MAN hat auf dem 40. Wiener Motorensymposium die neue 9-l-Motorenbaureihe D15 und E18 vorgestellt. ATZheavy duty sprach am Rande der Veranstaltung mit Markus Raup und Moritz Späth von MAN über Antriebstechnologien und Kraftstoffe der Zukunft.
Dipl.-Ing. Moritz Späth (Zweiter von links), Senior Design Engineer in der 9-l-Motorbaureihen-Konstruktion bei MAN in Nürnberg, und Dipl.-Ing. Markus Raup (Zweiter von rechts), stellvertretender Leiter der Motorenentwicklung bei MAN in Steyr, im Gespräch mit Alexander Heintzel (links) und Dr. Johannes Liebl (rechts).
Doris Kucera
ATZheavy duty: MAN baut Motoren für verschiedene Anwendungen und muss sich daher auch unterschiedlichen Emissionsanforderungen stellen. Wie sieht ihr Antriebsmix der Zukunft aus?
Raup: MAN bietet im Busbereich derzeit schon vom Diesel- über Gas- und Hybrid-Antrieb ein sehr breites Spektrum an. Ende nächsten Jahres werden wir zusätzlich batterieelektrische Busse im Markt haben und dann wird sich zeigen, wie sich der Wunsch solche Fahrzeuge zu betreiben mit dem Investitionsplan der einzelnen Kommunen vereinbaren lässt. Wenn beispielsweise eine Münchener Flotte von 200 Bussen ausgerüstet werden muss, dann geht das nicht von heute auf morgen.
Bei Stadtbussen und im lokalen und regionalen Verteilerverkehr macht eine Elektrifizierung Sinn. Wie sieht es aber bei Langstrecken-Lkw, Bau- und Landmaschinen aus? Sind hier nicht synthetische Kraftstoffe, Wasserstoff im Verbrennungsmotor oder die Brennstoffzelle deutlich sinnvoller?
Späth: E-Fuels wären kein Problem für die Dieselmotoren, aber sie sind nicht wirklich verfügbar. Hydrotreated Vegetable Oil (HVO) können unsere Motoren in den Lkw und in den Bussen heute schon wie Diesel verbrennen. Die Motoren sind auch für Bio-Blends ausgelegt. Hier können wir auf Kundenwünsche reagieren, zertifizieren und homologieren. Die Technologie ist letztendlich – ebenso wie Wasserstoff – im Baukasten vorhanden.
Raup: Bei der Brennstoffzelle greifen wir auf Konzernressourcen zurück. Sie wird definitiv ein Thema sein und so wie die EU-Gesetzgebung jetzt Wasserstoff in der Tank-to-Wheel-Betrachtung favorisiert, kommen wir um das Thema auch nicht herum. Das heißt, auch wir entwickeln in der Richtung, speziell bezüglich Langstrecken-Lkw, weil speziell dort batterieelektrisches Fahren nicht in Sicht ist.
Ist Wasserstoff im Verbrennungsmotor vielleicht die Brückentechnologie auf dem Weg zur Brennstoffzelle auf der Lkw-Langstrecke?
Raup: Ein Wasserstoffverbrennungsmotor ist relativ schnell darstellbar. Bei der Brennstoffzelle hingegen sind noch einige Investitionen in Forschung und Entwicklung nötig, speziell um sie für die Lebensdaueranforderungen von rund 1,5 Millionen Kilometern im Nutzfahrzeugbereich anzupassen.
Späth: Das Thema hat durch die EU-Gesetzgebung jetzt auf jeden Fall wieder an Tempo gewonnen. Gerade das Tankstellennetz für Wasserstoff schaut man sich jetzt wieder genauer an.
Raup: Das ist definitiv so. Die EU hat mit dieser Regulierung seit langem wieder mal nicht nur Grenzwerte, sondern Technologien vorgegeben. Wasserstoff zählt in der Tank-to-Wheel-Betrachtung damit als Zero-Emission-Technologie und ist damit eine interessante Option für die Zukunft.
Wann glauben sie wird die Brennstoffzelle preislich für Ihre Branche interessant sein – in 2025, oder erst 2030?
Raup: 2025 sehe ich als durchaus realistisch an.
Dazu wird eigentlich auch CO2-neutraler Wasserstoff benötigt ...
Raup: Grundsätzlich ja, aber das gibt die EU nicht vor. Diese Technologien mit CO2-neutralen Energieträgern zu bedienen, ist aus systemischer Sicht richtig.
Späth: Die gesellschaftliche Debatte verlangt, die CO2-Bilanz insgesamt zu verbessern. Wenn dann die Gesetzgebung nur Tank-to-Wheel vorgibt, ist das noch kein ganzheitlicher Ansatz. Hier könnten bessere Randbedingungen für den gesamten Markt geschaffen werden.
Eine Cradle-to-Grave-Betrachtung für alle Antriebstechnologien wäre sicherlich sinnvoll. Zumal bei Bau- und Landmaschinen eher weniger mit batterieelektrischen oder Brennstoffzellenantrieben zu rechnen ist. Dort wird der Verbrennungsmotor noch lange eine entscheidende Rolle spielen, oder?
Raup: Der Verbrennungsmotor ist bei Bau- und Landmaschinen nach wie vor eine tolle Lösung, weil diese Anwendungen seit langer Zeit auf hohem Leistungsniveau erprobt sind. Das kann man elektrisch nur schwer darstellen auf diesem Level und bei diesem relativ konstanten Betrieb ist dann auch die Emission kein Thema. Setzt man dann noch einen CO2-neutralen Kraftstoff ein, dann hat man in der Gesamtbilanz einen großen Schritt gemacht. Einen elektrischen Antrieb sehe ich lokal vielleicht im Minenbetrieb, weil es dort von der Fahrcharakteristik her optimal wäre: Maximales Drehmoment mit null Umdrehungen. Mit Batteriewechsel betrieben, könnte eine Maschine so auch im Mehrschichtbetrieb fahren. Das heißt, sind diese Systeme modular, dann kann man auch diese sehr energieintensiven Anwendungen über solche Lösungen darstellen. Aber davon sind wir noch weit weg.
Späth: Grundsätzlich sehen wir im externen Motorengeschäft bei MAN, für den Offroad-Bereich nach wie vor immer noch eine sehr große Nachfrage nach sehr effizienten Diesel- und auch Gasmotoren.
Raup: Speziell im Marinebereich wird der Verbrennungsmotor noch längere Zeit ein Thema sein.
Wäre hier auch eine Hybridisierung denkbar?
Raup: Natürlich, Hybridsysteme sind denkbar, auch ganz ohne Verbrenner. Der Betrieb kann teilelektrisch oder batterieelektrisch mit wenig Batteriekapazität erfolgen und daneben läuft eine Brennstoffzelle, die den Strom erzeugt und damit die Reichweite oder die Einsatz-Stunden. Für die Brennstoffzelle ist die Dynamik eines direkten Antriebs schwierig darzustellen, aber in dieser Hybridlösung, als Kombination mit batterieelektrischem Antrieb ist das sicher etwas, was man sich in Zukunft auch im Nutzfahrzeug anschauen wird.
Ist eine weitgehende Hybridisierung ihrer Antriebspalette ein Thema? Sie hat ja unbestreitbar Vorteile hinsichtlich Reibungsminimierung oder Entfeinerung von Motor und Getriebe.
Späth: Wir schauen uns verschiedene Strategien an und haben jetzt auch alle Technologien im Portfolio. Entscheiden werden wir uns letztlich mit Blick auf die Wirtschaftlichkeit, vor allem aus Sicht der Kunden.
Raup: Das ist der Knackpunkt bei der Hybridisierung. Es sind immer zwei Systeme, die installiert werden müssen – platz- und kostenseitig.
Herr Späth, Herr Raup, herzlichen Dank für dieses interessante Gespräch.
Mehr zum Thema neue MAN-Motoren lesen Sie im Interview in ATZheavy duty 3/2019 am 20. September.