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Erschienen in: Berliner Journal für Soziologie 1/2014

01.03.2014 | Abhandlung

By fair means. Radsport, Bergsport und das Problem der normativen Regulierung des Handelns

verfasst von: Mateusz Stachura

Erschienen in: Berliner Journal für Soziologie | Ausgabe 1/2014

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Zusammenfassung

Die öffentliche Meinung und ein Großteil der Fachliteratur neigen zu Skepsis, wenn es um die Chancen der Dopingbekämpfung im Leistungssport geht. Diese pessimistische Einschätzung wird durch die Entwicklung in den meisten Hochleistungsdisziplinen gerechtfertigt. Aber es gibt bemerkenswerte Ausnahmen in extremen Leistungssportarten, die in ihrer selbst gewählten Einschränkung der normativ zulässigen Mittel weit über die gesetzlichen Mindestbestimmungen hinausgehen. Das Höhenbergsteigen, wo selbst künstlicher Sauerstoff als Dopingmittel gewertet wird, gehört dazu. Die vorliegende Untersuchung zielt auf die Erklärung dieser Ausnahmeposition des Höhenbergsports vor dem Hintergrund des Vergleichs mit einer Sportdisziplin, die als besonders dopingbelastet gilt: dem Straßenradsport. Es wird argumentiert, dass die verschärfte Regulierung im Bergsport das Resultat der Offenhaltung der Freiräume für normative Innovationen ist. Leistung kann nicht nur durch den Normabbau gesteigert werden, sondern umgekehrt auch durch eine Normverschärfung sichtbar gemacht werden. Grundsätzlich besitzt jede Disziplin ein Potenzial für eine normative Selbstregulation. Meist bleibt dieses aber aufgrund der Schließung der normativen Innovationsräume ungenutzt. Eine verhängnisvolle Rolle spielt dabei das Dopingverbot selbst.

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Fußnoten
1
Würde sich eine Mannschaft – rein hypothetisch – an die Verfahrensnorm binden, nur die mit dem linken Bein erzielten Treffer als Tore zu werten, so würde ihr Sieg logischerweise nicht eine geringere, sondern eine größere Leistung darstellen. Das Beispiel mag absurd sein, aber es macht deutlich, dass die Normverschärfung im Dienste der Leistungssteigerung stehen kann.
 
2
Die Kritik an der Vergleichbarkeit betrifft folgende Aspekte: Man bezweifelt, ob Bergsteigen überhaupt ein Sport ist, da hier das Publikum und die Jury fehlen. Radfahren läuft synchron ab, während Bergsteigen diachron bewältigt wird. Man stellt letztlich die Vergleichbarkeit der bergsteigerischen Leistungen untereinander selbst infrage aufgrund der Nichtkontrollierbarkeit klimatischer, zeitlicher und räumlicher Bedingungen. Jeder Aufstieg sei individuell und mit keinem anderen Aufstieg vergleichbar. Doch bei näherem Hinsehen beeinträchtigen diese Einwände die Vergleichbarkeit der beiden Sportarten für die Zwecke der vorliegenden Untersuchung nicht. Das Publikum ist im Bergsteigen virtuell-medial, neuerdings sogar in Echtzeit, zugegen, gleichermaßen wie die Jury in Gestalt der internationalen Bergsteigergemeinde. Es stimmt zwar, dass der Bergsport asynchron praktiziert wird, aber es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass asynchrone Sportarten weniger dopingaffin wären. Denn zu ihnen gehören auch Gewichtheben, Weitsprung oder Hammerwurf (NADA 2010, S. 22). Zwar ist die objektive Vergleichbarkeit bergsteigerischer Leistungen problematisch, da sie unter unterschiedlichen Wind-, Temperatur-, oder Niederschlagsbedingungen erbracht werden, aber die Vergleichbarkeit im Lichte konventioneller Kriterien (wie z. B. „Gipfelerfolg“, „Alpinstil“ etc.) führt zu eindeutigen Ergebnissen, die von den Teilnehmern nicht kontestiert werden können.
 
3
LexisNexis Wirtschaft ist eine kommerzielle Volltextdatenbank für die deutschsprachigen und internationalen Medien (http://​www.​lexisnexis.​com/​de/​business/​auth/​bridge.​do). Die vorliegende Untersuchung beschränkte sich auf die Kategorie „Deutsche Presse“ und auf den Zeitraum „letzte fünf Jahre“ (abgerufen März 2012). Auf der Grundlage dieser Rahmenvorgaben wurde eine Vollerhebung der Artikel mit den Begriffen „Radsport“ bzw. „Bergsport“ und „Doping“ bzw. „Sauerstoff“ durchgeführt. Von den 216 gefundenen Artikeln im Bereich Radsport bzw. 113 im Bereich Bergsport wurden letztlich 152 bzw. 81 für die Analyse ausgewählt. Die Suche wurde mithilfe des „I/n“-Suchoperators bewältigt, der die zulässige Entfernung der verwendeten Suchbegriffe (n Wörter) definiert. Die hohe Treffzahl im Bereich Radsport hat dort zu einem strengeren Auswahlkriterium (n = 1) als im Bereich Bergsport (n undefiniert) geführt.
 
4
Die unterschiedlichen Zeiträume werden durch die Profile der Regulierungs- und Deregulierungsdynamik selbst diktiert. Während im Bergsport die Regulierungswende Ende der 1970er Jahre eingesetzt hat, lassen sich die wichtigen Ereignisse im Radsport innerhalb der letzten 15 Jahre verorten. 1998 bricht der Festina-Skandal aus, der eine Zäsur in der Entwicklung des Radsports markiert.
 
5
Dabei handelt es sich um die Biografien von Willy Voet (1999), Peter Winnen (2005), Gerlinde Kaltenbrunner (2009) und Christian Stangl (2009).
 
6
Nach dem Bericht der Nationalen Anti Doping Agentur für 2009 haben die 700 Kontrollen bei den im Bund Deutscher Radfahrer organisierten Athleten lediglich fünf Verstöße gegen das Antidopinggesetz ergeben (NADA 2010, S. 48). Die früheren Befunde der NADA, die seit 2003 Kontrollen durchführt, ergeben auch für die Jahre 2005 und 2006 kein abweichendes Bild.
 
7
Der sogenannte Festina-Skandal, der erste große Doping-Skandal im Straßenradsport, kam 1998 nicht etwa infolge einer medizinischen Doping-, sondern durch eine routinemäßige Zollkontrolle ins Rollen. Etliche der dabei überführten Radfahrer bestanden zuvor erfolgreich medizinische Dopingtests.
 
8
Dieser Ansatz hat sich im Unterschied zur aussichtslosen labor-analytischen Beweisführung als erfolgreich erwiesen. Armstrong hat alle seine Sporttitel verloren und wurde mit einer lebenslangen Sperre belegt (USADA 2012, S. 164).
 
9
Moderne Sauerstoffflaschen wiegen ca. 3,5 Kilo. „Für Regulator, Schlauch und Maske kommen nur noch etwa 1 kg hinzu. Bei kommerziell durchgeführten Expeditionen werden den Teilnehmern alleine für den Gipfeltag 2 oder 3 Flaschen zur Verfügung gestellt, von denen sie in der Regel nur eine selbst tragen“ (Seyfferth 2011, S. 1).
 
10
Lediglich die Einnahme pharmakologischer Mittel kann auf diese Art und Weise nicht ermittelt werden. Trotz Beteuerung relevanter Akteure, dass „die Elite sauber“ sei, kann man hier keine belastbaren Aussagen machen. Allerdings ist der medikamentöse Aspekt der hier untersuchten normativen Innovationen nicht zentral.
 
11
Exemplarisch für die informelle Selbstkontrolle sind die Kritik am prestigeträchtigen Unternehmen der südkoreanischen Bergsteigerin Oh Eun-Sun, die gleich von vier Beobachtern der Regelverletzung beschuldigt wurde (Der Spiegel vom 19.04.2010), oder die Überführung von Christian Stangl, der einen K2-Gipfelerfolg vortäuschte: „Die steirische Wochenzeitung ‚Falter‘ hatte die Widersprüche herausgefunden, der Bergsteiger wollte den Enthüllungen offenbar zuvorkommen. Schon länger kursierten Gerüchte in Bergsteigerforen im Internet. Der erfahrene kasachische Bergsteiger Maksut Zhumayev musste am Tag des angeblichen Gipfelsieges Stangls umkehren, eine rumänische Gruppe fand auf der angeblichen Route des Skyrunners keine Spuren im Schnee“ (Tages-Anzeiger vom 08.09.2010).
 
12
Aber auch weniger frequentierte Routen werden meist mit drei bis fünf anderen Seilschaften geteilt (Kaltenbrunner 2009, S. 95, 187). An technisch weniger anspruchsvollen Achttausendern zählt man bis zu 200 Bergsteiger pro Saison (Die Presse vom 25.10.2009).
 
13
Selbstverständlich beginnt die Geschichte des Dopings im Radsport viel früher: Bereits 1949 und 1959 sterben „zwei italienische Radfahrer durch die Einnahme von Amphetamin“ (Dresen 2010, S. 21). Nach der Amphetamin-Phase in den 1950er und 1960er Jahren folgten eine Anabolika-Phase in den 1970er und eine Phase diverser Dopingtechniken in den 1980er Jahren. Für den Ausdauersport Radfahren ist dabei die Entdeckung von Erythropoetin (EPO), das die Anzahl der roten Blutkörperchen erhöht, besonders interessant. EPO setzt sich als bevorzugte Dopingsubstanz im Radsport in den 1990er Jahren durch und wird zunehmend auch als Gendoping eingesetzt.
 
14
Jaksche war nicht der Einzige vom Team T-Mobile, der die Einnahme von Dopingmitteln eingeräumt hat. Die Telekom-Profis Bert Dietz und Christian Henn haben eingestanden, in ihrer „Radsportlaufbahn jahrelang das Blutdopingmittel EPO benutzt zu haben“ (Berliner Morgenpost vom 23.05.2007).
 
15
Stern vom 21.07.2007.
 
16
Focus vom 14.11.2011.
 
17
Tages-Anzeiger vom 20.06.2007.
 
18
Bei der Tour de France 2007 weigerten sich spanische und italienische Teams, an den symbolischen Protestaktionen sechs französischer und zwei deutscher Mannschaften gegen Doping teilzunehmen.
 
19
Der Spiegel vom 30.04.2007.
 
20
Frankfurter Rundschau vom 24.05.2007.
 
21
Sonntagszeitung von 13.07.2008.
 
22
So der Anwalt von Jaksche und Sinkewitz gegenüber den Stuttgarter Nachrichten vom 09.10.2008.
 
23
Spiegel Online vom 25.05.2009.
 
24
Berliner Morgenpost vom 11.07.2007.
 
25
Focus vom 21.05.2010; siehe auch USADA 2012, S. 162.
 
26
Die Zeit vom 14.10.2010.
 
27
Ein gewiss extremes, aber aufschlussreiches Beispiel liefert die Auseinandersetzung zwischen einer regionalen Juniorenmannschaft und dem dealenden Teamchef einer Profigruppe: „Der Pfälzer Radsport-Szene waren der dealende Teamchef und sein Team schon längere Zeit nicht geheuer. Dem jungen U23-Team des FC Rheinland-Pfalz, das bis zum vergangenen Jahr mit dem Slogan ‚Echte Kerle dopen nicht‘ antrat, hatte er nach Rennen regelmäßig Mails geschickt. ‚Er meinte, unsere Fahrer wären alles Flaschen und er könnte uns einbeinig versägen‘, berichtet Jörg Abel, Vorsitzender des FC Rheinland-Pfalz.“ (Die Zeit vom 14.10.2010)
 
28
Das hängt auch mit einem ökonomischen Kalkül zusammen. Doping verschleiert das eigentliche Leistungspotenzial des Fahrers. Die Chefs der professionellen Clubs wollen aber keine „Katze im Sack“ kaufen. Daher nehmen sie lieber saubere Nachwuchsfahrer, weil sie sich dabei auf das erzielte Leistungsniveau verlassen können. Bezeichnend für diesen Mechanismus ist der Fall von Jörg Jaksche: „Im Ziel kam Stanga [Teamleiter des Rennstahls, M.S.] auf mich zu und fragte: Was hast du genommen? Ich verstand nicht und fragte zurück: Was soll ich genommen haben? Wahrscheinlich dachte er, ich will mich über ihn lustig machen. Am Abend besuchte er mich auf dem Hotelzimmer, das ich mit Dirk Baldinger teilte. Stanga nahm mir Blut ab und maß meinen Hämatokritwert, um herauszufinden, ob ich Epo genommen hatte. Ich hatte einen 41er Wert, relativ niedrig. Ich schaute Baldinger an: Was macht der da? Was bedeutet das? Ist das gut oder schlecht? Stanga sagte nur: Dem Jaksche gebe ich einen Fünfjahresvertrag. Ich war wohl naiv.“ (Der Spiegel vom 04.07.2007)
 
29
Vgl. die Untersuchung von Röggla et al. (1993) zum Dopingverhalten der Amateurbergsteiger im Alpenraum.
 
30
„Zwischen 2000 und 2006 gehörten zum Beispiel zwei von drei Everest-Besteigern dieser zweiten Kategorie an: Insgesamt waren 1.800 Kletterer privat unterwegs und beschäftigten 1.160 Sherpas, während 938 Personen an kommerziellen Everest-Expeditionen teilnahmen, die von 996 Sherpas und Führern begleitet wurden“ (Die Tageszeitung vom 11.09.2009). Nicht wenige der privaten Bergsteiger vertraten dabei den Alpinstil, wie die medialen Berichte aus dem Kreis privater Everestbergsteiger zeigen: „Uns geht es um die sportliche Leistung. Wir wollen aus eigener Kraft versuchen, etwas zu erreichen. Alles andere käme uns verfälscht vor, wie wenn wir gedopt wären“ (Tages-Anzeiger vom 07.10.09).
 
31
DAV Panorama 4/2010.
 
32
Zum Einsatz kommen Mittel wie Acetazolamid, Nifedipine, die eigentlich als Medikamente gegen die Höhenkrankheit eingesetzt werden, oder Viagra, das morphologisch eine ähnliche Wirkung hat. Dabei verschwimmt die Grenze zwischen Behandlung und Prävention. Die Versuchung dazu ist groß, da die Mittel schließlich in jeder Notfallapotheke vorhanden sind. Im Mount-Everest-Basislager scheinen viele „das Zeug zum Frühstück zu essen“, und auch Expeditionen zu weniger exponierten Gipfeln werden zunehmend mit Viagra-Unterstützung gemeistert (Tages-Anzeiger vom 04.05.2011).
 
33
Der Spiegel vom 19.04.2010; Stuttgarter Zeitung vom 23.06.2009; Stuttgarter Zeitung vom 11.08.2010; Der Spiegel vom 06.01.2012; Die Presse vom 25.08.2011.
 
34
Das von Christian Stangl (2009) propagierte „Skyrunning“, in dem es um die Schnelligkeit der Bergbewältigung mit minimalen Mitteln geht, wurde von dem normativen Innovator selbst kompromittiert. Stangl wurde von den Medien des Betrugs überführt. Dies hat ihn zu einem jener „Geständnisse“ bewegt, die man aus dem Radsportbereich kennt. Tages-Anzeiger vom 8.09.2010.
 
35
„Die weltbesten Bergsteiger sind sauber.“ (Die Presse vom 20.07.2008.) „Für die Top-Bergsteiger würde er [Reinhold Messner, M.S.] aber seine Hand ins Feuer legen.“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 22.10.2006.) Doping ist ein Problem der Amateure, nicht der Elite. (Die Welt vom 25.04.2011.) „Viel eher als im professionellen Bergsport“ traut man es „diversen (Amateur-)Everest-Kandidaten zu, sich leistungssteigernde Mittel zu beschaffen“. Vgl. dazu auch das Diskussionsmaterial auf den Internetforen, z. B. http://​www.​gipfeltreffen.​at/​archive/​index.​php/​t-20000.​html, dem das Zitat entnommen ist, und die Untersuchung von Röggla et al. (1993) zum Dopingverhalten der Amateurbergsteiger im Alpenraum.
 
36
Hans Kammerlander in Der Standard vom 28.04.2010; vgl. auch Neue Zürcher Zeitung vom 22.01.2010; DAV Panorama 4/2010.
 
37
Oh Eun-Sun wurde allerdings auch der Verletzung der selbst deklarierten Regeln bezichtigt: Ihr Gipfelerfolg am Kangchendzönga wurde angezweifelt (Der Spiegel vom 19.03.2012).
 
38
Die Spanierin Edurne Pasaban hat die Leistung von Oh Eun-Sun im Mai 2010 „by fair means“ ebenso überboten wie Gerlinde Kaltenbrunner (Die Zeit vom 03.09.2010).
 
39
Der Standard vom 27.11.2009.
 
40
Welt am Sonntag vom 17.04.2011.
 
41
Frankfurter Rundschau vom 10.12.2009.
 
42
„Es ist hinlänglich bekannt und in seiner Biografie nachlesbar, dass Hermann Buhl seinen legendären Solo-Gang auf den Gipfel des Nanga Parbat und ein Freibiwak auf über 8000 m wahrscheinlich dank einer ordentlichen Portion Pervitin-Tabletten überlebte“ (Rambauske o. J.). Pervitin oder Methamphetamin war ein amphetaminbasiertes Mittel, das von der deutschen Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg vor allem in der Luftwaffe eingesetzt wurde. Buhl war dabei keine Ausnahme. Bereits die erste geglückte Besteigung eines Achttausenders war mit exzessivem Dopingeinsatz erkauft. „Die ersten, die auf dem Gipfel eines Achttausenders standen, waren am 3. Juni 1950 die Franzosen Maurice Herzog und Louis Lachenal. […] ‚Herzog und Lachenal waren wegen der Medikamente am Gipfel mehr oder weniger plemplem‘, sagt Messner. ‚Daß sie nach unten gekommen sind, kommt einem Wunder gleich.‘“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 22.10.2006).
 
43
„Messners und Habelers historische Tat wurde jedoch nicht in allen Lagern mit Hosianna begrüßt. […] Tenzing Norgay und andere angesehene Sherpas unterzeichneten eine Petition, in der die Regierung Nepals aufgefordert wurde, über die angebliche Besteigung eine offizielle Untersuchung in Gang zu setzen. Aber die Beweise, die die Besteigung ohne Flaschensauerstoff belegten, waren eindeutig“ (Krakauer 1998, S. 203).
 
45
2007 wird Floyd Landis der Gesamtsieg bei der „Tour de France“ 2006 aberkannt. 2007 wird der Favorit Michael Rasmussen als Träger des Gelben Trikots des Dopings überführt; Gewinner der Tour ist Alberto Contador, der ebenfalls des Dopings verdächtigt wird. 2008 verliert der Drittplatzierte Bernhard Kohl nachträglich seinen Titel. Armstrong verliert alle seine Titel (1999–2005). 2009 und 2010 gewinnt wieder Contador, wobei er diesmal überführt wird und zumindest seinen Sieg bei der Tour 2010 verliert. Bis auf Cadel Evans war kein Sieger der letzten zehn Frankreich-Rundfahrten über alle Dopingzweifel erhaben. Nicht anders war die Lage bei der Italien-Rundfahrt: „Ullrich, Basso, Armstrong, Di Luca, Simoni, Gotti, Pantani, Heras, Gonzales, Landis, Zülle, Casero – Namen von Siegern der letzten zehn Jahre bei den Rundfahrten Giro, Vuelta und Tour. Alle wurden entweder des Dopings überführt oder gerieten zumindest hochgradig unter Verdacht“ (Berliner Zeitung vom 02.07.2007).
 
46
Tages-Anzeiger vom 26.07.2007.
 
47
Nach dem Skandaljahr 2007 haben sich u. a. T-Mobile, Gerolsteiner, Adidas, MAN und Wiesenhof von der Sponsorentätigkeit verabschiedet.
 
48
„Der Spanier Miguel Indurain schraubte den Schnitt 1991 auf 39,5 km/h, ehe Seriensieger Lance Armstrong aus gutem Grund auch für eine Rekordflut sorgte: 40,31 km/h 1999 (als er nachweislich EPO-gedopt war), 40,95 km/h 2003 und schließlich seine noch aktuelle Topmarke von 2005 mit 41,82 Stundenkilometer. Die Spanier Oscar Pereiro (2006: 40,79) und Alberto Contador (2007: 39,23) fielen danach wieder ab“ (Süddeutsche Zeitung vom 22.07.2008).
 
49
Der Tagesspiegel vom 19.07.2009.
 
50
Stern vom 19.07.2007. Der Unterschied zwischen diesen und normalen Teams bestand darin, dass die Überführung das definitive Ende eines innovativen Teams bedeutete. Mit der Affäre um Patrik Sinkewitz löste sich die Mannschaft von „T-Mobile“ auf, mit den positiven Tests bei Bernhard Kohl und Stefan Schumacher das Team von „Gerolsteiner“.
 
Literatur
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Metadaten
Titel
By fair means. Radsport, Bergsport und das Problem der normativen Regulierung des Handelns
verfasst von
Mateusz Stachura
Publikationsdatum
01.03.2014
Verlag
Springer Fachmedien Wiesbaden
Erschienen in
Berliner Journal für Soziologie / Ausgabe 1/2014
Print ISSN: 0863-1808
Elektronische ISSN: 1862-2593
DOI
https://doi.org/10.1007/s11609-014-0239-6

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