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11.09.2014 | Public Relations | Interview | Online-Artikel

"Manager können die Öffentlichkeit nicht kontrollieren"

verfasst von: Andrea Amerland

4 Min. Lesedauer

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Papst-Auftritt top, Mehdorn-Einstieg flop: Wo für Manager in der Öffentlichkeit die größten Fettnäpfe lauern und wie sie diese umschiffen, erklären die Springer-Autoren Thomas Breyer-Mayländer und Sebastian Kirchner im Interview.

Springer für Professionals: Sie coachen Führungskräfte für den pannenfreien öffentlichen Auftritt. Woran mangelt es Managern dabei?

Thomas Breyer-Mayländer: Vielen Führungskräften ist es nicht klar, dass sie mit Übernahme einer leitenden oder zentralen Aufgabenstellung stärker im Blickfeld der internen und externen Öffentlichkeit stehen. Das Verständnis für den Kommunikationsanteil einer Führungsrolle fehlt. Manager können die Öffentlichkeit nicht kontrollieren, sondern nur mit ihr in Austausch treten. Das ist ebenfalls für viele Führungskräfte eine neue Erfahrung.

Welche Rolle spielen die rhetorischen Fähigkeiten eines Managers und wie können sie verbessert werden?

Sebastian Kirchner: Je nachdem, was man unter Rhetorik versteht, spielt sie eine entscheidende Rolle. Bei Stoiber haben wir gesehen, dass Rhetorik im Sinne des Sprechens und der Sprache keine allzu bedeutende Rolle hat. Dadurch ist die Dauer seiner Amtszeit als bayerischer Ministerpräsident kaum zu erklären. Dagegen konnte Stoiber im aristotelischen Sinne der Rhetorik, in der es auch um das Ansprechen der Gefühle und Wertvorstellungen der Zuhörer geht, punkten. Er holte die Menschen mit dieser „Rhetorik“ gewinnend ab. Die rhetorischen Fähigkeiten lassen sich langfristig nur Grundlage der Selbsterkenntnis durch Coachings und Seminare entwickeln – und nicht etwa trainieren. Denn Trainings normieren und Normierung verhindert authentisches Auftreten.

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Was fällt Ihnen zu der Aussage „CEOs müssen zu Wahrnehmungsmanagern werden“ ein?

Thomas Breyer-Mayländer: CEOs tragen die Verantwortung für die strategische Entwicklung des Unternehmens. Parallel dazu spielt die öffentliche Wahrnehmung der Person sowie des Unternehmens mit seinen aktuellen Aktivitäten und Plänen eine entscheidende Rolle. Beides verlangt in mehrfacher Hinsicht nach einem strukturierten Umgang mit Wahrnehmung. Einerseits die Offenheit, auch eines CEOs, sich für die Medien und ihr Interesse am Unternehmen und der eigenen Person die notwendige Zeit zu nehmen und damit die öffentliche Wahrnehmung entsprechend zu prägen.

Andererseits ist es auch Aufgabe, die aktuelle Wahrnehmung des Unternehmens und der eigenen Person zu analysieren, um entsprechend gegenzusteuern, sowie die Bereitschaft die aktuell anstehenden Themen im Sinne eines Agenda Settings aus den öffentlichen Diskussionen und den Wahrnehmungen herauszufiltern. Es geht also nicht nur ums Sprechen, Schreiben und Verbreiten eigener Botschaften, sondern einmal mehr gehört zu den Führungstugenden auch hier die Fähigkeit, genau zu lesen, zu analysieren und zuzuhören. Der Begriff des Wahrnehmungsmanagers darf jedoch im Business-Kontext nicht fehlinterpretiert werden. Schließlich verwenden ihn auch manche PR-Fachleute als Berufsbezeichnung für das eigene Tun, die nichts anderes machen als gezielte Desinformation, z.B. bei Krisen und Kriegen zu organisieren.

Welche Rolle spielen die Pressesprecher für den gelungenen öffentlichen Auftritt ihres Chefs?

Sebastian Kirchner: Pressesprecher können sich auf die Form der Kommunikation konzentrieren, während die Chefs die Verantwortung für die Inhalte tragen. Noch dazu sind die Pressesprecher meist persönlich weniger involviert, so dass sie einen größeren emotionalen Abstand zur Sache wahren können

Welche Anti-Fettnapf-Strategien geben Sie Ihren Kunden/Trainees mit auf den Weg?

Sebastian Kirchner: Grundprinzipien: Vorbereitung und Ruhe bewahren. Impulsive Handlungen können kaum beherrscht werden. Grundsätzlich gilt die Formel: Lieber mehr Zeit für die Vorbereitung als später „zurückrudern“ zu müssen – auch entgegen allem Zeitdruck. Zurückrudern und Nacharbeiten ist immer mit einem höheren Zeitaufwand verbunden.

Können Sie einen besonders gelungenen und einen misslungenen Manager-Auftritt in der Öffentlichkeit nennen und erklären, was schief und gut gelaufen ist?

Thomas Breyer-Mayländer: Ein prototypischer Fehlgriff in der Öffentlichkeit war Hartmut Mehdorns Einstieg als Chef der unendlichen Baugeschichte am Berliner Flughafen. In der ohnehin angespannten Atmosphäre war sein Vorschlag über eine mögliche Arbeitsteilung zwischen dem neuen Flughafen BER und dem alten Flughafen Tegel ein echtes Problem, da er zeigte, dass der neue Chef noch nicht im Thema war und noch nicht einmal mit den rechtlichen Gegebenheiten seines neuen Wirkungskreises vertraut schien. Mangelnde Vorbereitung und Unkenntnis der eigenen Kompetenzgrenzen wurden dabei sichtbar.

Sehr souverän hingegen wirkte der Einstieg des neuen Papstes in sein hohes Amt. Durch starke Symbole, indem er in Anlehnung an Franz von Assisi Franziskus als Namen wählte, auf das prunkvolle Papstornat verzichtete und die Bediensteten des Vatikan dem diplomatischen Corps beim Antrittsbesuch den Vorrang gab, hatte er bereits zum Einstieg nur über die Form der Kommunikation eine komplette inhaltliche Agenda in die Öffentlichkeit gebracht.

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