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2018 | Buch

Angewandte Ethik und Film

herausgegeben von: Prof. Dr. Thomas Bohrmann, Matthias Reichelt, Werner Veith

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

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Über dieses Buch

Der Film ist eine ethische Erzählung. In diesem Sinne beteiligt er sich am gesellschaftlichen Diskurs über gutes oder schlechtes, richtiges oder falsches Handeln und thematisiert Moral und Unmoral innerhalb der Gesellschaft. Der Sammelband stellt eine Methode der ethischen Filmanalyse vor, die anhand ausgewählter Beispiele konkretisiert wird. Auf diese Weise analysieren namhafte Autorinnen und Autoren der philosophischen und theologischen Ethik Filme und arbeiten deren moralische Fragen heraus. Damit werden die Inhalte zentraler Bereichsethiken der Angewandten Ethik zur Sprache gebracht.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Hinführungen zum Themenfeld der Angewandten Ethik

Frontmatter
Einführung in die Ethik
Zusammenfassung
Der Begriff und die Konzeptionen der Ethik sind keineswegs eindeutig und klar, weshalb in der Einführung zunächst Ethik, Ethos und Moral definiert, Individualethik von Sozialethik unterschieden und nicht zuletzt normative Ethik, deskriptive Ethik und Metaethik voneinander abgegrenzt werden. Darüber hinaus wird die theologische Ethik als eine Ethik im Horizont des christlichen Glaubens identifiziert. Das Fundament der Ethik besteht jedoch in der Anthropologie, die nicht nur im modernitätsgemäßen Verständnis des Menschen als Subjekt, sondern auch im christlichen Verständnis des Menschen als Person ihren Ausdruck findet. Um diesen Status des Menschen zu fördern und auch in komplexen Gesellschaften bzw. in ihren Teilbereichen zu bewahren, werden schließlich Kriterien der Gerechtigkeit entwickelt, die für die Ausgestaltung sozialer Strukturen maßgeblich sind.
Werner Veith
Angewandte Ethik im Kontext gegenwärtiger moralischer Probleme
Zusammenfassung
Viele Entwicklungen der Moderne haben zu einer Infragestellung vormals gültiger Wahrheits- und Wirklichkeitsvorstellungen geführt. Davon ist insbesondere auch die Ethik berührt, die bei der Bewertung komplexer Problemkonstellationen immer seltener auf die Eindeutigkeit und Allgemeinverbindlichkeit traditioneller Moralprinzipien zurückgreifen kann. Gleichzeitig jedoch verlangt der technisch-wissenschaftliche Fortschritt nach ethischer Orientierung, die sich auch auf konkrete Handlungssituationen applizieren lässt. Die Angewandte Ethik versucht, dieser Herausforderung mit verschiedenen bereichsethischen Spezifizierungen (z. B. Umweltethik, Medizinethik, Wirtschaftsethik, Technikethik) und einer lösungsorientierten Heuristik zu begegnen. Dabei greift sie auf klassische ethische Theorien zurück und testet deren Praktikabilität in konkreten Entscheidungssituationen.
Matthias Reichelt
Verantwortung als Schlüsselbegriff der Angewandten Ethik
Zusammenfassung
Mit dem Verantwortungsbegriff hat sich im 20. Jahrhundert ein ethischer Terminus entwickelt, der auf die Risiko- und Problemlagen des technisch-wissenschaftlichen Fortschritts eine Antwort zu geben versucht. Verantwortung ist zwar ein theoretischer Begriff, der die wissenschaftliche Zunft herausfordert, gleichwohl hat diese Begrifflichkeit eine praxisrelevante Bedeutung für menschliches Entscheiden und Handeln in der Moderne mit ihren ausdifferenzierten Kultursachbereichen. Als moralischer Akteur ist der Mensch zusammen mit weiteren Akteuren verantwortlich für Gesellschaft und Natur, die er mit seiner Urteilskompetenz ordnen und bei konkurrierenden Gütern mithilfe eines ethischen Abwägungsprozesses gestalten kann. Der Verantwortungsbegriff ist ein geeignetes Analyseinstrument für die normative Beurteilung sozialer sowie moralischer Probleme. Damit steht der Angewandten Ethik ein Terminus zur Verfügung, der einen Beitrag zur Problemdiagnose moderner Gesellschaften leistet.
Thomas Bohrmann

Methodische Überlegungen

Frontmatter
Einführung in die ethische Filmanalyse
Zusammenfassung
Der Beitrag vermittelt ein methodisches Instrumentarium, um Unterhaltungsfilme aus einer ethischen Perspektive zu analysieren. Mithilfe der Filmanalyse ist es möglich, den Film in seine einzelnen ästhetischen Bestandteile bzw. audiovisuellen Bauformen zu zerlegen und ihn somit in seiner Aussage zu verstehen. Bei der ethischen Filmanalyse werden einerseits die narrative, die visuelle und die auditive Ebene voneinander abgegrenzt und eigenständig reflektiert sowie andererseits spezielle Fragen in den Mittelpunkt gestellt, die das normative Anliegen konkretisieren, durch das der Film als ethische Erzählung identifiziert wird. So berücksichtigt eine ethische Filmanalyse etwa die Darstellung des zugrunde liegenden moralischen Problems und fragt danach, wie die Filmfiguren mit den präsentierten moralischen Grundkonflikten umgehen.
Thomas Bohrmann

Ethische Filmanalysen

Frontmatter
Bioethik: Perfektionierung um jeden Preis? Herausforderungen der Genethik – „Gattaca“
Zusammenfassung
Der Film „Gattaca“ (USA 1997, R: Andrew Niccol) zeigt eine Gesellschaft, in der fast ausschließlich genetisch hochgezüchtete und ausgewählte Menschen das Licht der Welt erblicken. Die wenigen noch auf natürlichem Wege gezeugten Geborenen habe keine Chance, zu gesellschaftlichem Ansehen zu gelangen oder beruflich aufzusteigen. Die Auswirkungen dieses Systems bekommt der Protagonist zu spüren, der im Gegensatz zu seinem Bruder nicht genetisch selektiert wurde. Er gilt damit zwar als gottgewollt, aber eben auch als invalid. Sein Traum vom Flug zum Saturnmond Titan erscheint deshalb unerfüllbar. Die einzige Chance besteht darin, die Identität eines validen Menschen anzunehmen und so das System genetischer Diskrimination auszuhebeln. Fast kammerspielartig, konzentriert auf wenige Figuren und Spielorte, simuliert der Film damit die Frage nach dem Menschen und der menschlichen Gesellschaft angesichts der Zugriffsmöglichkeiten auf das Genom. Die Filmanalyse wird im Rahmen grundlegender Fragen der Bioethik verortet, wobei die Herausforderungen der Genethik besonders berücksichtigt werden.
Thomas Laubach
Medizinethik I: Organtransplantation – „Beim Leben meiner Schwester“
Zusammenfassung
Der Beitrag führt aus säkularer philosophischer Perspektive in die Medizinethik ein. Dabei liegen die Schwerpunkte auf der Frage nach dem moralischen Status und der inneren Würde von Menschen und den umstrittenen Lebensqualitäts-Bewertungen, die in Bezug zur äußeren Würde oder Würde-Darstellung eines Menschen gesetzt werden. Im Rahmen der Einführung in das ethische Problemfeld der Organtransplantation wird auf die Schwierigkeiten der Todesdefinition im Zusammenhang mit der Leichenspende, die verschiedenen Modelle der Einwilligung in eine postmortale Organentnahme und die Probleme rund um die Lebendspende eingegangen. Die Filmanalyse zu „Beim Leben meiner Schwester“ (USA 2009, R: Nick Cassavetes) widmet sich den zentralen medizinethischen Interessenkonflikten, die im Film anhand der Geschichte der Familie Fitzgerald mit einem an Leukämie erkrankten Kind geschildert werden: Dürfen Eltern ein für die Organspende geeignetes „Rettergeschwister“ per In-vitro-Fertilisation (IVF) und Präimplantationsdiagnostik (PID) erzeugen? Wie ist das moralische Dilemma zwischen dem Recht auf körperliche Selbstbestimmung und der Pflicht zur Hilfeleistung bzw. Lebensrettung durch Organspende zu lösen? Daran schließt sich die aktuelle gesellschaftliche Debatte zum akuten Organmangel und den ethisch akzeptablen Weisen der Steigerung des Organaufkommens an.
Dagmar Fenner
Medizinethik II: Sterbehilfe – „Das Meer in mir“
Zusammenfassung
Gegenwärtige ethische Herausforderungen am Lebensende hängen häufig mit den gewachsenen intensivmedizinischen Errungenschaften zusammen. Die lebensstützenden und lebensverlängernden Maßnahmen eröffnen positive und wünschenswerte Möglichkeiten für den Umgang mit Krankheit und Gebrechlichkeit. Sie werfen aber auch Fragen nach den verantwortbaren Grenzen des medizinisch Machbaren und nach einem selbstbestimmten Sterben in Würde auf. – Nach einer allgemeinen Einführung in den Bereich der Medizinischen Ethik, die auch auf die spezifische Perspektive der theologischen Ethik eingeht (1), erfolgt ein kurzer Überblick über das ethische Problemfeld der Sterbehilfe (2). Anhand des Films „Das Meer in mir“ (E/I/F 2004, R: Alejandro Amenábar) wird die ethische Kontroverse um aktive Sterbehilfe und assistierten Suizid im Spannungsfeld von Selbstbestimmung, Fürsorge und Lebensschutz sowie zwischen allgemeinen Regelungen und existenziellen Entscheidungen veranschaulicht (3). Ein Ausblick auf aktuelle gesellschaftliche Debatten zum Themenfeld „Sterben in Würde“ schließt den Beitrag ab (4).
Jochen Sautermeister
Wirtschafts- und Unternehmensethik: Das kapitalistische System und seine Menschen – „Der große Crash – Margin Call“
Zusammenfassung
Das Geschäft der Wirtschafts- und Unternehmensethik ist doppelter Natur: In der Wirtschaftsethik geht es angesichts von Dilemmasituationen um die politische Gestaltung der Spielregeln eines Wirtschaftssystems, während die Unternehmensethik im Fall von Kontingenzsituationen die Spielzüge oder Transaktionen der Unternehmen thematisiert. Es ist von daher nicht sinnvoll, ausschließlich makroanalytisch im Rahmen einer Ordnungsethik vorzugehen; vielmehr sollte auch mikroanalytisch eine Transaktionsethik (etwa Governanceethik oder Business Metaphysics) genutzt werden. Diese doppelte Strategie ist auch in der Finanzmarktethik zweckmäßig, in der es vor allem darum geht, den moralischen Zweck der Finanzmärkte zur Geltung zu bringen, der darin besteht, realwirtschaftliche Aktivitäten zu finanzieren und damit erwünschte Dinge zu ermöglichen. Die ethische Analyse zum Film „Der große Crash – Margin Call“ (USA 2011, R: Jeffrey C. Chandor) belegt ebenfalls die Notwendigkeit dieser doppelten Strategie, denn sie verdeutlicht die Gefahren einer überbordenden Virtualisierung der Finanzmärkte und der daraus resultierenden destruktiven Kräfte.
Michael Schramm
Ethik der Menschenrechte: Die Kontroverse um das absolute Folterverbot – „Unthinkable – Der Preis der Wahrheit“
Zusammenfassung
Gemäß Artikel 5 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte ist Folter verboten. Dennoch ist sie bis in die Gegenwart hinein nicht aus dem Repertoire staatlicher Zwangsmaßnahmen verschwunden. Vielmehr hat die wachsende Angst vor terroristischen Anschlägen seit dem 11. September 2001 auch in westlichen Demokratien neue Debatten um die sogenannte Rettungs- oder Präventivfolter als einem legitimen Mittel zur Informationsgewinnung provoziert. Es stellt sich daher die Frage: Kann Folter in besonderen Bedrohungsszenarien tatsächlich das letzte mögliche Mittel sein? Der Beitrag versucht, dieses Problem zu reflektieren, indem er zunächst zentrale Merkmale einer Ethik der Menschenrechte vorstellt (1) und dann die Herausforderung der Folter aus der Perspektive der Menschenrechte in den Blick nimmt (2). Vor dem Hintergrund des Films „Unthinkable – Der Preis der Wahrheit“ (USA 2010, R: Gregor Jordan) und dem darin geschilderten Szenario einer tickenden Bombe, soll die ethische Dimension der Folter-Problematik anschließend eine besondere Zuspitzung erfahren (3). Der Beitrag endet mit einigen Hinweisen zur aktuellen gesellschaftlichen Debatte um das Thema Rettungsfolter (4).
Matthias Reichelt
Medienethik: Das Verhältnis von Medien und Politik – „Wag the Dog – Wenn der Schwanz mit dem Hund wedelt“
Zusammenfassung
Der Beitrag behandelt in medienethischer Perspektive das Verhältnis von Medien und Politik am Beispiel des Films „Wag the Dog – Wenn der Hund mit dem Schwanz wedelt“ (USA 1997, R: Barry Levinson). Dieses Verhältnis ist immer wieder Gegenstand einer kritischen Debatte. Für die Legitimation der Politik sind die Akteure auf Leistungen angewiesen, die nur durch Medien erbracht werden können. Die Politik wird im Zuge einer Entwicklung hin zu einer Mediengesellschaft daher immer abhängiger von geplanter Kommunikation. Eine politische Öffentlichkeitsarbeit benötigt aus ethischer Perspektive allerdings einen starken und kritischen Journalismus als Gegengewicht, damit die Öffentlichkeit nicht in eine Richtung manipuliert werden kann. Der Film karikiert in satirischer Weise Tendenzen unserer Medienwelt, in der sich erstens politische Kommunikation auch durch Technologien immer weiter professionalisiert und mächtiger wird und zweitens ein kritisches Gegengewicht durch Öffentlichkeit und kritischen Journalismus wegfällt. Der Beitrag analysiert den Film als Medien- und Politiksatire. Er beschreibt das moralische Kernproblem und Thema des Films als Manipulation der Öffentlichkeit durch die Kommunikationsexperten der Politik, durch eine unkritische Fernsehgesellschaft und das Versagen des Journalismus.
Alexander Filipović
Technikethik: Verantwortung für technische Produkte – „Ex Machina“
Zusammenfassung
Anhand einer Analyse des Films „Ex Machina“ (UK 2015, R: Alex Garland) beschreibt der Beitrag zeitgenössische Themen der Technikethik. Im Vordergrund stehen ethische Reflexionen zu unterschiedlichen Problemfeldern, wobei vor allem Robotik, Künstliche Intelligenz, Überwachung und der verantwortungsvolle Umgang mit technischen Innovationen im Zentrum stehen. Anhand der Filmanalyse kann die Komplexität des Themas eröffnet werden. Neben der gesellschaftlichen Ebene werden auch die individuellen ethischen Konflikte im Handeln der Protagonisten deutlich. Die Story des Films erlaubt eine Verknüpfung philosophischer Fragen nach dem Ursprung des Bewusstseins mit moralischen Problemen im Umgang mit Künstlicher Intelligenz. Was sind die Grenzen zwischen Mensch und Künstlicher Intelligenz und sollten sie gewahrt bleiben? Sind wir autonomen technischen Produkten moralisches Verhalten schuldig? Immer wieder werden dabei die Grundlagen für die Weiterentwicklung und Verbesserung informationstechnischer Systeme deutlich: die umfassende Sammlung von Daten und die hiermit verbundene Überwachungsproblematik.
Jessica Heesen, Marc Sehr
Sportethik: Misserfolg und Amoral. Was die Erfolgsgeschichten im Profifußball verschweigen – „Goal! – Lebe deinen Traum“
Zusammenfassung
Dieser Beitrag setzt sich zunächst kritisch mit der gegenwärtigen Lage der Sportethik auseinander. Viele sportethische Entwürfe sind nämlich dem Vorschlag gefolgt, das Sportsystem als Sonder- oder Eigenwelt zu konzipieren und es damit fast vollständig gegen moralische Interventionen von innen oder außen zu immunisieren. Demgegenüber schlägt der Beitrag eine narrative Lesart des sportlichen Wettkampfs vor. Auf diese Weise erweist der Sport sich als offen für ethische Kommentare von individueller und gesellschaftlicher Seite. Eine Analyse des Films „Goal – Lebe deinen Traum“ (GB/USA 2005, R: Danny Cannon) zeigt, wie eine solche Bewertung vonstattengehen könnte. Während der Film vom gelungenen Start einer Profifußballerkarriere erzählt und damit seinen Untertitel gleichsam als ethischen Imperativ rechtfertigt, offenbart eine genauere Betrachtung der Geschichte, dass damit die Gefahren persönlichen wie moralischen Scheiterns über Gebühr heruntergespielt werden. Darüber hinaus wird gezeigt, wie das System des Spitzensports solchem Scheitern im Grunde seine Existenz verdankt.
Christoph Hübenthal
Familien- und Geschlechterethik: Beziehung und Gesellschaft – „Höhere Gewalt“
Zusammenfassung
Familienethik reflektiert die Familie in Bezug auf ihre jeweils aktuelle individuelle und gesellschaftliche Lage und entwickelt ethische Kriterien sowie Handlungsoptionen, die einem gelingenden und glückenden Familienleben dienen sollen. Durch den Wandel des Geschlechterverhältnisses und insbesondere durch die Veränderung der Rolle der Frau gewinnt die auf Gleichberechtigung und gemeinsame Verantwortung für Kinder angelegte Partnerschaft an Bedeutung. Die Rollenerwartungen von Mann und Frau sind nun nicht mehr vorgegeben, sondern bedürfen der Abklärung und der Umsetzung im Alltag. Der Film „Höhere Gewalt“ (SE 2014, R: Ruben Östlund) erzählt die Geschichte einer Familie, die Zeuge eines bedrohlichen Lawinenabgangs wird, wobei sich der Ehemann allein in Sicherheit bringt, ohne sich um seine Frau und seine Kinder zu kümmern. Die folgende Krise des familialen Beziehungsgefüges offenbart die Dominanz individueller und sozialer Rollenerwartungen und lotet die individuellen Grenzen im Umgang mit Schuld aus. Der Beitrag entwickelt dazu ein Konzept von Partnerschaft, das Gleichheit und Eigenständigkeit von Frau und Mann mit der Bereitschaft zum Vertrauen, zum Verzicht sowie zur Versöhnung verbindet.
Werner Veith
Umweltethik: „Donʼt Frack our Mother“ oder die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen – „Promised Land“
Zusammenfassung
Die Umweltethik ist eine noch junge Bereichsethik. In systematischer Hinsicht können als ihre Beschäftigungsfelder die naturphilosophische Grundlagendiskussion und konkrete Anwendungsfragen unterschieden werden. Die Grundlagendiskussion dreht sich um die Frage, wer oder was alles zur „moral community“ gezählt bzw. wem ein moralischer Wert zugesprochen werden kann. Die wichtigsten Positionen zu dieser Frage sind die Anthropozentrik, die nur Menschen einen moralischen Wert beimisst; die Pathozentrik, die einen moralischen Wert für alle leidensfähigen Wesen annimmt; die Biozentrik, die die „moral community“ auf alles Lebendige ausweitet, und die radikale Physiozentrik, für die in ihrer holistischen Form die ganze Natur Trägerin moralischer Werte ist. Die konkreten Anwendungsfragen betreffen Themen, wie sie zum Beispiel in der umweltethischen Bewertung von Hydraulic Fracturing, kurz Fracking, zum Ausdruck kommen. Dabei gilt es zu untersuchen, ob die wirtschaftlichen Gewinnchancen die massiven Umweltgefahren rechtfertigen können. Aus der Analyse des Films „Promised Land“ (USA 2012, R: Gus Van Sant) kann eine eher kritische umweltethische Position zu diesem Thema abgeleitet werden.
Sebastian Kistler
Tierethik: Der Umgang des Menschen mit Tieren – „Planet der Affen: Prevolution“
Zusammenfassung
Tierethische Fragen werden seit Jahren intensiv innerhalb der Philosophie, zunehmend aber auch von der Theologie diskutiert. Mit dem Kinofilm „Planet der Affen: Prevolution“ (USA 2011, R: Rupert Wyatt) ist erstmals eine mediale Darstellung produziert worden, die den menschlichen Umgang mit Tieren als ein vielschichtiges moralisches Problem thematisiert. Der Beitrag skizziert in Grundzügen sowohl die tierethische Debatte als auch die zentralen Positionen, wie sie im Hinblick auf medizinische Versuche mit und an Tieren vorgetragen werden. Dabei wird die Perspektive einer „anthroporelationalen Anthropozentrik“ vertreten, die auf der einen Seite Tiere als Mitgeschöpfe achtet, auf der anderen Seite menschliche Lebensinteressen aber höher bewertet als nichtmenschliche. Bei der ethischen Filmanalyse wird deutlich, dass der Film den Umgang des Menschen mit Labortieren problematisiert und sich für eine verantwortungsethische Haltung zum Wohl der Tiere einsetzt.
Thomas Bohrmann
Metadaten
Titel
Angewandte Ethik und Film
herausgegeben von
Prof. Dr. Thomas Bohrmann
Matthias Reichelt
Werner Veith
Copyright-Jahr
2018
Electronic ISBN
978-3-658-20391-7
Print ISBN
978-3-658-20390-0
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-20391-7