Tag 2 des Motorenkongresses: Der Verbrennungsmotor wird vor allem im Transportsektor weiter benötigt. Zur Minderung der CO2-Emissionen werden defossilisierte Kraftstoffe notwendig werden.
Debatte auf dem Motorenkongress: Christian Beidl, Alain Mathuren, Pierpaolo Biffali, Andrea Wechsler (v. l. n. r.)
Uli Regenscheit / ATZlive
In der ersten Keynote des zweiten Kongresstags sprach Prof. Dr. Andrea Wechsler (CDU), MdEP, über Europa und die Zukunft der Automobilindustrie. Sie hob hervor, dass besonders in Deutschland ein starker politisch getriebener Trend hin zur Elektromobilität in der Entwicklung bestand, während wichtige Leitmärkte, darunter auch China, einen deutlich weiter gefassten, technologieoffenen Ansatz verfolgten.
Auch die aktuellen Diskussionen und politischen Veränderungen zeigten für Wechsler klar, dass sich Europa den weltpolitischen und industriellen Herausforderungen unabhängiger stellen muss, da bisherige Partnerschaften nicht mehr zwingend verlässlich sind. Die Rahmenbedingungen sind laut ihr klar neu und technologisch unabhängig zu gestalten, um Abhängigkeiten von Rohstoff- und Produktlieferketten zu vermindern. Ihrer Ansicht nach seien die Grundlagen der sozialen Marktwirtschaft nun in der europäischen Politik verankert. Man habe verstanden, dass die Transformation der Industrie nicht politisch angeleitet werden könne, Aufgabe der Politik sei es lediglich, Rahmenbedingungen zu setzen. Neu sei auch die Entschlackung des Lieferkettensorgfaltsgesetzes, um Übernehmen wettbewerbsfähiger zu machen.
Klimaziele nur mit defossilisierten Kraftstoffen zu erreichen
Pierpaolo Biffali von der Iveco Group hob in seiner Keynote hervor, dass der Verkehrssektor zu 30 % und den CO2-Emissionen beteiligt ist. Europa habe insgesamt aber aktuell die schlüssigste Strategie, diese Emissionen zu senken, indem in den Hauptbereichen, der Weiterentwicklung der Verbrennungsmotoren, Defossilisierung und Elektrifizierung sowie Entwicklung von Wasserstofftechnologien intensiv gearbeitet würde. Im Transport wird auch absehbar der Verbrennungsmotor weiter dominant bleiben, auch wenn er zum Teil elektrifiziert werden wird und bestimmte Anwendungen auch vollständig elektrifiziert werden können und werden.
Der Kunde kaufe letzten Endes aber nicht emotional, sondern rein nach professionellen Aspekten. Dabei sind die Total Cost of Ownership und damit der Preis, die Produktivität aus Nutzlast und Haltbarkeit und die Produktqualität entscheidend. Umweltaspekte würden nachrangig betrachtet. Auch auf absehbare Zeit würden Diesel und Methan bei weitem die TCO-günstigsten Lösungen darstellen. Obwohl BEV-Lkw sehr effizient sein können und die Wartungskosten gering seien, sei es enorm schwierig, Kunden von der Technologie zu überzeugen. Daher scheine der realistischste Weg, die Reduktionsziele zu erreichen, der zu sein, den Kraftstoff zu defossilisieren.
Alain Mathuren von FuelsEurope präsentierte die Ergebnisse der Studie "Überwachungsmethoden für die Nutzung von regenerativen Kraftstoffen". Hier wurde in einer ersten Gruppe versucht, klare Definitionen für regenerative Kraftstoffe zu finden, eine zweite untersuchte Möglichkeiten, wie die Verwendung von derartigen Kraftstoffen im Fahrzeug überwacht werden könne. Hier führte er zahlreiche physische und virtuelle Methoden aus, die sich zur Überwachung eignen würden. Eine dritte Gruppe betrachtete die Besteuerung und die Möglichkeiten der steuerlichen Anrechnung der genutzten Kraftstoffe. Zahlreiche Fragen entstanden allerdings noch während der Arbeiten, etwa wie man mit Verstößen, Nichtverfügbarkeit entsprechender Kraftstoffe und länderspezifischen Gesetzgebungen umgehen sollte. Folgeprojekte werden notwendig sein, um zufriedenstellende Antworten zu finden, im ersten Schritt konnte zumindest gezeigt werden, dass eine Überwachung der Nutzung klimaneutraler Kraftstoffe umsetzbar zu sein scheint.
Verbrennungsmotor spielt wichtige Rolle beim Klimaschutz
In der anschließenden Fragerunde sprach sich Alain Mathuren auf die Frage, ob CO2-neutrale Kraftstoffe angerechnet werden können, klar dafür aus, auch hier alle Technologien zu unterstützen. Neben tatsächlichen E-Fuels, deren Ramp-up vermutlich noch lange dauern wird, müssten zudem biogene Kraftstoffe betrachtet werden, da diese bereits vorhanden sind und direkt eingesetzt werden könnten. Die Investmentsicherheit müsse allerdings gegeben sein, um weiteren Herstellern einen Anreiz zu geben, in die Produktion einzusteigen. Dabei sollte allerdings incentiviert statt subventioniert werden. Ein solcher Anreiz könnte eben die Anerkennung des CO2-Minderungspotenzials dieser Kraftstoffe sein, die zu einer erheblichen Preissenkung durch etwa Steuerbefreiungen des neutralen Anteils führen könnten.
Zu einer Rücknahme des Verbrennerverbots wollte sich Wechsler nicht äußern, da es außerhalb ihrer Entscheidungskompetenz läge, allerdings sei klar, dass der Verbrennungsmotor in einer technologisch offenen Entwicklung eine wichtige Rolle spiele.
12. Internationaler Motorenkongress 2025
Der 12. Internationale Motorenkongress 2025 von ATZlive und VDI Wissensforum ist Treffpunkt der Community für Antriebe und nachhaltige Kraftstoffe. Die Hybrid-Veranstaltung findet am 25. und 26. Februar in Baden-Baden oder via Live-Stream statt. Die Fachtagung basiert auf drei thematischen Säulen, und zwar auf den Vortragssträngen "Pkw-Motorentechnologie", "Nfz-Motorentechnologie" sowie "Nachhaltige Kraftstoffe & Energie".