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26.10.2015 | Krisenkommunikation | Schwerpunkt | Online-Artikel

Pressesprecher mit einem Bein im Knast?

3 Min. Lesedauer

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Im Zuge des Porsche-Prozesses ist auch der ehemalige Porsche-PR-Chef Anton Hunger ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten. Warum eine mögliche Verurteilung Auswirkungen auf die zukünftige Arbeit von PR-Verantwortlichen haben könnte.

Schon in der Antike wurde der Bote schlechter Nachrichten geköpft. Dass diese Praxis zum Teil auch heute noch gilt, zeigt die Anklage der Staatsanwaltschaft Stuttgart gegen Anton Hunger. Wegen Beihilfe zur Marktmanipulation könnte sich der ehemalige Porsche-Kommunikationschef schon bald vor Gericht wiederfinden, berichtet die "Wirtschaftswoche" in Ausgabe 43 auf Seite 50. Seine früheren Vorgesetzen, Ex-Porsche-Chef Wendelin Wiedeking und Finanzvorstand Holger Härter, sitzen schon auf der Anklagebank. Ihnen wird vorgeworfen, Anleger bei der versuchten VW-Übernahme getäuscht zu haben.

Pressesprecher Hunger soll laut "Wirtschaftswoche" "die falschen Dementis zur beabsichtigten VW -Übernahme auf Grundlage einer mit den Vorständen im Februar 2008 abgestimmten Kommunikationsstrategie vorbereitet und zur Veröffentlichung freigegeben haben". Dabei gehe die Staatsanwaltschaft davon aus, dass der PR-Chef über die Absichten seines Vorstands Bescheid wusste.

Rechtliche Unsicherheit für PR-Verantwortliche

Sollte sich Anton Hunger tatsächlich vor Gericht verantworten müssen, wird dies „die Arbeit von Kommunikatoren in kritischen Situationen verändern,“ glaubt Jörg Forthmann Krisenkommunikationsexperte
der PR-Agentur Faktenkontor. „Denn Pressesprecher sind die offiziellen Absender von Presseinformationen, sie treten vor Journalisten, um ihre Botschaften zu verbreiten, und sie erarbeiten ausgeklügelte Kommunikationsstrategien für ihre Chefs. Sollte Hunger verurteilt werden, müssten Pressesprecher zum Eigenschutz akribisch darüber nachdenken, was sie verbreiten und zu welcher Kommunikationsstrategie sie raten,“ schreibt er in seinem Kommentar. Die Rechtsunsicherheit ist auf jeden Fall groß und wirft viele Fragen auf.

  • Sind Pressesprecher demnächst verpflichtet, Unternehmensentscheidungen vor Veröffentlichung juristisch zu prüfen?
  • Brauchen PR-Verantwortliche bald einen Rechtsschutz, um sich gegen solche Fälle zu schützen?
  • Wie lässt sich das steigende Risiko, für kommunizierte Inhalte persönlich zur Verantwortung gezogen zu werden, mit der Notwendigkeit vereinbaren, in Krisensituation schnell und transparent zu reagieren?

"Medienschaffende, Medienveranstalter und auch Öffentlichkeitsarbeiter agieren in einer einerseits grundsätzlich liberal angelegten Medienordnung, die andererseits aber mit einer Vielzahl unterschiedlicher Regelungen auf Basis des Grundgesetzes und medienspezifischer Gesetze und Urteile genau zu beachtende Vorgaben macht. Besonders relevant ist einerseits der Schutz auch interessengeleiteter Kommunikation als Teil der Meinungsfreiheit“, beschreibt Springer-Autor Jan Lies den rechtlichen Rahmen, in dem sich Kommunikatoren bewegen. In seinem Beitrag „PR-Recht“ hat er die haftungsrelevanten Regeln für PR-Verantwortliche in einer Tabelle zusammengefasst (Seite 441):

Rechtliche Regeln für PR-Verantwortliche

In der freiwilligen Selbstverpflichtung des Deutschen Rats für Public Relations, dem "Deutschen Kommunikationskodex", heißt es: „PR- und Kommunikationsfachleute sind der Wahrhaftigkeit verpflichtet, verbreiten wissentlich keine falschen oder irreführenden Informationen oder ungeprüfte Gerüchte“.

Imageschaden bei Compliance-Verstößen ist vorprogrammiert

Die Kernfrage ist also, ob Anton Hunger wissentlich mit seiner Kommunikation den Markt manipuliert hat oder nicht. So oder so lässt sich der Imageschaden für das Unternehmen und die handelnden Personen kaum mehr abwenden. „Wird ein Verstoß gegen eine rechtliche Grundlage publik, beziehungsweise wird er auf der medialen Agenda thematisiert, so kann eine kommunikative Krise mit der Gefahr eines Image- und Reputationsschadens die Folge sein,“ schreiben die Springer-Autorin Annika Schacht und Cathrin Christoph in der Einleitung zum Buch "Compliance in der Unternehmenskommunikation". Für die Unternehmen bedeute das aus betriebswirtschaftlicher Perspektive höhere Kosten für die Wiederherstellung der Reputation und für die Unternehmenskommunikation einen langwierigen Prozess, das Vertrauen zu relevanten Stakeholdern wieder aufzubauen.

Klar ist: Die Verantwortung von Kommunikationsfachleute wird größer und Arbeit herausfordernder. Zudem müssen PR-Schaffende künftig die rechtliche Seite ihrer Kommunikationsstrategie noch sorgfältiger prüfen.

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Theorien des PR-Managements

2013 | OriginalPaper | Buchkapitel

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Quelle:
Recht für Medienberufe