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01.12.2015 | Unternehmensstrategie | Interview | Online-Artikel

"In der Hightech-Ökonomie verschwimmen Branchengrenzen"

verfasst von: Andrea Amerland

3:30 Min. Lesedauer

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Interviewt wurde:
Volker Brühl

Dr. Volker Brühl ist Geschäftsführer am Center for Financial Studies an der Goethe Universität in Frankfurt a. M.

Die Wirtschaft dreht sich rasend schnell. Digitalisierung, Industrie 4.0 oder Share Economy setzen Unternehmen unter Innovations- und Veränderungsdruck. Ein Interview mit Springer-Autor Volker Brühl über die Herausforderung digitale Transformation.

Sie prägen in Ihrem Buch "Wirtschaft im 21. Jahrhundert" den Begriff Hightech-Ökonomie als einen bestimmenden Faktor für die wirtschaftliche Entwicklung. Was meinen Sie genau mit diesem Begriff?

Nun, Hightech prägt einen stark wachsenden Teil unserer wirtschaftlichen Aktivitäten. Durch die zunehmende Digitalisierung und Vernetzung von Menschen, Maschinen und Gegenständen des Alltags entstehen komplett neue Geschäftsfelder in allen Sektoren. Das betrifft die industrielle Fertigung in der Smart Factory, in der physikalische und virtuelle Prozesse verschmelzen. Mit Hilfe der Methoden der Künstlichen Intelligenz finden Produkte künftig selbst ihren Weg durch die Fertigungsstraßen und sorgen für ihre eigene Wartung. Künstliche Intelligenz spielt auch eine große Rolle im vernetzten Zuhause (Smart Home), in der Medizin (Smart Health), in der Energieversorgung (Smart Grids) oder bei der Gestaltung künftiger umweltschonender Mobilitätskonzepte (Smart Traffic). Die Liste könnte man beliebig erweitern. In der Hightech-Ökonomie verschwimmen Branchengrenzen und die Produktzyklen verkürzen sich dramatisch.

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Herausforderungen in der Hightech-Ökonomie

Die Digitale Revolution führt zu tiefgreifenden Veränderungen in der Wirtschaft. Produktzyklen werden immer kürzer. Marktveränderungen vollziehen sich häufiger und schneller. Früher war dieses Phänomen auf Hightech-Sektoren beschränkt. Inzwischen


Industrie 4.0, Digitalisierung und die Share Economy fordern Unternehmen heraus, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Alle schielen neidvoll in Richtung USA ins Silicon Valley, nach Google, Apple ... Sind deutsche Unternehmen dieser Herausforderung überhaupt gewachsen?

Die deutsche Wirtschaft hat im Bereich Industrie 4.0 tolle Voraussetzungen. Gerade unser Mittelstand ist führend in den Bereichen Maschinenbau, Automatisierung oder Mechatronik. Wo es noch Nachholbedarf gibt, ist im Bereich der Verknüpfung unserer traditionellen Stärken mit modernen Internettechnologien. Hier müssen wir aufpassen, dass wir an der Spitze der technologischen Entwicklung bleiben. In anderen Bereichen, etwa im Bereich Social Media ist die Dominanz der amerikanischen Anbieter zu groß. Gerade dort greifen Netzwerkeffekte, das heißt je mehr Mitglieder ein Netzwerk hat, umso geringer ist die Neigung des Einzelnen, das Netzwerk zu verlassen. Das macht es für neue Anbieter so schwer.

Eine McKinsey-Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die goldenen Zeiten für Unternehmen vorbei sind. Bis zum Jahr 2025 sollen beispielsweise die Nettogewinne wesentlich niedriger ausfallen als bislang. Auch Sie wagen den Blick in Glaskugel. Welche Trends identifizieren Sie als die wesentlichsten für das Wirtschaften im 21. Jahrhundert?

Klar ist, dass man künftig mit einer höheren Volatilität und kürzeren Produktzyklen rechnen muss. Daher wird die Innovationsfähigkeit sowohl für das einzelne Unternehmen als auch für die Volkswirtschaft insgesamt ein entscheidender Erfolgsfaktor sein. In einer Welt erhöhter Veränderungsgeschwindigkeit müssen sich Unternehmen rasch anpassen und von Zeit zu Zeit neu erfinden. Das bedeutet auch, dass sich Unternehmen in ihrer Wertschöpfungsstruktur möglichst flexibel aufstellen müssen. Außerdem wird sich unsere Arbeitswelt deutlich verändern. Arbeitnehmer müssen sich künftig darauf einstellen, häufiger den Arbeitgeber wechseln und auch mehrere Berufe in einem Berufsleben ausüben zu müssen. Die Nachfrage nach Arbeitskräften mit geringer Qualifikation wird vor allem in produktionsnahen Bereichen deutlich abnehmen. Auf der anderen Seite haben wir heute schon einen Fachkräftemangel in vielen Bereichen. Hier kommt eine große gesellschaftspolitische Aufgabe auf unser Bildungssystem zu.

Wie muss Unternehmensführung in Zeiten schneller Veränderungen und volatiler Märkte agieren/reagieren, damit Firmen sich am Markt behaupten können? Schließlich stehen und fallen Unternehmen mit der strategischen Ausrichtung und der Unternehmenskultur, die CEOs vorgeben.

Die Rolle des CEOs wird sich verändern. Wie das aussehen kann, sieht man heute schon bei den erfolgreichen Internetkonzernen wir Google oder Facebook. Das Top-Management versteht sich explizit als Katalysator von Veränderungsprozessen. Strategien werden nicht mehr top down vorgegeben und von nachgelagerten Hierarchiestufen umgesetzt. Die in den Köpfen der Mitarbeiter sitzende Intelligenz eines Unternehmens kann nur dann effektiv mobilisiert werden, wenn ein echter Diskurs über organisatorische Ebenen hinweg geführt wird. Das machen Google und Facebook, indem sie Hierarchien durch Cluster ersetzen. Anders können sie Top-Leute auch nicht auf Dauer im Unternehmen halten. Gerade im Hightech-Umfeld müssen sie als Unternehmen ihre besten Leute kontinuierlich davon überzeugen, dass es besser ist bei Ihnen zu bleiben als zum Wettbewerb zu gehen oder ein eigenes Unternehmen zu gründen.

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