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20.05.2015 | Leichtbau | Schwerpunkt | Online-Artikel

Sicher Kleben mit mathematischer Vorhersage

verfasst von: Andreas Burkert

3:30 Min. Lesedauer

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Der Leichtbau im Automobil benötigt das Kleben. Nur so lassen sich konstruktive Leichtbaumaßnamen umsetzen. Die dafür notwendigen klebetechnischen Innovationen allerdings fordern die Konstrukteure heraus. Sie müssen Klebeverbindungen mathematisch beschreiben können.

Geklebt, nicht genietet. Müssen verschiedene Werkstoffe unter Erhalt ihrer Eigenschaften dauerhaft kombiniert werden, ist die Klebtechnik unverzichtbar. Aus diesem Grund nutzt der Automobilbau vornehmlich diese Art der Verbindung und trägt somit auch wesentlich zu klebtechnischen Innovationen bei. Immerhin gilt, nicht nur das Fahrzeuggewicht zu reduzieren, sondern auch die Prozesse zu optimieren und die Taktzeiten zu verkürzen. Noch immer sorgt der recht hohe Fertigungsaufwand sowie der bislang nur unzureichend mögliche Nachweis einer ausreichenden Festigkeit mithilfe zerstörungsfreier Prüfverfahren für Kopfzerbrechen, wie es Professor Dr. Helmut Rapp in seinem Beitrag „Berechnung von strukturellen Klebeverbindungen“ erklärt.

Dass die Klebeverbindungen dennoch beliebt sind, erklärt der Leichtbauexperte von der Fakultät für Luft- und Raumfahrttechnik der Universität der Bundeswehr München so. „Klebeverbindungen weisen als nicht lösbare Verbindungen gegenüber lösbaren Bolzen- und Schraubverbindungen prinzipiell eine deutlich höhere Steifigkeit und wegen der ungestörten Fügeteile auch eine günstigere Beanspruchung ohne Spannungsspitzen an den Bohrungsrändern auf“. Das allerdings trifft nur dann zu, wenn die wesentlichen Faktoren zur Klebetechnik beachtet werden.

Vorhersage der Beanspruchung des Klebstoffs

So ist laut Rappt etwa bei der Dimensionierung einer Klebefläche zu beachten, dass „die Beanspruchung des Klebstoffs über der Klebefläche im Allgemeinen sehr inhomogen ist“. Das Wissen um diese Beanspruchung ist wesentlich für eine dauerhafte und sichere Verbindung. So haben Versuche an Verklebungen mit klassischen Strukturklebstoffen gezeigt, dass das Versagen im Wesentlichen von der Schubspannungsspitze am Ende des steiferen Fügeteils bestimmt wird. Welche Verfahren nun am besten geeignet sind, um die Belastungen vorherzusagen, hat der Klebeexperte im Detail untersucht.

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So kommt er unter anderem zu dem Schluss, dass die Berechnung der Schubspannungen in der Klebstoffschicht einer Strukturklebung auch mithilfe der Shear-Lag-Theorie erfolgen kann. „Unter der Annahme eines linear-elastischen Verhaltens von Klebstoff und Fügeteilen und der Vernachlässigung der Quersteifigkeit des Klebstoffes lassen sich damit bei Verwendung von steifen Strukturklebstoffen gute Ergebnisse erzielen“.

Zwar kann zur Analyse von Verklebungen auch die Methode der finiten Elemente herangezogen werden, „allerdings ist der Idealisierungsaufwand wegen der in der Regel sehr dünnen Kleberschicht sehr hoch“. Aber auch wenn die Ergebnisse der FEM-Analyse mit denen der analytischen Lösung der Shear-Lag-Theorie sehr gut überein stimmen. „Neben den strukturmechanischen Betrachtungen müssen für eine erfolgreiche Klebeverbindung stets auch die prozesstechnischen und chemischen Anforderungen berücksichtigt werden“, so Professor Rapp.

Wie werden Fertigungstoleranzen berücksichtigt?

Wie aber sehen die Anforderung an die Klebetechnik unter Berücksichtigung von Fertigungstoleranzen aus? Bisher blieb nämlich bei der Auslegung von Klebverbindungen im Automobilbau der Einfluss der Fertigungstoleranzen auf ihr Crashverhalten völlig unberücksichtigt. Darauf weisen die Autoren Georg Kruschinski, Anton Matzenmiller, Mathias Bobbert, Dominik Teutenberg und Gerson Meschut in „Geklebte Strukturen im Fahrzeugbau – Simulation und Bewertung von Fertigungstoleranzen“ hin. Immerhin zeigt das reale, in der Serienfertigung hergestellte Produkt Abweichungen von den idealisierten Größen des Simulationsmodells. Die Folge: „Das gemessene mechanische Bauteil- und Strukturverhalten kann von dem des virtuellen Prototyps signifikant abweichen“.

Nun aber stellt sich die Frage, wie groß diese Abweichungen infolge der Serienstreuungen sein dürfen, ohne dass sich das Gesamtverhalten der Karosserie im Crashfall merklich ungünstig ändert und außerhalb des zulässigen Bereichs liegt. Die Autoren definieren dazu konkrete Fragen:

  • Welchen Einfluss haben reale Änderungen der Eingangsparameter wie Klebschichtdicke, Fugenfüllungsgrad, Aushärtegrad, etc. auf die Ausgangswerte der virtuellen Analyse wie Energieaufnahme, Kraftmaximum, Bruchwege, et cetera?

  • Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit der Überschreitung bestimmter Versagensgrenzen?

  • Welche Toleranzen und Eingangsgrößen der Konstruktions- und Fertigungsparameter führen zu einem robusten Verhalten?

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