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24.08.2015 | Motorentechnik | Schwerpunkt | Online-Artikel

Mit raffinierten Aufladungssystemen den Verbrauch minimieren

verfasst von: Andreas Burkert

4:30 Min. Lesedauer

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Die Folgen des Downsizing wie auch die der Real Driving Emissions (RDE)-Verordnung kann nur ein mehrstufiges Aufladungssystem in den Griff bekommen. Dabei spielt ein elektrischer Verdichter künftig eine wichtige Rolle. Die Angst vor der Komplexität und hohen Kosten sind unbegründet. Immerhin steht der Flottenverbrauch im Mittelpunkt.

Das Downsizing stößt noch lange nicht seine Grenzen. Denn mit einer immer raffinierten Turboaufladung für Otto-, vor allem aber für Dieselmotoren gelingt es Motorenentwicklern, Leistung, Drehmoment und Effizienz kleiner Antriebsaggregate zu steigern. Weil die Turbolader die Enthalpie im Abgasstrom nutzen, "ersparen sie dem Motor die Ladungswechselarbeit und erhöhen den Luftmassendurchsatz", beschreibt Martin Westerhoff, stellvertrender Chefredakteur MTZ, in seiner Einleitung zur Titelgeschichte "Aufladungssysteme im Entwicklungsfokus" die Vorteile der Aufladung. Beim Dieselbrennverfahren sind sie deshalb heutzutage fast schon obligatorisch wie auch der Wille, mittels Downsizing den Flottenverbrauch zu drosseln.

Doch Westerhoff kennt auch die Grenzen dieser Vorgehensweise. "Der Knackpunkt heißt Low-end Torque". Es ist jener "niedrige Drehzahlbereich, in dem der Abgasmassenstrom und damit das Turbinendruckverhältnis zu gering werden und sich das kleine Hubvolumen durch ein niedriges Drehmoment negativ bemerkbar macht". Mit dieser Erkenntnis forschen die Automobilentwickler mit Hochdruck an verschiedenen Lösungen für Aufladungssysteme. Darunter findet sich auch ein elektrischer Verdichter als Teil einer mehrstufigen Aufladung.

Elektrischer Verdichter mit erheblich beschleunigtem Ladedruckaufbau

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Die ersten Versuche, in der die konventionelle Aufladeeinheit um einen rein elektrischen Verdichter ergänzt wird, sind vielversprechend. Das haben die Motorenexperten von Pierburg am Beispiel eines elektrischen Verdichters gezeigt, den der Zulieferer als 12- und 48-V-System entwickelt hat. Sie konnten einen "erheblich beschleunigten Ladedruckaufbau aus niedrigen Drehzahlen" feststellen.

In ihrem Artikel "Der elektrische Verdichter Herausforderung, Konzeption und Umsetzung" aus der MTZ 9-2015 geben sich die Autoren sehr zuversichtlich: "Das so abrufbare hohe Drehmoment lässt eine Leistungscharakteristik erfahren, die bisher allein von rein elektrischen Antrieben bekannt war", schreiben sie. Und sie zeigen sich zuversichtlich, dass der elektrische Verdichter "aufgrund seines modularen Aufbaus und der Verfügbarkeit als 12- und 48-V-Komponente die Anforderungen sowohl für den diesel- als auch ottomotorischen Einsatz" erfüllt. Das System ist dabei für den Einsatz in Kombinationen mit einem konventionellen Turbolader zur Verbesserung des Transientverhaltens ausgelegt.

Chancen einer mehrstufigen Aufladung

Einen anderen Ansatz erforschen die Motorenexperten des Entwicklungsdienstleisters IAV. So diskutieren die Ingenieure in ihrem Artikel "Mehrstufige Aufladung für Downsizing mit abgesenktem Verdichtungsverhältnis" aus der MTZ 9-2015 fünf mögliche Aufladekonzepte für einen Reihen-Vierzylinder-Pkw-Dieselmotor mit 2,2 l Hubraum. Sie haben dazu das Potenzial der mehrstufigen Aufladung für die Darstellung einer spezifischen Leistung von 110 kW/l anhand stationärer und transienter Simulationen untersucht.

Im Fokus der Ingenieure, weil besonders herausfordernd, stehen insbesondere das Dynamik- und Ansprechverhalten des betrachteten Leistungskonzepts. Die Ergebnisse ihrer Untersuchungen, die sie in zahlreichen Messkurven festgehalten haben, liefern dabei erstaunliche Erkenntnisse: So sind an der stationären Volllast jene Konzepte im Vorteil, "die eine zweistufige Abgasturboaufladung umsetzen können und dabei keinen Kompromiss zu möglichen LET- oder Teillastanforderungen eingehen müssen".

Lesen Sie mehr zu mehrstufigen Aufladungen auf Seite 2.

Ergebnisse weiterer Teillastuntersuchungen

Eine zusätzliche Teillastbewertung hingegen wird insbesondere dann notwendig, wenn die Gefahr besteht, dass die Kennfeldspreizung der Turbomaschinen zugunsten eines ehrgeizigen Nennleistungsziels im Teillastbereich nur noch wenig Ladedruckpotenzial bietet, so die IAV-Ingenieure weiter. Aus den Ergebnissen weiterer Teillastuntersuchungen schlussfolgern sie zudem, dass etwa "die eCompressor-Systeme mit ND-AGR kombiniert werden sollten".

Bei dem von BMW und BorgWarner Turbo Systems vorgestellten TriTurbo-Konzept ergeben sich dann Vorteile, sobald beide HD-Stufen parallel betrieben werden können. Und beim seriellen TriTurbo "muss die ND-Stufe im Teillastbetrieb konsequent bypassiert werden". Bei Elastizitätsuntersuchungen konnten die Ingenieure dagegen deutliche Vorteile für die eCompressor-Konzepte feststellen. Vor allem "in der Kombination mit einer VTC-Verstellung in HD-Position ergeben sich weitere Potenziale im Ladedruckverhalten", schreiben sie.

Hohe Kosten, aber auch ein hoher Nutzen

Diese Untersuchungen zeigen, dass es die eine einfache Lösung kaum geben wird. Dennoch ist es etwa bei Dieselmotoren hochinteressant, "mehrere Turbolader einzusetzen", erzählt Martin Kropp, Leiter der Vorausentwicklung bei Bosch Mahle Turbo Systems, im Interview mit der MTZ. Weil man einen Turbolader grundsätzlich auf einen bestimmten Betriebspunkt auslegt, in dem er gute Wirkungsgrade erzielt, sind Zusatzaggregate nötig, um diesen Bereich spreizen zu können, erklärt er. Das ist vor allem bei hohen spezifischen Leistungen, etwa 70 oder 80 kW/l, wie sei das Downsizing bedingt, erforderlich.

Zwar sehen viele Entwickler die Komplexität und somit auch die Kosten als limitierende Faktoren für mehrstufige Aufladungen im Kleinwagen- und Mittelklassesegment. Doch Kropp mahnt, diese Kriterien nicht ausschließlich als Grundlage einer Entscheidung heranzuziehen. Immerhin spielt die Fahrzeugflotte eine immer größere Rolle. "Wer überwiegend relativ leichte Fahrzeuge hat, verfügt über größeren Freiraum, seine CO2-Grenzwerte über die Flotte einzuhalten". Anders ist es bei Kunden, die viele große und schwere Fahrzeuge im Portfolio haben. "So kann es dann durchaus Strategien geben, eine zweistufige Aufladung bei Motoren einzusetzen, um das Flottenmittel zu erreichen - obwohl es rein technisch nicht unbedingt nötig wäre".

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