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04.11.2014 | Baubetrieb | Interview | Online-Artikel

„Meister im qualifizierten Zuhören“

verfasst von: Christoph Berger

6 Min. Lesedauer

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Dr. Peter Hammacher ist nicht nur Rechtsanwalt und Mediator BM®, sondern auch Mitautor des Springer-Fachbuchs "So funktioniert Mediation im Planen + Bauen". Im Interview erklärt er, wann Mediatoren zu Bauprojekten hinzugezogen werden und was ihre Aufgaben sind.

Springer für Professionals: Herr Dr. Hammacher, was muss passieren beziehungsweise was sind Voraussetzungen, dass Mediatoren zu Bauprojekten hinzugezogen werden?

Dr. Peter Hammacher: Am Anfang steht die Einsicht. Wer in komplexe Bauprojekte involviert ist, weiß, welche sachlichen und persönlichen Risiken einem effektiven Projektablauf entgegenstehen können. Die Projektverantwortlichen der Baubeteiligten können sich entspannter um die Vertretung ihrer eigenen Interessen kümmern, wenn der Einigungsprozess durch einen neutralen Dritten strukturiert wird. Die Initiative muss aber immer von den Projektverantwortlichen selbst kommen.

Zwischen wem vermittelt ein Mediator in der Regel?

Immer dann, wenn die Baubeteiligten in eine Konfliktsituation geraten, bietet sich die Mediation an. Beispiele sind der Konflikt zwischen Firma und Firma, zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer oder mit dem Lieferanten. Es kann auch zwischen Auftraggeber, Architekt und Auftragnehmer zu vermitteln sein, zwischen Kreditgeber und Auftraggeber, zwischen Tochtergesellschaften, Abteilungen oder zwischen Mitarbeitern innerhalb eines Unternehmens.

Und wie sieht es mit der Öffentlichkeit aus?

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Im Rahmen der zunehmenden Bürgerbeteiligung zwischen der Verwaltung und den einzelnen Interessengruppen, die um einen geeignetes Planungskonzept ringen, ergibt sich tatsächlich ein ganz neues Aufgabenfeld.

Wie wird der passende Mediator gefunden und wer wählt ihn aus?

Die Projektverantwortlichen müssen sich selbst um den geeigneten Mediator kümmern. Es ist auch möglich, sich gemeinsam an eine Organisation zu wenden, die im Streitfall einen Mediator bestellt. Auch hier bieten sich verschiedene Möglichkeiten.

Welche Maßnahmen werden von einem Mediator ergriffen bzw. welche Instrumente stehen ihm zur Verfügung?

Dem ausgebildeten Mediator steht ein reichhaltiger Schatz an Kommunikations-Instrumenten zur Verfügung, um die Konfliktparteien wieder ins Gespräch zu bringen, die Interessen zu sondieren und gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Doch im Kern ist der Mediator Meister im qualifizierten Zuhören: Nur wenn man sich die Mühe macht, zu verstehen, warum die andere Seite in einer bestimmten Art und Weise agiert und reagiert, lassen sich Lösungsmöglichkeiten finden.

Erlangt der Mediator immer ein positiven Ergebnis?

Nicht der Mediator kommt zu einem positiven Ergebnis, sondern die Parteien. Sie sind für das Ergebnis verantwortlich, der Mediator hingegen trägt die Verantwortung für den Prozess. Wenn sich die Konfliktparteien einmal darauf eingelassen haben, eine Mediation durchzuführen, sind die Chancen, dass es zu einer Einigung kommt, sehr hoch. Das größere Problem liegt darin, dass die Parteien meist nicht gleichmäßig an einer solchen außergerichtlichen Streitbeilegung interessiert sind. So kann eine Mediation bereits im Vorfeld scheitern. Das lässt sich vermeiden, wenn die Baubeteiligten bereits bei Vertragsschluss auch an den Konfliktfall denken.

Was passiert bei negativem Ausgang, sprechen dann die Gerichte?

Haben sich die Parteien nicht geeinigt, steht es natürlich jedem natürlich, auf andere Weise seine Interessen weiterzuverfolgen.

Sie beschäftigen sich in Ihrem Buch ja auch mit Alternativen zur Mediation.

Genau. Schon durch eine vorausschauende Vertragsgestaltung können die Folgen eines Konfliktes eingedämmt werden. Das ist beispielweise der Fall wenn bereits bei Vertragsschluss nicht nur eine Mediation, sondern für den Fall ihres Scheiterns zusätzlich eine Schiedsgerichtsklausel aufgenommen wird. So kann der Konflikt schnell und kompetent auch durch einen Richterspruch beendet werden. Hier gibt es wieder verschiedene Verfahrensvorschläge . Es kommt darauf an, bereits bei Vertragsschluss das richtige Verfahren zu identifizieren und zu vereinbaren . Natürlich ist dies auch dann möglich, wenn man bei Vertragsschluss dazu nichts oder etwas anderes vereinbart hatte, nur wird es dann erfahrungsgemäß schwieriger für die Parteien sich zu einigen.

Bei „Stuttgart 21“ wurde Heiner Geißler immer „Schlichter“ genannt. Das ist aber eine andere Funktion als die eines Mediators, oder?

Während bei der Mediation der Mediator in der Regel keine eigenen Lösungsvorschläge unterbreitet, ist dies bei der Schlichtung häufig der Fall. Auch kann man unter verschiedenen Modellen auswählen. So kann der Schlichter nach bestimmten Schlichtungsordnungen lediglich einen Lösungsvorschlag unterbreiten, nach anderen Schlichtungsordnungen eine vorläufig verbindliche Entscheidung fällen, die die Parteien gerichtlich anfechten müssen, wenn sie damit nicht einverstanden sind. Ich habe manchmal den Eindruck, dass es den Baubeteiligten lieber ist, wenn ein Dritter den Konflikt für sie entscheidet, als dass sie selbst die Verantwortung für ein Verhandlungsergebnis übernehmen müssen. Man darf nicht vergessen, dass die Handelnden häufig Mitarbeiter eines Unternehmens oder einer Behörde sind und sich deshalb nach innen für ihr Handeln rechtfertigen müssen. Die Entscheidung des neutralen Dritten kann man ihnen intern in der Regel nicht anlasten. Wir haben hierzu die „Experten-Schlichtung“ entwickelt.

Wie wird man Mediator?

Die Ausbildung zum Mediator erfordert viele Stunden theoretischer wie praktischer Arbeit. Derzeit wird eine Verordnung zum Mediationsgesetz erarbeitet, die die Voraussetzungen für zertifizierte Mediatoren präzisieren soll.

Welche speziellen Voraussetzungen sind notwendig, um die Funktion erfolgreich ausfüllen zu können?

Die einen sind der Auffassung, dass der Mediator lediglich die Kompetenz haben muss, die Baubeteiligten durch das Gespräch zu einer Lösung zu führen. Die anderen halten es hingegen für notwendig, dass der Mediator auch „Feldkompetenz“ in dem Gebiet hat, um das sich der Konflikt dreht. Ich halte Letzteres für richtig, denn die Parteien gewinnen größeres Vertrauen in den neutralen Dritten, wenn er ihre Sprache versteht und weiß, was Sache ist. Für den Bereich Planen und Bauen gibt es qualifizierte Mediatoren.

Ist es nicht manchmal sinnvoll, Mediatoren schon vor dem Auftreten von Problemen in Bauprojekten zu integrieren?

Bei größeren Bauprojekten ist die baubegleitende Konfliktberatung und -lösung auf jeden Fall zu empfehlen. Heute werden damit oft Architekten oder Projektsteuerers des Auftraggebers befasst, obwohl dies überhaupt nicht zu ihren Aufgaben gehört. Ist ein externer Mediator baubegleitend eingeschaltet, kann er schneller in die Konfliktfragen einsteigen und die Baubeteiligten können leichter Vertrauen zu ihm aufbauen. Allerdings wird nicht jedes Projekt über das notwendige Budget verfügen, um eine baubegleitende Konfliktbearbeitung bezahlen zu können. Das hängt damit zusammen, dass auch die Kosten einer gerichtlichen Auseinandersetzung in aller Regel bei der Kalkulation eines Projektes nicht berücksichtigt werden.

Herr Dr. Hammacher, vielen Dank für das Gespräch!

Zur Person

Dr. Peter Hammacher bringt Erfahrungen aus einer 28-jährigen Tätigkeit als Rechtsanwalt mit - 20 Jahre davon war er Leiter von Rechtsabteilungen in nationalen und internationalen Unternehmen. Er ist Mediator und war zudem Schiedsrichter in zahlreichen Schiedsverfahren. Darüber hinaus ist Peter Hammacher Mitglied in zahlreichen Berufsorganisationen: u.a. beim Bundesverband Mediation, bei der Fachgruppe Planen und Bauen, bei der ARGE Mediation im Deutschen Anwaltsverein und beim Deutschen Baugerichtstag.

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