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27.05.2019 | Agile Methoden | Schwerpunkt | Online-Artikel

Agile Inception als nachhaltiges Gesellschaftskonzept

verfasst von: Boris Gloger

4:30 Min. Lesedauer

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Agile Prinzipien sind längst gang und gäbe in Unternehmen, werden aber häufig in ihrer Tragweite unterschätzt, meint Boris Gloger. Der Managementberater ist überzeugt, das Agilität ein ESG-Turbo ist, der Unternehmen dabei unterstützt, nachhaltig ihre Gewinne zu steigern.


Seit 2017 müssen große Unternehmen ab 500 Mitarbeitern in einem ESG-Bericht (environmental, social, governance) offenlegen, welche Nachhaltigkeits-Maßnahmen sie umsetzen. Doch während die Mühlen der meisten Unternehmen noch langsam mahlen und Konzepte erstellt werden, die des Greenwashings verdächtig sind, drängen gleichzeitig die Stimmen nach härteren Auflagen für Corporate Social Responsibility aus der Gesellschaft. 

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Agile Inception – ein Gedanke revolutioniert die Wirtschaft

Unzufriedene Softwareentwickler verschicken manchmal Computerviren – und manchmal revolutionieren sie einfach die Arbeitswelt. Das 2001 veröffentlichte Agile Manifesto hat in den letzten Jahren nicht nur in der Softwareentwicklung das tayloristische Managementparadigma aufgebrochen, sondern ist gerade dabei, Unternehmen aller Branchen zu durchdringen. 

Anstatt nun weiterhin Industrie gegen Umwelt und Gesellschaft auszuspielen, sollten Unternehmen den Nachhaltigkeitsauftrag selbst in die Hand nehmen und ihre Geschäftsmodelle in nachhaltige Geschäftsmodelle ändern. Dabei können sie von den Besten lernen. Ob Outdoor-Ausrüster Vaude, Automobilzulieferer Valeo oder das Netzwerkunternehmen Cisco Systems – diese Unternehmen sind Beispiele für den Blend aus Digitalisierung und nachhaltiger Innovation. Sie setzen alle auf das gleiche Betriebssystem namens "Agile".

Das Agile Manifesto als Wegbereiter für nachhaltiges Handeln

Agilität ist eine Haltung, das ethisch Richtige zu tun, haben diese Unternehmen erkannt. In der Folge verdienen sie mehr und werden wertvoller, obwohl sie auf schnellen Umsatz verzichten. Ganz elementar ist dabei das "Mindset". Angelehnt an den Grundgedanken agiler Arbeitsweisen wie etwa Scrum zeichnen sie sich durch eine Einstellung zum Umgang mit Mitarbeitern, Kunden und dem Management aus, die von Selbstverantwortung und dem freiwilligen Willen zur Leistung geprägt ist. Bei Vaude führte diese Haltung zu besseren Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie, bei Valeo zu verschiedenen sozialen Projekten rund um den Globus.

Viele der zugrundeliegenden Prinzipien und Werte sind nicht neu. Das Agile Manifesto, also jene Grundsätze, die siebzehn unzufriedene Software-Entwickler vor mehr als 15 Jahren ins Leben riefen, geben die heute noch aktuellen Richtlinien vor, die unsere digitale wissensbasierte Netzwerkgesellschaft humaner machen können. Die agilen Gründerväter konstatierten:

  • Individuen und Interaktionen stehen über Prozessen und Werkzeugen.
  • Funktionierende Software steht über umfangreicher Dokumentation.
  • Die Zusammenarbeit mit dem Kunden steht über der Verhandlung von Verträgen.
  • Das Reagieren auf Veränderungen steht über dem Befolgen eines Plans.

Drei Aspekte sind zentral, um diese Pinzipien auf nachhaltige Geschäftsmodelle und Beziehungen anzuwenden:

Agilität als ganzheitlicher Ansatz braucht Aufmerksamkeit des Managements

"Wir führen Scrum ein und steigern unsere Produktivität". Doch das lose Einführen agiler Methoden funktioniert nicht. Wenn nur 15 von 2.000 Mitarbeitern Lust haben, mitzumachen – ausschließlich des CEOs – ist das ein untrügliches Zeichen dafür, dass der Veränderungswille noch nicht angekommen ist. Nachhaltigkeit im Unternehmen fängt immer mit den Menschen an der Spitze an. Alles an ihnen wirkt kulturstiftend. Die Führungsspitze bestimmt, ob nur ein oberflächlicher agiler Anstrich oder ein echter Kulturwandel möglich ist. Die erfolgreichen Unternehmen begannen ihre Umstellung hin auf ein neues gesellschaftliches Ziel. Sie veränderten die Vision des Unternehmens, setzen darauf, sinnbasiert zu arbeiten – und sie nutzen agile Methoden, um schnelle Ergebnisse zu erzielen. Dabei ist "agil zu werden" kein Ziel, sondern nur das Mittel, um die nachhaltigen Ziele schneller und gemeinsam mit den eigenen Kollegen zu erreichen.

Agilität stellt den Menschen und Spaß an der Arbeit in den Mittelpunkt

"Nachhaltig" ist etwas, das sich auf längere Zeit auswirkt. Das gilt auch für Spaß bei der Arbeit. Entstanden aus einem Überdruss an gescheiterten Projekten, erkannten die agilen Gründerväter, dass Arbeit Sinn stiftend sein muss. Nur dort, wo Ideen mehr zählen, als starre Prozesse, wo Umwege erlaubt sind und wir ausprobieren dürfen, ist Nachhaltigkeit überhaupt möglich. Es ist nicht unprofessionell, sich nicht an vordefinierte Prozesse zu halten. Das, was außerhalb der Schablonen passiert, bringt ein Unternehmen im Gegenteil voran. Gleichzeitig stellt sich heraus: Menschen, die mit entscheiden dürfen, die gehört werden, die sich also als wirksam empfinden, sind gesünder und weniger oft krank. Sie sind motiviert und wollen sich einbringen.

Nachhaltige Unternehmen bestechen durch Vertrauen

In vielen Unternehmen vertrauen Mitarbeiter ihren Führungskräften nicht. Das kostet bares Geld. Je höher das Vertrauen in die Führung ist, desto sicherer fühlen sich die Menschen und umso produktiver sind sie, belegen Studien. Mitarbeiter merken schnell, ob Vorgesetzte ihnen vertrauen. In "Vertrauen" steckt auch "Ich traue dir etwas zu". Taktieren rückt in den Hintergrund. 

Vertrauen also eine Frage des Verhaltens. Organisationen funktionieren genau dann, wenn es der Führung gelingt, das grundlegende Vertrauen aufzubauen. Dies funktioniert mit gemeinsamen Werten und einem Ziel, das Sinn stiftet – sowohl für die Führungskraft als auch für den Mitarbeiter. Vertrauen aufzubauen und zu entwickeln, ist eine Kulturleistung der einzelnen Menschen in einem Unternehmen, die von der Führung vorangetrieben wird. 

Fazit: Agile Managementframeworks unterstützen mit ihren Werten bei diesem Kulturwandel, Dreh- und Angelpunkt ist jedoch immer der Mensch. Keine Methode und kein Tool der Welt können eine Organisation eigenständig transformieren. Als Werkzeuge helfen sie Menschen bei der Veränderung – den Weg gehen müssen diese selbst.

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