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2020 | OriginalPaper | Buchkapitel

§ 6. Mittelbarer Besitz

verfasst von : Professor em. Dr. Dr. h.c. Hans Josef Wieling, Professor Dr. Thomas Finkenauer

Erschienen in: Sachenrecht

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Zusammenfassung

Der mittelbare Besitz hat sich aus der possessio des römischen Vermieters, Verpächters usw. entwickelt. Nach römischer Verkehrsanschauung stand die tatsächliche Sachgewalt nicht dem Mieter, Pächter, Verwahrer usw. zu, sondern dem Vermieter, Verpächter, Hinterleger etc. Der Mieter hatte eine dem heutigen Besitzdiener vergleichbare Stellung. Dagegen betrachtete die germanische Verkehrsanschauung den Mieter usw. als Inhaber der tatsächlichen Gewalt. Mit der Rezeption stieß das römische Recht mit der germanischen Verkehrsanschauung zusammen. Beide behielten im gemeinen deutschen Recht ihre Bedeutung. Die germanische Verkehrsanschauung setzte sich durch, indem man dem Mieter usw. die tatsächliche Gewalt zuerkannte. Er wurde possessorisch geschützt durch eine aus dem kanonischen Recht stammende „Spolienklage“. Der Vermieter, obwohl nicht mehr als Inhaber der Sachgewalt angesehen, behielt jedoch den römischrechtlichen Besitzschutz. Zu seinen Gunsten wurde eine Sachgewalt fingiert. Es gab somit einen zweifachen Besitz, den unmittelbaren Besitz kraft Verkehrsanschauung und den fiktiven mittelbaren Besitz kraft Geschichte. Das BGB hat diese Regelung im Wesentlichen übernommen.

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Fußnoten
1
MünchKomm/Götz § 868 Rn. 8 f.
 
2
Schapp/Schur Rn. 56; Müller/Gruber Rn. 446; Westermann/Gursky § 16 Rn. 9; Staudinger/Gutzeit, 2018, § 868 Rn. 5.
 
3
Vgl. Protokolle der 2. Kommission, in: Mugdan III, 515, 668; wie hier Sosnitza, Besitz und Besitzschutz, 2003, 17 f.; ausf. Wieling, Studi in onore di Cesare Sanfilippo I, 1982, 715, 728 ff.
 
4
Herrschend wird nicht korrekt zwischen dem vertraglichen oder gesetzlichen Rechtsverhältnis (der Leihe, Verwahrung etc.) und dem Besitzmittlungsverhältnis unterschieden.
 
5
So BGH NJW 1986, 2438, 2439; NJW 2016, 495 Rn. 11; Prütting Rn. 83; Westermann/Gursky § 16 Rn. 7; Baur/Stürner § 7 Rn. 45; anders Kreß, Besitz und Recht, 1909, 200.
 
6
Vgl. Rn. 1.
 
7
Vgl. etwa BGH NJW 1953, 1506, 1508; Staudinger/Gutzeit, 2018, § 868 Rn. 23; Westermann/Gursky § 17 Rn. 8; MünchKomm/Schäfer § 868 Rn. 16; Prütting Rn. 83; Schapp/Schur Rn. 57; Vieweg/Werner § 2 Rn. 2; Bömer, Besitzmittlungswille und mittelbarer Besitz, 2009, 264.
 
8
Heck § 11, 6 a; Wolf § 2 B II b 4; Soergel/Henssler § 930 Rn. 20; ausf. Wieling § 6 II 3 b, 4; ders., AcP 184 (1984), 439 ff.; Brand, ZBB 2015, 40, 44 f.; so nun auch in der Sache BGH NJW 2016, 495 Rn. 11.
 
9
Staudinger/Klinck, Eckpfeiler, Rn. U 76; Kim, LMK 2016, 375135.
 
10
Vgl. Motive III, 99; Protokolle der 2. Kommission, in: Mugdan III, 516 f.; Wolf § 2 B II b 4; BGH NJW 1955, 499; BeckOK/Fritzsche § 930 Rn. 6; gegen den Besitzmittlungswillen als Voraussetzung Bömer, Besitzmittlungswille (Fn. 7), 262.
 
11
S. nur Müller/Gruber Rn. 471 f.; Westermann/Gursky § 18 Rn. 2.
 
12
Vgl. Wieling § 6 II 5; Westermann/Gursky § 18 Rn. 2 sowie unten § 9 Rn. 41. Die gegenteilige Ansicht (Palandt/Herrler § 868 Rn. 8), die einen Besitzerwerb unabhängig vom Besitzwillen des Geschäftsherrn annimmt, beruft sich zu Unrecht auf RGZ 98, 131, 134; das Reichsgericht nimmt einen mittelbaren Besitz des Geschäftsherrn erst nach dessen Genehmigung an. Vertretung in der Fassung von Besitzwillen ist allerdings möglich, vgl. § 4 Rn. 30.
 
13
Vgl. § 4 Rn. 26 f.
 
14
Ausf. Wieling § 6 III 1 c.
 
15
Und zwar neben der Möglichkeit aus § 870 (vgl. dort „kann“), vgl. Protokolle der 2. Kommission, in: Mugdan III, 629; Wieling § 6 III 2 a; Staudinger/Klinck, Eckpfeiler, Rn. U 80.
 
16
Dem gleichgestellt ist der gesetzliche Forderungsübergang nach §§ 566, 1922.
 
17
§§ 404 ff. sind zu seinen Gunsten anwendbar.
 
18
Zum Vorstehenden O. v. Gierke II § 115 IV 2 d.
 
19
Beispiel: Der Erblasser hat eine Sache in Verwahrung gegeben, der Verwahrer bestätigt gegenüber dem Scheinerben seine Herausgabebereitschaft. Dadurch ist der Scheinerbe mittelbarer Besitzer, einen Herausgabeanspruch hat er jedoch nicht.
 
20
Eingehend Wieling, AcP 184 (1984), 439, 459 f.
 
21
Vgl. etwa Palandt/Herrler § 870 Rn. 1.
 
22
Vgl. § 4 Rn. 16.
 
23
Wieling, AcP 184 (1984), 439, 460 f.
 
24
Herausgabeanspruch und mittelbarer Besitz können also verschiedenen Personen zustehen: Überträgt ein Minderjähriger seinen mittelbaren Besitz nach § 870, so geht dieser Besitz über, da die Besitzübertragung nach § 870 kein Rechtsgeschäft ist. Der Herausgabeanspruch dagegen geht nicht über, dessen Zession nach § 398 ist ein Rechtsgeschäft.
 
25
Vgl. §§ 1007 III 1, 940 II.
 
26
Vgl. Westermann/Gursky § 18 Rn. 4; Wolff/Raiser § 15 II 1 c.
 
27
RGZ 135, 75 ff. („Zuckerfall“); 138, 265 ff.; BGHZ 28, 27; BGH NJW 1979, 2037, 2038; Baur/Stürner § 7 Rn. 59; Wilhelm Rn. 508; Voigt, Die Funktion mittelbaren Besitzes beim Mobiliarerwerb, 2012, 58 ff.
 
28
Weshalb es einen gutgläubigen Erwerb nach § 934 (2) bejaht hat; zustimmend z. B. Wolf § 2 B III c 3; MünchKomm/Schäfer § 868 Rn. 20; Westermann/Gursky § 18 Rn. 7; Tiedtke, Jura 1983, 465; andere plädieren nach dem Prioritätsprinzip für das Fortbestehen des ursprünglichen Besitzes des E; so Staudinger/Klinck, Eckpfeiler, Rn. U 77; Soergel/Stadler § 868 Rn. 21; Picker, AcP 188 (1988), 511, 564 f.; Bömer, Besitzmittlungswille (Fn. 7), 262.
 
29
So z. B. auch Wolff/Raiser § 15 II 2; Baur/Stürner § 52 Rn. 24; Medicus/Petersen Rn. 558; Weber, JuS 1999, 1, 5.
 
30
Vgl. § 9 Rn. 23; § 10 Rn. 24.
 
31
Vgl. zum Vorstehenden § 5 Rn. 8, 10.
 
32
H. M., vgl. RGZ 69, 197, 198; Staudinger/Gutzeit, 2018, § 896 Rn. 5; anders Wilhelm Rn. 536.
 
33
§ 5 Rn. 23.
 
34
Anders natürlich, wenn zusätzlich ein Recht zum Besitz verletzt ist.
 
Metadaten
Titel
§ 6. Mittelbarer Besitz
verfasst von
Professor em. Dr. Dr. h.c. Hans Josef Wieling
Professor Dr. Thomas Finkenauer
Copyright-Jahr
2020
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-61798-4_6