Der Begriff des Scheiterns bezeichnet zunächst ein abgespaltetes, hergerichtetes Stück Holz. Zugleich umschreibt er umgangssprachlich einen Akt des Misslingens. Bei genauerer Betrachtung entzieht sich der Begriff jedoch einer eindeutigen Definition. In diesem Beitrag wird versucht, sich dem Scheitern durch 4 Beobachtungen und deren Deutungen zu nähern. Scheitern ist zunächst ein Phänomen der Moderne: Während im Mittelalter das individuelle Scheitern insofern kein Thema war, als ohnehin alle Menschen ‚verdammt‘ waren, ist in einer modernen, von der Generation Y bestimmten Zeit die Selbstverwirklichung die zentrale Prämisse des Lebens. So wird das Versagen zum individuellen Bedrohungsszenario.
Zugleich ist das Scheitern auch gesellschaftlich personalisiert: In der Regel kommen beim Scheitern viele Faktoren zusammen. Durch die Sühne des Sündenbocks entledigen sich soziale Systeme ihrer kollektiven Schuld und betreiben zugleich Komplexitätsreduktion. Wie groß das Scheitern ausfällt, scheint stets relativ zu sein: Ob man versagte oder letztendlich doch erfolgreich war, hängt maßgeblich vom Standpunkt und den damit verbundenen Bewertungen ab. Die Geschichte der Menschheit ist reich an Personen, die erfolglos Gold gesucht und Porzellan gefunden haben. Zu guter Letzt ist das Scheitern zum Kulturphänomen avanciert.
Man begegnet ihm in TV-Shows und Filmen, auf Veranstaltungen und Messen, in Kunstausstellungen, auf Internetseiten, in Büchern, Sonderausgaben von Zeitschriften und wissenschaftlichen Abhandlungen. Fasst man diese Beobachtungen zusammen, lässt sich festhalten: DAS Scheitern gibt es nicht.
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