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18.03.2015 | Steuerrecht | Interview | Online-Artikel

Woran Unternehmenskäufe scheitern

verfasst von: Sylvia Meier

4 Min. Lesedauer

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Unternehmenskäufe sind in der Praxis sehr komplex. Springer-Autor Patrick Sinewe erläutert im Interview, welche Probleme häufig auftreten und warum oftmals Transaktionen scheitern.

Springer für Professionals: Warum sind Unternehmenskäufe in der Praxis so komplex?

Patrick Sinewe: Das liegt vor allem daran, dass so vieles bedacht werden muss. Jeder Unternehmenskauf bringt seine eigenen Probleme mit sich. So muss bei jeder Transaktion individuell betrachtet werden, welche Rechtsform, Vermögensgegenstände, Schulden, Forderungen und Verbindlichkeiten die Unternehmen haben, welche Arbeitsverhältnisse und laufenden Verträge übernommen und welche beendet werden sollen, ob alle Bilanzen stimmen, wie Steuern minimiert oder sogar verhindert werden können und vieles mehr.

Gibt es typische Stolpersteine in der Praxis, die bei der Planung bereits berücksichtigt werden sollten?

Typische Stolpersteine stellen verdeckte Informationen dar. Häufig werden relevante Fakten erst im Laufe der Verhandlungen oder sogar erst unmittelbar vor Vertragsschluss aufgedeckt. Dies wirft einen natürlich zeitlich wieder zurück. Oft muss man Verträge umgestalten und den Preis nachverhandeln. Im „worst case“ kann es auch mal zu einem Verhandlungsabbruch führen. Für die Planung bedeutet dies, dass man immer einen Plan B und C in petto haben sollte, um auf überraschende Wendungen vorbereitet zu sein.

Aus Ihrer Erfahrung: Woran scheitern Unternehmenstransaktionen am Häufigsten?

Die häufigste Ursache ist meiner Ansicht nach wohl nach wie vor, dass die Parteien preislich keinen gemeinsamen Nenner finden. Vielfach liegen die Erwartungshaltungen im Mittelstand zwischen Firmeninhaber und Käufer weit auseinander. Aber auch unerwünschte rechtliche oder steuerliche Konsequenzen verhindern häufig einen Unternehmenskauf.

Bevor ein Unternehmenskauf realisiert werden kann, müssen Käufer und Verkäufer sich über die Konditionen einig sein. Oftmals dauert der Prozess sehr lange. Berater müssen bezahlt werden, viel Zeit und Geld in die Planung gesteckt werden. Was, wenn der Käufer urplötzlich die Verhandlungen abbricht? Wie kann ein Verkäufer sich hier schützen?

Verhandlungsabbrüche in letzter Sekunde kommen in der Praxis leider tatsächlich hin und wieder vor. Einen „richtigen“ Schutz dagegen gibt es bislang nicht. Jede Partei sollte daher abwägen, wie hoch das Risiko eines Vertragsabbruchs ist, bevor sie Ausgaben für Anwälte, Berater, Gutachter usw. tätigt. Ist das Verhalten des verhandlungsabbrechenden Vertragspartners allerdings nach den gesamten Umständen nicht mit Treu und Glauben zu vereinbaren, besteht die Möglichkeit Schadensersatz aus culpa in contrahendo geltend zu machen und die vergeblichen Aufwendungen ersetzt zu bekommen. Dazu bedarf es aber einer Täuschung der Gegenseite über ihre Abschlussbereitschaft und die ist schwer nachzuweisen.

Der Unternehmenswert ist maßgeblich für die Festlegung des Kaufpreises. Wie kann dieser ermittelt werden? Und wer ist für die Wertermittlung zuständig?

Für die Ermittlung des Verkehrswertes eines Unternehmens haben sich in der Praxis drei Verfahren durchgesetzt: Das Ertragswert-, das Substanzwert- und das Marktwertverfahren. Bei der Ertragswertmethode entspricht der Verkehrswert des Unternehmens einfach dem Barwert seiner künftigen Überschüsse. Nehmen wir beispielsweise an, dass ein Unternehmen in Zukunft jedes Jahr einen Gewinn von 500.000 Euro erwirtschaftet und unser Kalkulationszinssatz 5 Prozent beträgt, so ist das Unternehmen heute 10.000.000 Euro wert.

Berechnen wir den Verkehrswert hingegen nach dem Substanzwertverfahren, so entspricht er dem Verkehrswert aller materiellen, immateriellen, betriebsnotwendigen und nicht betriebsnotwendigen Vermögensgegenstände abzüglich aller Schulden und Verbindlichkeiten des Unternehmens. Der Substanzwert kommt bei Unternehmensverkäufen jedoch fast nie zum Tragen. Wie der Name schon erahnen lässt, ergibt sich der Verkehrswert nach der Marktwertmethode aus dem Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage. Diese Methode kommt hauptsächlich bei börsennotierten Unternehmen zum Einsatz. Der Verkehrswert entspricht dann nämlich ganz einfach dem Börsenwert. Zur Feststellung des Verkehrswertes werden in der Regel unabhängige, professionelle Berater hinzugezogen, welche ein Gutachten anfertigen.

Was hat es mit dem Kalkulationszinssatz auf sich?

Wie zuvor schon kurz ausgeführt, verwenden Unternehmen einen Kalkulationszinssatz, um den Barwert von Zahlungsströmen zu errechnen. Dabei unterscheiden sich die Kalkulationszinssätze verschiedener Unternehmen teils deutlich. Zudem verwenden viele Unternehmen bei internen Kalkulationen einen anderen Zinssatz als nach außen. Die Erklärung, warum Abzinsung unerlässlich ist, ist einfach: Geld heute ist mehr wert als Geld morgen! Dass die Höhe des Zinssatzes eine entscheidende Rolle spielen kann, möchte ich an unserem Beispiel von eben aufzeigen. Wie wir berechnet haben, ist das Unternehmen bei einem Kalkulationszinssatz von 5 Prozent 10.000.000 Euro wert. Entspricht dies unserer Kalkulation, so würden wir das Unternehmen für einen Preis von 7.000.000 Euro sofort kaufen und uns über unser Schnäppchen freuen. Der Verkäufer hat hingegen möglicherweise einen Kalkulationszinssatz von 10 Prozent verwendet. Der Verkehrswert beträgt in diesem Fall nur 5.000.000 Euro und der Verkäufer freut sich, dass er sein Unternehmen so teuer verkaufen konnte.

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