Skip to main content

15.01.2016 | Medien | Schwerpunkt | Online-Artikel

Weniger Selbstbezug, mehr Öffentlichkeit

verfasst von: Prof. Dr. Gabriele Hooffacker

3:30 Min. Lesedauer

Aktivieren Sie unsere intelligente Suche, um passende Fachinhalte oder Patente zu finden.

search-config
print
DRUCKEN
insite
SUCHEN
loading …

Die Digitalisierung hat den Umgang mit Medien und die Arbeit von Journalisten verändert. Doch die Grundregeln des journalistischen Handwerks gelten nach wie vor. Fünf Trends für einen zukunftsfähigen Journalismus.

Dieses atemlose "Den-Trends-Hinterherrennen" muss natürlich sein, wenn man sich als Journalist als Getriebener sieht – von der technischen Entwicklung, von den Arbeitsbedingungen, vom Publikum, von der Redaktion. Bei all den Veränderungsprozessen, die derzeit im Gang sind: Lassen wir uns nicht treiben, gar antreiben und uns von irgendwem vor sich her treiben.

Empfehlung der Redaktion

2013 | Buch

Einführung in den praktischen Journalismus

Mit genauer Beschreibung aller Ausbildungswege Deutschland · Österreich · Schweiz

​Wie wird man heute Journalist? Wo und in welchen Funktionen arbeiten Journalisten? Wie verändern die neuen Medien den Journalistenberuf? Wo kann man Journalismus lernen? Wie findet man Kontakt zu einer Redaktion? Wie recherchiert man eine Story? Kan


  1. Die Rolle des Journalismus weiter diskutieren
    Wo verständigt sich die Gesellschaft (oder ein Teil der Gesellschaft) gerade über sich selbst – und welche Rolle spielt dabei der klassische Journalismus? Dass die traditionellen Massenmedien nicht nur rezipiert, sondern auch für wichtig befunden werden, zeigt die "Lügenpresse"-Diskussion. Vom Ende des Journalismus, wie er im vergangenen Jahr oft beschworen wurde, keine Spur. Dass jetzt auch die früheren "Leser" oder Nutzer sich im Prozess der Selbst-Verständigung zu Wort melden, und ja, dass das oft schrill klingt und Kampagnenform annimmt, ist auch ein Trend. Viele Journalistinnen und Journalisten haben jetzt gelernt, wie man schneller Kampagnen erkennt und wie man mit Trollen umgeht. Das gehört in die Journalistenausbildung – und in die politische Bildung. Der Trend sollte sein: Journalismus verstehen und seine Rolle weiter diskutieren.


  2. Wieder klare Trennung von Information und Meinung
    In vielen Redaktionen haben sich die Journalistinnen und Journalisten wieder auf das besonnen, was sie gelernt haben: das journalistische Handwerk. Recherche, Faktentreue, die Trennungsregeln: Wer hauptberuflich journalistisch arbeitet, sollte die Forderung kennen, Information und Meinung zu trennen (erste Trennungsregel). Dass man dieses Wissen bei vielen nicht voraussetzen kann, merkt man an der sonderbaren Diskussion, ob Journalisten Partei ergreifen dürfen oder nicht. Richtig ist: Im Kommentar müssen sie, in der Nachricht dürfen sie nicht. Um die zweite Trennungsregel, die von redaktionellen Inhalten einerseits und Werbung andererseits, ist es allerdings verdächtig still geworden. Wäre schön, wenn eine Diskussion darüber 2016 ein Trend werden könnte.
  3. Handwerksregeln transparent machen
    Nutzer können nur mitreden, wenn sie die Regeln kennen, nach denen das journalistische Handwerk funktioniert. Einige Redaktionen haben damit begonnen, diese Handwerksregeln transparent zu machen. Schwacher Trost: Seit es das Internet gibt, wollen Patienten auch mit ihrem Arzt darüber diskutieren, was sie über ihre Beschwerden in diversen Foren gelesen haben, sie wollen mit dem Gastwirt übers Kochen oder mit der Lehrerin ihres Kindes über Didaktik streiten. Sie meckern über Reise-Mängel und verschlingen juristische Online-Ratgeber zum Arbeitsrecht – das alles als Laien. Wir im Journalismus sind also nicht allein betroffen. Trend für Journalisten: Machen wir unser Handwerk transparenter.
  4. Technik verstehen und einsetzen können
    Man muss nicht alles machen, nur weil’s geht. Nein, ich will nicht jede Podiumsdiskussion komplett im Livestream sehen. Aber wenn mir Algorithmen die Arbeit abnehmen, zum Beispiel die Tabelle mit den Sportergebnissen verschriftlichen, habe ich Zeit für Spannenderes. Und sollte es nicht zu denken geben, dass Nutzer oft nicht unterscheiden können, welche Texte von Bots, und welche von Menschen verfasst wurden? Und natürlich schreibe ich nicht für Smartphones, sondern für Menschen, die Smartphones nutzen. Aber ich schreibe ja auch nicht für Google, sondern für die Menschen, die Google nutzen. Damit das klappt, müssen wir im Journalismus so viel wie möglich über die zugrundeliegenden Algorithmen herausfinden. Überhaupt uns mehr mit Internet-Plattformen, Internet-Technologie und auch Informantenschutz befassen. Sehr trendy!
  5. Gegen den Strom: Öffentlichkeit herstellen
    Müssen Journalisten Social Media nutzen? Ich mache das mit großem Vergnügen. Wenn aber eine Kollegin, ein Kollege die eigene Privatsphäre schützen will, ist das zu respektieren (für die Folgen ist jeder selbst verantwortlich). Wer im Social Journalism als Person unterwegs ist, muss sich klar sein, in welcher Rolle: Öffentlich? Privat? Eine Mischung? Die gilt es, für jede/n Einzelne/n zu entwickeln. Viel dramatischer ist die Fragmentierung der Öffentlichkeit. Keine zwei Menschen erhalten von Google die selben Suchergebnisse. Eine personalisierte "Tagesschau" wäre meine persönliche Horrorvorstellung. Die Selbstreferenzialität steigt, die Verständigungsmöglichkeit über gesellschaftliche Phänomene nimmt ab. Journalismus soll Öffentlichkeit herstellen. Das ist der Auftrag. Trend!


print
DRUCKEN

Weiterführende Themen

Die Hintergründe zu diesem Inhalt

Das könnte Sie auch interessieren

12.10.2015 | Medien | Schwerpunkt | Online-Artikel

Sieben Tipps, wie Sie Online-Nutzer garantiert vergraulen

31.08.2015 | Medien | Schwerpunkt | Online-Artikel

Was Social Media Journalisten zu bieten hat