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25.04.2014 | Umwelt | Interview | Online-Artikel

"Das Thema "Smart City" richtig einordnen!"

verfasst von: Matthias Schwincke

4 Min. Lesedauer

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Marketing-Gag oder eigenständiges Leitbild? Über die Rolle und Bedeutung von "Smart City" im Zusammenhang mit dem Leitbild der "Europäischen Stadt" sprach Springer für Professionals mit Hilmar von Lojewski, Beigeordneter des Deutschen Städtetages.

Springer für Professionals: Wie sehen Sie die Diskussion um "Smart City" durch die Brille des Deutschen Städtetags?

Hilmar von Lojewski: Aus unserer Sicht ist das gesamte Thema derzeit vor allem durch die Industrie und deren Marketingabteilungen getrieben. Das Ziel der Unternehmen ist es, als erster auf dem Markt zu sein bzw. technische Standards zu setzen, um sich möglichst frühzeitig Marktanteile zu sichern. Der ursprüngliche Gedanke hinter der Idee "Smart City", also technikgestützte Verbesserungen für die Bürgerinnen und Bürger, rückt hierbei leider zu sehr in den Hintergrund.

Woran machen Sie diesen Eindruck fest?

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Diese Entwicklung lässt sich sehr einfach und deutlich an den aktuell laufenden Forschungs-, Normungs- und Modellvorhaben ablesen. "Smart City"-Projekte gehen auf der EU-Ebene von der Generaldirektion "Energie" aus und werden in erster Linie als Wirtschaftsförderung betrieben. In Deutschland setzen sich die jeweiligen Plattformen ebenfalls mehrheitlich aus Bundesministerien und Vertretern der Industrie zusammen. Kommunale Akteure, die Kraft ihres Mandats die öffentlichen Interessen vertreten, bleiben dabei weitgehend außen vor bzw. sind nur bei einzelnen Themen beteiligt.

Was schlagen Sie vor, um diese von Ihnen als zu einseitig empfundene Entwicklung wieder in eine andere Richtung lenken?

Ich denke, das Thema "Smart City" sollte zuerst einmal richtig eingeordnet werden. In der Stadtentwicklung gibt es seit 2007 das unter breiter Mitwirkung und Abstimmung aller EU-Staaten im Rahmen der Leipzig-Charta konkretisierte und politisch operational gefasste Leitbild der nachhaltigen "Europäischen Stadt". Diese wie auch die darauf aufbauende Toledo Deklaration aus dem Jahr 2010 weisen uns bereits den Weg. Essentiell bei allen verabschiedeten Leitbildern ist der integrierte Ansatz für die zukünftige Stadtentwicklung, der auf eine effiziente Ressourcennutzung, einen Interessenausgleich im Sinne des Allgemeinwohls und auf eine nachhaltige Stadtentwicklung abzielt.

Was bedeutet das konkret für die Diskussion um "Smart City"?

"Smartness", sprich die technologische Dimension der Stadt, ist nur eine von vielen Zielrichtungen, ebenso wie Nachhaltigkeit, CO2-Neutralität, integrierte Mobilität oder andere Themen. Hinter all diesen Themen stehen letztlich Einzelinteressen, die sich dem Konzept der "Integrierten Stadtentwicklung" unterzuordnen haben. Denn nur die Städte selbst mit ihren repräsentativ gewählten Vertretern können die Schwerpunkte der eigenen Entwicklung festlegen und entsprechende Zielsetzungen formulieren. Und eines dürfte nach Stuttgart 21, Berlin BER oder der Hamburger Elbphilharmonie ja auch klar sein: Ohne eine breite und transparente Bürgerbeteiligung und ohne eine breite gesellschaftspolitische Diskussion wird Stadtentwicklung künftig auch kaum mehr machbar sein.

Welche Herausforderungen sehen Sie in diesem Zusammenhang?

Eine Vorgabe zum Beispiel durch die Setzung von Standards zur Einführung von neuen Technologien und neuer Infrastrukturen ist nicht demokratisch legitimiert und wird von den Bürgern und den Städten kaum akzeptiert werden können. Insofern bedarf auch die Diskussion, auf Grundlage welchen Verfahrens und unter Heranziehung welcher Ziele, Indikatoren und Standards für "Smart City Konzepte" entwickelt und umgesetzt werden sollen einer breiteren gesellschaftspolitischen Diskussion in einem demokratisch legitimierten Rahmen.

Was muss aus Ihrer Sicht auf diesem Weg an aktuellen Verfahren und Beteiligungsstrukturen verbessert werden?

In Normungsverfahren, die gesellschaftliche Verhältnisse, die Entwicklung von Quartieren und Städten und insbesondere das Investitionsverhalten von Kommunen beeinflussen, müssen die Normenverfahren selbst auf den Prüfstand: Möglicherweise brauchen wir hier auch ein Minderheitenvotum durch die Kommunen, um Normungsverfahren einstellen oder ihnen eine andere Richtung geben zu können. In diesem Zusammenhang ist auch der seit 1975 unveränderte Vertrag zu überprüfen, der das Deutsche Institut für Normung e.V. durch einen Vertrag mit der Bundesrepublik als offizieller Vertreter Deutschlands in internationalen Gremien mit einem Mandat ausstattet.

Das klingt nach einer umfangreichen und grundlegenden Auseinandersetzung...

Ja, es ist noch mit vielen intensiven Diskussionen zu rechnen, um alle Interessen "unter einen Hut" zu bekommen. Aber wenn sich an den bisherigen Verfahren nichts ändert, wird es letztendlich ebenso schwierig. Wie erwähnt haben wir viele Ideen, wie sich die Beteiligung auf den heutigen Stand der Dinge bringen lässt. Wir sind auch bereit, diese in einem großen Kreis zu diskutieren, um am Ende im Konsens mit allen Verbesserungen bei der Beteiligung zu erreichen.

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Die Hintergründe zu diesem Inhalt

2012 | OriginalPaper | Buchkapitel

Smart City: Energy Efficiency in a New Scope

A Systemic, Oriented Approach Improving Energy Efficiency on the City Level
Quelle:
Resilient Cities 2