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09.09.2014 | Unternehmensführung | Interview | Online-Artikel

"Die Metamorphose vom Spezialisten zum Manager ist schwer"

verfasst von: Anja Schüür-Langkau

4 Min. Lesedauer

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Spezialistentum und Management passen nicht zusammen, so die These von Springer-Autor Julius Seebach. Im Interview erläutert er, was Manager von amerikanischen Serien lernen können und warum Netzwerken eine der wichtigsten Management-Kompetenzen ist.

Springer für Professionals: Sie vertreten die These, dass Spezialistentum für Manager in Führungspositionen zur Sackgasse wird. Warum?

Julius Seebach: Weil Mick Jagger heute noch auf der Bühne steht und nicht zum Manager der Rolling Stones bestellt wurde. Wer glaubt, dass er sich nach erfolgreichen Jahren auf der Spezialisten-Bühne für eine Manager-Karriere qualifiziert, unterliegt einem dramatischen Trugschluss. Unsere Erfahrung und Identität bestimmen maßgeblich, wozu wir fähig sind und wie wir uns verhalten. Genau auf diesen Ebenen wird die persönliche Performance als Wertbeitrag für das Unternehmen gemessen. Die Wahrheit ist, dass sich das Kompetenzprofil eines erstklassigen Managers grundlegend von dem eines Spezialisten unterscheidet. Eine neue Visitenkarte mit Management-Titel bringt sicher keine Management-Intelligenz mit sich. Gerade die Metamorphose vom Spezialisten zum Manager wird zu einem persönlichen Kraftakt, weil sie an dem ansetzt, wer wir sind. Spätestens mit der Erkenntnis, dass nicht jeder Porsche-Ingenieur die Nordschleife so schnell meistert wie der Ralleyfahrer Walter Röhrl, folgt für viele die Einsicht, dass es keinen Spezialisten-Background im Management braucht und sie viel Zeit auf ihrem Karriereweg verloren haben.

Welche Kompetenzen und Fähigkeiten sind für Führungskräfte heute wichtig?

Viele Soft-Skills werden zu Hard-Skills. Management-Intelligenz ist die hohe Kunst, wirtschaftliche Exzellenz, juristische Präzision und technische Raffinesse optimal ineinandergreifen zu lassen. Den besten Wirkungsgrad erzielt dabei nur ein Schmiermittel: menschliche Kulanz. Im Management geht es ausschließlich um Resultate und diese erzielen Topmanager in der Regel neben Methodenkompetenz sowie Projekt- und Prozessdenken mit einer Kombination aus Strategie, Innovation, Empowerment, Verhandlung, Kommunikation, Führung und Veränderung. Besonders in dem Moment, in dem Manager Interessen unterschiedlicher Disziplinen und Gruppen kennen, managen, ergründen, antizipieren, vermitteln und priorisieren, sind sie unschlagbar und treffen optimale Entscheidungen.

Was sollten Manager tun, um zu den, von Ihnen propagierten, „eloquenten und weitsichtigen Allroundern“ zu gehören?

Ein Ansatz – sie sollten amerikanische Serien schauen. Meine Empfehlung lautet: „Suits“ und „Scandal“. Der Unterhaltungswert ist super und es lässt sich sehr viel Substanzielles verinnerlichen, wie Verhandlungskompetenz, Rhetorik und Wirkung. Grundsätzlich ist es wichtig, sich ein persönliches Manager-Idealbild vor dem geistigen Auge zu zeichnen. Mit dieser Zielstellung lassen sich Maßnahmen ableiten, die der Einzelne ergreifen kann, um genau diese Person zu werden. Damit synchronisieren Sie Denken, Reden und Handeln für ein authentisches Auftreten, das durch Loyalität getragen wird. Der oberste Handlungsmaßstab dabei lautet: Bringt das, was ich gerade tue, mein Unternehmen langfristig weiter.

Wie wichtig ist das Thema Beziehungspflege für den Erfolg im Management?

Das ist sehr wichtig. Menschen mit autistischen Zügen und sozialer Inkompetenz können im Management nicht erfolgreich sein, in der Spezialisten-Rolle jedoch schon. Manager sind wie Otto-Viertakt-Motoren: Sie saugen Informationen an, verdichten, zünden und blasen sie an der richtigen Stelle wieder aus. Sie sind Netzwerker auf ganzer Linie, denn sie wissen: Informationen sind Macht. Nur über die persönliche Beziehung gelangen sie zur richtigen Zeit an verwertbare Informationen. Wer dies nicht erkennt, verkennt den Wettbewerb um Positionen, wird vorgeführt und wird zwangsläufig gehen müssen. Noch ein Tipp: Wer wissen möchte, wer und ob er Karriere macht, wird in der Personalabteilung nicht fündig. Es gilt nur herauszufinden, wer mit wem zum Mittagessen geht.

Wie bewerten Sie die Fehlerkultur in deutschen Unternehmen?

Katastrophal. Gesteuert von unserem Ego und unserer Bequemlichkeit, sind wir wahre Meister im Vertuschen, Nichtwahrnehmen und Eingestehen. Solange Fehler als Schwäche und nicht als Chance zur frühzeitigen Korrektur gesehen werden, ist eine effiziente Organisation reine Utopie. Wie bei Lügen ergeben sich Unplausibilitäten und Blindleistungen, die zu Frust, Resignation und innerer Kündigung der Mitarbeiter führen. Besonders, wenn sich Altgediente nicht selbst in Frage stellen, stocken notwendige Veränderungen. Meinen Respekt haben diejenigen, die solche Themen transparent machen und mutig aussprechen.

Zur Person
Julius Seebach arbeitet als Partner und Berater für Menschen mit Ergebnisverantwortung wie Projektleiter, Manager, Geschäftsführer oder Aufsichtsräte. Der MBA und Wirtschaftsingenieurführt unterschiedlichste Anforderungen und Interessen aus Fachgebieten wie Wirtschaft, Technik oder Recht zusammen und optimiert Prozesse und Projekte in Unternehmen. Mit I-IQ Interessenintelligenz® ist Julius Seebach ein gefragter Mediator und Verhandlungsführer. Im Bereich Bildung unterstützt er zukunftsfähige Konzepte und Projekte zum Wohle der Gesellschaft. In seinem neuen Buch "Management-Intelligenz" bietet der Autor innovative Denkansätze für Manager, Führungskräfte und Unternehmer.
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