Technologieoffenheit und machbare Konzepte: Die Antriebstechnik muss neu diskutiert werden. Denn der Verbrennungsmotor braucht einen Neustart, wie der Motorenkongress deutlich macht.
Matthias Zink, CEO der Sparte Powertrain & Chassis der Schaeffler-Gruppe sowie Präsident der CLEPA European Association of Automotive Suppliers, spricht auf dem 12. Internationalen Motorenkongress 2025.
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"Der Verbrennungsmotor hat eine Zukunft und wir gestalten diese Zukunft." Mit diesen Worten hat Prof. Dr. Peter Gutzmer, Herausgeber ATZ | MTZ-Gruppe, den 12. Internationalen Motorenkongress 2025 in Baden-Baden eröffnet, der gemeinsam mit dem VDI Wissensforum ausgerichtet wird. Laut Gutzmer sei der Motorenkongress im deutschen Sprachraum die letzte systemisch gedachte Verbrennungsmotor-Tagung.
In diesem Sinne macht Gutzmer klar: "Wie brauchen den Verbrennungsmotor für eine klimaorientierte Mobilität". Die Bereiche Energie und Mobilität müssten stärker verbunden werden. Die dogmatische, ideologisch geprägte Gesetzgebung mit Fokus auf Elektromobilität müsse aufgelöst werden. Wichtig seien ebenso die Bestandsflotte, synthetische Kraftstoffe und der Verbrennungsmotor. Daher fordert Gutzmer: "Wir müssen wieder Leitmarkt für den Verbrennungsmotor und für synthetische Kraftstoffe werden". Auch von Seiten der Industrie müsse daher umgesteuert werden. Man müsse sich stärker an den Markbedürfnissen orientieren. Der neue konstruktive Dialog von Politik und Industrie, so wie mit dem Auto-Dialog Ende Januar in Brüssel begonnen, sei ein erfreuliches Zeichen.
Transformation positiver gestalten
"Langfristig wird die Zukunft elektrisch sein. Die Transformation dahin kann aber besser gemacht werden", sagt Matthias Zink, CEO der Sparte Powertrain & Chassis der Schaeffler-Gruppe sowie Präsident der CLEPA European Association of Automotive Suppliers, in seinem Keynote-Vortrag "Verband, Transformation und Innovation: Ein Spannungsfeld voller Potenziale?". Um die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie hinsichtlich der Elektromobilität zu gewährleisten, müssten verlässliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, inklusive eines technologieoffenen Ansatzes zur Emissionsreduzierung. Die Transformation verlange nach einer kühnen Vision, einer Bereitschaft zur Veränderung, Einsatzwille und die Akzeptanz eines globalen Wettbewerbs, um erfolgreich zu sein. Das Streben nach Optimierung und Innovation sei essenziell, um eine führende Marktposition zu behaupten.
"Wir regulieren den Verbrenner weg, bekommen aber die Elektromobilität nicht hin", so Zink. In China setze man auch nicht mehr nur auf BEVs, ein Zuwachs an Hybriden und Plug-in-Hybriden sei dort zu verzeichnen. Man lerne von China, dass der Range Extender Sinn mache, so Zink. Es lohne sich daher am Verbrennungsmotor weiterzuarbeiten, auch wenn die Zukunft langfristig elektrisch werde. Positiv sieht er daher ebenso wie Gutzmer den Brüsseler Auto-Dialog, der erstmals holistisch diskutiere und der der Industrie zuhöre.
Hybride und technologieoffene Zukunft
Für Michael Fleiss, CSO Chief Sales Officer bei Horse Powertrain, ist die Zukunft hybrid. In seinem Keynote-Vortrag "Was treibt die globale Mobilität von morgen an?" macht Fleiss deutlich: "Wir haben eine diverse Zukunft mit diversen Kraftstoffen und den Verbrenner in allen möglichen Formen". Dazu gehörten etwa unterschiedliche Kraftstoffe (wie Biokraftstoffe, E-Kraftstoffe, grünes Methanol) oder auch wasserstoffbetriebene Konzepte. Auch der Range Extender gewinne weltweit an Bedeutung. Auf der Auto Shanghai 2025 stellt Fleiss ein "Super Hybrid Concept" von Horse Powertrain in Aussicht.
Für MdL Winfried Mack, wirtschaftspolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion Baden-Württembergs, ist klar, dass sich Europa verändern muss. "Wir müssen uns auf das Wesentliche besinnen, auf das, was wir gut können". Dazu gehöre es, gute Motoren zu bauen, so Mack in seinem Keynote-Vortrag "Überholen statt überholt werden – Innovation statt Verbote". Wir müssten "weg von Planwirtschaft und Verboten hinzu zu Freiheit und Innovationen". Die Politik könne nicht vorgeben, was der "bessere Motor" sei. Eine "Subventionitis" werde laut Mack keine Zukunft haben. Wirtschaft brauche Freiheit; Innovation brauche Freiheit, Fleiß und gute Wettbewerbsbedingungen. "Elektromobilität mit der Brechstange umzusetzen, funktioniert nicht".
In Europa gebe es laut Mack auch zu lange Entwicklungszeiten; Ineffizienzen müssten vermieden werden. "Einen Ein-Schicht-Betrieb in der Entwicklung können wir uns nicht mehr leisten", so Mack. Mack plädiert dafür, klimaneutral zu werden, aber Industrieland zu bleiben. Der Markt entscheide über Technologie, eine Kombination von Technologien sei sinnvoll. Mack prognostiziert dass das Verbrenner-Verbot kippen könnte, bei den drohenden CO2-Strafzahlungen könnte es zu Erleichterungen kommen. Auch Matthias Zink erwartet mit Blick auf den nächsten Auto-Dialog Anfang März, Aussagen zu den Strafzahlungen. Die große Herausforderung sei laut Zink aber: Wie sieht der Masterplan nach vorne aus? Das gelte es zu diskutieren.
CO2-neutraler Straßenverkehr
Schwerpunktthemen des 12. Internationalen Motorenkongress 2025 mit über 300 Tagungsteilnehmenden aus 20 verschiedenen Ländern sind CO2-neutrale Verbrennungsmotoren, CO2-Recycling als Schlüsselthema für reFuels, Weiterentwicklungspotenziale und Nachhaltigkeit des Verbrennungsmotors, Wasserstoff und andere nachhaltige Energieträger sowie gesetzliche und technologische Unterschiede in den Märkten.
Die Keynote-Vorträge am zweiten Veranstaltungstag werden Dr. Thomas Becker (BMW), Konstantin K. Kriegelsteiner (Isuzu Motors) und Dr. David Bothe (Frontier Economics) halten. Sie befassen sich damit, wie Nachhaltigkeit als Technologietreiber für künftige Antriebssysteme wirkt, wie Mobilitätslösungen in Asien aus japanischer Perspektive aussehen können und wie der Verkehrssektor Teil eines treibhausgasneutralen europäischen Energiesystems sein kann.
12. Internationaler Motorenkongress 2025
Der 12. Internationale Motorenkongress 2025 von ATZlive und VDI Wissensforum ist Treffpunkt der Community für Antriebe und nachhaltige Kraftstoffe. Die Hybrid-Veranstaltung findet am 25. und 26. Februar in Baden-Baden oder via Live-Stream statt. Die Fachtagung basiert auf drei thematischen Säulen, und zwar auf den Vortragssträngen "Pkw-Motorentechnologie", "Nfz-Motorentechnologie" sowie "Nachhaltige Kraftstoffe & Energie".