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16.02.2023 | Aktie | Schwerpunkt | Online-Artikel

Wertpapiere für alle Sparer attraktiv machen

verfasst von: Angelika Breinich-Schilly

5 Min. Lesedauer

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Die Zahl der Deutschen, die Geld an der Börse investieren, bleibt trotz Krise und Kursturbulenzen stabil. Vor allem viele junge Anleger sind per Online-Broker und Robo Advisor 2022 hinzugekommen. Experten sehen die Politik nun in der Pflicht, die Aktienanlage für jeden Bürger attraktiver zu machen.

"Trotz des Angriffs auf die Ukraine, Energiepreisschocks und Kursrückgängen erreicht die Zahl der Aktiensparerinnen und -sparer ihren alten Rekord", schreibt das Deutsches Aktieninstitut (DAI) in seiner Mitte Januar erschienen Studie "Deutschland kann Aktie!". Diese zählte für 2022 rund 12,9 Millionen Besitzer von Aktien, Aktienfonds oder aktienbasierte ETFs und damit etwa 826.000 mehr als im Vorjahr. Ihr Anteil liegt nun bei rund 18,3 Prozent - gemessen an der Bevölkerung ab 14 Jahren. Vor zehn Jahren waren es erst 14,7 Prozent und damit nur jeder Siebte. 

Empfehlung der Redaktion

2023 | OriginalPaper | Buchkapitel

Asset Allokation deutscher Privatanleger

Das zweite Kapitel führt in die wesentlichen finanzwirtschaftlichen Theorien ein. Es stellt verschiedene Charakteristika sowohl der traditionellen als auch der Behavioral-Finance-Theorie vor. Zudem werden ausgewählte Aspekte veranschaulicht, die aus Sicht deutscher Privatkunden im Rahmen von Investitionsentscheidungen am Kapitalmarkt zu berücksichtigen sind.

Und das Interesse an Wertpapieren flaut trotz Krisen und Kursturbulenzen nicht ab, wie der aktuelle Deutsche Geldanlage-Index (DIVAX-GA) des Deutschen Instituts für Vermögensbildung und Alterssicherung (DIVA) für den Winter 2022/2023 belegt. Mit aktuell 28,9 Indexpunkten verharrt er auf dem hohen Niveau der Befragung vom Sommer 2022. Für das Stimmungsbarometer zur langfristigen aktienbasierten Geldanlage standen rund 2.000 Bundesbürger Rede und Antwort. 

Social Media macht Aktien sexy

Einen entscheidenden Einfluss an dieser positiven Entwicklung, die im ersten Pandemiejahr 2020 begann, hatten neben anderen Faktoren die sozialen Medien, so die DAI-Studienautoren. Finanz-Influencer auf Instagram, Tiktok und Youtube haben ein junges Publikum und erklären Finanzthemen einfach und auf Augenhöhe, heißt es. "Influencer-Marketing ist seit einigen Jahren ein wichtiger Trend im Social Media Marketing. Dabei binden Unternehmen Meinungsführer und -macher in ihre Markenkommunikation und Werbung ein, um insbesondere in der jungen Zielgruppe mehr Aufmerksamkeit und Erfolg zu haben", erläutert Christian Glaser im Buchkapitel "Social Media und Web 2.0" (Seite 442). 

Aber auch Smartphone-Apps von Online-Brokern mit kostengünstigen Angeboten machen vor allem jungen Anlegern den Einstieg ins Aktiensparen leichter. So entschieden sich laut DAI-Studie etwa 600.000 Sparer im Alter von unter 30 Jahren 2022 für ein Börsen-Investment. Das ist ein Sprung von 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr nach oben. 

Dabei gelten die Generation Y (30 bis 39 Jahre) und die Generation Z (14 bis 29 Jahre) als deutlich informierter in Kapitalmarktdingen als ältere Vergleichsgruppen, kommentiert das Beratungshaus Simon-Kucher & Partners das DAI-Studienergebnis. "Dementsprechend stellen diese Kundengruppen neue Anforderungen an das Produkt- und insbesondere das Preisangebot." Auf diese Zielgruppen spezialisierte Anbieter positionierten sich daher über ein enorm breites Produktangebot, insbesondere für die monatliche Besparung, als auch über transparente Preismodelle.

Zielgruppenorientierte Beratung bei Regionalbanken

Wie sich Regionalbanken in diesem umkämpften Markt verhalten, erläutert Giovanni Gay, Geschäftsführer von Union Investment Privatfonds (UI), im Bankmagazin-Interview (Ausgabe 5 | 2022). Die Fondsgesellschaft ist Teil der genossenschaftlichen Finanzgruppe. Es gebe viele Infos im Internet, aber nicht jeder könne diese filtern, einordnen und gewichten. "Der Durchschnittsanleger ist damit überfordert. Er braucht Unterstützung, um nach einer Online-Recherche nicht verwirrter zu sein als davor. Digital geleitete Beratungsangebote, wie sie bei einem Robo Advisor offeriert werden, sind interessant", erläutert der Experte und verweist auf positive Erfahrungen mit Visualvest, dem digitalen Vermögensberater von UI. Dagegen favorisierten über 50-jährige Kunden bei Geldanlagen mit größeren Beträgen einen persönlichen Berater und dessen Expertise. 

"Unser Ansatz ist es, mit den Volks- und Raiffeisenbanken für die Kunden genau das zur Verfügung zu stellen, was diese vor Ort brauchen. Und wenn der Drang in die digitalen Kanäle zunimmt, kümmern wir uns verstärkt auch darum", betont Gay. Die Finanzgruppe investiere in webbasierte Beratungsstrecken. "Noch vorhandene technische Hürden im Beratungsprozess können durchaus reduziert werden. Und hoffentlich läuft irgendwann die Regulatorik im Hintergrund und es kann automatisch eine entsprechende Dokumentation erstellt werden, die unterschriftsreif und compliant vorliegen sollte", so der Anlagefachmann.

Anleger wollen langfristigere Aktienanlage

Dass diese Strategie langfristig Sinn macht, zeigt ein weiteres Ergebnis des DIVAX-GA: Dem Index zufolgen wollen insgesamt knapp 40 Prozent der Befragten das aktienbasierte Sparen in den nächsten ein bis drei Jahren ausweiten oder damit beginnen. Lediglich 1,4 Prozent wollen es reduzieren oder beenden. Michael Heuser, Wissenschaftlicher Direktor des DIVA, sieht darin einen deutlichen Trend zur langfristigen Aktienanlage.

Allerdings ermittelt die DAI-Studie, dass viele Anleger, die auf die Börse setzen, eher zu den besserverdienenden Schichten gehören: So haben 46 Prozent der Menschen mit einem monatlichen Einkommen von 4.000 Euro und mehr Aktien, Fonds oder ETFs im Portfolio. Unter den Personen, die bis zu 1.000 Euro im Monat verdienen, liegt der Anteil bei nur sieben Prozent. 

Aktienrente ist ein erster Schritt

Nun sei die Politik gefragt, auch hier für mehr Bewegung zu sorgen. Die geplante Aktienrente sowie das Zukunftsfinanzierungsgesetz, das einen Freibetrag für Kursgewinne aus dem Verkauf von Aktien und Aktienfonds vorsieht, seien aber nur erste Schritte. Besser wäre es, statt eines Freibetrags auf die Erträge ein Anlagesparkonto einzuführen, wie es in anderen Ländern üblich ist. 

Anleger beispielsweise in Italien, Frankreich oder Großbritannien können einen bestimmten Betrag in Wertpapiere auf Anlagesparkonten sparen. Für die Ersparnisse auf diesen Konten fallen keine Steuern an. Auch die ökonomische, besonders die finanzielle Bildung, muss gestärkt werden. Sie gibt den Menschen nicht zuletzt in Finanzfragen Sicherheit und hilft ihnen beim eigenverantwortlichen Umgang mit den Ersparnissen", betonen die Autoren der DAI-Studie. 

Eine Überarbeitung der Altersvorsorge hält auch Sebastian Külps, Leiter Deutschland und Nordeuropa bei der Fondsgesellschaft Vanguard, im Gespräch mit dem Bankmagazin für überfällig und fordert: 

Es muss sichergestellt werden, dass jeder Bürger Zugang zu angemessenen, transparenten und kosteneffizienten Anlageprodukten hat, die die Chancen der Kapitalmärkte nutzen. Für derartige langfristige Anlagen sollte es dabei mehr Steuervorteile geben, um die Menschen zu Investments zu ermutigen. Zusammenfassend wünsche ich mir schlicht und ergreifend mehr Mut und Handeln auch seitens der Politik."

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