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2023 | Book

Medienvielfalt - Religionsvielfalt

Facetten der Transformation von Medien und Religion

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About this book

Ausgehend von der kommunikativen Konstruktion von Religion analysiert der Band die grundlegende Fragen, welchen Stellenwert Medien für die Konstruktion religiöser sozialer Wirklichkeiten haben und in welchem Verhältnis dabei Medienwandel und der Wandel von Religion stehen. Der interdisziplinäre Sammelband zielt vor dem Hintergrund des Mediatisierungsansatzes auf die Zusammenführung der bislang wechselseitig wenig zur Kenntnis genommenen sozialwissenschaftlichen Forschungen renommierter deutschsprachiger Wissenschaftler/innen. Darüber hinaus widmet er sich einem in allen Disziplinen bislang wenig diskutiertem Zusammenhang, nämlich dem Verhältnis von Medien und Religion im sozialen Wandel.

Table of Contents

Frontmatter
Medienvielfalt – Religionsvielfalt. Facetten der Transformation von Medien und Religion
Zusammenfassung
Der vorliegende interdisziplinäre Band beschäftigt sich mit der Transformation von Medien und Religion aus unterschiedlichen Fachperspektiven. Damit zielt er auf eine Zusammenführung bislang wechselseitig wenig zur Kenntnis genommener Forschungen von renommierten deutschsprachigen Wissenschaftler:innen aus verschiedenen auf Religion bezogenen Disziplinen, die sich dem Verhältnis von Medien und Religion im sozialen Wandel widmen. In der Einleitung werden zunächst die zentralen Forschungslinien im Gegenstandsbereich von Religion und Medien aufgezeigt. Hierbei wird zwischen ‚Religion in den Medien‘, ‚Medien als Religion‘ und der ‚Mediatisierung von Religion‘ unterschieden. Des Weiteren umfasst der erste Forschungszweig Forschungen, die entweder unter ‚Verkündigung von Religion‘, ‚Berichterstattung über Religion‘ oder ‚Religion als Unterhaltung‘ subsumiert werden können. Die konzeptionelle Grundlage des Bandes bildet das kommunikations- und medienwissenschaftliche Konzept der Mediatisierung, das mit den Mediatisierungsschüben Mechanisierung, Elektrifizierung und Digitalisierung Spezifikationsmöglichkeiten bietet, und im Verhältnis zu anderen Metaprozessen wie Individualisierung, Ökonomisierung und Globalisierung auch gesellschaftliche Struktur- und Handlungskontexte betrachtet. Abschließend werden die Beiträge kurz vorgestellt, die sich in grundlegender Weise mit analytischen Perspektiven auf Veränderungen im Wechselverhältnis von Medien und Religion beschäftigen (Teil I) sowie die Beiträge zu religionsbezogenen Phänomenen und Gegenständen, die sich in spezifischer Weise auf das Verhältnis von Medien, Religion und Individualisierung (Teil II), Ökonomisierung (Teil III) oder Globalisierung (Teil IV) als weitere gesellschaftliche Metaprozesse bzw. gesellschaftliche Struktur- bzw. Handlungskontexte beziehen.
Anke Offerhaus

Mediatisierung

Frontmatter
Benedikt in Berlin. Das Publikum der Papstmesse und die Mediatisierung von Religion
Zusammenfassung
Der Beitrag beruht auf einer videografischen Analyse der Papstmesse von Papst Benedikt XVI. im Olympiastadion in Berlin und einem Vergleich mit ähnlichen Veranstaltungen. Er vertritt die These, dass die Verwendung der neuen digitalen Kommunikationstechnologien zu neuen Formen des kommunikativen Handelns auch im religiösen Bereich führt, die man als religiöse Rituale der Verehrung ansehen kann. Die neuen Formen des kommunikativen Handelns finden zwar im religiösen Raum statt, sind jedoch aus anderen kulturellen Bereichen übernommen, sodass man sie zur populären Religion zählen kann. Vor dem Hintergrund des Vergleichs zu früheren Veranstaltungen soll diese Zuordnung am Fall der Papstmesse in Berlin herausgestellt werden. Im ersten Teil wird zunächst der Zusammenhang zwischen Medien und Religion behandelt, bevor dann einige Aspekte der Mediatisierung betrachtet werden, die sich auf das Feld der Religion beziehen. Nach einer kurzen Darstellung der empirischen und methodischen Vorgehensweise wendet sich der Beitrag der Analyse des Papstbesuches zu. Dabei identifiziert er zwei verschiedene kommunikative Stile des Publikums und stellt ein mediatisiertes Ritual heraus. Am Schluss werden einige Hypothesen über die Folgen dieser Mediatisierung für die Religiosität der Beteiligten vorgestellt, deren Ausarbeitungen allerdings Aufgabe zukünftiger empirischer Untersuchungen sein müssen.
Hubert Knoblauch
„Religion Across Media“: Materielle Medien und religiöse Praktiken der Welterzeugung
Zusammenfassung
Entwicklungen in religionswissenschaftlichen Studien in den letzten 20 Jahren zeigen drei wichtige Begriffe, die für eine Neukonfiguration von Studien über Religion von zentraler Bedeutung sind: Transformation, Materialität und Mediation. Die Säkularisierungstheorie zeigte auf, dass Religion in ständiger Transformation in mehrere Richtungen zu sein scheint. Wichtig ist, dass Untersuchungen von Transformationen von Religion (und was wir damit meinen) stets eine historische Perspektive beinhalten. Studien, die sich mit der Transformation von Religion beschäftigen, müssen nicht nur das Neue oder gar das Zukünftige in den Blick nehmen, sondern auch den Einfluss und die Prägung durch das Vergangene. Dies hängt auch wesentlich mit der Frage nach der Definition und ganz allgemein nach der Definierbarkeit von Religion zusammen. Zudem stellt sich aber auch die Frage nach dem Verhältnis von Medien und Religion, namentlich nach der Beziehung zwischen diesen Begriffen, die weitaus komplizierter als die anfängliche, etwas technische Idee einer „Begegnung“ ist. Medien dürfen nicht länger als entgegengesetzt, sondern sollten als untrennbar mit Religion zusammengedacht werden, basierend auf einem Verständnis von Religion als Vermittlung (mediation). Das Hauptanliegen des Beitrags ist es aufzuzeigen, warum ein Fokus auf Vermittlung als materieller Prozess von zentraler Bedeutung ist, um Transformationen von Religion sowohl empirisch als auch konzeptionell zu erfassen.
Birgit Meyer
Die Unterscheidung von Medialisierung und Mediatisierung im Fall von Religion. Ein Vorschlag zur begrifflichen Präzisierung
Zusammenfassung
Angesichts eines zunehmend weit gefassten Begriffs der Mediatisierung schlägt der Beitrag vor, in der Analyse des Zusammenhangs von Medien und Religion konsequent zwischen Prozessen der Medialisierung und solchen der Mediatisierung zu differenzieren. Da im Zentrum von Religionen die Kommunikation mit interaktiv unerreichbaren, transzendenten Entitäten steht, sind sie stets auf den Einsatz von Kommunikationsmedien angewiesen. Für ein Verständnis der Entwicklung der Medialisierung erscheint es aber fruchtbar, zwischen einer eher konservativ gehandhabten sakralen Achse und einer sozialen Achse der Kommunikation unter den Glaubenden zu unterscheiden. Gegenüber diesem seit Jahrtausenden sich vollziehenden Prozess der Medialisierung ist der Prozess der Mediatisierung jüngeren Datums: Er setzt die operative Schließung des Mediensystems als gesellschaftliches Teilsystem mit eigenen Operationslogiken voraus. Mediatisierung bezeichnet dann die Prozesse, in denen religiöse Organisationen die Art und Weise, wie Medien Religion beobachten, antizipieren und sich hierdurch selbst transformieren.
Günter Thomas

Individualisierung

Frontmatter
Institutionalisierte Religion in der deutschen Tagespresse
Zusammenfassung
Die Säkularisierungsthese postuliert drei Entwicklungen: strukturelle und institutionelle Ausdifferenzierung, Erosion organisierter Religion und schließlich den Rückzug der Religion in den privaten Raum. Die ersten beiden Entwicklungen wurden vergleichsweise breit diskutiert und untersucht. Relativ unbeachtet blieb die dritte Entwicklungslinie. Anhand einer Inhaltsanalyse von deutschen Qualitätsmedien wird in diesem Beitrag untersucht, welchen Raum organisierte Religion in Deutschland in der tagesaktuellen Berichterstattung von 1993 bis 2009 einnimmt. Zumindest in der medialen Darstellung lässt sich kein Rückzug aus der Öffentlichkeit feststellen. Vielmehr findet sich ein signifikanter Anstieg über die Jahre, der einige Peaks aufweist. Neben einer Art Grundrauschen, mit der Religion über die Zeit stabil in den analysierten Medien vertreten ist, findet sich ein darüber hinausgehendes Mehr an Berichterstattung, welches an bestimmte, vor allem moralisch aufgeladene Themen gebunden ist.
Anna-Maria Schielicke
Mehr als das Wort zum Sonntag: kirchliche Sendungen im deutschen Fernsehen im Zeitverlauf
Zusammenfassung
Als Teil der politischen und kulturellen Realität moderner Gesellschaften stehen institutionalisierte religiöse Akteure sowohl als passives Diskussionsobjekt als auch als aktiv für Medieninhalte verantwortliche Akteure im Austausch mit Massenmedien. Das deutsche Fernsehen und die christlichen Großkirchen sind seit Beginn der regelmäßigen Ausstrahlung fest miteinander verwoben; Das Wort zum Sonntag ist neben der Tagesschau Deutschlands ältestes Fernsehformat. Das Medium Fernsehen bietet einen niedrigschwelligen Berührungspunkt zwischen Kirche und Publikum abseits der Gotteshäuser und in privatem Umfeld. Um diese Chance der Begegnung zu nutzen, setzen die evangelischen und katholischen Kirchen in Deutschland nicht mehr ausschließlich auf rein geistliche Ansprachen oder die Übertragung von Gottesdiensten, sondern konnten in den privaten Programmen weniger spirituell aufbereitete Formate etablieren. In diesem Beitrag wird die Entwicklung der Fernseharbeit der christlichen Großkirchen in Deutschland mittels der Ergebnisse einer quantitativen und einer qualitativen Analyse religiöser Formate im Zeitverlauf (2005, 2010, 2015) dargestellt und eingeordnet.
Anne Beier
Kirchenmitglieder sind seltener online als Konfessionslose. Die V. Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung der Evangelischen Kirche in Deutschland als ein Beispiel für De-Mediatisierungsprozesse zivilgesellschaftlicher Akteure
Zusammenfassung
Der Beitrag thematisiert den Umgang der fünften repräsentativen Untersuchung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) mit Medien. Obwohl darin zu computergestützten und internetbasierten religiösen Kommunikationen keine dem Untersuchungsaufbau angemessene Befragungen durchgeführt wurden, werden Ergebnisbericht Aussagen zur Bedeutung von Online-Kommunikationen für Kirchenmitglieder gemacht. So heißt es etwa, Kirchenmitglieder seien privat seltener online als Konfessionslose. Zugleich werden diese Aussagen bzw. die Bedeutung dieser für das Verhältnis von Kirchenmitgliedern zu Medien innerhalb der Gruppe, die die Untersuchung wissenschaftlich begleitete, kritisiert bzw. relativiert. Ausgehend von diesem Befund wird hier nun die Frage gestellt, inwiefern davon ausgegangen werden kann, dass diese Mitgliedschaftsuntersuchung der Evangelischen Kirche in Deutschland Strategien von De-Mediatisierung aufweist oder auch aktiv unterstützt. De-Mediatisierung ist ein von Pfadenhauer und Grenz (2017)  vorgeschlagener Reflexionsansatz, mit dessen Hilfe Gegenbewegungen zu Mediatisierungsprozessen innerhalb von Gesellschaften und Kulturen wissenschaftlich fassbar gemacht werden sollen. Über den Rahmen der repräsentativen Langzeitstudie hinaus ließe sich hiermit zudem der seit Jahren in kirchlichen und theologischen Publikationen ungebrochen stark kommunizierte Verweis auf die hohe Bedeutung von Face-to-Face-Kommunikationen für den religiösen Kontext als eine Abgrenzungsstrategie von einem Fortschrittsnarrativ zum Thema Kirche 4.0 ff. verstehen
Ilona Nord

Ökonomisierung

Frontmatter
Auch Online-Trauer hat ihren Preis. Das Geschäft mit der digitalen Trauer und Erinnerung
Zusammenfassung
Jede Gesellschaft hat, verbunden mit den in ihr jeweils vorherrschenden kulturellen und religiösen Haltungen, über Jahrtausende ihre eigenen Rituale und Formen der Auseinandersetzung mit Tod, Trauer und Erinnerung entwickelt. So ist es nicht überraschend, dass diese Prozesse im Zuge des Wandels von Religion und Medien auch in einer sich verändernden Trauer- und Erinnerungskultur erkennbar werden. Der Beitrag zeigt das Wechselverhältnis von Digitalisierung und Kommerzialisierung in Bezug auf Phänomene der Trauer anhand der Entwicklung dreier Geschäftsfelder: virtuelle Friedhöfe und Gedenkseiten, Trauerportale von Tageszeitungen sowie die Regelung des digitalen Nachlasses als professionelle Dienstleistung. Die kontextualisierte Anbieteranalyse macht deutlich, dass trotz erkennbarer Monetarisierungsbestrebungen in allen Bereichen lediglich dort ein dauerhaftes Geschäftsmodell entwickelt werden konnte, wo ein innovatives Start-up-Unternehmen und Zeitungen als etablierte Akteure eine strategische Allianz eingingen.
Anke Offerhaus
Das Internet als Katalysator der Ökonomisierung von Religion?
Zusammenfassung
In diesem Beitrag wird die Frage diskutiert, inwiefern digitale Medien das Wirtschaften von Religionsgemeinschaften beeinflussen. Können sie zu einer verstärkten Vermarktung von Religion führen? Und wenn ja, mit welchen Konsequenzen ist dies für Religionen verbunden? Es werden drei Dimensionen des Aufeinandertreffens von Religion und Ökonomie identifiziert: 1. die Ökonomisierung von Religion im Allgemeinen (Markt der Religionen), 2. die Vermarktung von religiösen Gütern und 3. die Benutzung von religiösen Institutionen für ihre wirtschaftlichen Aktivitäten. Insbesondere wird der Fall von katholischen Klöstern untersucht. Da Klöster sich in gewissem Maße als außerweltliche Realität definieren, kommt dem Einsatz des Internets eine besonders starke Brisanz zu. Formen des Widerstandes gegenüber Mediatisierungsprozessen werden ebenfalls beleuchtet. Dieser Artikel stützt sich hauptsächlich auf empirische Forschungen, insbesondere auf Feldforschungen und Interviews, die von 2004 bis 2016 in Klöstern fünf europäischen und drei nicht europäischen Ländern geführt wurden.
Isabelle Jonveaux

Globalisierung

Frontmatter
Religiöse Praktiken und Botschaften im transnationalen Kontext – Götter, Geister und Medien zwischen Vietnam und Deutschland
Zusammenfassung
Dieser Beitrag untersucht die zunehmende Präsenz von Medientechnologien in transnationalen religiösen Kontexten. Religion und Medien werden in ihrer wechselseitigen Dynamik und in ihrer Verwobenheit mit Globalisierungsprozessen analysiert. Auf der Basis ethnologischer Feldforschung in einigen der von Vietnamesen gegründeten Pfingstkirchen in Deutschland und in pentekostalen Untergrundkirchen in Vietnam erkundet dieser Artikel die Praxis der Erzeugung religiöser Vorstellungen und Wahrnehmungen. Diese werden zum einen durch neue Medien und Mediennutzung hervorgerufen und verbreitet. Zum anderen werden religiöse Praktiken durch menschliche Körper vermittelt und der Wirkkraft der ‚Gaben des Heiligen Geistes‘ zugesprochen. Religion wird nicht länger als das Andere von Moderne und Technologie konzeptualisiert, sondern ist Teil von Modernisierungs- und Globalisierungsprozessen.
Gertrud Hüwelmeier
Dokumentarfilme als Kommunikationsräume religiöser Identitäten
Zusammenfassung
Dokumentarfilme nehmen an Migrations- und Integrationsprozessen teil; sie verhandeln bzw. verändern religiöse Konzepte und Traditionen, indem sie vom filmischen Produktionsraum in den Medienkonsumptionsraum gelangen, wo sie von einem Publikum rezipiert werden. Der Aufsatz beleuchtet anhand zweier Schweizer Dokumentarfilme, inwiefern die Kommunikationsräume des Dokumentarfilms religiöse Zugehörigkeiten und Abgrenzungen mediatisieren. Da es beim Dokumentarfilm relevant ist, welche Akteure wessen religiöse und soziale Wirklichkeit konstruieren, liegt der Fokus auf der Produktion und ihrer Beziehung zum filmischen Repräsentationsraum. Qualitative, semistrukturierte Interviews, die mit den Regisseuren geführt wurden, dienen dazu, das Thema ihrer religiös-kulturellen Zugehörigkeit im Kontext des Films zu vertiefen. Auf der Repräsentationsebene werden die Funktion, die Bedeutung und der Verhandlungsraum religiöser Symbole, Handlungen und Akteure untersucht.
Monika Glavac, Marie-Therese Mäder
Metadata
Title
Medienvielfalt - Religionsvielfalt
Editor
Anke Offerhaus
Copyright Year
2023
Electronic ISBN
978-3-658-41840-3
Print ISBN
978-3-658-41839-7
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-41840-3