Zusammenfassung
Seit den Anfängen der kollektiven Erziehung in Kindergärten und Schulen kann der sozialisatorischen Bedeutung der Peers eine mehr oder weniger große Bedeutung zugeschrieben werden. Kinder stehen banalerweise immer zwischen Familie und Peers — kausale Attributionen, zumal für Fehlverhalten, in die eine oder andere Richtung liegen verführerisch nahe. In einem populärwissenschaftlichen Werk des Jahres 1999 von Judith Rich Harris („The Nurture Assumption“) wird mit Verweis auf einschlägige Studien behauptet, daß der Einfluß der Freunde und Gleichaltrigen stärker sei als jener der Eltern. Doch ist diese These nicht wirklich neu, sondern so alt wie die empirische Untersuchung der Kollektiverziehung durch Psychologie und Pädagogik. Erste historische Höhepunkte der Peer- und Gleichaltrigenforschung bzw. der Erforschung von Kinderfreundschaften sind zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu registrieren. Sie sind z.B. mit den berühmten Namen Charlotte Bühler, Siegfried Bernfeld oder Hildegard Hetzer verbunden. Konkrete empirische Studien haben deutsche Pädagogen und Soziometriker (Delitsch, 1900) ebenso durchgeführt wie amerikanische (Wislitzky, 1928; Salusky, 1930; Dollase, 1976). Neben detaillierten Deskriptionen von Freundschaften und ihren Strukturen werden immer auch kausale Vermutungen über ihren Einfluß geäußert. Daß Gleichaltrige einen gelegentlich horrenden Einfluß auf Erlebnisse, Ängste und Biographien hatten und haben, ist schließlich ein ubiquitärer essayistischer Topos in zahlreichen deutschen Lebensromanen.
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Dollase, R. (2000). Kinder zwischen Familie und Peers. In: Herlth, A., Engelbert, A., Mansel, J., Palentien, C. (eds) Spannungsfeld Familienkindheit. Reihe Kindheitsforschung, vol 14. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-11454-3_12
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