Auf der Suche nach dem perfekten Antrieb gab es in der technischen Evolution des Autos Versuche mit Turbinen-, Solar- und gar Atomantrieben. Nicht jede Idee setzte sich durch, viele Einfälle gerieten in Vergessenheit. Ein Überblick.
Der Mobilitätssektor muss im Sinne des Klimaschutzes umdenken. Weg von fossilen Energieträgern, hin zu erneuerbaren Energien. Momentan stehen konventionelle, verbrennungsmotorische Antriebe mit dem Elektro-Antrieb noch im Wettbewerb. Welcher Antrieb ist aber der beste? Die Diskussion um diese Frage wird seit Langem mit immer wechselnder Intensität diskutiert. Sie wird bestimmt von ökonomischen, ökologischen, politischen und technischen Faktoren. Deshalb ist die Suche nach alternativen Antrieben schon seit Jahrzehnten ein Thema. Experimentiert wird und wurde vor allem mit neuartigen Motoren, Antriebssystemen oder Kraftstoffen, doch nicht alle sind oder waren umweltfreundlich, praktikabel oder leistungsfähig. Die Suche nach Antriebsalternativen von gestern bis heute haben wir in einer Übersicht für Sie zusammengestellt.
Kohlenstaubmotor
Der Kohlenstaubmotor war ein Hubkolbenmotor, der – statt mit flüssigem Kraftstoff – mit feinem Kohlenstaub vermischt mit Petroleum als Zündstoff betrieben wurde. Schon 1824 hat der französische Physiker Sadi Carnot Kohlenstaub als Brennstoff erwähnt. Die Entwicklung des Kohlenstaubmotos wurde in Deutschland von 1916 bis 1940 intensiv vorangetrieben. Jedoch stellte sich der vom Prinzip als Dieselmotor ausgelegte Kohlenstaubmotor als eine Fehlentwicklung heraus. Als nachteilig erwiesen sich insbesondere die Staubzuführung und -zuteilung, der hohe Verschleiß durch harte Ascheteilchen, der Aufwand für Zylinderwandspülung, die Ölverschmutzung und Schlackenbildung. Weil auch mechanischer und thermischer Wirkungsgrad die Werte des Dieselmotors nicht erreichten, bestand kein Anreiz zur Weiterentwicklung.
Atomantrieb / Nuklearantrieb
In den 50er Jahren wurden Studien für atomgetriebene Automobile vorgestellt, wie zum Beispiel der Ford Nucleon mit überlangem Heck. Der Wagen sollte mit Kernbrennstoff betrieben werden. Dafür war ein kleiner, zwischen den Hinterrädern aufgehängter Kernreaktor vorgesehen. Der dreisitzige Nucleon sah aber nie die Straße. Ford baute nur ein Modell, das nicht funktionierte. Produziert wurde es nie.
Gasturbine
In den 1950er-, -60er- und -70er-Jahren tobte ein weltweiter Entwicklungswettbewerb um die Gasturbine, eine Verbrennungskraftmaschine mit kontinuierlicher innerer Verbrennung, zum Antrieb von Pkw und Nutzfahrzeugen, schreibt Martin Westerhoff in seinem Report Gasturbinenantriebe – Die einstige Hoffnung aus der MTZ 7-8-2016. Gegenüber dem Hubkolbenmotor biete die Gasturbine einige Vorteile, wie zum Beispiel Vielstofffähigkeit, erschütterungsfreien Lauf, geringer Verschleiß oder lange Wartungsintervalle, so Olaf von Fersen im Kapitel 100 Jahre Evolution aus dem Buch Ein Jahrhundert Automobiltechnik. Als Nachteile stünden ein deutlich höherer Kraftstoffverbrauch, die für gute Wirkungsgrade erforderlichen großen Wärmetauscher, für den Serieneinsatz im Fahrzeug noch nicht wirtschaftlich verfügbare Materialien für Bauteile der Brennkammern, eingeschränkte Eignung für kleinere Baugrößen sowie ein schlechteres Ansprechverhalten gegenüber, so zu lesen im Kapitel Formen und neue Konzepte aus dem Vieweg Handbuch Kraftfahrzeugtechnik. Vergeblich waren die Bemühungen um die Gasturbine aber nicht – Erkenntnisse und neue Materialien dieser Epoche lassen sich bis heute, zum Beispiel in der Energie- und Kraftwerkstechnik oder Luftfahrt, nutzen.
Kreiskolbenmotor / Wankelmotor
In den 1960er Jahren versprach der Kreiskolbenmotor eine Alternative zum Hubkolbenmotor zu werden. "Seine Kinematik, Leistungsdichte und kompakte Bauart sind Vorteile gegenüber Hubkolben-Triebwerken", beschreiben die Springer-Autoren Claus Breuer und Stefan Zima die Vorzüge des Motors im Kapitel Geschichtlicher Rückblick aus dem Handbuch Verbrennungsmotor. Für ihn spricht auch die Einsatzmöglichkeit alternativer Kraftstoffe wie Wasserstoff. Letztlich haben aber für viele Automobilhersteller auch die Nachteile des Kreiskolbenmotors überwogen. "Begrenztes Verdichtungsverhältnis, ungünstiger Brennraum, Verbrennung mit hohem Gleichdruckanteil, 'späte' Verbrennung in die Expansion hinein, problematische Abdichtung des Arbeitsraumes führen zu hohen Verbräuchen und schlechten Abgaswerten", erklären die Springer-Autoren Breuer und Zima. Einer der wenigen Autobauer, die die Entwicklungsarbeiten am Wankelmotor bis heute fortführen, ist Mazda. Ein Kreiskolbenmotor als Range Extender soll ab Anfang 2023 die Reichweite des elektrischen Mazda MX-30 verlängern.
Elsbett-Motor
Ludwig Elsbett hat einen speziell für Pflanzenöle ausgelegten Motor entwickelt, der nach dem Dieselprinzip arbeitet und seit 1980 serienreif ist. Laut Springer-Autor Dieter Osteroth stellt sich aber beim Elsbett-Motor folgende Herausforderung, wie er im Kapitel Pflanzliche Öle und Fette als Rohstoffe aus den Buch Biomasse erläutert: "Bei der Verbrennung von Pflanzenölen bilden sich Ablagerungen an den Brennraumwänden, die einen normalen Betrieb des Motors verhindern. Im Elsbett-Motor wird diese Erscheinung durch den patentierten Trick des 'Duotherm-Verfahrens' umgangen: Die angesaugte Verbrennungsluft wird bei der Kompression in einer tiefen Kolbenmulde in Rotation versetzt. Der Kraftstoff (neben Pflanzenölen können auch normaler Dieseltreibstoff und sogar Normalbenzin verwendet werden) wird in die Mitte des Luftwirbels gespritzt und hier verbrannt, während eine relativ kühle äußere Luftschicht die heiße Flammzone von den Brennraumwänden abschirmt. Der 'Duotherm-Luftwirbel' vermeidet Ablagerungen an den Wänden. Zugleich wird auch erreicht, dass der Motor ohne Wasserkühlung auskommt und teure, weil hochwarmfeste Werkstoffe für Kolben und Brennraum nicht notwendig sind".
Dieser geräuscharme Vielstoffmotor wurde in einigen Traktoren, Personen- und Lastwagen eingebaut. Wegen der geringen Preise für fossile Kraftstoffe konnte er sich nicht auf breiterer Basis durchsetzen. Die Autoindustrie fokussierte sich stattdessen auf Biodiesel.
Stirlingmotor
Stirlingmotoren für den Direktantrieb wurden zwischen 1960 und 1970 sowohl in Bussen (General Motors, MAN, DAF) als auch in Automobilen (Ford Torino) verbaut, so Springer-Autor Cornel Stan im Kapitel Thermische Antriebe des Buches Alternative Antriebe für Automobile. Auch als Range Extender wurden Stirlingmotoren eingesetzt, wie in einem Opel Kadett von 1967. Mit der Einführung damals strenger Abgaswerte Ende der 1970er‑ und in den 1980er‐Jahren, also zu einer Zeit, als keine hochwirksame Abgasnachbehandlung verfügbar war, wurden Stirlingmotoren intensiv als Fahrzeugantrieb untersucht, erklärt Springer-Autor Helmut Eichlseder im Kapitel Verbrennungsmotoren – gestern, heute, morgen aus dem Buch Grundlagen Verbrennungsmotoren. Vorteilhaft am Motor sei die Möglichkeit der externen, damit vom Arbeitsspiel unabhängigen Verbrennung sowie die Nutzung auch einer nicht durch Verbrennung bereitgestellten Wärme, so Eichlseder. Die entkoppelte und kontinuierliche Verbrennung erlaube auch den Einsatz von für innere Umsetzung nicht geeigneten Brennstoffen und lasse eine extrem schadstoffarme Verbrennung zu. Mit der kontinuierlichen Verbrennung und den damit permanent temperaturbeaufschlagten Komponenten gehen laut Eichlseder jedoch Nachteile einher, wie träges Instationärverhalten sowie die begrenzte Temperatur der Wärmezufuhr mit dem damit verbundenen mäßigen Wirkungsgrad. Heute werden Stirlingmotoren nur als Nischenlösungen in stationären Anlagen beispielsweise in Blockheizkraftwerken und als geräuscharmer Antrieb von U‐Booten eingesetzt.
Dampfmotor
Dampfantriebe konkurrierten in der Frühzeit der Motorisierung etwa um das Jahr 1900 mit batterieelektrischen Antrieben und der Verbrennungskraftmaschine um die Vorherrschaft beim Pkw-Antrieb, erklärt Springer-Autor Helmut Eichlseder im Kapitel Verbrennungsmotoren – gestern, heute, morgen aus dem Buch Grundlagen Verbrennungsmotoren. Vorteile des Dampfmotors seien unter anderem die totale Geräuschlosigkeit, fehlendes Stoßen sowie fehlender Wechsel der Geschwindigkeiten mithilfe des Zahngetriebes. Nach einer beinahe 100‐jährigen Pause sei vor dem Hintergrund der amerikanischen Super‐Ultra‐Low‐Emission‐Vehicle(Sulev)‐Gesetzgebung äußere Verbrennung auch in Form von sogenannte Dampfmotoren wiederum konzipiert und als Prototyp ausgeführt worden. In Verbindung mit den bereits beim Stirlingmotor genannten Nachteilen bei äußerer Verbrennung wie begrenzter Wirkungsgrad, problematisches Instationärverhalten, Kaltstartzeit etc. sei auf absehbare Zeit keine Anwendung als konventioneller Fahrzeugantrieb zu erwarten, prognostiziert Eichlseder.
Wasserstoff-Verbrennungsmotor
Beim Wasserstoff-Verbrennungsmotor wird ein konventioneller Verbrennungsmotor mit Wasserstoff als Kraftstoff betrieben. Wie in herkömmlichen Benzinmotoren arbeitet der Gesamtprozess dabei nach dem Ottoprinzip. Bereits 1979 hat BMW seinen ersten Wasserstoff‐Vierzylindermotor vorgestellt. Im Vergleich mit anderen Antriebssystemen ist der Wasserstoff-Verbrennungsmotor nahezu schadstofffrei. Bei der Wasserstoffverbrennung fallen ausschließlich Stickoxide als emissionsrelevante Abgaskomponenten an. Um die im Abgas verbleibenden NOx-Emissionen auf ein Minimum zu reduzieren, hat das Start-up Keyou gemeinsam mit der TU Freiberg einen H2-DeNOx-Katalysator, der speziell auf das entwickelte H2-Brennverfahren abgestimmt ist, entwickelt. Keyou hat sich zum Ziel gesetzt, konventionelle Nfz-Dieselmotoren zu emissionsfreien H2-Motoren umrüsten und dem Wasserstoff-Verbrennungsmotor damit zum Comeback verhelfen. Mit einem von Keyou vorgestellten Ansatz lassen sich konventionelle Grundmotoren, zum Beispiel Dieselmotoren, in fremdgezündete H2-Verbrennungsmotoren mit Hoch-AGR-Magerbrennverfahren weiterentwickeln. Wie realistisch Wasserstoff für Verbrennungsmotoren ist, erläutert Frank Urbansky in seinem Online-Artikel. Insbesondere sind H2-Motoren für den Heavy-Duty-Bereich interessant und so wird es zum Beispiel bei Deutz konkret. Der Motorenhersteller will seinen ersten Wasserstoffverbrennungsmotor auf den Markt bringen. Der mit Keyou entwickelte TCG 7.8 H2 soll 2024 in Produktion gehen. Auch Toyota arbeitet am H2-Motor.
Dual-Fuel-Motor
Beim Dual-Fuel-Konzept handelt es sich um die Verknüpfung von zwei unterschiedlichen Kraftstoffen. Im Gegensatz zu bivalenten Brennverfahren werden im Dual-Fuel-Betrieb beide Kraftstoffe simultan im Brennraum umgesetzt. Prinzipiell sind unterschiedliche Kraftstoffkombinationen denkbar, wie beispielsweise Benzin-Diesel, Wasserstoff-Diesel oder Benzin-Erdgas. Jedoch wird typischerweise ein zündunwilliger mit einem zündwilligen Kraftstoff kombiniert. In einem Forschungsvorhaben an der TU Graz wurde beispielsweise versucht, den hohen Wirkungsgrad des Dieselmotors mit dem CO2-Einsparpotenzial von Erdgas in einem Erdgas-Diesel-Dual-Fuel-Brennverfahren zu vereinen. Durch den hohen Wirkungsgrad des DDI-Konzepts und den Einsatz von Erdgas könnten im Kennfeld CO2-Einsparungen zwischen 20 und 30 % im Vergleich zu Diesel- und Benzinmotoren erzielt werden. Allerdings ergeben sich noch speziell im Magerschichtbetrieb besondere Herausforderungen für die Abgasnachbehandlung. Durch die sich verschärfenden Emissionsanforderungen gewinnen Dual-Fuel-Motoren bei Schiffsanwendungen immer mehr an Bedeutung, wie MAN Energy Solutions SE im Artikel Echtzeitfähige Verbrennungssimulation eines Dual-Fuel-Motors für HiL-Anwendung erklärt. Zum Beispiel ist der Dual-Fuel-Motor 12X92DF von WinGD laut Guinness-Buch der Rekorde der "leistungsstärkste kommerzielle Verbrennungsmotor nach Bauart Otto für Schiffe".
Solarfahrzeuge
Solarfahrzeuge sind Fahrzeuge, die ihre Antriebsenergie direkt aus der Sonnenstrahlung beziehen. Die überwiegende Mehrheit der Solarfahrzeuge tut dies mittels Photovoltaik. Die Fahrzeuge sind dazu auf der Oberfläche mit Solarzellen bestückt, die die Sonnenenergie in elektrischen Strom umwandeln. Als Elektromobile führen sie häufig auch Akkus mit sich. Mit dem Sion hat das Münchner Start-up Sono Motors einen fünftürigen, elektrisch angetriebenen Kompakt-Van gebaut, der mit einer 30 kWh großen Batterie sowie mit Solarzellen ausgestattet ist. Weitere Beispiele für Solarautos sind die Langstrecken-Limousine Lightyear One und ein Toyota Prius Plug-in Hybrid, der die Batterien mit Solarzellen während der Fahrt lädt. Wie Springer-Autor Kai Borgeest im Kapitel Hybridantriebe und elektrische Antriebe des Buches Elektronik in der Fahrzeugtechnik erläutert, sei ein Serienfahrzeug, das seine gesamte Antriebsenergie aus Solarzellen bezieht, derzeit nicht realistisch. Jedoch sei die "Integration von Solarzellen im Fahrzeugdach [vorstellbar], um die v. a. in der Luxusklasse zunehmende Anzahl von Steuergeräten, die auch bei abgestelltem Fahrzeug arbeiten, zu versorgen und damit die Batterieentladung im Stillstand zu vermindern."
125 Jahre ATZ |
Anlässlich ihres 125-jährigen Jubiläums 2023 blickt die ATZ – Automobiltechnische Zeitschrift in einer Folge von zehn Artikeln auf einige Highlights, aber auch Kuriositäten der Automobiltechnik zurück. "Start mit Weitsicht" aus der ATZ 1-2023 ist der erste Teil des historischen Überblicks. |