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11.02.2014 | Fahrzeugtechnik | Schwerpunkt | Online-Artikel

Wer haftet für das autonome Auto?

verfasst von: Christiane Brünglinghaus

4 Min. Lesedauer

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Autos, die alleine einparken, navigieren und fahren: Das hört sich komfortabel an. Doch welche rechtlichen Konsequenzen ergeben sich daraus. Das untersucht ein neuer europaweiter Forschungsverbund.

Automatisiertes Fahren ist kein Zukunftsszenario mehr. Spätestens seit September 2012 ist klar: Mit Autos ohne aktiven Fahrer muss im Straßenverkehr gerechnet werden. Zumindest im US-amerikanischen Bundesstaat Kalifornien. Denn zu diesem Zeitpunkt unterzeichnete Gouverneur Jerry Brown ein Gesetz, das autonome Autos zu Testzwecken im Straßenverkehr genehmigte. Er lieferte damit allerdings nur den rechtlichen Rahmen für ein Projekt, das schon seit Langem Realität war. Der Internetkonzern Google hatte schon seit mehreren Jahren autonome Fahrzeuge auf öffentlichen Straßen getestet. Das war möglich, weil dieser Fall in den kalifornischen Gesetzen bis dahin nicht geregelt war. Autonome Fahrzeuge waren nicht explizit erlaubt, aber eben auch nicht verboten.

Auch viele Autohersteller und Zulieferer arbeiten am automatisierten Fahren. Ob Mercedes-Benz, BMW, Audi, Continental oder Bosch, alle forschen an Fahrzeugen, die sich ohne Eingreifen des Fahrers fortbewegen können. Volvo arbeitet zum Beispiel an einem Pilotprojekt mit 100 Fahrzeugen, die selbstfahrend auf öffentlichen Straßen rund um Göteborg unterwegs sein sollen. Die Arbeit an dem Drive-Me-Projekt wird 2014 beginnen, 2017 sollen die ersten Kunden in den Testwagen unterwegs sein. Ein wichtiger Schritt hin zum automatisierten Fahren ist auch die Vernetzung der Autos miteinander. Hierzu kündigte das US-amerikanische Transportministerium kürzlich erste Schritte an. Denn die US-Regierung will schneller Autos auf die Straßen bringen, die miteinander kommunizieren.

Forschungsprojekt Adaptive: rechtliche Fragen zur Produkthaftung

Die Einführung des selbstfahrenden Autos scheint damit nur eine Frage der Zeit zu sein. Experten rechnen damit, dass in zehn Jahren Fahrzeuge zumindest teilautonom auf den Straßen fahren werden. Doch ist die Gesellschaft dafür überhaupt bereit? Zumindest kann sich mehr als jeder dritte Deutsche (37 Prozent) vorstellen, künftig automatisiert zu fahren. Was ist aber mit den ungeklärten Fragen wie der Haftung beim automatisiertem Fahren? Wer haftet wenn ein Roboterauto einen Unfall verursacht und eine Person verletzt?

"Automatische Einparkhilfen, Spurhalte- und Stau-Assistenten sind keine Visionen mehr, sondern High-Tech-Bauteile, die in zunehmendem Maß zur Serienausstattung von Premiumfahrzeugen gehören", erklärt Professor Eric Hilgendorf von der Universität Würzburg. Der Jurist arbeitet am neuen europaweiten Forschungsprojekt Adaptive mit. Mit seiner Forschungsstelle "RobotRecht" liegt bei ihm die Federführung der juristischen Analyse der autonomen Systeme für ganz Europa.

Aus rechtlicher Sicht seien diese teilautonomen Fahrzeuge äußerst problematisch. "Wer haftet beispielsweise, wenn eine automatische Einparkhilfe einen Unfall verursacht?", fragt der Jurist. Und wer besitzt die Rechte an den Daten im Unfalldatenspeicher? Dürfen Hersteller Daten ihrer Kunden an Datenhändler verkaufen? Und wie ist es aus rechtlicher Seite zu bewerten, wenn Hacker mittels einer Sabotage-Software Fahrzeuge zum "Crashen" bringen?

Wenn Hacker das Auto kapern

Und auch das ist kein Zukunftsszenario mehr: Hacker dringen per Funk in die Bordsysteme vorbeifahrender Autos ein und übernehmen die Kontrolle über das Fahrzeug. Wissenschaftler konnten in ihren Experimenten eine von ihnen entwickelte Software in das Bordsystem einschleusen und anschließend das Auto unter anderem nach Belieben bremsen oder - noch gravierender - die Bremsen einfach abschalten, erklärt die Uni Würzburg. Es gelang ihnen, den Motor stoppen, das Licht ein- und ausschalten, die Scheibenwischer betätigen und vieles andere mehr.

Autonome Fahrzeuge sind nicht zulässig

"Nach gegenwärtiger Rechtslage, die ihre Grundlage im 'Wiener Straßenverkehrsabkommen' von 1968 hat, sind Fahrzeuge ab einem gewissen Autonomiegrad gar nicht zulassungsfähig", sagt Hilgendorf. Nach jetzigem Stand der Vorschriften muss nämlich jedes Fahrzeug stets von einem Menschen kontrolliert werden. Weil die technische Entwicklung den rechtlichen Rahmen also längst verlassen hat, seien die Juristen jetzt besonders gefordert. Der Datenschutz, die Produkthaftung sowie das Straßenverkehrsrecht sieht Hilgendorf als seine Arbeitsschwerpunkte in den kommenden Jahren.

Ein neuer rechtlicher Rahmen wird benötigt

Der gesetzliche Rahmen von heute sieht vor, dass der Fahrer allein für die Fahrsicherheit verantwortlich ist. Daraus ergibt sich die gesetzliche Mindestanforderung, dass er sein Fahrzeug zu jeder Zeit kontrollieren kann. Während sich diese Forderung mit den heute üblichen Assistenzsystemen noch mehr oder weniger gut in Einklang bringen lässt, sieht das bei autonomen Fahrzeugen anders aus, wie Hilgendorf erklärt. "In diesem Fall eignet sich das Kriterium der Kontrolle durch den Fahrer nicht mehr als Grundlage für rechtliche Vorschriften", sagt Hilgendorf. Der fundamentale Wandel der Technik mache deshalb Anpassungen des rechtlichen Rahmens zwingend erforderlich - und das EU-weit. Mit ein paar Wochen Arbeit sei es dafür nicht getan. Hilgendorf ist sich sicher: Bis die ersten Roboterfahrzeuge über europäische Straßen fahren werden, ist noch sehr viel juristische Arbeit zu leisten.

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