Dass einem sozialen Netzwerk wie Facebook, das die Datenschutz-Regeln für Werbezwecke beliebig dehnt, Michelangelo-Motive zu sexualisiert sind, amüsiert die Social-Media-Welt. Ein Kommentar.
"Deine Werbeanzeige wurde abgelehnt, weil das Bild nicht unseren Werberichtlinien entspricht. Werbeanzeigen dürfen keine übermäßig sexualisierten Bilder einsetzen, den Eindruck von Nacktheit erwecken, viel Haut bzw. Dekolleté zeigen oder sich unnötigerweise auf bestimmte Körperteile konzentrieren. Dies gilt auch für die Bilder auf deinen Seiten."
Diese Mitteilung erhielt Eckehard Bamberger, Autor von "Psalm 1 – Die Wege Gottes und der Menschen", als er mit einem Motiv aus der Sixtinischen Kapelle (Die Erschaffung Adams) Werbung bei Facebook schalten wollte. Das Problem: Die Malerei von Michelangelo zeigt Adams Geschlechtsteile. Das gefiel Facebook gar nicht. Und somit ist das soziale Netzwerk beim Thema Sexualisierung päpstlicher als der jetzige Papst und viele Päpste vor ihm.
Auch externes Surfverhalten wird für Werbung relevant
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Selbstverständlich ließe sich der Vorfall auf einen Algorithmus, auf die Folge einer Automatisierung schieben, die es nicht zulässt, zwischen einem kirchlichem Kunstwerk und Pornographie als Werbemotiv zu unterscheiden. Eine dumme kleine technische Panne halt ... Doch mag sich in so manchem Facebook-Nutzer, dem die neuen AGB nicht richtig schmecken, ein kleines gehässiges Teufelchen regen. "Geschieht euch recht", sagt es. Denn Facebook verprellt damit eben jene Werbekunden, die es durch die neuen AGB ködern will, durch die ab 1. Februar 2015 Werbeanzeigen auf Grundlage des Surfverhaltens auch außerhalb des Netzwerks zusammengestellt werden
Wie interessant sind Facebook Ads für Werbetreibende?
Adams Geschlechtsteile werden zu einem Problem für Werbetreibende. Das Problem ist allerdings nicht neu. So musste bereits das Magazin "Titanic" vor wenigen Jahren erleben, dass Satire nicht als Satire erkannt wurde, sondern Brüste generell stören. Auch nackte Tatsachen, gemalt vom französischen Realisten Gustave Courbets („Der Ursprung der Welt“), hat Facebook nicht als Profilbild akzeptiert. Jugendschutz ist natürlich zu befürworten. Dennoch wirft der aktuelle Fall Fragen auf.
Wie gut kann beispielsweise personalisiertes Facebook Advertising sein, wenn nur manche Motive zugelassen werden bzw. das Facebook-System gängige Motive der Kunst als Pornographie einstuft? Die jetzige Praxis schließt gewisse Branchen oder provokative Kampagnen per se aus. Ausgereift scheint Facebooks Vorgehen bei diesem Thema also noch immer nicht zu sein. Und das soziale Netzwerk erntet – aller Erfolgsmeldungen als Werbeplattform zum Trotz – wieder einmal Kritik von allen Seiten: von Nutzern, die nicht gläsern sein wollen und Werbetreibenden, die einfach nur unkompliziert Werbung schalten möchten.