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30.07.2012 | Steuerrecht | Schwerpunkt | Online-Artikel

Vom gläsernen Bankkunden und der Abgeltungsteuer

verfasst von: Sylvia Meier

3:30 Min. Lesedauer

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Seit 2009 wird in Deutschland die sog. Abgeltungsteuer angewandt. Klang die damals geplante Neuregelung noch als Vereinfachung bei der Besteuerung von Kapitaleinkünften, weiß man heute: der Teufel steckt im Detail.

Das Prinzip klingt einfach: Die Bank behält für den Privatanleger 25 % Abgeltungsteuer auf die Kapitaleinnahmen ein und die Steuerpflicht gilt damit als abgegolten. Kein mühsames Ausfüllen der Anlage KAP mehr – Ende gut, alles gut? So einfach die Idee klingt – in der Praxis stehen die Banken durch die Einführung der Abgeltungsteuer in der Pflicht. Der Steuereinbehalt ist geprägt von vielen Besonderheiten.

Stolperstein Kirchensteuer

Es genügt nicht, die Abgeltungsteuer einzubehalten – auch Solidaritätszuschlag und die Frage nach dem Kirchensteuerabzug sind ein Thema.

Weniger schwer ist hier das Vorgehen beim Solidaritätszuschlag: hier besteht die gesetzliche Pflicht, diesen einzuhalten. Doch wie sollen die Banken bei der Kirchensteuer vorgehen? In den Bundesländern gelten nicht dieselben Kirchensteuersätze. Was tun, wenn der Kunde umzieht? Was, wenn der Kunde aus der Kirche austritt? Oder die Konfession wechselt? Hier wird deutlich: der Teufel steckt tatsächlich im Detail.

Automatisiertes Verfahren ab 2014

Um den Banken die Praxis im Alltag etwas zu erleichtern, soll ab 2014 eine Änderung beim Kirchensteuerabzug in Verbindung mit der Abgeltungsteuer erfolgen. Rhodius/Lofing erläutern die Neuregelung in Ihrem Buch „Kapitalertragsteuer und Abgeltungsteuer verstehen - Besteuerung von Kapitalerträgen im Privatvermögen“wie folgt:

„Ziel des Gesetzgebers ist es demnach, ein möglichst lückenloses, automatisiertes Verfahren  für den Kirchensteuerabzug bei abgeltend besteuerten Kapitalerträgen zu schaffen. Hierbei müssen die Banken als auszahlende Stellen für ihre kirchensteuerpllichtigen Kunden zwingend die Kirchensteuer als Quellensteuer einbehalten, das bisherige Antragsverfahren hierzu entfällt. Ein solches Verfahren soll bis zum Jahresende 2011 im Rahmen des sogenannten Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetzes in Gesetzesform gegossen werden. Als Anwendungszeitpunkt ist im vom Bundestag am 28. Oktober 2011 verabschiedeten Gesetzesentwurf der 01. Januar 2014 vorgesehen (Stand Oktober 2011).

Nachfolgend die Kernelemente des geplanten, neuen Verfahrens zum Kirchensteuerabzug:

•       Die Banken haben einmal jährlich im Zeitraum 01. September bis 31. Oktober unter Nennung der sogenannten „Steueridentifikationsnurnmer" des jeweiligen Kunden beim Bundeszentralamt für Steuern abzufragen (BZSt), ob der Kunde per Stichtag 31. August des Jahres kirchensteuerpflichtig ist. Falls ja, teilt das BZSt der anfragenden Bank den für den Kunden bzw. seine Religionsgemeinschaft gültigen Kirchensteuersatz sowie ein spezielles Merkmal mit, aus dem die jeweilige Konfession des Kunden abgeleitet werden kann. Diese Angaben gelten für das gesamte, auf den Abfragezeitpunkt folgende Kalenderjahr, unabhängig von zwischenzeitlich eintretenden Änderungen (z.B. Änderungen des Steuersatzes, Kirchenaustritt u.a.). Die Datenübermittlung hat nach amtlich vorgeschrieben Datensatz auf elektronischen Wege zu erfolgen.

•          Die Banken nehmen auf Basis des ihnen gemeldeten Kirchensteuersatzes den Kirchensteuerabzug vor und führen die Kirchensteuer für jede steuererhebende Religionsgemeinschaft in Summe an ihr zuständiges Betriebsstättenfinanzamt ab.

•          Bei Personenmehrheiten ist der automatisierte Kirchensteuerabzug nur bei Ehepaaren vorgesehen, es wird hierbei ein jeweils hälftiger Anteil an der Kapitalertragsteuer unterstellt. Für Beteiligte an sonstigen Personenmehrheiten erfolgt der Kirchensteuerabzug bzw. die Festsetzung der Kirchensteuer ausschließlich im Rahmen des Veranlagungsverfahrens.

·         Jeder Steuerpflichtiger kann gegenüber dem BZSt Widerspruch gegen die Übermittlung seiner Daten zur Religionszugehörigkeit erheben (Vornahme eines Sperrvermerks). Das BZSt erteilt daraufhin den anfragenden Banken keine Auskunft mehr über die Konfession des vom Sperrvermerk betroffenen Kunden. Gleichzeitig erfolgt jedoch eine Meldung des BZSt über den Widerspruch an das zuständige Wohnsitzfinanzamt des Kunden. Das Wohnsitzfinanzamt wird dann diesen Steuerpflichtigen zur Abgabe einer Steuererklärung auffordern.

·         Der Gesetzgeber verpflichtet die Banken, regelmäßig im Vorfeld der Datenabfrage beim BZSt einen individualisierten Hinweis an ihre Privatkunden zum bestehenden Widerspruchsrecht gegen die Übermittlung der Religionsdaten zu geben. Dieser Hinweis kann laut Gesetzesbegriindung beispielsweise per Kontoauszug oder auch Onlinebanking erfolgen, ein allgemeiner Aushang soll nicht ausreichend sein.“

Datenübermittlungen: Gläserner Bankkunde? 

Bedenkt man, welche Datenmassen hier zur Übermittlung über Bankkunden vorgesehen sind, dürfte die Aussage von Experten, dass der Bankkunde „noch gläserner wird“ durchaus verständlich sein.

Achtung: Lesen Sie demnächst auf Ihrer Themenseite „Finance & Controlling“ ein Interview von den Herausgebern des Buches „Kapitalertragsteuer und Abgeltungsteuer verstehen - Besteuerung von Kapitalerträgen im Privatvermögen“.

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