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17.04.2014 | Mediennutzung | Interview | Online-Artikel

"Das Interesse an Nachrichten ist lebendiger denn je"

verfasst von: Andrea Amerland

3 Min. Lesedauer

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Wie informieren sich Leser im Netz?, hat Springer-Autor Manuel Thomä in einer Studie gefragt. Im Interview erklärt er, warum das Publikum immer disparater wird und Journalisten ihren Erzählstil ändern müssen.

Sie haben untersucht, wie wir uns über Nachrichten informieren. Wie hat sich unser Leseverhalten in den vergangenen zehn Jahren verändert? 

Die Individualisierung der Gesellschaft zeigt sich auch in der Nachrichtennutzung. "Den“ Leser gibt es nicht mehr, statt dessen legen die Menschen ganz verschiedene Leseverhalten an den Tag: die Zeitung lesen sie zum Frühstück, das Smartphone nutzen sie auf dem Weg zum Job, auf die Webseiten der großen Nachrichtenverlage schauen sie bei der Arbeit. Viele der Unter-Dreißigjährigen haben sich vollständig den digitalen Medien zugewendet. Das Publikum, wie wir es kennen, zerfällt.   

Wie erreicht man die Leser dann noch? 

Wenn Medienhäuser Nachrichten allein im traditionellen Erzählstil der Zeitung vermitteln, reicht das nicht mehr. Stattdessen sollten Journalisten ihre Leser auch über das Medium abholen und Nachrichten für verschiedene Channels attraktiv aufbereiten. Das fängt damit an, dass sich nicht jedes Ereignis gleich gut für jeden Channel eignet und hört beim passenden Storytelling auf.

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Stichwort "Medienkonvergenz“ – welche Rolle spielt die Vernetzung verschiedener Mediengattungen? 

Die Vernetzung einzelner Mediengattungen ist für Verlage extrem wichtig, um im Sinne von Content-Syndication verschiedene Kanäle einer Medienmarke effizient bespielen und damit die Bedürfnisse der Leser erfüllen zu können. Für den Leser erkennbare Vernetzung ist dagegen nur sinnvoll, wenn dem User beispielsweise zusätzliche Erklärungen oder weitere Berichte zu einem Thema geboten werden, die er intuitiv mit einem Klick erreichen kann. Verweise in der Tageszeitung auf weiterführende Informationen im Internet kommen dagegen nicht gut an. 

Welche Informationen sollten eher online, welche in Printform aufbereitet werden? 

Im Kern geht es darum, dem Leser Nachrichten aus seiner Lebenswelt anzubieten, die für ihn in seiner spezifischen Nutzungssituation attraktiv sind. Was auf welchem Channel eher gelesen wird, hängt vom Thema und vor allem von seiner Aufbereitung ab. Unsere Studie, bei der wir über einen längeren Zeitraum untersucht haben, wie die Leser einzelne Themen rezipierten, hat gezeigt, dass es Geschichten gibt, die für multimediales Erzählen wie geschaffen sind. Diskursive politische Themen zählen hierzu, aber auch komplizierte Ereignisse, die sich digital aufbereitet verständlicher vermitteln lassen. Die Hauptfiguren in einem Korruptionsskandal und ihr Beziehungsnetz lassen sich durch Bilder, Grafiken, Deeplinks oder einen interaktiven Zeitstrahl viel plastischer und spannender darstellen als auf Papier.

Welches Ergebnis der Studie hat Sie am meisten überrascht?

Dass das Interesse an Nachrichten in der digitalen Welt keineswegs geringer geworden ist. Es haben sich lediglich die Leseinteressen verschoben und die Gewohnheiten der Menschen geändert. Die Angst, dass die Zeitung stirbt, mag berechtigt sein – das Interesse an guten Nachrichten ist lebendiger denn je. 

Also kann man auch im Netz für Nachrichten Geld verlangen?

Paid Content gehört die Zukunft. Kein Medienhaus wird es sich dauerhaft leisten können, allein mit Werbeinnahmen oder gar Quersubventionierung einen Onlineauftritt zu betreiben. Aber auch hier gilt das ökonomische Prinzip, dass der Markt den Preis bestimmt: Solange Top-Nachrichten im Netz frei verfügbar sind, wird kein User dafür Geld bezahlen. Gefragt sind deshalb exklusive Nachrichten, die attraktiv aufbereitet sind – dann klappt es auch mit der Pay-Wall.  

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2014 | OriginalPaper | Buchkapitel

Das Publikum und seine Medien

Quelle:
Der Zerfall des Publikums