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26.08.2020 | Agile Methoden | Interview | Online-Artikel

"Das Warum der Transformation nachvollziehbar kommunizieren"

verfasst von: Utz Schäffer

4:30 Min. Lesedauer

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Im Gespräch mit der Controlling & Management Review erläutert Eprimo-CFO Hans-Martin Hellebrand, wie Agilität Unternehmen in einem komplexen, sich ständig verändernden Umfeld hilft, sich schneller anzupassen und nachhaltig erfolgreich zu sein. 

Controlling & Management Review: Welche Auswirkungen hat ein agil aufgestelltes Management für die Finanzfunktion bei Eprimo?

Hans-Martin Hellebrand: Die agile Kernidee gilt prinzipiell auch uneingeschränkt für die Support-Funktionen. Das heißt, auch die Kollegen im Finanzbereich sind angehalten, ihre Aufgaben eigenverantwortlich zu organisieren, Tätigkeiten kritisch auf ihre Sinnhaftigkeit zu hinterfragen und sich fortwährend im Sinne einer effizienten Zielerreichung zu optimieren. Darüber hinaus reflektieren sie in Retrospektiven ihre Arbeitsweise und optimieren sich auch diesbezüglich fortwährend und eigenständig. Natürlich bedeutet diese Form des Arbeitens für jeden Einzelnen eine höhere Verantwortung.

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"Im agilen Modell steht der Controller mit auf dem Platz"

Im Silicon Valley hat der CFO der Eprimo GmbH gelernt, mit agilen Methoden zu arbeiten. In der Finanzfunktion seines Unternehmens setzt er sie dort ein, wo es sinnvoll erscheint. Was das für die Führungskräfte und Controller bedeutet und wie sie die Veränderung aufnehmen, berichtet er im Interview.

Welche Auswirkungen hat das agile Arbeiten auf die Mitarbeiter im Finanzbereich?

Ich kann nur sagen, dass diese Mehrverantwortung bei unseren Finanzkollegen durchweg zu einer noch höheren Identifikation mit der eigenen Arbeit führt. Sie sind zufriedener und fühlen sich dem Unternehmen noch stärker verbunden. Das ist gut für das Unternehmen.

Welche agilen Methoden verwenden Sie im Finanzbereich?

Welche konkreten Methoden und Instrumente im Finanzbereich zum Einsatz kommen, ergibt sich maßgeblich aus der zu erledigenden Aufgabe. Agile Methoden wie Scrum kommen bei uns vorrangig bei komplexen Problemstellungen zur Anwendung, bei denen noch unklar ist, wie eine Lösung herbeigeführt werden kann. Einfache Anforderungen mit klarem Lösungsansatz erledigen wir aber weiterhin nach dem klassischen Wasserfallmodell: Es gibt einen Plan, und der wird abgearbeitet. Als Mittelweg gibt es noch die Kanban-Methode. Diese ist fokussiert auf die Optimierung des "Flows" - also der Prozessabläufe - und die Reduktion von Verschwendung.

Das heißt, Sie arbeiten nicht ausschließlich mit agilen Methoden?

Allzu oft wird die Transformation zu einem agilen Unternehmen gleichgesetzt mit "Alle müssen jetzt mit agilen Methoden oder nach Scrum arbeiten. Und zwar immer". Dem ist nicht so! Die Einsicht hatten wir, nachdem viele Mitarbeiter hinreichend frustriert waren, weil wir hocheffiziente Prozesse mit großartigen Ergebnissen und guten Durchlaufzeiten plötzlich infrage stellten. Buchführung muss aber nicht mit agilen Methoden angegangen werden! Es geht darum, die richtigen Mittel zu finden, um optimal und schnell auf die Bedürfnisse unserer Kunden zu reagieren - und das kann und darf auch nach dem klassischen Wasserfallmodell erfolgen, wenn dies der beste Weg ist. Aus diesem Grund bezeichnen wir das unternehmensweite Change-Programm der Eprimo auch nicht verkürzt als "agile Transformation", sondern bewusst als "Go lean & agile", um so den Fokus auf die Erprobung sämtlicher Erfolg versprechender Methodiken zu legen.

Was bedeutet das konkret für die verschiedenen Funktionen im Finanzbereich?

Im Finanzbereich bearbeiten wir transaktionale Aufgaben, wie beispielsweise die Verbuchung von Rechnungen oder die Erstellung des Jahresabschlusses, weiterhin nach dem Wasserfallmodell. Aber auch hier gibt es technische und methodische Innovationen, die am besten agil entwickelt und auf unsere konkrete Situation angepasst werden. Das Controlling arbeitet hingegen sehr stark "lean" und nutzt agile Methoden, zum Beispiel bei Kostenoptimierungsprojekten. Dabei agieren die Fachbereichs-Controller bei uns inzwischen nicht länger aus einer Zentralfunktion heraus, sondern häufig als Teil der crossfunktionalen Business Teams, zum Beispiel in der Vertriebssteuerung. So stiften sie direkten Nutzen für das Geschäft.

Und wie entscheiden Sie im Einzelfall, welche Methode zur Anwendung kommt?

Hier haben wir gute Erfahrungen mit der sogenannten Stacey-Matrix gemacht. Damit lassen sich je nach Komplexität der Entscheidungssituation und der Lösungsanforderungen die optimalen Arbeitsmethoden ableiten. Kurz gesagt, je unbestimmter die Anforderungen an die Lösung und je unklarer die Methoden sind, umso eher führt agiles Arbeiten zur besten Lösung. Persönlich glaube ich, dass die Stacey-Matrix eine wichtige Lücke bei der Transformation zu einem agilen Unternehmen schließt.

Das hört sich alles ganz einfach an. Wo liegen denn die größten Herausforderungen bei der agilen Transformation?

Herausforderungen gibt es eine ganze Menge - zumal es ja eben nicht um die Implementierung von Tools geht, sondern um einen Paradigmenwechsel und die Etablierung einer neuen Denkweise. Die erste Herausforderung ist, das "Warum" der Transformation nachvollziehbar zu kommunizieren, um allen die Notwendigkeit der Veränderung klarzumachen. Dies sollte übrigens nicht nur zu Beginn der Veränderung, sondern fortwährend geschehen. Denn es gibt immer wieder Momente des Zweifelns. Die wohl größte und zugleich erfolgskritischste Herausforderung ist, das Mindset eines jeden Einzelnen zu verändern und ihn oder sie dazu zu bewegen, von über die Jahre gewachsenen Normen und Verhaltensweisen abzulassen, die neue Freiheit zu nutzen und mehr Verantwortung zu übernehmen. Daneben gilt es, die Transformation auch organisatorisch zu gestalten. Sämtliche etablierte Prozesse müssen auf den Prüfstand gestellt und gegebenenfalls angepasst werden. In Anbetracht dieser vielfältigen Herausforderungen ist es für den Erfolg der Transformation unabdingbar, dass die Veränderung von der gesamten Belegschaft getragen wird - und allen voran von der Geschäftsführung vorgelebt und aktiv eingefordert wird.

Das vollständige Interview finden Sie in der aktuellen Ausgabe der Controlling & Management Review.

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