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12.12.2013 | Automobil + Motoren | Nachricht | Online-Artikel

Alter Name, neue Technik: der nächste Audi R18 E-tron Quattro

verfasst von: Katrin Pudenz

7 Min. Lesedauer

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Die nächste Generation des R18 E-tron Quattro nutzt erstmals zwei Hybrid-Systeme zum Energiemanagement - inklusive eines E-Turboladers. Audi gewährt Einblicke in seinen neuen LMP1-Prototypen für die Saison 2014.

Auf den ersten Blick wirkt der neue Hybrid-Sportwagen von Audi wie eine kontinuierliche Weiterentwicklung des Weltmeisterautos und Le-Mans-Siegers der vergangenen beiden Jahre. Das neue LMP1-Reglement jedoch, das im Jahr 2014 in Kraft tritt, sorgte dafür, dass Audi Sport im Prinzip jedes Bauteil neu entwickeln musste. Nun geht Audi Motorsport mit dem Audi R18 E-tron Quattro des Modelljahres 2014 an den Start: alter Name, aber neue Technik.

"Der nächste Audi R18 E-tron Quattro steht für eine völlig neue Generation von Le-Mans-Prototypen", erklärt Audi-Motorsportchef Dr. Wolfgang Ullrich. "Das LMP1- Reglement hat sich in seinen Prinzipien grundsätzlich verändert. Es geht darum, mit viel weniger Energie ähnlich schnelle Rundenzeiten zu erzielen als bisher. Aus weniger mehr machen: ein zukunftsweisender Ansatz."

Chris Reinke, Leiter LMP bei Audi Sport, betont: "Eine im Motorsport grundlegende Herangehensweise wird aufgegeben. Statt Leistung wird die eingesetzte Energie begrenzt - das entspricht dem Zeitgeist und öffnet den Ingenieuren große technische Freiheiten. Wir werden 2014 in Le Mans höchst unterschiedliche Konzepte am Start sehen."

Die Konfiguration des neuen Le-Mans-Prototypen wurde in den Grundzügen bereits 2012 festgelegt, berichten die Entwickler, und Ende des vergangenen Jahres begann die Konstruktion aller Einzelteile. In dem neuen technischen Reglement wurden viele prinzipielle Definitionen, die den Antrieb, die Karosseriemaße, die Sicherheit und die Aerodynamik betreffen, grundlegend neu bestimmt.

Audi Sport setzt nun bei dem neuen R18 auf ein ähnliches Konzept - allerdings mit einigen neuartigen Detaillösungen und einem zusätzlichen Hybrid-System: So erfolgt der Antrieb der Hinterräder durch einen weiterentwickelten V6-TDI-Mittelmotor. An der Vorderachse sitzt ein Hybrid-System (ERS-K - Energy Recovery System Kinetic), das der Speicherung kinetisch gewonnener Energie dient. Auch verfügt der Rennwagen über einen optimierten Drehmassenspeicher zur Energiebevorratung. Ebenfalls verbaut wurde ein Hybrid-System mit E-Turbolader im Verbrennungsantrieb (ERS-H - Energy Recovery System Heat, ein System zur Speicherung von Energie, die aus Hitze umgewandelt wurde).

Antrieb und Energiemanagement

Ein wichtiger Bestandteil des Sportwagen-Gesamtkonzepts bleibt der TDI-Motor, wie die Entwickler betonen. Das weiterentwickelte V6-TDI-Aggregat des R18 E-tron Qattro leistet laut Audi-Angaben einen entscheidenden Anteil, die strikten Energievorgaben des Reglements einzuhalten. Der neue R18 muss mit bis zu 30 Prozent weniger Kraftstoff auskommen als sein direkter Vorgänger. So wurden neben dem Verbrennungsmotor erstmals zwei Hybrid-Systeme in das Antriebskonzept integriert. Wie schon zuvor wird beim Bremsen durch eine Motor-Generator-Unit (MGU) kinetische Energie an der Vorderachse zurückgewonnen, die in einen Drehmassenspeicher fließt. Erstmals ist der Turbolader des Verbrennungsmotors an eine E-Maschine gekoppelt, verraten die Entwickler. Durch soll sich die Hitzeenergie des Abgasstroms in elektrische Energie verwandeln lassen - beispielsweise beim Erreichen der Ladedruckgrenze. Auch diese Energie fließe in den Drehmassenspeicher. Je nach Betriebsstrategie könne die gespeicherte Energie beim Beschleunigen wieder an die MGU an der Vorderachse zurückfließen, aber auch an den neuartigen E-Turbolader.

Deutlich geänderte Bedingungen für die Aerodynamiker

Die neuen Rahmenbedingungen für die Aerodynamik lassen sich laut Entwickler folgendermaßen zusammenfassen: Neue Freiheiten verbunden mit zugleich größeren Einschränkungen. Folgende Beispiele werden an dieser Stelle erklärend genannt: Die zehn Zentimeter schmalere Karosserie der neuen LMP1-Sportwagen bedeutet, dass die Stirnfläche des R18 mathematisch kleiner wird, was einen Vorteil darstellt. Die Karosserie beherbergt schmalere Räder, was wiederum den Luftwiderstand verringert. Dem stehen andere Neuerungen gegenüber, die aerodynamisch keine Pluspunkte erbringen: Der Rennwagen muss mit 1050 Millimeter nun 20 Millimeter höher sein als zuvor, ebenso sind größere Cockpitdimensionen vorgeschrieben. Mit der geringeren Gesamtbreite des Autos wird auch der Unterboden schmaler, zudem ist er im Bereich der Ausschnitte für die Vorderräder ganz anders geformt. Dadurch wird die Fläche kleiner, die Abtrieb erzeugen kann.

Bei der Gestaltung des Vorderwagens genießen die Ingenieure neue Freiheiten. Statt eines Diffusors darf erstmals ein echter vorderer Flügel mit Flap zum Einsatz kommen. Das verspricht aerodynamische Vorteile und günstigere Kosten, erklären die Konstrukteure, denn diese Karosseriepartie lasse sich künftig leichter an die verschiedenen Strecken anpassen. Bisher mussten unterschiedliche Karosseriegruppen gefertigt werden.

Eingeschränkt wiederum wurden die aerodynamischen Freiheiten an der Heckpartie: Die Nutzung des Abgases im Bereich des hinteren Diffusors wie beim Audi R18 E-tron Quattro des Modelljahres 2013 ist künftig verboten.

Am 20. April 2013 soll der neue Audi R18 E-tron Qattro bei dem 6-Stunden-Rennen in Silverstone (Großbritannien) seine Rennpremiere feiern. Als Saisonhöhepunkt der FIA-Langstrecken-Weltmeisterschaft WEC verweist Audi auf die 24 Stunden von Le Mans am 14. und 15. Juni 2014.

Lesen Sie mehr zum neuen LMP1 von Audi auf Seite 2

Hintergrund: LMP1-Reglement 2014

Bislang war der Turbodieselmotor des Audi R18 E-tron Quattro auf 3,7 Liter Hubraum begrenzt, Ottomotoren der LMP1-Rennwagen durften maximal 2 Liter (Turbo) oder 3,4 Liter (Sauger) groß sein, erklären die Rennspezialisten aus Ingolstadt und fügen hinzu: Ab 2014 gehört der Hubraum nicht mehr zu den begrenzenden Faktoren. In der Vergangenheit bezog der Motor seine Luft durch einen Luftmengenbegrenzer (im Fall des V6 TDI von Audi: 45,1 Millimeter), in Zukunft dürfen Benzin- und Dieselmotoren frei "atmen". Bislang galten bei aufgeladenen Motoren moderate Ladedruckbegrenzungen (Diesel: 2,8 bar; Otto: 2,5 bar), ab sofort sind 4 bar erlaubt.

Energie und ihr Verbrauch werden zur zentralen Kategorie. Künftig definieren Energietabellen den maximalen Verbrauch pro Runde, erläutern die Rennsportler. Automobilhersteller müssen sich für eine von vier Energieklassen entscheiden. Die Tabelle erlaube eine maximale Menge an zurückgewonnener Hybrid-Energie, die auf eine bestimmte Weise wieder eingesetzt werden darf, in Verbindung mit einem absoluten Kraftstoffverbrauch pro Runde. Durchflussmessgeräte in allen Rennwagen haben die Aufgabe, diese Verbrauchswerte zu kontrollieren. Sie geben die Daten in jeder Runde an die Organisatoren weiter. Dasselbe geschehe mit den Energiemengen des Hybrid-Systems. Eine taktische Aufteilung des Kraftstoffverbrauchs auf die gesamte Renndistanz wird damit unmöglich, betonen die Audi-Motorsport-Experten. Stattdessen müsse jegliche Überschreitung der vorgeschriebenen Maximalwerte innerhalb von drei Rennrunden wieder ausgeglichen werden, sonst drohen Strafen. Um in einer gegebenen Zeit am weitesten zu kommen, zählen also nur der effizienteste Rennwagen und der entsprechende Fahrstil des Piloten, resümieren sie.

Einen zweiten Schwerpunkt setzt das neue Reglement bei der Sicherheit. Das Monocoque muss künftig höheren Lasten standhalten. Zugleich ist es in bestimmten Bereichen mit zusätzlichen Gewebelagen verstärkt, die nur schwer stoßweise durchdrungen werden können. Dies verringert die Gefahr, dass bei Unfällen spitze Gegenstände eindringen. Erstmals sind Radhalteseile vorgeschrieben, welche die äußeren Baugruppen der vorderen Radaufhängungen mit dem Monocoque und die der hinteren mit der Chassisstruktur verbinden. Jedes der beiden vorgeschriebenen Seile pro Rad kann Kräfte von 90 KN aushalten - das entspricht einer Gewichtskraft von neun Tonnen. Neu ist auch eine Struktur aus CFK hinter dem Getriebe - der sogenannte "Crasher", der bei einem Unfall Energie absorbiert.

Um die Sicht aus dem Cockpit zu verbessern, wird die Sitzposition der Rennfahrer verändert. Die Piloten sitzen jetzt aufrechter im erhöhten Cockpit, ihr Blickwinkel nach vorn fällt großzügiger aus. Aussparungen am hinteren Ende der vorderen Kotflügel optimieren die Sicht zur Seite. Neben der aktiven verbessert sich auch die passive Sicherheit nochmals. Die Konstruktion des Monocoques ist auf höhere Lasten ausgelegt.

Tipp der Redaktion Automobil- und Motorentechnik:

Der Audi R18 E-tron Quattro des Jahres 2012 ging mit einem Hybrid-Antrieb in Verbindung mit einem sparsamen TDI-Aggregat an den Start. Er siegte in Le Mans und holte die Weltmeistertitel in der FIA-Langstrecken-Weltmeisterschaft WEC 2012 und 2013. Sein Hybrid-System wirkte auf die Vorderachse, der Verbrennungsantrieb auf die Hinterachse. Auf diese Weise kehrte der Allradantrieb quattro in den Motorsport zurück. Lesen Sie auch unsere Berichterstattung zu diesem Rennwagen: "Audi: Allradangetriebener Dieselhybrid für die 24 Stunden von Le Mans" oder auch "Bessere Sicht in der Nacht für die Audi-Fahrer in Le Mans".

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