Skip to main content

21.04.2015 | Marketing + Vertrieb | Schwerpunkt | Online-Artikel

Wie Bravo die Trendwende schaffen will

verfasst von: Annette Speck

4 Min. Lesedauer

Aktivieren Sie unsere intelligente Suche, um passende Fachinhalte oder Patente zu finden.

search-config
print
DRUCKEN
insite
SUCHEN
loading …

Der stetige Niedergang von Bravo scheint erstmal aufgehalten. Das zum Jahresende 2014 runderneuerte Heft verkauft sich wieder besser. Ob die Gattung Jugendzeitschriften überlebt, bleibt ungewiss.

In den Siebziger Jahren war Bravo eine Institution für Jugendliche. Bis zu 1,5 Millionen Teenager kauften die Wochenzeitschrift, die mit Star-Postern, Foto-Lovestory und Dr. Sommer für Unterhaltung und Aufklärung sorgte. Doch das ist lange her: Von Heft 51/2014 wurden gerade mal 103.313 Abo- und Einzelexemplare verkauft. Im Dezember 2014 verkündete der Bauer Verlag daher einen umfangreichen Relaunch - und verzeichnet bei den ersten Ausgaben 2015 endlich wieder Verkaufszuwächse.

Neuer Erscheinungsrhythmus und Konzeptveränderungen

Weitere Artikel zum Thema

Die gravierendste Änderung bei der Bravo-Überarbeitung war der Wechsel von wöchentlicher auf 14-tägliche Erscheinungsweise. Zudem wurden der Heftumfang erhöht und das Konzept überarbeitet. Das selbsternannte "Premium-Magazin" hat neue Rubriken eingeführt und rückt Musik als wichtiges Jugendthema wieder stärker ins Zentrum. Den Verkaufszahlen hat das bis dato gut getan. So lag schon der Abo- und Einzelverkauf von Ausgabe 1/2015 bei 150.700 verkauften Exemplaren, und er steigerte sich bis zur Ausgabe 4/2015 auf 158.422.

Selbst wenn damit noch keine anhaltende Trendumkehr belegt ist, hat Bravo immerhin ein Problem angepackt, das fast alle Jugendzeitschriften betrifft: In den letzten fünf Jahren büßten sie teilweise fast 80 Prozent ihrer Auflage ein. Einzig dem relativ moderat geschrumpften Titel Mädchen ist mit der Umpositionierung als junge Frauenzeitschrift eine Steigerung der Verkäufe auf 110.042 Exemplare im vierten Quartal 2014 gelungen (plus 8,64 Prozent).

Auflagenentwicklung ausgewählter Jugendzeitschriften (Gesamtverkäufe)

Titel,

Erscheinungsweise

Quartal

IV / 2010

Quartal

IV / 2011

Quartal

IV / 2012

Quartal

IV / 2013

Quartal

IV / 2014

Bravo, wöchentlich*

392.377

327.355

257.139

191.602

124.265

Mädchen, monatlich

125.780

122.233

116.359

101.287

110.042

Bravo Girl, 14-tägl.

167.538

141.178

103.172

  90.613

  64.703

Hey, 17 x jährlich

132.693

158.960

  85.824

  66.217

  46.981

Popcorn, 13 x jährlich

157.036

110.936

104.609

  76.142

  42.007

Yeah, monatlich

  72.513

  60.822

  47.828

  37.274

  21.398

*bis Ausgabe 51/2014, ab Ausgabe 1/2015 14-täglich

Quelle: PZ-Online

Auf Reichweitenfang mit YouTube-Stars

Auf den Relaunch allein verlässt sich Bravo aber nicht, sondern kooperiert bei der Mitmachaktion "Bravo Trau Dich" mit YouTube-Stars wie Die Lochis, Bullshit TV oder Hello Chrissy. Die Videofilmer, die zusammen mehr als 3,4 Millionen Abonnenten haben, verhelfen dem Heft zu erheblich mehr Aufmerksamkeit in der Zielgruppe. Denn die Mediennutzung Jugendlicher ist heute ganz wesentlich durch YouTube, Apps und Social Media bestimmt, wie zwei Umfragen aus dem Youth Insight Panel (YIP) der Jugendzeitschrift Bravo gerade erst wieder bestätigen. Demnach sind 90 Prozent der Jugendlichen mindestens einmal pro Woche und 60 Prozent täglich auf YouTube unterwegs. Gut zwei Drittel der jugendlichen YouTube-Fans schauen sich mindestens 20 Minuten lang Clips an. Bei einem Drittel dauert eine Session sogar anderthalb Stunden und länger.

Bilder, Events und Emotionen

Doch wie können die Jugendzeitschriften angesichts dieses veränderten Mediennutzungsverhaltens auf Dauer überleben? In dem Buchkapitel "Marketing in einer juvenilen Kultur – Über die Notwendigkeit der Verallgemeinerung jugendkultureller Kommunikationsstile" stellt Bernhard Heinzlmaier die These auf, "dass Jugendkommunikation vor allem dann erfolgreich ist, wenn sie in der Form einer bildzentrierten, nicht-argumentativen Kommunikation auftritt." Die durch Bildmedien maßgeblich beeinflusste Sozialisation schaffe Rezipienten, die vor allem für die nichtbegriffliche Kommunikation der Verführung sensibel sind. "Wer also Jugendliche erreichen will", schreibt der Springer-Autor (Seite 53), "muss Bilder zeigen, muss sinnenbestürmende Events inszenieren, muss der präsentativen Logik folgend 'Gesamtkunstwerke' errichten, die die Zielgruppe unmittelbar körperlich berühren, anstelle mit guten Argumenten auf sie einzureden."

Heinzlmaiers Leitgedanken zur Jugendkommunikation (Seite 54 ff)

  • Jugendkommunikation als totale Kommunikation: Die Jugendkultur ist zur Leitkultur der Gesellschaft geworden, vor allem, was ihre ästhetischen Formen, Moden und Werte betrifft.

  • Verführung durch Bilder statt Überzeugen durch Argumente: Nicht nur die Jugend, die gesamte Gesellschaft ist von „Augendenkern“ dominiert.

  • Das Spektakuläre als Zentrum der juvenilen Kommunikation: Neben dem Bild wesentlichste Form nicht-diskursiver Kommunikation ist das Spektakel, das Event.

  • Juvenile Kommunikation braucht ein sicheres ästhetisches Terrain: Bild ist nicht gleich Bild, Codes sind nicht gleich Codes. Die spektakuläre Lifestyle-Kultur hat sich breit ausdifferenziert.

  • Role Models statt Vorbilder: Das ästhetische Zeitalter sucht keine Vorbilder, sondern Role Models.

  • Das Körperbild als Köder für egozentrische Individualisten: Er wirkt deshalb, weil er der präsentativen Symbolik unterliegt.

print
DRUCKEN

Weiterführende Themen

Die Hintergründe zu diesem Inhalt