehmlich bei den Bereichsmanagern befinden, kommt dem Problem der wahrheitsgemäßen Berichterstattung eine grundlegende Bedeutung zu. Das Offenlegungsprinzip sichert zwar die Existenz optimaler wahrheitsinduzierender Verträge, führt aber nur vordergründig zu einer Problemlösung, weil sich die Zentrale ggf in der Ausnutzung der Informationen stark einschränken muss. Beim Weitzman -Schema erhält der Manager einen strikten Anreiz zu einer wahrheitsgemäßen Berichterstattung; ist das Ergebnis stochastisch, kann er motiviert werden, bestimmte Quantile der Verteilung zu berichten. Arbeitsanreize werden jedoch nur sehr primitiv gegeben. Beim Osband/Reichelstein -Schema besteht ein Anreiz zur Bekanntgabe des Erwartungswertes des Ergebnisses, und zusätzlich können differenziertere Arbeitsanreize gegeben werden.
Eine detaillierte Untersuchung der Anreizwirkungen von Budgetsystemen wurde in einem Szenario der Kostenbudgetierung mit asymmetrischer Information des Managers über die Fertigungssituation durchgeführt. Das Basismodell beinhaltet keine weiteren Kostenrisiken, so dass die Steuerung der Anstrengungen des Managers grundsätzlich durch eine spezifische Kostenvorgabe möglich ist. Die second best-Lösung dieses Modells zeigt einen Trade-off zwischen Renten für den Manager und Maßnahmen zur Kostensenkung. Dabei erweist sich eine Berichterstattung des Managers als nicht zwingend erforderlich, um diese Lösung zu implementieren. Der optimale berichtsabhängige Vertrag kann nämlich als Spezialfall eines rein kostenabhängigen Vertrages ohne ausdrückliches Berichtserfordernis aufgefasst werden. In diesem Szenario führen daher die top down -Budgetierung sowie die Budgetierung im Gegenstromverfahren zu den gleichen Ergebnissen, während die bottom up-Budgetierung grundsätzlich inferior ist.
Ein erweitertes Szenario erfasst neben der asymmetrischen Information über die Fertigungssituation auch stochastische Kosten. Jetzt zeigt sich, dass auf Kommunikation nicht mehr verzichtet werden kann, wenn man die second best-Lösung implementieren will. Ein an das Osband-Reichelstein -Schema angelehnter Vertragstyp erweist sich als optimal, wobei über den Bericht des Managers die Parameter dieses Vertrags ausgewählt werden. In diesen Fällen ist eine Budgetierung im Gegenstromverfahren besser als eine top down-Budgetierung.
Ralf Ewert, Alfred Wagenhofer
9. Investitionscontrolling
Zusammenfassung
Das Investitionscontrolling beschäftigt sich vor allem mit der Planung und Steuerung von dezentral getroffenen Investitionsentscheidungen im Unternehmen. Bereichsmanager sollen Anreize erhalten, aus Sicht des Gesamtunternehmens optimale Investitionsprogramme zu implementieren. Bei Vernachlässigung von Interessenkonflikten und asymmetrischen Informationsverteilungen lassen sich diese Fragen durch „traditionelle“ Simultanansätze behandeln. Diese Ansätze können zunächst unmittelbar an der eigentlich angestrebten Zielgröße (zB Endwert, Entnahmestrom) anknüpfen. Es existiert aber stets auch eine Kapitalwertformulierung des Problems, ebenso gibt es Äquivalenzdarstellungen in Form des Gewinns (einschließlich der Gewinne aus Finanzinvestitionen) und des Residualgewinns. Die Schwierigkeit dieser Formulierungen besteht allerdings in der Bestimmung der endogenen Kalkulationszinssätze. Diese Zinssätze kennt man nämlich im Grunde erst dann, wenn auch die optimale Lösung des Planungsproblems bekannt ist.
Beim Vorliegen von Interessenkonflikten und asymmetrischer Informationsverteilung sind die angesprochenen Planungsansätze nicht mehr ohne weiteres verwendbar. Der Zentrale fehlen nämlich die genauen Informationen, um eine Optimierung selbst vornehmen zu können. Und sie kann sich auch nicht unbesehen auf eine wahrheitsgemäße Berichterstattung seitens der Bereichsmanager verlassen, weil diese die Verwendung ihrer Berichte durch die Zentrale antizipieren werden. Wichtig sind demnach Anreizsysteme, die für eine wahrheitsgemäße Berichterstattung von Informationen sorgen und/oder richtige Entscheidungen der Bereichsmanager induzieren. Diese Anreizsysteme müssen auf die konkret vorliegende Situation des Unternehmens bezogen sein. Maßgeblich dafür ist die Art der Managerinteressen einerseits sowie die Knappheit der Finanzmittel andererseits. Daraus lassen sich für die Analyse von Anreizsystemen verschiedene Konstellationen gewinnen, die jeweils bestimmte Beurteilungsgrößen und Verfahren ihrer Ermittlung erfordern.
Wenn die Finanzmittel nicht knapp sind und die Manager nur finanzielle Interessen haben, führt eine Beurteilung (Entlohnung) der Manager nach Maßgabe des bereichsbezogenen Residualgewinns zu einer insgesamt optimalen Investitionspolitik, unabhängig davon, ob eine Investment Center- oder eine Profit Center- Organisation vorliegt. Bei Verwendung des Gewinns kommt es dagegen regelmäßig zu Überinvestitionsanreizen.
Die Verwendung des ROI und verwandter Rentabilitätskennzahlen kann mit gravierenden Abweichungen vom Optimum einhergehen, weil die alleinige Maximierung der Rendite keinen Bezug zu den Kapitalkosten hat. Im Ergebnis treten in den meisten Fällen Unterinvestitionsprobleme auf. Insofern ist der ROI – ungeachtet seiner praktischen Verbreitung – ein problematisches Kriterium zur Bereichssteuerung.
Wenn die Finanzmittel knapp sind, bestehen neben den personellen auch sachliche Koordinationsprobleme. Diese erfordern Beurteilungsgrößen, die auch die Situationen in den anderen Bereichen berücksichtigen. In dieser Situation kommt ein Gewinnbeteiligungssystem in Betracht, wonach jeder Manager mit einem bestimmten Anteil am gesamten Unternehmensgewinn bzw am gesamten Residualgewinn beteiligt ist. Hier stellt die allseits wahrheitsgemäße Berichterstattung ein Nash-Gleichgewicht dar. Als weitere Möglichkeit wurde das Groves -Schema betrachtet, wonach der Manager einen Anteil an seinem erzielten Gewinn und der Summe der berichteten Gewinne der anderen Bereiche erhält. Hier ist die allseits wahrheitsgemäße Berichterstattung eine dominante Politik; dies schließt andere Nash-Gleichgewichte dennoch nicht aus. Ein Nachteil des Groves-Schema besteht in seiner Anfälligkeit für Absprachen zwischen den Bereichsmanagern.
Wenn die Manager auch nichtfinanzielle Interessen in Form von Ressourcenpräferenzen besitzen, führt die Verwendung des Residualgewinns nicht mehr zum Optimum, weil die Manager wegen ihrer Präferenzen für den Umfang zugeteilter Ressourcen zu Überinvestitionen neigen. Dieses Problem kann aber durch eine Erhöhung des für die Residualgewinnberechnung angewandten Zinssatzes ausgeschaltet werden. Diese Zinssatzerhöhung hängt von der Intensität der Ressourcenpräferenzen und dem Beteiligungsprozentsatz des Managers ab. Dadurch wird das von der Zentrale bereitgestellte Kapital gerade so verteuert, dass es die Ressourcenpräferenzen des Managers kompensiert. Sofern eine Investment Center-Organisation vorliegt, führt dieses Beurteilungssystem zur optimalen Investitionspolitik. Bei einer Profit Center-Organisation müssen dagegen zusätzliche Bindungsmechanismen für die Zentrale (zB Führungsgrundsätze) angewandt werden, um einer verzerrten Entscheidung bei der Zentrale nach dem Empfang der Managerberichte vorzubeugen.
In einer Situation mit knappen Finanzmitteln können modifizierte Gewinnbeteiligungssysteme oder Groves -Schemata, beide auf der Basis modifizierter Residualgewinne, bei denen für einen Manager der Residualgewinn des eigenen Bereiches mit einem erhöhten Zinssatz berechnet wird, für eine zutreffende Informationsweitergabe sorgen. Die Zinssatzerhöhungen dienen auch hier ausschließlich zur Neutralisierung der Ressourcenpräferenzen. Sie haben nichts mit der Knappheit der Finanzmittel zu tun; daher weisen sie keine Beziehung zu den endogenen Zinssätzen eines „traditionellen“ Modells der simultanen Investitions- und Finanzplanung auf, bei denen der Knappheitsaspekt eine maßgebliche Rolle spielt. Die Finanzbeschränkung wird explizit im Rahmen der Planungsüberlegungen der Zentrale berücksichtigt, so dass der Kapitalkostensatz von dieser Funktion entlastet wird. Daraus folgt, dass bei der Gestaltung der Parameter optimaler Koordinationsmechanismen oftmals gänzlich andere Überlegungen maßgebend sein können, als sie aus eher „traditionellen“ Ansätzen nahegelegt werden.
Ralf Ewert, Alfred Wagenhofer
10. Kennzahlen als Performancemaße
Zusammenfassung
Kennzahlen erfüllen eine Entscheidungsfunktion und eine Verhaltenssteuerungsfunktion. Bei der Entscheidungsfunktion sollen sie einem Entscheidungsträger zusammengefasste und leicht verständliche Informationen liefern. Die Verhaltenssteuerung erfolgt durch Verwendung von Kennzahlen als Performancemaße, nach denen ein Manager beurteilt und entlohnt wird. Eine Kennzahl ist anreizkompatibel, wenn sie sich dann (und nur dann) erhöht, wenn sich auch die Zielgröße der Unternehmenseigner erhöht. Dabei sind asymmetrische Informationen, divergierende Interessen und Manipulationsmöglichkeiten des Managers zu berücksichtigen.
Erfolgskennzahlen suchen die Leistung des Managers zur Schaffung und Erhöhung des Unternehmenswertes in einer Periode abzubilden. Der Unternehmenswert ergibt sich als Barwert künftig erwarteter Cashflows, und es ist problematisch, periodische Kennzahlen zu finden, die diese Funktion gut erfüllen. Erfolgskennzahlen können in Cashflow-basierte und ergebnisbasierte Kennzahlen wie auch in Wertbeitrags- und Rentabilitätskennzahlen eingeteilt werden. Cashflows unterliegen keinen Manipulationsmöglichkeiten durch bilanzpolitische Maßnahmen, sie fluktuieren allerdings im Allgemeinen stärker als Gewinne. Wertbeitragskennzahlen sind absolute Kennzahlen, die die Wertänderung des Unternehmens oder eines Bereichs in einer Periode erfassen sollen. Rentabilitätskennzahlen sind relative Kennzahlen, bei denen eine Erfolgsgröße mit einer passenden Kapitalgröße in Verbindung gesetzt wird. Erfolgskennzahlen können nach der Brutto- oder der Nettomethode ermittelt werden, je nachdem, welche Kapitalgröße verwendet wird. Zu jeder Wertbeitragskennzahl gibt es eine korrespondierende Rentabilitätskennzahl, die auf denselben Informationen beruht.
Die bekanntesten Return on Investment -Kennzahlen sind der Return on Investment (ROI), der Return on Net Assets (RONA) und der Return on Capital Employed (ROCE). Sie unterscheiden sich nach dem Umfang des einbezogenen Kapitals und inwieweit sie verzinsliches Vermögen berücksichtigen. Rentabilitätskennzahlen geben Anreize zu Unterinvestition, wenn wertsteigernde Investitionsmöglichkeiten deshalb nicht wahrgenommen werden, weil sich die Rentabilität dadurch verringert. Ergebnisbasierte Rentabilitätskennzahlen haben überdies die Eigenschaft, dass sie über die Nutzungsdauer eines Investitionsprojekts steigen, weil der Buchwert der Investition im Zeitablauf durch Abschreibungen sinkt. Dies vermeiden Rentabilitätskennzahlen auf Basis des Cashflows, wie der Cash Flow Return on Investment (CFROI) in der einperiodigen oder mehrperiodigen Variante und der Brutto-CFROI. Rentabilitätskennzahlen stimmen außerdem nur in Sonderfällen mit dem internen Zinssatz des Investitionsprojekts überein.
Wertbeitragskennzahlen sind der Residualgewinn und seine Varianten Economic Value Added oder Economic Profit. Der Residualgewinn hat die Eigenschaft, dass der Unternehmenswert zu jedem Zeitpunkt mit der Summe aus Buchwert des Eigenkapitals und Barwert der Residualgewinne (auch Market Value Added bezeichnet) übereinstimmt, wenn die Gewinnermittlung die Clean Surplus-Relation erfüllt. Der Residualgewinn stimmt allerdings idR nicht mit der Wertsteigerung in der Periode überein, weil er die Änderung des Market Value Added nicht erfasst. Cashflowbasierte Wertbeitragskennzahlen sind der Cashflow selbst (als Flow to Equity oder Free Cash Flow) oder der Cash Value Added. Werden dabei die ökonomischen Abschreibungen berücksichtigt, entspricht der Unternehmenswert auch dem Barwert der Cash Value Added.
Eine Entlohnung anhand der Residualgewinne führt aufgrund der Barwertäquivalenz mit dem Kapitalwert eines Projekts zu einer Zielkongruenz des Managers und der Eigentümer des Unternehmens. Dies gilt unter Berücksichtigung der Skalierung auch für relative Residualgewinne. Die Zielkongruenz gilt jedoch nicht mehr, wenn der Manager andere Zeitpräferenzen hat (zB wenn er „ungeduldig“ ist) als die Eigentümer. Dann kann Zielkongruenz wieder hergestellt werden, wenn die Abschreibungen (relatives Beitragsverfahren) oder die Zinssätze entsprechend der Struktur der Einzahlungsüberschüsse aus dem Projekt angepasst werden. Je nach Entscheidungssituation können auch noch andere Anpassungen der Gewinnermittlung erforderlich werden. Diese Anpassungen haben zur Folge, dass sich der Residualgewinn jeder Periode proportional zum Kapitalwert verhält und somit jede Periode stellvertretend für die Auswirkungen des gesamten Projekts stehen kann. Damit haben unterschiedliche Zeitpräferenzen keine Auswirkung auf die Entscheidungsfindung mehr.
Finanzielle Kennzahlen erfassen bei langfristigen Entscheidungen eher die Ergebnisse von Entscheidungen früherer Perioden. Daher können sie durch nichtfinanzielle Kennzahlen ergänzt oder gar ersetzt werden, die stärker auf die Ursachen als auf die Wirkungen strategischer Entscheidungen eingehen oder erste Wirkungen rascher erfassen. Nichtfinanzielle Kennzahlen sind aber nicht direkt aggregierbar. Die Kosten- und Leistungsrechnung kann vor allem durch Produktivitäts-, Qualitäts- und zeitbasierte Kennzahlen ergänzt werden. Das Management immaterieller Werte wird ebenfalls meist auf nichtfinanzielle Kennzahlen gestützt, da sie selten hinreichend zuverlässig bewertet werden können.
Kennzahlensysteme bestehen aus mehreren Kennzahlen, die in einer sachlichen Beziehung zueinander stehen, sich ergänzen oder erklären und auf ein übergeordnetes Ziel ausgerichtet sind. Ein Kennzahlensystem, das für ein wertorientiertes Management häufig Verwendung findet, ist die Balanced Scorecard. Sie definiert vier Perspektiven, die Lern- und Entwicklungsperspektive, die interne Perspektive, die Kundenperspektive und die finanzielle Perspektive, und versucht, diese in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen. Zur Performancemessung und Entlohnung ist die Balanced Scorecard allerdings eher weniger geeignet als zur Entscheidungsunterstützung von Managern. Denn die Gewichtung der darin enthaltenen Kennzahlen ist eine subtile Aufgabe, die Wirkungszusammenhänge und Korrelationen berücksichtigen muss. Die Gewichtung unterscheidet sich daher idR von der Wichtigkeit der Kennzahlen aus einer Entscheidungsperspektive.
Ralf Ewert, Alfred Wagenhofer
11. Verrechnungspreise und Kostenallokationen
Zusammenfassung
Verrechnungspreise erfüllen als Hauptfunktionen die Erfolgsermittlung von dezentralen Einheiten des Unternehmens und die Koordination des Managements. Sie sind also ein Instrument im Rahmen dieser Unternehmensorganisation und müssen mit den anderen Instrumenten (zB Bezugs- und Lieferbeschränkungen) gemeinsam gesehen werden.
Verrechnungspreise sind nötig, um trotz Interdependenzen unter den Bereichen (insbesondere gegenseitige Leistungsbeziehungen) gesonderte Bereichsgewinne ermitteln zu können, die zur Beurteilung der Profitabilität der Bereiche und der Tätigkeit des Bereichsmanagements herangezogen werden. Marktorientierte Verrechnungspreise eignen sich dort, wo es einen (nahezu) vollkommenen Markt für die interne Leistung gibt, wenn nur geringe Synergieeffekte bestehen oder das Volumen der internen Leistungstransfers relativ geringfügig ist. Die Bereiche agieren so, als ob sie selbstständige Unternehmen wären.
Kostenorientierte Verrechnungspreise umfassen mehrere Formen: Verrechnungspreise auf Grenzkostenbasis erfüllen die Koordinationsfunktion bei kurzfristigen Entscheidungen unter bestimmten Umständen sehr gut; zur Beurteilung der Bereiche sind sie nicht geeignet, weil sie den leistenden Bereich idR benachteiligen. Verrechnungspreise auf Vollkostenbasis können bei langfristig bindenden Entscheidungen eine gute Approximation für die entscheidungsrelevanten Kosten darstellen. Sie führen jedoch bei kurzfristigen Entscheidungen typischerweise zu Fehlentscheidungen, insbesondere wenn sie einen Gewinnaufschlag enthalten. Eine Spezialform von Verrechnungspreisen auf Vollkostenbasis sind zweistufige Verrechnungspreise. Dabei werden laufende Leistungen auf Grenzkostenbasis abgerechnet, und für die Bereitstellung der Kapazität wird ein bestimmter fixer Betrag pro Zeit verrechnet. Vollkosten plus Gewinnaufschlag als Verrechnungspreis haben negative Effekte auf etliche Entscheidungen, können aber auch günstig sein, wenn die Produktivität eines Bereichs nicht bekannt ist.
Duale Verrechnungspreise legen für leistenden und beziehenden Bereich unterschiedliche Verrechnungspreise fest. Sie stoßen in der Praxis auf wenig Akzeptanz, weil die Summe der Bereichsgewinne höher ist als der Gesamtgewinn des Unternehmens. Sämtliche kostenorientierte Verrechnungspreise führen bei asymmetrisch verteilter Information potenziell zu Anreizen, bewusst verzerrte Kosteninformationen zu geben und damit Fehlentscheidungen aus Sicht des Gesamtunternehmens zu bewirken.
Verhandelte Verrechnungspreise unter den Bereichen beinhalten die größtmögliche Autonomie der Bereichsmanager mit potenziell positiven Motivationseffekten. Wenn die Bereiche gute Kenntnis der gegenseitigen Situationen besitzen, können sich bessere Entscheidungen ergeben, als wenn die Zentrale einen Verrechnungspreis vorschreibt. Die Verhandlungen können jedoch zu Konflikten im Unternehmen führen. Verrechnungspreise können zur besseren Risikoteilung verwendet werden, wenn sie nicht konstant, sondern abhängig von der sich ergebenden Umweltsituation gewählt werden.
Die Koordinationsfunktion von Verrechnungspreisen und Kostenallokationen kann wirksam zur Verhaltenssteuerung von Bereichsmanagern genutzt werden. Dazu muss der Verrechnungspreis strategisch bewusst verzerrt gesetzt werden, oder Kostenallokationen müssen auf Basis ganz bestimmter Bezugsgrößen verrechnet werden. Verrechnungspreise ermöglichen auch Verpflichtungen zu bestimmten Strategien, die sonst kein Gleichgewicht bildeten.
Ralf Ewert, Alfred Wagenhofer

Systeme

Frontmatter
12. Systeme der Kostenrechnung
Zusammenfassung
Die früheren Kapitel gingen stillschweigend von der Annahme aus, die relevanten Daten für die Entscheidungskalküle seien im Unternehmen im benötigten Detaillierungsgrad verfügbar. Dies ist jedoch meist nicht ohne weiteres der Fall. Bedenkt man die Unmenge von Einzelinformationen, die sich im Unternehmen während seiner Tätigkeit ansammeln, werden leistungsfähige Systeme der Kostenrechnung benötigt. Die bekanntesten Grundtypen sind die Grenzplankostenrechnung (GPKR), die Prozesskostenrechnung und die Relative Einzelkosten- und Deckungsbeitragsrechnung (REDR).
Die Grenzplankostenrechnung fußt auf den Prämissen, dass die Beschäftigung die maßgebliche Kosteneinflussgröße darstellt und die Kosten in Abhängigkeit von der Beschäftigung eindeutig in variable und fixe Bestandteile getrennt werden können. Die variablen Kosten werden als linear (und damit proportional) zur Beschäftigung angenommen. Als entscheidungsrelevante Kosten werden nur die proportionalen Kosten verwendet. Die Kostenplanung erfolgt – wie auch bei der REDR – deterministisch.
Wie die Grenzplankostenrechnung lässt sich eine Grenzplanerlösrechnung aufbauen, die auf analogen Prämissen ruht. Sie kann mit der Grenzplankostenrechnung in einer Ergebnisrechnung zusammengefasst werden. Die typische Darstellungsform ist die mehrstufige Deckungsbeitragsrechnung (Fixkostendeckungsrechnung), bei der die Fixkosten nach ihrer Zurechenbarkeit auf Produkte, Produktgruppen und Bereiche untergliedert werden.
Die Prozesskostenrechnung versucht, eine beanspruchungsgerechtere Behandlung insbesondere der Gemeinkosten in den indirekten Leistungsbereichen zu realisieren. Dazu wird – typischerweise auf Basis der existierenden Stellengliederung – eine detaillierte Analyse der im Unternehmen ablaufenden Prozesse und Tätigkeiten durchgeführt. Diesen Aktivitäten werden (Voll-)Kosten zugeordnet, so dass Prozesskostensätze je Einheit der jeweiligen Aktivität resultieren. Die Prozesse werden auch unternehmensweit analysiert, indem sogenannte Hauptprozesse betrachtet werden, die sich aus Teilprozessen in mehreren Stellen zusammensetzen. Die Prozesskostenrechnung beinhaltet rechnungstechnisch zahlreiche Schlüsselungen und Proportionalitätsannahmen. Wegen ihrer Ausrichtung als Vollkostenrechnung hat sie einen explizit langfristigen Aspekt, bezieht grundsätzlich auch Kapazitätsanpassungen in ihre Betrachtung ein und soll daher auch eine Grundlage für strategische Entscheidungen liefern.
Die Relative Einzelkosten- und Deckungsbeitragsrechnung löst sich grundsätzlich von einem verbrauchsorientierten Kostenbegriff und basiert auf einer veränderten Kostenzurechnung aufgrund des Identitätsprinzips. Einem Bezugsobjekt werden nur jene Kosten und Erlöse zugerechnet, die durch die Entscheidung über das betrachtete Bezugsobjekt ausgelöst werden (relative Einzelkosten und Einzelerlöse). Die REDR besteht aus zweckneutralen Grundrechnungen, die als möglichst detaillierter Datenspeicher für Sonderrechnungen fungieren. Eine periodische Deckungsbeitragsrechnung liefert nur eine Gegenüberstellung von (Perioden-)Einzelerlösen und Einzelkosten; der Deckungsbeitrag muss zur Gewinnung von Erfolgsinformationen mit einem Deckungsbudget verglichen werden.
Das Verdienst der REDR besteht zweifellos darin, die Problematik und Relativität von Kostenzurechnungen in eindrucksvoller Weise aufzuzeigen. Damit wird das Bewusstsein für unsachgemäße Proportionalisierungen und Schlüsselungen geschärft. Diese Kenntnisse können außerordentlich wertvoll sein, wenn in einem Unternehmen spezifische Rechnungen außerhalb des „üblichen“ Rechnungssystems angefertigt werden sollen, um etwa die Wirtschaftlichkeit bestimmter Fertigungsbereiche, des Logistiksystems oder der Verwaltungsstellen beurteilen zu können. Bei solchen Rechnungen müssen oftmals völlig neuartige Gruppierungen bestehender Kosten- und Erlösdaten vorgenommen werden. Grundsätze für solche Zurechnungen werden durch die REDR bereitgestellt.
Die Grenzplankostenrechnung und (in etwas geringerem Umfang) die Prozesskostenrechnung haben im Gegensatz zur REDR große praktische Verbreitung gefunden. Ein wesentlicher Grund dafür liegt im schematischen Charakter und den detaillierten Empfehlungen für die Vorgangsweise bei der Kostenrechnung. Im Gegensatz dazu geht die REDR wesentlich differenzierter vor und ist daher komplexer. Um die Praktikabilität der REDR zu gewährleisten, werden Annäherungen an „traditionelle“ Vorgehensweisen propagiert, wodurch die Unterschiede zwischen GPKR und REDR abnehmen. Geht man davon aus, dass wegen der hohen Dynamik der Märkte die standardisierten Entscheidungstypen eher geringer werden, die besonderen und nur situationsabhängig zu präzisierenden Entscheidungsprobleme dagegen zunehmen, dann wird die Erstellung fallweiser Sonderrechnungen zur Vorbereitung von Entscheidungen eine große Bedeutung erlangen. Damit gewinnen auch die differenzierten Zurechnungsgrundsätze der REDR an Gewicht.
Für Entscheidungsmodelle, wie sie in diesem Buch im Vordergrund stehen, hat die Qualität der Daten natürlich eine wesentliche Bedeutung für die Qualität der Lösungen der Modelle. Im Grunde hat man auch hier wieder ein Problem des optimalen Komplexionsgrades zu lösen. Lineare Entscheidungsmodelle, wie sie auf den („linearisierten“) Daten der Grenzplankostenrechnung (und der Prozesskostenrechnung) aufgebaut werden können, lassen sich mit leistungsfähigen Standardalgorithmen lösen. Sie benötigen zwingend lineare Eingangsdaten, wodurch sich allerdings Verzerrungen hinsichtlich der Abbildung tatsächlicher Kostenabhängigkeiten ergeben können. Dadurch wird auch die „optimale“ Lösung des linearen Entscheidungsmodells vom tatsächlichen Optimum regelmäßig abweichen. Diese Abweichungen ließen sich zwar durch eine präzisere Abbildung der Kostenabhängigkeiten, wie etwa bei Anwendung der REDR, vermindern oder gar ausschalten, doch würde dies auch den Übergang auf nichtlineare Entscheidungskalküle implizieren, deren Lösung im Allgemeinen aufwendiger und vielfach nicht ohne weiteres gewährleistet ist. Das relativiert wiederum den Vorteil einer präziseren Erfassung der Kostenabhängigkeiten.
Allgemeine Empfehlungen zur Lösung dieser Problematik lassen sich kaum geben. Man kann sich auch fragen, ob das obige Komplexionsproblem in seinen Konsequenzen für optimale Lösungen nicht als relativ gering einzustufen ist, wenn man berücksichtigt, welche impliziten Prämissen zB dem grundsätzlichen Ansatz eines kurzfristig wirksamen Entscheidungsproblems ohnehin schon anhaften. Selbst eine noch so präzise Erfassung von Kostenabhängigkeiten löst nämlich beispielsweise nicht das Problem der Berücksichtigung mehrperiodiger Wirkungen heutiger Maßnahmen.
Ralf Ewert, Alfred Wagenhofer
Backmatter
Metadaten
Titel
Interne Unternehmensrechnung
verfasst von
Ralf Ewert
Alfred Wagenhofer
Copyright-Jahr
2014
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-642-35961-3
Print ISBN
978-3-642-35960-6
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-642-35961-3