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2020 | OriginalPaper | Buchkapitel

§ 5. Schutz des unmittelbaren Besitzes

verfasst von : Professor em. Dr. Dr. h.c. Hans Josef Wieling, Professor Dr. Thomas Finkenauer

Erschienen in: Sachenrecht

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Zusammenfassung

Der Besitzschutz ist in den §§ 858–864 geregelt, doch ist zu beachten, dass der gesamte Abschnitt von § 854 bis § 872 nur den Besitz als Voraussetzung des Besitzschutzes regeln soll; hier ist also nicht derjenige Besitz geregelt, der Voraussetzung eines Rechtserwerbs ist. Der Besitzschutz der §§ 858 ff. wird possessorischer Besitzschutz genannt, weil in ihm ausschließlich die possessio, der Besitz, geschützt ist, ganz unabhängig von jedem Recht zum Besitz. Das Recht zum Besitz ist hier also völlig außer Betracht zu lassen! Am besten macht man sich diesen Besitzschutz klar, wenn man sich als Geschützten einen Besitzer vorstellt, der keinerlei Recht zum Besitz hat, z. B. also einen Besitzer, der die Sache durch Raub, Diebstahl oder Unterschlagung erlangt hat. Ein solcher Besitzer ist nach den §§ 858 ff. in seinem Besitz grundsätzlich gegen jede Störung geschützt, mag sie auch vom Eigentümer ausgehen.

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Fußnoten
1
Vgl. Protokolle der 2. Kommission, in: Mugdan III, 502.
 
2
Zu den beiden Funktionen des Besitzes vgl. § 3 Rn. 2 f.
 
3
Vgl. zum Grund des Besitzschutzes § 3 Rn. 7.
 
4
Zum Besitzschutz nach dem DCFR von 2007 Staudinger/Klinck, Eckpfeiler, Rn. U 237.
 
5
Vgl. etwa BGHZ 181, 223; Palandt/Herrler § 858 Rn. 2; Soergel/Stadler § 858 Rn. 3.
 
6
BGH NJW 2016, 863 Rn. 16 ff. zur Benutzung eines Parkplatzes ohne Zahlung der Gebühr; dazu auch Staudinger/Klinck, Eckpfeiler, Rn. U 45.
 
7
Vgl. etwa Staudinger/Gutzeit, 2018, § 858 Rn. 18; MünchKomm/Schäfer § 858 Rn. 7; Soergel/Stadler § 858 Rn. 9; Palandt/Herrler § 858 Rn. 5; Westermann/Gursky § 21 Rn. 2; a. A. Baur/Stürner § 9 Rn. 5; Prütting Rn. 109.
 
8
Vgl. RGZ 146, 182, 186; OLG Stuttgart NJW 2012, 625, 626; Westermann/Gursky § 21 Rn. 2; MünchKomm/Schäfer § 858 Rn. 7; Prütting Rn. 109. Einschränkend meint BGH NJW 2012, 1725 Rn. 10 ff., dass ein Hausverbot, also der Widerruf einer Zutrittsgestattung aufgrund des Hausrechts (dazu BGHZ 124, 39), dann nicht erklärt werden kann, wenn der Besitzer verpflichtet ist, Zutritt zu gewähren (Hotelier gegenüber dem Vorsitzenden der NPD); für den Widerruf verlangt er einen berechtigten Grund. Damit verkennt er, dass die Gestattung einer Besitzbeeinträchtigung jederzeit frei widerruflich ist, richtig Baur/Stürner § 9 Rn. 14.
 
9
Vgl. Prütting Rn. 110; MünchKomm/Schäfer § 858 Rn. 8; Westermann/Gursky § 21 Rn. 6 f.
 
10
Dabei spielt es keine Rolle, ob er als Erbe bereits Besitz an den Nachlasssachen ergriffen hat oder ob er nach § 857 besitzt.
 
11
Also in den Besitz desjenigen Besitzers, dem der Besitz entzogen wurde, vgl. zur Terminologie § 859 III.
 
12
Wie hier (Enden der Fehlerhaftigkeit) Westermann/Gursky § 21 Rn. 9; Prütting Rn. 111; anders (Erlöschen der Ansprüche) MünchKomm/Schäfer § 864 Rn. 1.
 
13
Zum Fall, dass der Besitzdiener durch verbotene Eigenmacht den Besitz erwirbt, Wieling § 5 II 2 c.
 
14
Also keine harten Steine, wenn auch der Wurf mit einer weichen Kartoffel zur Verteidigung des Grundbesitzes gegen rechtswidrig eindringende Pkw ausreicht, vgl. AG Hadamar NJW 1995, 968.
 
15
Vgl. Baur/Stürner § 9 Rn. 11; Vieweg/Werner § 2 Rn. 55; unklar BGH NJW 2009, 2530, 2531.
 
16
Lorenz, NJW 2009, 1025, 1026; offen gelassen von BGH NJW 2016, 2407, 2408; differenzierend Schwarz-Ernst, NJW 1997, 2550.
 
17
Die ortsüblichen Abschleppkosten kann der Besitzer vom Fahrzeugführer und -halter nach §§ 683, 670 und ggf. nach § 823 I verlangen, vgl. BGH NJW 2016, 2407 ff.; ausführlich zu den Rechten des Besitzers in diesen Fällen Schwarz-Ernst, NJW 1997, 2550; Lorenz, NJW 2009, 1025; nicht anwendbar ist dagegen §§ 823 II, 858 I (str., vgl. § 5 Rn. 25).
 
18
Trifft der Bestohlene nach einiger Zeit den Dieb mit der Sache und will er sie ihm gewaltsam abnehmen, so hat der Dieb das Recht der Besitzwehr, seine Verteidigung ist rechtmäßig (wenn nicht § 229, erlaubte Selbsthilfe, eingreift).
 
19
So ausdrücklich Protokolle der 2. Kommission, in: Mugdan III, 509; richtig Staudinger/Klinck, Eckpfeiler, Rn. U 51; anders zu Unrecht die h. M., die nur § 227 I anwendet, vgl. etwa Staudinger/Gutzeit, 2018, § 859 Rn. 3; RGRK/Kregel § 859 Rn. 1.
 
20
Der Eigentümer hat zugleich das Selbsthilferecht nach § 229 und den Anspruch aus § 1004.
 
21
So zutreffend Heck § 13, 5.
 
22
Protokolle der 2. Kommission, in: Mugdan III, 509.
 
23
Vgl. RGRK/Kregel § 860; Westermann/Gursky § 22 Rn. 3, der aber einschränkend das Handeln von Helfern vom Selbsthilferecht des Besitzers gedeckt sein lässt.
 
24
Vgl. Soergel/Fahse § 229 Rn. 9; Staudinger/Gutzeit, 2018, § 859 Rn. 18; ausf. Wieling § 5 III 2 a; nur bei anschließender Genehmigung durch den Anspruchsinhaber: MünchKomm/Grothe § 229 Rn. 2; die letztgenannte Auffassung entspricht nicht den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag.
 
25
Besitzkehr nach 7 Stunden ist jedenfalls nicht mehr „sofort“, wie das AG München zutreffend feststellt, NJW 1996, 853 f.; die Nachtzeit lässt unberücksichtigt LG Frankfurt am Main NJW-RR 2003, 311.
 
26
Vgl. dazu Wieling § 5 III 2 c a. E.; zust. Westermann/Gursky § 22 Rn. 5.
 
27
BGH NJW 2008, 580 Rn. 13.
 
28
Der Besitz kann dem Besitzer zwar tatsächliche Vorteile bringen, etwa Nutzungsmöglichkeiten; solchen Aktiva stehen aber gleich hohe Passiva in Form von Ausgleichsansprüchen des wirklich Berechtigten entgegen, so dass der Vermögenswert des reinen Besitzes gleich Null bleibt. Zum Wert des Besitzes ausf. Wieling § 5 IV 1 b.
 
29
Vgl. Motive III, 124; Westermann/Gursky § 23 Rn. 6; Müller/Gruber Rn. 328; MünchKomm/Schäfer § 861 Rn. 6; Schapp/Schur Rn. 125; zu § 285 so auch Lieder, JuS 2011, 874, 876.
 
30
Vgl. Motive III, 119.
 
31
Dazu Wieling § 5 IV 1 b.
 
32
Bei offenen, nicht eingezäunten oder sonst markierten Grundstücken, wie z. B. bei Waldgrundstücken, ist im Betreten jedoch regelmäßig keine verbotene Eigenmacht zu sehen, vgl. Planck/Brodmann § 862 Erl. 2 a α.
 
33
BGH NJW 2015, 2023 Rn. 5 zur Geruchsbelästigung durch starkes Rauchen auf dem Balkon.
 
34
Vgl. Prütting Rn. 125; Wolf § 2 D IV c 3; Eichler II/1, 265.
 
35
Vgl. Planck/Brodmann § 862 Erl. 2 a; Staudinger/Gutzeit, 2018, § 858 Rn. 15.
 
36
Sog. „kalte“ oder „sibirische“ Räumung.
 
37
Vgl. BGHZ 180, 300 Rn. 24 ff.; Wieling § 5 IV 2 a; Staudinger/Klinck, Eckpfeiler, Rn. U 44; Neuner, Sachenrecht, Rn. 89; a. A. Baur/Stürner § 9 Rn. 22. – Zu Recht anders für den digitalen Fernzugriff auf ein Gerät, etwa zu seiner Sperrung, Kuschel, AcP 220 (2020), 98, 124.
 
38
Soergel/Stadler § 862 Rn. 3; Palandt/Herrler § 862 Rn. 8.
 
39
RGZ 97, 25, 26: Haftung des Inhabers einer Fliegerschule, wenn Schüler in geringer Höhe Grundstücke überfliegen.
 
40
Haftung des Verpächters einer Gastwirtschaft für Wirtshauslärm, RGZ 47, 163.
 
41
Vgl. Motive III, 125.
 
42
Staudinger/Klinck, Eckpfeiler, Rn. U 57; vgl. auch § 23 Rn. 91 f. Nach BGH NJW 2016, 863 Rn. 21 f. ist dagegen für die Zurechnung erforderlich, dass der störende Zustand wenigstens mittelbar auf den Willen des Zustandsstörers zurückzuführen ist.
 
43
Vgl. RGZ 134, 234; Wolff/Raiser § 17 I 2 b.
 
44
Vgl. RG JW 1910, 654; auch RGZ 127, 34.
 
45
Soergel/Stadler § 862 Rn. 4; Staudinger/Gutzeit, 2018, § 862 Rn. 3 f.
 
46
Motive III, 129 f.
 
47
Zur dolo-agit-Einrede oben § 1 Fn. 12.
 
48
Westermann/Gursky § 23 Rn. 7; andere auf § 242 gestützte Einreden sind möglich.
 
49
Vgl. Palandt/Herrler § 863 Rn. 2; Staudinger/Gutzeit, 2018, § 863 Rn. 7; Heck § 14, 5 a; MünchKomm/Schäfer § 863 Rn. 5.
 
50
Vgl. Wieling § 5 IV 3 a; Soergel/Stadler § 863 Rn. 3.
 
51
Anders natürlich, wenn die Störung in einer Drohung besteht.
 
52
Dasselbe gilt, wenn ein Rechtsvorgänger des Klägers die verbotene Eigenmacht begangen hatte, wenn im Beispiel etwa X die Sache dem E entzogen hatte und X von B beerbt wurde, oder wenn X die Sache auf den bösgläubigen B überträgt.
 
53
Petitorium absorbet possessorium („Ein Urteil über das Recht verschluckt ein Besitzschutzurteil“). Es genügt auch ein Leistungsurteil.
 
54
§ 864 II ist entsprechend anzuwenden auf ein vorläufig vollstreckbares Urteil und auf eine einstweilige Verfügung, s. Wieling § 5 IV 3 d; anders Zeising, Jura 2010, 248, 250.
 
55
Dazu ausf. Wieling § 5 IV 3 e sowie Loyal, ZfPW 2019, 356, 381; s. zudem die Examensklausur von Finkenauer, JuS 2015, 818.
 
56
Zum Mitbesitz vgl. § 4 Rn. 8; ausf. zu seinem Schutz Wieling § 5 IV 4.
 
57
Eingehend Wieling § 5 IV 5.
 
58
Den gleichen Anspruch gibt § 1005 dem Eigentümer der beweglichen Sache.
 
59
Vgl. § 3 Rn. 6.
 
60
Vgl. BGHZ 73, 355; BGH NJW 1981, 865, 866; Wieling, FG v. Lübtow, 1980, 565, 580 f. m. w. N.; vgl. weiter Planck/Brodmann § 858 Erl. 2; Soergel/Stadler Vor § 854 Rn. 13; Soergel/Spickhoff § 812 Rn. 98; Röthel/Sparmann, Jura 2005, 460 f.
 
61
Anders für den berechtigten Besitzer BGHZ 73, 355, 362; 79, 232, 237; BGH NJW 2009, 2530, 2531 (Falschparker); Palandt/Herrler § 858 Rn. 1; wie hier Westermann/Gursky, § 7 Rn. 8 a. E.; MünchKomm/Wagner § 823 Rn. 290; Medicus, AcP 165 (1965), 115, 118 f., 137, 149; Finkenauer, JuS 2015, 818, 825; Staudinger/Klinck, Eckpfeiler, Rn. U 65 mit zutr. Hinweis auf eine evtl. mögliche Anwendung des verschuldensunabhängigen Anspruchs aus § 231.
 
62
Vgl. Rn. 7. Nichts anderes gilt, wenn man die herrschende Friedenstheorie als Gesetzeszweck zugrunde legt.
 
63
Vgl. auch Rn. 14.
 
64
Vgl. Rn. 6.
 
Metadaten
Titel
§ 5. Schutz des unmittelbaren Besitzes
verfasst von
Professor em. Dr. Dr. h.c. Hans Josef Wieling
Professor Dr. Thomas Finkenauer
Copyright-Jahr
2020
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-61798-4_5