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2008 | Book

Nachverhandlung von Outsourcing-Verträgen

Effizienz und Flexibilität in komplexen Leistungsbeziehungen

Author: Beatrix Alexandra Ertsey

Publisher: Gabler

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About this book

Das Phänomen der Nachverhandlung von Verträgen genießt seit ca. zwanzig Jahren eine erhöhte Aufmerksamkeit in der Literatur. Dies hängt zusammen mit einer Erkenntnis, die innerhalb der mikroökonomischen Vertragstheorie eine neue bis dato vernachlässigte Perspektive eingeführt hat. Lange Zeit hielt man es für ausreichend, sich bei der Analyse von Verträgen auf die Annahme zu beschränken, diese seien umfassend in dem Sinne, dass sie die Auswirkungen aller möglichen zukünftigen Entwicklungen auf die Geschäftsbeziehung vorsehen und explizit regeln könnten. Natürlich entspricht das nicht der Realität. Niemand kann genau vorhersagen, wie sich bestimmte Umweltparameter verhalten werden und was in diesem Fall die für alle Vertragsparteien günstigste Allokation sein wird. Wegweisende Autoren wie Oliver Hart, Jean Tirole und Sanford Grossman haben sich deshalb auch theoretisch mit der Frage auseinandergesetzt, was es für Konsequenzen hat, wenn man davon ausgeht, dass Verträge zu gewissen Punkten, die man nicht vorhersagen kann, offen und entsprechend unvollständig bleiben. Nun ist es nicht immer zielführend, eine bewährte Annahme zugunsten einer realistischeren aufzugeben, schließlich ist es Aufgabe einer Theorie, die Realität durch hinreichende Abstraktion begreifbar zu machen. Eine Theorie, die sich zu stark an Einzelheiten der Realität orientiert, läuft Gefahr sich in unübersichtlichen Details und Einzelfällen zu verlieren. Die Beschäftigung mit unvollständigen Verträgen hat sich hingegen als überaus fruchtbare Theorieerweiterung erwiesen. Denn nur so wird es möglich, sich mit den Auswirkungen und Folgen von Nachverhandlungen ausein- derzusetzen, die vor dem Hintergrund vollständiger Verträge schlichtweg nicht möglich sind.

Table of Contents

Frontmatter
1.. Einführung: Das Produktiviätsparadoxon des Outsourcing
Auszug
Die Erschließung neuer und schnellerer Handelswege ist seit ihren Ursprüngen vor mehr als zweitausend Jahren1 ein weitgehend ungebrochener Trend. Er findet seinen Ausdruck in einer geographischen sowie inhaltlichen Konvergenz von Märkten, die Unternehmen unterschiedlicher Grö\e zu Wachstum zwingt.2 Den Unternehmen bieten sich zwei Möglichkeiten, diese Herausforderung zu bewältigen. Die erste Option ist externes Wachstum durch Akquisition. Die steigende Anzahl an internationalen Unternehmenszusammenschlüssen3 lässt sich in diesem Sinne deuten. Die zweite Möglichkeit ist internes Wachstum. Interessanterweise finden sich Anzeichen für diese Wachstumsstrategie gerade im internationalen Handelsaufkommen, allerdings erst auf den zweiten Blick. Denn betrachtet man beispielsweise den Exportanteil am US-amerikanischen BIP von 1869 bis 1997, so lässt sich bei einem Anstieg von 7 % auf 8 % kein nennenswerter Unterschied feststellen. Vergleicht man aber die Direktinvestitionen der Vereinigten Staaten im Ausland zwischen 1914 und 1996, so lässt sich im letzten Drittel des zwanzigsten Jahrhunderts ein Anstieg von 35 % verzeichnen.4 In etwa demselben Zeitraum, nämlich von 1972 bis 1990, stieg auch der Anteil der ausländischen Wertschöpfung am Export der OECD-Länder um ca. 40 %. Damit beträgt der Anteil importierter Zwischenprodukte in diesen Ländern 30 %.5 Aber auch die gehandelten Güter selbst sind andere als zuvor. Zunehmend werden Dienstleistungen exportiert, deren Anteil an der Bruttowertschöpfung der industrialisierten Länder gegenüber der Güterproduktion bereits seit geraumer Zeit stetig wävhst.6
2.. Zur ökonomischen Theorie der Nachverhandlung und Terminierung von Verträgen
Auszug
Nachverhandlungen vermindern das Commitment von Vertragsparteien. Diese Erkenntnis hat schon früh Eingang in die ökonomische Literatur gefunden.31 Eine intensive Auseinandersetzung setzte allerdings erst mit Beginn der 1990er Jahre in der Vertragstheorie ein und beschrückt sich bis heute weitgehend auf diesen Zweig der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung. Dies ist nicht verwunderlich, berücksichtigt man, dass die mikroökonomische Theorie im ausgehenden 20. Jahrhundert stark durch die Institutionenökonomik gepr⇌t wurde und das Interesse dieses Forschungsprogramms gerade den Kooperationsbeziehungen gilt, die auf synallagmatischen Beziehungen basieren und bei denen Leistung und Gegenleistung zeitlich auseinanderfallen.32 Dies sind Merkmale, die das Auftreten von Nachverhandlungen erst möglich machen.
3.. Eine theoretische Analyse der Outsourcing-Kooperation
Auszug
Es existiert eine ganze Reihe unterschiedlich nuancierter statischer Outsourcing-Definitionen.64 Trotz abweichender Akzentuierung ist allen gemeinsam, dass sie Outsourcing als vertikale Zusammenarbeit eines Unternehmens mit einem anderen Unternehmen oder genereller ausgedrückt, einer dritten Partei charakterisieren. Daraus lässt sich lediglich schließen, dass eine Outsourcing-Beziehung kein Unternehmen ist. Worin Outsourcing mündet, wenn nicht in einem Unternehmen, bleibt hingegen offen. Wertet man die Literatur diesbezüglich aus, so erhält man eine Vielfalt an Institutionen, die als Resultat einer Outsourcing-Transaktion vorgeschlagen werden. So unterscheiden Hirschheim/Dibbern (2002) zwei,65 Lacity/Willcocks (2001) sogar acht66 verschiedene solcher Institutionen. Diese definitorischen Grundlagen sind in zweierlei Hinsicht problematisch: Erstens gibt es in der Forschung zur Unternehmenstheorie unterschiedliche Ansichten über das Wesen und die Grenzen der Unternehmung. So wird etwa die Idee vertreten, dass ein Unternehmen durch seine Mitglieder gekennzeichnet sei und dies wiederum seien alle Vertragspartner des Unternehmers.67 In diesem Fall wäre eine Person, die dem Unternehmer eine Leistung liefert, ebenfalls ein Mitglied des Unternehmens. Unter dieser Definition wäre demnach keine Konstellation denkbar, bei der von „Outsourcing“ gesprochen werden könnte. Eine Transaktionsbeziehung kann also je nach Definition des Unternehmens unter den Begriff „Outsourcing“ fallen oder nicht. Das aber ist für die Erforschung solcher Beziehungen wenig hilfreich.
4.. Eine empirische Exploration der Outsourcing-Kooperation
Auszug
Um den höheren Detaillierungsgrad bei der Charakterisierung von Outsourcing-Beziehungen zu erreichen, der für die Gestaltung von Lösungsansätzen notwendig ist, wurde eine empirische Untersuchung durchgeführt, über deren Ergebnisse im Folgenden berichtet wird. Zuvor werden Untersuchungsdesign und zentrale Schritte der Untersuchungsdurchführung vorgestellt.
5.. Nachverhandlung von Outsourcing-Verträgen: Ein ökonomisches Modell
Auszug
In den folgenden Abschnitten wird unter Berücksichtigung der in den vorangegangenen Kapiteln dargestellten theoretischen sowie empirischen Erkenntnisse ein Modell einer Outsourcing-Kooperation entwickelt.
6.. Schlussbetrachtung: Produktivitätssteigerung durch komplexe Verträge
Auszug
Eingangs wurde die Frage aufgeworfen, warum es Unternehmern nicht gelingt, die Produktivität ihres Betriebes durch Outsourcing zu steigern. Diese Arbeit bietet zwei mögliche Erklärungen für diese Beobachtung, die sich, zugespitzt formuliert, wie folgt auf den Punkt bringen lassen:
1.
Die Spezifität der Outsourcing-Kooperation ist zu hoch.
 
2.
Die Kooperationen basieren auf Verträgen, die falsche Investitionsanreize setzen.
 
Die vordergründig triviale Handlungsanweisung zur Lösung dieser Probleme lautet: „Man senke die Spezifität und man setze die richtigen Investitionsanreize!“. Dieser Anweisung Folge zu leisten, ist im Umfeld kooperativer Dienstleistungsbeziehungen durchaus nicht trivial. Die folgenden Abschnitte sind daher der Frage gewidmet, inwieweit sich die gefundenen Lösungsansätze unter realistischeren Bedingungen als den im Modell vorgegebenen anwenden lassen oder, kurz gesprochen, inwieweit sie praxistauglich sind.
Backmatter
Metadata
Title
Nachverhandlung von Outsourcing-Verträgen
Author
Beatrix Alexandra Ertsey
Copyright Year
2008
Publisher
Gabler
Electronic ISBN
978-3-8349-8168-4
Print ISBN
978-3-8349-0987-9
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-8349-8168-4

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