Welche Bedeutung hat die Dynamik für den Maschinenbau? Und wie kann die Produktentwicklung in diesem Bereich aussehen? Die Autoren von „Einführung in die Dynamik”, Prof. Dr. Friedrich Pfeiffer und Dr. Thorsten Schindler, antworten auf Fragen der Redaktion.
Was macht die Dynamik zu einer so wichtigen Disziplin – gerade für angehende Ingenieure?
Fast alle technischen Artefakte bewegen sich im Bereich Maschinenbau. Daher sollte bei der Entwicklung von Maschinen und aller Arten von Transportsystemen die Dynamik – besser: die Maschinendynamik – unbedingt berücksichtigt werden. Man muss die dynamischen Belastungen kennen, um solche Geräte auszulegen.
Die Technik und ihre Einsatzmöglichkeiten werden heutzutage immer komplexer. Auch im Bereich der Mechanik und insbesondere der Dynamik. Welche Herausforderungen ergeben sich dadurch für die Forschung und Entwicklung?
Im Wesentlichen geht es um eine Weiterentwicklung der theoretischen Grundlagen auf der einen und der numerischen Grundlagen auf der anderen Seite. Das heißt: Man muss die Komplexität schon in der Theorie und dann auch in der Numerik und Computer-Umsetzung einkalkulieren. Auch interdisziplinäre Situationen gilt es zu berücksichtigen. Zudem müssen Produktentwicklung, -gestaltung und -fertigung zusammenhängend betrachtet werden. Dabei sind in jeder Phase Optimierungsansätze mit einzubeziehen. Bei all dem muss die physikalische Transparenz gewährleistet sein.
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Welche Rolle spielte Interdisziplinarität etwa auch bei der Entwicklung der zweibeinigen Laufmaschine JOHNNIE?
Die Roboter sind Maschinen wie alle anderen auch, eben spezialisiert und hochgradig interdisziplinär. Wenn man an solche Dinge wie JOHNNIE herangeht, muss man die Interdisziplinarität in allen Details überblicken und neben der Dynamik zum Beispiel auch Festigkeit, Sensorik, Aktorik, Prozessrechner und Regelung mit einbeziehen. So etwas lernt man allerdings nicht an der Uni, sondern in der Industrie.
Sie schreiben theoretischen Simulationen in Form von Modellen einen hohen Stellenwert bei der Produktentwicklung zu. Haben Experimente demnach ausgedient?
Keineswegs – sie sind wichtiger denn je. Modelle können aber eine wertvolle Hilfe sein, um die Praxis besser und effektiver zu gestalten. Richtig eingesetzt, ergeben sie bessere und optimale Konstruktionen. Sie machen das eine oder andere Experiment überflüssig und lassen eine gezieltere Testphase zu, die durch weniger Experimente und besseren Informationsgewinn pro Experiment gekennzeichnet ist. Modelle sind Werkzeuge, sie werden und können weder das Experiment noch die Intuition des Ingenieurs bei der Produktgestaltung ersetzen.
Zur Person |
Professor Friedrich Pfeiffer war als Nachfolger von Prof. Kurt Magnus Lehrstuhlinhaber an der TU München. Er ist Herausgeber mehrerer Zeitschriften und Buchreihen. Forschungsschwerpunkte sind u.a. Robotik und Laufroboter, Mehrkörperdynamik, Mechatronik und deren Anwendung in der industriellen Praxis. |
Dr.-Ing. Thorsten Schindler ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU München. Forschungsschwerpunkte sind Modellierung, Simulation, Numerik, Visualisierung sowie die industrielle Anwendung von flexiblen Mehrkörpersystemen mit Reibung und Stößen. |