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20.11.2013 | Umwelt | Interview | Online-Artikel

Berlin kämpft gegen den Klimawandel

verfasst von: Matthias Schwincke

4 Min. Lesedauer

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Auch Berlin ist vom Klimawandel betroffen: Die Hauptstadt wird heißer, trockener und stürmischer werden. "Springer für Professionals" sprach mit Michael Müller, Berlins Senator für Stadtentwicklung und Umwelt, über Strategien und Maßnahmen zur Anpassung an die bevorstehenden Veränderungen.

Was bedeutet die Herausforderung Klimawandel für die Stadt Berlin?

Klimaprojektionen enthalten immer Unsicherheiten, zeigen aber einen Trend. Sehr wahrscheinlich werden Extremwetterereignisse wie Hitze- und Trockenperioden, Stürme und Extremniederschlagsereignisse die größte Herausforderung werden. Daraus entstehen hohe Anforderungen an die Infrastruktur der Stadt. Wir müssen der Frage nachgehen, wie verletzlich und anpassungsfähig die Infrastruktur hinsichtlich veränderter klimatischer Einflüsse ist. Das gilt besonders für die ökologischen Funktionen der Stadt und für das Bioklima, aber auch für das Verkehrswesen, die Wasserwirtschaft und für die Trinkwasserversorgung.

Wie reagiert die Stadt Berlin auf diese Herausforderungen?

Eine Maxime unserer Klimaschutzpolitik ist es, die Folgen des Klimawandels und Maßnahmen zum Schutz des Klimas zusammen zu denken. Die Bündelung der Kompetenz in meiner Verwaltung im einem Sonderreferat Klimaschutz und Energie war ein wichtiger Schritt dazu. Durch das Energiewendegesetz, das 2014 im Abgeordnetenhaus beraten werden soll, wird die Klimaanpassung als Landesaufgabe festgeschrieben. Außerdem gehören zu den wichtigen Bausteinen des Klimaschutzes beispielsweise die energetische Gebäudesanierung, der Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung und der Erneuerbaren Energien ebenso wie die Klimaschutzvereinbarungen mit der Wohnungswirtschaft und Wirtschaftsunternehmen. Als Querschnittsaufgabe spielen Klimaschutz und Anpassung eine besondere Rolle in der Stadtentwicklungspolitik. Mit dem Berliner "Stadtentwicklungsplan Klima" haben wir im Jahr 2010 ein wichtiges Instrument für die räumliche Anpassungsplanung geschaffen.

Welche Ziele und Handlungsfelder beinhaltet der "Stadtentwicklungsplan Klima"?

Das ist im Untertitel des 2011 beschlossenen Planwerks gut zusammengefasst: Urbane Lebensqualität im Klimawandel sichern. Dazu sind für Berlin vor allem drei Ziele formuliert. Wir wollen zum einen unsere kompakte Stadt mit ihrem hohen Grün- und Freiflächenanteil erhalten und weiterentwickeln und zwar mittels intelligenter Flächennutzungskonzepte für eine wachsende Stadt. Zum anderen sollen unsere Stadtentwässerungssysteme an künftige Starkregenereignisse angepasst und die Güte unserer Oberflächengewässer weiter verbessert werden. Und zuletzt wollen wir Fortschritte machen bei der Energieeffizienz unserer Gebäude und unserer Verkehrssysteme bei gleichzeitiger Steigerung des Nutzungsgrades erneuerbarer Energien.

Wo steht die Stadt Berlin mit diesem Anpassungsplan im internationalen Vergleich?

Wir gehören zu den ersten Städten, die solch einen Plan entwickelt haben. Aufgrund unserer im Vergleich immer noch ungünstigeren Wirtschafts-, Beschäftigungs- und Einkommenssituation der privaten Haushalte und des hohen öffentlichen Schuldenstandes haben wir aber bei der Umsetzung von Maßnahmen oft einen geringeren Spielraum als reichere Städte. Deshalb ist es umso wichtiger, beispielsweise im Rahmen des Metropolis-Netzwerks oder anderer Städtebündnisse und innerhalb unserer Städtepartnerschaften, nach "intelligenten" Lösungen zu suchen, die es ermöglichen oder erleichtern, unsere Ziele auch mit relativ geringerem Mitteleinsatz zu erreichen.

In welchen Bereichen könnten andere Großstädte von den klimapolitischen Anstrengungen Berlins profitieren?

Zweifellos gehört dazu die Strategie Berlins zum Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung. Außerdem kann eine klimaschutzgerechte Stadtentwicklung, für die der bereits erwähnte "Stadtentwicklungsplan Klima" steht, aber auch eine Reihe von weiteren am Klimaschutz orientierten, partizipativen Quartiersentwicklungskonzepten, Modell für andere sein. Mit der Berliner Energieagentur haben wir eine Beratungsstelle geschaffen, die genau das unterstützt. Ebenso ist uns das Vernetzen unserer landeseigenen Unternehmen im Sinne der Klimapolitik wichtig. Gute Erfahrungen können wir auch im Bereich der auf Geoinformationssysteme gestützten Stadtklimamodellierung weitergeben.

Was beinhaltet die von Ihnen momentan ausgearbeitete "Berliner Charta" zur kommunalen Klimaadaptation?

Mit dem Positionspapier, das von den teilnehmenden Städten aus dem Metropolis-Netzwerk diskutiert werden soll, verfolgen wir zwei Ziele. Einerseits wollen wir Grundsätze für eine erfolgreiche und akzeptierte Anpassungspolitik aufstellen. Andererseits werden wir Forderungen an übergeordnete Gebietskörperschaften – in Deutschland sind das für die meisten Städte die Bundesländer, der Bund und die EU – aufstellen, die Städte in ihrem Bemühen um Anpassung zu unterstützen. Das Papier soll im Februar 2014 bei einer zweiten Dialogveranstaltung in Brüssel verabschiedet werden.

Welche Auswirkungen erwarten Sie von dem Positionspapier für die Weiterentwicklung des Metropolis-Netzwerks?

Wir gehen davon aus, dass die Charta ein zentrales Arbeitspapier für die Metropolis-Städte wird. Im Netzwerk werden Themen und Probleme behandelt und Lösungen erarbeitet, die für fast alle Millionenstädte dieser Welt relevant sind. Das fängt bei zu viel Autoverkehr an und hört bei sozial-räumlichen Disparitäten längst nicht auf. Nur: Der Klimawandel und seine Folgen wurden bislang recht randständig behandelt. Mit unserer Initiative und dem Positionspapier werden wir das Thema in die Netzwerk-Aktivitäten und Diskussionen einspeisen. Die Reaktionen auf unsere erste Dialogveranstaltung stimmen mich sehr zuversichtlich, dass uns das gelingen wird. Unter anderem hat das Global Cities Programme der UN uns wissen lassen, dass es unsere Prinzipien, die in der Charta dargestellt werden, zur Grundlage ihrer eigenen Aktionen machen möchte.

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