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13.11.2014 | Marketing + Vertrieb | Interview | Online-Artikel

"Verbraucher stimmen heute mit dem Portemonnaie ab"

verfasst von: Andrea Amerland

4:30 Min. Lesedauer

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Nachhaltigkeit ist ein globaler Megatrend, sagen Oliver Nickel und Anne-Kathrin Kirchhof im Gespräch mit Springer für Professionals. Doch wie funktioniert das CSR Brand Management?

Springer für Professionals: Verantwortung soll ein Werttreiber für Marken sein? Wie muss man sich das vorstellen?

Anne-Kathrin Kirchhof und Oliver Nickel: Nachhaltigkeit ist ein globaler Megatrend. Dies wird verstärkt durch die digitale Transformation in der gesellschaftlichen Kommunikation, die dank der technischen Innovationen immer mehr Transparenz und Dialog fordert und lebt. Die Millennium-Generation mit ihren veränderten Werten, Einstellungen und Lebensweisen manifestiert dies.

Unternehmen sind in wachsendem Maße Adressaten von Forderungen nach verantwortungsvollem Handeln. Je größer sie sind und je globaler sie agieren, desto mehr. Marken wiederum sind wichtige Bindeglieder und Vertrauensanker zwischen Unternehmen und Gesellschaft. Menschen vertrauen dem Qualitätsversprechen von Marken und treffen ihre Kaufentscheidung entsprechend. Ist im Qualitätsversprechen der Marken das CSR-Engagement des Unternehmens – also das verantwortungsvolle, unternehmerische Handeln, kurz CSR – glaubwürdig beinhaltet, dann weitet sich das Vertrauen auch darauf aus. CSR hat sich auch deshalb für das Marketing zu einer relevanten Dimension entwickelt.  

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Wie führt man eine Marke nachhaltig?

Zu Beginn sollte ein CSR-Markencheck stehen, eine objektive und umfassende Bestandsaufnahme. Dieser dient dazu, die eigene Marke und damit das Unternehmen im Kontext von Zielgruppen, Wettbewerbern und Gesellschaft kritisch zu hinterfragen und auf seine CSR-Konformität zu überprüfen. Die Analyse beinhaltet vier Suchfelder: Identität & Image, Markt, Mensch & Verbraucher und Kultur. Dann folgt die strategische Ableitung, die Verortung des eigenen Unternehmens im CSR-Kontext. Verfügt das Unternehmen über eine nachhaltige Unternehmensstrategie ist dann die Positionierung der Marke im CSR-Kontext vorzunehmen. Unternehmen erhalten so den Handlungsrahmen und den Ausgangspunkt der Markenführung. Für die Positionierung von CSR-Marken haben wir ein Positionierungsmodell weiterentwickelt, so dass es zum einen der Besonderheit im CSR-Kontext gerecht wird und zugleich die Komplexität von CSR abbildet.

Können Sie das Modell näher beschreiben?

Grundannahme des Modells bildet die Erkenntnis, dass vor allem eine CSR-Marke eine spezielle Geisteshaltung als Grundlage einer Positionierung benötigt. Denn ein verbindlicher Markencharakter sorgt für eine authentische Markenwahrnehmung, stärkt das Markenverhalten und steigert damit die Bindungsqualität an die Käufer (Vertrautheit) und damit langfristig den Markenwert (Vertrauen). Mit dem CSR-Brand Modell wird der jeweilige Erfüllungsgrad der unternehmenseigenen Nachhaltigkeitsstrategie (Innere Orientierung) in Relation zum individuellen Kommunikationsstil (Äußere Orientierung) gesetzt. So entsteht ein Raster aus neun Feldern mit relativ gut abgrenzbaren, praxisnahen Geisteshaltungen, die auf der Theorie der Archetypen nach C.G. Jung aufbauen. Weitere Aspekte sind die Kategorie-abhängige Markenführung. Diese sind entscheidend für Tonalität und Exekution, je nach Branche, je nach Erfüllungsgrad der unternehmenseigenen CSR-Strategie, in Abhängigkeit, ob B2C oder B2B.  

Eignet sich jedes Produkt/Unternehmen für eine nachhaltige Markenführung?

Prinzipiell ja, mit einer Einschränkung: Beabsichtigt man eine unternehmenseigene CSR-Strategie nicht im Produkt oder der Dienstleistung zu verankern, braucht man sich über eine CSR-Markenführung keine Gedanken zu machen. Denn allen voran steht ein Bekenntnis des Unternehmens zu seiner unternehmerischen Verantwortung. Ein solches Bekenntnis hat immer eine Voraussetzung – eine Erkenntnis. Die Erkenntnis, dass man als Unternehmen mit seinen Produkten oder Dienstleistungen eine klare Haltung einnehmen muss.

Welche Rolle spielt die Macht des Konsumenten? Oder ist die in Wirklichkeit ein Mythos?

Verbraucher stimmen heute mit dem Portemonnaie ab und wenden sich von Marken ab, die ethisch fragwürdige Produktionsmethoden praktizieren. Aber von einer Macht des Konsumenten zu sprechen, ist zu weit gegriffen. Es findet noch kein politischer Konsum statt. Was man jedoch belegen kann, ist, dass räumliche Nähe soziale Nähe schafft und je näher einem das Produkt kommt, desto sensibler wird die Kaufentscheidung getroffen. Gibt es so etwas wie einen moralischen Mehrwert beim Konsum? Ja, wenn man merkt, dass man etwas Sinnvolles bewirken kann, ist das ein Erfolgserlebnis, das wiederum die Bereitschaft steigert, sich für bessere Arbeitsbedingungen einzusetzen und am Ende dafür auch etwas mehr zu bezahlen. Und dies gewinnt an Bedeutung.

Wenn Sie Dos und Dont’s formulieren müssten: Was ist der größte Fehler den man beim Thema CSR und Brand Management begehen kann? Und was der größte Erfolgsfaktor?

CSR bedeutet Vertrauen, Transparenz, Partizipation – sind das nicht genau die Prinzipien, die Marken heute auch in sich tragen müssen? Es geht dabei um die Haltung eines Unternehmens, die sich in Richtung der Gesellschaft vor allem in der Marke ausdrücken kann. Und wenn dies wie bei Dm für jeden Kunden in jeder Filiale beim Einkauf erlebbar wird, in der Ladengestaltung, im Angebot, beim Preis, in der Kommunikation mit den Kunden sowie in den eigenen Marken seinen Ausdruck findet und der Unternehmer seine Verantwortung und Haltung in der Öffentlichkeit lebt, dann ist alles richtig orchestriert. Vermeiden sollte man eine zu große Differenz zwischen der inneren Orientierung, also dem Umsetzungsgrad der unternehmenseigenen CSR-Strategie, und der äußeren Orientierung, dem Kommunikationsstil. Ist dies für den Konsumenten und die Öffentlichkeit – hier insbesondere die NGOs – nicht nachvollziehbar, wird die Marke unglaubwürdig und CSR zur Stolperfalle.

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