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12.02.2015 | Automobil + Motoren | Nachricht | Online-Artikel

Fetzer: "Eine Batteriezellen-Fertigung am Standort ist nicht vom Tisch"

verfasst von: Markus Schöttle

3:30 Min. Lesedauer

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Die Elektrifizierung des Antriebs wird laut Bosch in den nächsten fünf Jahren deutlich voranschreiten. Im Jahr 2025 erwartet der Zulieferer weltweit einen Hybridantrieb-Anteil von 15 Prozent. Die technische Expertise in Deutschland ist gut. Eine Ausnahme bildet die Batteriezellfertigung, was kontrovers diskutiert wird.

Bis 2020 dürften weltweit 12,1 Millionen elektrifizierte Neufahrzeuge auf den Markt kommen, sagte Dr. Joachim Fetzer, Mitglied des Bereichsvorstands Gasoline Systems mit der Zuständigkeit Elektromobilität bei Robert Bosch, kürzlich bei einer Veranstaltung mit Batterieexperten in Reutlingen. Darunter sollen dann 2,5 Millionen Batterieelektrische Fahrzeuge (BEV) sein.

"Die Zukunft der Mobilität ist automatisiert, vernetzt und elektrifiziert - und in der Verknüpfung dieser Eigenschaften liegen die Wettbewerbsvorteile für elektrisch und teilelektrisch fahrende Automobile", ergänzte Fetzer. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, entwickelt sich Bosch zum Anbieter von Mobilitätslösungen und erschließt so auch neue Geschäftsfelder rund um die Elektromobilität. Beispielsweise vernetzt Bosch Ladestationen verschiedenster Anbieter, so dass eine Kundenkarte genügt, um fast überall in Deutschland das Elektroauto aufladen zu können.

Energiespeicher - Perspektiven

"Lange Lebensdauer, beste Qualität, höchste Sicherheit - die Anforderungen an Hochvolt-Batterien in Fahrzeugen sind enorm", betonte Fetzer. Eine Lithium-Ionen-Batterie muss derzeit beispielsweise für eine Laufleistung von mindestens 150.000 Kilometern und eine Lebensdauer von bis zu 15 Jahren ausgelegt sein. Nach diesem Autoleben muss die Batterie dann immer noch 80 Prozent ihrer anfänglichen Speicherkapazität und Leistung aufweisen. "Eine gleichermaßen günstige, leistungsfähige und zuverlässige Hochvolt-Batterie fürs Auto zu entwickeln - das ist die sprichwörtliche Rocket Science", ergänzte der Batterieexperte.

Bosch will bis 2020 doppelt so leistungsfähige Hochvoltspeicher anbieten - von heute rund 115 Wh/kg auf bis zu 280 Wh/kg. An der nächsten Generation der Lithium-Ionen-Batterie forscht Bosch nun zusammen mit GS Yuasa und Mitsubishi in dem Joint Venture Lithium Energy and Power, nachdem das Joint Venture mit Samsung in die Brüche gegangen ist. GS Yuasa bringt Erfahrungen in der Zelloptimierung ein, um eine Batterie mit höherer Energiedichte und gesteigerter Reichweite produzieren zu können. Bosch steuert seine Erfahrung beim komplexen Batteriemanagement und der Systemintegration bei: "Wir verstehen das Zusammenspiel zwischen Chemie, Elektronik und Kühlung", erklärte Fetzer.

Batteriezellen-Fertigung in Deutschland

Mit der Schließung des einzigen deutschen Zellfertigungsstandorts, den der Firma Litec in Kamenz, in den Daimler und Evonik lange Jahre investierten, endet das politisch protegierte Kapitel, auch in der Zellfertigung international mitzuspielen. Experten kritisierten die unrealistisch prognostizierten Chancen. Dies erklärte auch Dr. Christoph Theiß, Begründer und Geschäftsführer der P3 Group im Interview mit ATZelektronik. Umso überraschender klingt die Aussage von Fetzer: "Eine Zellfertigung am Standort ist nicht vom Tisch". Rückdeckung bekommt er von Batterieforscher Dr. Gerhard Hörpel, Direktor des MEET Batterieforschungszentrums der Universität Münster.

Hörpel entwickelte einst an der Litec-Batterie in seiner Schaffenszeit bei Evonik. Der Aufbau von Know-how in der Batteriezelltechnik sei in Deutschland ungebrochen und von zentraler Bedeutung. Nur mit tiefem Verständnis für Zellgeometrien und -chemien sowie sehr komplexen Wechselwirkungen ließen sich überhaupt die besten Batterien bauen und beim Fahrzeughersteller spezifizieren, verdeutlichen die Batterieexperten. Dabei dürfte die Rolle der deutschen Industrie allerdings klar sein: Nicht eigne, von deutschen Ingenieuren entwickelte Zellen sondern vielmehr japanische und koreanische Zellen werden am Standort Deutschland gefertigt.

Derzeit ist ein Mitbieten im internationalen Wettbewerb wenig attraktiv. "Es gibt Überkapazitäten, die Zellen werden zu aggressiven Preisen auf dem Weltmarkt angeboten, mit der fatalen Konsequenz, dass die Kosten der Fertigung über den Marktpreisen liegen", betonte Hörpel. Wohl kaum ein Hersteller verdient mit den Lithium-Ionen-Batterien für Elektroautos derzeit Geld. Deshalb mache es auch keinen Sinn, heute in die Zellfertigung zu investieren, ergänzte Fetzer. Sobald die Nachfrage nach Elektroautos anzieht, sind Überkapazitäten kein Thema mehr. Doch die Entscheidung über eine Fabrik steht vermutlich erst zwischen 2018 und 2020 an. "Wir brauchen einen langen Atem", so Hörpel, selbst bei den jetzt verfügbaren Lithium-Ionen-Batterien. Zwar werde bereits auf Basis von Lithium-Schwefel geforscht, doch diese Technik sei wohl frühestens 2025 alltagstauglich.

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