Skip to main content

09.10.2013 | Unternehmensführung | Schwerpunkt | Online-Artikel

Furcht und Zittern in vielen Führungsetagen

3:30 Min. Lesedauer

Aktivieren Sie unsere intelligente Suche, um passende Fachinhalte oder Patente zu finden.

search-config
print
DRUCKEN
insite
SUCHEN
loading …

Ein Klima der Angst erstickt jegliche Risikobereitschaft schon im Keime. Nur wenige Manager handeln zukunftswirksam. Springer-Autor Peter Gräser ("Führen lernen") beschreibt in einer Serie, wie Führungseliten nötige Veränderungen managen sollten. Teil 4: Moderne Scharlatanerien.

In vielen Führungsetagen herrscht ein Klima der Angst. Nicht nur CEOs fühlen sich den Herausforderungen der gegenwärtigen Entwicklungen und ihrer Dynamik nicht mehr gewachsen, wie die alljährlichen IBM CEO Studies zeigen. Norbert Sack bestätigte diesen Befund auf dem ESMT Annual Forum 2013 – und zwar für alle Führungsebenen. Damit unterstrich er noch einmal die Ergebnisse von Stephan Grünewald, der schon vor Jahren festgestellt hatte, dass vor allem unsere gesellschaftlichen Führungseliten wirklichen Veränderungsprozessen alles andere als aufgeschlossen gegenüberstehen. Die Diskrepanz zwischen der Einsicht in die Notwendigkeit von Veränderungen einerseits und der Bereitschaft, entschlossen und aktiv gestaltend auf die Herausforderungen der Gegenwart zu reagieren, ist bemerkenswert. Die Konsequenzen für Organisationen, Unternehmen und Gesellschaften sind gefährlich. Die permanente, zur Apokalyptik gesteigerte Krisenrhetorik droht zur selbsterfüllenden Prophezeiung zu werden, die irgendwann nur noch in die Abwärtsspirale führen kann.

Aktionismus statt zielgerichtetem Handeln

Dass nur etwa 10 Prozent aller Führungskräfte entschlossen und zukunftswirksam handeln (können), hat Heike Bruch zusammen mit ihren Kollege von der USG und der LSE bereits vor fast 10 Jahren gezeigt. Das bedeutet allerdings nicht, dass die restlichen 90 Prozent sich einfach nur ein schönes Leben machen. Zutreffend ist vielmehr, dass sie sich im Arbeitsalltag früher oder später aufreiben. Die Gründe dafür sind ebenso vielfältig wie veränderbar. Sie reichen von einer unproduktiven Meeting- und Kommunikationskultur über unklare Zielvorgaben, permanente und nicht selten sinnfreie Reorganisationen, dysfunktionale Führungs- und Organisationskulturen, Überregulierung, überkomplexe Organisationsstrukturen bis hin zu einer häufig mangelhaften Vorbereitung von jungen Führungskräften auf ihre komplexen Aufgaben. Aber nicht nur junge, auch erfahrene Führungskräfte haben mit der Tatsache zu kämpfen, dass von ihnen zwar eine permanente Weiterentwicklung gefordert, diese aber kaum effektiv gefördert wird.

Es sind nicht nur Kostendruck und verschärfter internationaler Wettbewerb, es ist vor allem das oben genannte Klima der Angst, das jegliche Risikobereitschaft schon im Keim erstickt. Die Fehlerintoleranz hat in vielen Organisationen ein Maß erreicht, das die notwendigen Bedingungen für die vielbeschworene »Zukunftsfähigkeit« von Organisationen und für die (Weiter-)Entwicklung von Führungskompetenz auf der persönlichen Ebene gleichermaßen abschafft. Gerade in Zeiten, in denen es nicht ausreicht, Bestehendes effizient zu verwalten, in denen wir vor Herausforderungen stehen, die wir nicht mit den bekannten Methoden und Mechanismen bewältigen können, ist eine »rigide Sicherheitspolitik« völlig unangemessen.

Der Erfolg einer neuen Lösung lässt sich nicht im Voraus berechnen. Das liegt im Wesen des Neuen. Die derzeit herrschende, angstgesteuerte Fehlerintoleranz führt nur dazu, dass niemand mehr bereit ist, tatsächlich etwas Neues zu wagen. Jeder hat nur noch das Bedürfnis, sich abzusichern. Das führt nicht nur zu einer (Führungs-)Kultur der Verantwortungslosigkeit, in der Führungskräfte so schnell wie möglich wieder aufs Personalkarussel aufspringen, damit sie sich sicher fühlen können vor den Konsequenzen ihrer Entscheidungen – vor den getroffenen wie vor den nicht getroffenen. Das führt ebenso sicher dazu, dass sie sich nicht mehr weiter entwickeln können, weil sie weder aus ihren Erfolgen noch aus ihren Misserfolgen lernen können.

Moderne Scharlatanerien

Entsprechend hoch ist das Bedürfnis, aus diesem Teufelskreis von Anforderungsdruck, Angst und entwicklungsfeindlichen Arbeitsbedingungen herauszufinden. Deshalb ist die Nachfrage nach »Management-Allheilmitteln« so groß, so irrational sie auch ist. Immer wieder kommt ein neuer Stein der Weisen, eine neues Panazee auf den Beratungsmarkt und verspricht endgültige Erlösung von Unsicherheit, Mühsal und Qual. Und nach ein paar Jahren wird es durch das nächste ersetzt. Was für eine Verschwendung von Hoffnung, Zeit und Geld. Es gibt nicht nur einen, es gibt verschiedene Auswege aus diesem Teufelskreis, aber sie haben alle den gleichen Preis: Sie erfordern Mut, Entschlossenheit und Beharrlichkeit, Tugenden, die den Führungsalltag durchaus leichter machen.

Lesen Sie auch:

Teil 1: Das Zeitalter der Ungewissheit

Teil 2: Weshalb Lebensklugheit für die Führung so wichtig ist

Teil 3: Kluge Führung ist wichtiger als markige Parolen

print
DRUCKEN

Weiterführende Themen

Die Hintergründe zu diesem Inhalt