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08.04.2015 | Wasserwirtschaft | Schwerpunkt | Online-Artikel

Innovationen in der Schiffsführungssimulation

2:30 Min. Lesedauer

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Ziel der BAW ist es, einen (See-)Schiffsführungssimulator zu einem Werkzeug für fahrdynamische Untersuchungen im Binnenbereich zu entwickeln. Erste Projekte wurden bereits erfolgreich bearbeitet. Christoph Heinzelmann kommentiert.

Flugsimulatoren dienen der Ausbildung und dem Training von Piloten und Flugbesatzungen. Mit Schiffsführungssimulatoren werden vergleichbare Ziele für nautisches Personal verfolgt. Während ihr Einsatz in der Seeschifffahrt bereits seit Jahrzehnten zum festen Ausbildungs- und Trainingsprogramm gehört, steht diese Entwicklung in der Binnenschifffahrt heute noch am Anfang. Die Vorteile des praktischen Trainings am Simulator liegen auf der Hand: Neben der sicheren Schiffsführung unter Normalbedingungen kann auch das richtige Verhalten in außergewöhnlichen Situationen gefahrlos geübt werden.

Simulator für fahrdynamische Untersuchungen

Mit dem Schiffsführungssimulator, den die Bundesanstalt für Wasserbau (BAW) seit fünf Jahren am Standort Karlsruhe betreibt, wird ein grundsätzlich anderes Ziel verfolgt, das sich aus der Rolle der BAW als verkehrswasserbaulicher Berater und Gutachter für die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes ergibt. Ziel ist es, einen kommerziell verfügbaren (See-)Schiffsführungssimulator für die verkehrswasserbaulichen Fragestellungen im Binnenbereich zu adaptieren und zu einem hochspezialisierten Werkzeug für fahrdynamische Untersuchungen, wie z. B. Befahrbarkeitsanalysen und Fahrrinnentrassierungen, zu entwickeln.

Zum Hintergrund

Angesichts der Entwicklung zu immer größeren Schiffsabmessungen und höheren Motorleistungen sowie der Tatsache, dass dem Wasserstraßenausbau häufig enge technische, wirtschaftliche und ökologische Grenzen gesetzt sind, ist es notwendig, Wasserstraßenquerschnitte hinsichtlich Schiffsgröße und Fahrgeschwindigkeit immer stärker auszunutzen, ohne hierdurch die Sicherheit der Schifffahrt zu gefährden oder Schäden für Infrastruktur und Ökologie zu riskieren.

Alleinstellungsmerkmal des BAW-Simulators

Die Besonderheit des BAW-Simulators besteht darin, dass der Rechenkern des kommerziellen Simulators an die spezifischen verkehrswasserbaulichen Anforderungen im Binnenbereich angepasst wurde. Implementiert wurden physikalische Ansätze, die die Fahrdynamik von Binnenschiffen in stark eingeschränktem Fahrwasser präziser beschreiben. Erweiterungen, wie die Simulation schiffserzeugter Wellen und Strömungen, sind derzeit in Arbeit. Kalibriert werden die im Simulator verwendeten Schiffsmodelle durch aufwändige Naturmessungen und ergänzende Untersuchungen im wasserbaulichen Modell. Ein Schiff ist erfolgreich kalibriert, wenn der Schiffsführer, dessen Schiff im Simulator implementiert wurde, „sein Schiff“ in der Simulatorfahrt eindeutig wiedererkennt.

Mit ihren hochaufgelösten hydronumerischen Modellen, die für die meisten Bundeswasserstraßen vorliegen, verfügt die BAW über ein weiteres Alleinstellungsmerkmal beim Einsatz ihres Simulators. Im Regelfall werden die Strömungsbedingungen, die zuvor aus zweidimensionalen Modellrechnungen gewonnen wurden, im Simulator hinterlegt. Auf diese Weise liegen den fahrdynamischen Untersuchungen präzise hydraulische Randbedingungen zugrunde.

Simulator in der Praxis bewährt

Der personelle und finanzielle Aufwand, der notwendig ist, um von der ersten Idee für den Einsatz eines Schiffsführungssimulators im Verkehrswasserbau bis zur praktischen Projektarbeit zu kommen, darf nicht unterschätzt werden. Der BAW ist es gelungen, diesen Weg stringent zu gehen. Mehrere Projekte konnten bereits erfolgreich abgeschlossen werden. Auch die Aufklärung der schweren Havarie des Tankmotorschiffes Waldhof im Jahr 2011 an der Loreley wäre ohne den aufwändigen Einsatz des Simulators nicht möglich gewesen. Mittlerweile hat der Simulator einen festen Platz im „Methoden-Werkzeugkasten“ der BAW und ist schon heute für zahlreiche fahrdynamische Untersuchungen nicht mehr wegzudenken.

Der gleichlautende Kommentar wurde in der Fachzeitschrift "WasserWirtschaft", Ausgabe 04/2015 veröffentlicht.

Zum Autor
Professor Dr.-Ing. Christoph Heinzelmann ist Leiter der Bundesanstalt für Wasserbau.

Die Hintergründe zu diesem Inhalt