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09.02.2015 | Fahrzeugtechnik | Schwerpunkt | Online-Artikel

Mein Auto, meine Daten

verfasst von: Christiane Brünglinghaus

4 Min. Lesedauer

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Wem gehören die Fahrzeugdaten? Das ist bislang unklar. Daher fordert das Goslar-Institut neue Gesetze, um die Datenerhebung in Fahrzeugen zu reglementieren. Ansonsten drohen den Autofahrern unkalkulierbare Risiken.

Im vernetzten Auto fallen Unmengen an Daten an. Zwar verspricht die Datengenerierung im Auto einen Zugewinn an Sicherheit, Komfort und Umweltverträglichkeit, doch die Datenflut birgt auch Risiken. Denn die Daten verraten viel über den Fahrer - zum Beispiel, wie schnell er gefahren ist oder wo er sich aufgehalten hat. Wer darf diese persönlichen Informationen nutzen? Was passiert mit den Daten?

Ein Gesetz auf EU-Ebene müsse dies schnellstens regeln, forderten die Teilnehmer einer Diskussionsveranstaltung des Goslar-Instituts zum Thema "Der Auto(-matisierte) Fahrer - ferngesteuert und abgezockt?". Deutschlands Autofahrer dürften die Datenhoheit in ihrem Fahrzeug nicht verlieren. Sie müssen entscheiden können, was mit den Daten geschieht, die von ihrer Autoelektronik erhoben werden - also an wen diese Informationen gelangen und was mit ihnen geschehen darf.

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Aus den in einem Auto anfallenden Informationen könnten nämlich auch Verhaltens- und Bewegungsprofile des jeweiligen Fahrers abgeleitet werden, die für bestimmte Unternehmen äußerst interessant seien. Bislang haben allein die Fahrzeughersteller Zugriff auf diese Daten. Mit diesen Informationen können sie sich Vorteile im Wettbewerb, insbesondere auf dem Werkstatt- und Ersatzteilmarkt verschaffen, befürchten Experten. Und hierbei geht es um richtig viel Geld, wie Studien belegen: Danach erzielen die Automobilhersteller und -händler 75 bis 80 Prozent ihrer Gewinne und 20 Prozent ihrer Umsätze durch Aftersales-Produkte und -Dienstleistungen, gibt die Unternehmensberatung Roland Berger 2013 an. Tendenz steigend.

Monopol im Aftersales-Markt

Sollte erst einmal die Hoheit über die Fahrzeugdaten aufseiten der Autohersteller etabliert sein, würden diese sich nach und nach auch ein Monopol im Aftersales-Markt aufbauen - mit den daraus folgenden Nachteilen für die Verbraucher.

Die Steuerung des Kundenverhaltens durch den Autohersteller funktioniere dann laut Experten zum Beispiel so: Im Display des Autos erscheint ein Hinweis, dass ein Ölwechsel anstehe, zu dem sich der Fahrer bitte in eine Werkstatt begeben möge. Diese sei dann kaum die nächste und günstigste, sondern eine teure Vertragswerkstatt, so die Befürchtungen. Über ein Datenmonopol könnten die Autobauer eine derart intensive "Kundenbindung" aufbauen, die zu einem Eingriff in den freien Wettbewerb führen würde, sagt Rechtsanwalt Dr. Thomas Funke, Leiter der Kartellrechtspraxis der internationalen Anwaltskanzlei Osborne Clarke, beim aktuellen Goslar-Diskurs. Auch beim automatischen Notrufsystem E-Call, dessen Einführung auf Frühjahr 2018 verschoben wurde, haben Datenschützer in der Vergangenheit Befürchtungen geäußert, dass ein Datenmonopol für Autohersteller entstehen könnte.

Für Funke kann - sowohl aus wettbewerbsrechtlicher wie auch aus datenschutzrechtlicher Sicht - die Maxime nur lauten: Mein Auto, meine Daten! Das bedeutet: Alle personenbezogenen Daten, die im Fahrzeug anfallen, können erst nach einer entsprechenden Einverständniserklärung des Kunden genutzt werden. Der Verbraucher entscheidet, wer die Daten erhält - und zu welchem Zweck. Dabei kann die Weitergabe der Daten für einen Autofahrer auch sinnvoll sein. In Telematik-Tarifen würde umsichtiges Fahren dann mit niedrigeren Versicherungsbeiträgen belohnt.

Strengere Aufklärungspflichten und Schutzmaßnahmen

Einen gangbaren Weg, um einem Missbrauch der im Auto erhobenen Daten vorzubeugen, sieht Funke in der Einführung strengerer Aufklärungspflichten. Der Kunde müsse im Detail erfahren, welche Wahlmöglichkeiten er hat und welche Daten von der Elektronik seines Autos erhoben werden. Als eine wesentliche Voraussetzung dafür regte Professor Dr. Willi Diez, Direktor des Instituts für Automobilwirtschaft (IFA) der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geisslingen, in Übereinstimmung mit den anderen Experten des Goslar-Diskurses die Einführung einer Beratungspflicht mit entsprechenden Beratungsprotokollen an.

Doch die Politik scheine die Tragweite der Probleme, die sich mit der weiteren Verbreitung der Telematik im Verkehrssektor und den dabei anfallenden Datenmengen aufdrängen, noch nicht wirklich erkannt zu haben, bedauerten die Diskussionsteilnehmer. Dabei wachse bei den Verbrauchern der Widerstand, nach Google und Facebook nun auch noch im Auto Opfer der um sich greifenden Datensammelwut zu werden, hieß es, nur diesmal eben vonseiten der Automobilproduzenten.

Deshalb, und um einen diskriminierungsfreien Wettbewerb sicherzustellen, müssten die politisch Verantwortlichen bei diesem Thema schnellstmöglich "in die Gänge kommen" und entsprechende Schutzmaßnahmen entwerfen, forderten die Experten. Dies sollte nach ihrer Einschätzung möglichst gleich auf EU-Ebene erfolgen, da es sich bei Big Data im Auto ja nicht um eine rein nationale Problematik handele.

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