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16.04.2018 | Antriebsstrangkomponenten | Nachricht | Online-Artikel

Ecochamps präsentiert effiziente Hybrid-Antriebsstränge

verfasst von: Mathias Heerwagen

5 Min. Lesedauer

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Das Ecochamps-Projekt hat in Amsterdam seine Ergebnisse vorgestellt: Ziel der 26 Projektpartner aus Herstellern, Zulieferern und Forschungseinrichtungen war die Entwicklung effizienter Hybrid-Antriebsstränge.

Mehr als drei Jahre Forschungs- und Entwicklungsarbeit liegen hinter den Partnern des Ecochamps-Projekts. Ziel war es, effiziente Hybrid-Antriebsstränge zu entwickeln, dessen Bauteile durch Standardisierung und Modularisierung teilweise in verschiedenen Fahrzeugklassen eingesetzt werden können. So sollen Kosten gespart werden – denn bislang stünden vor allem die hohen Zusatzkosten von Hybridantrieben einer weiteren Verbreitung im Wege. Ein je nach Fahrzeugtyp bis zu 20 Prozent höherer Antriebsstrangwirkungsgrad sollte erreicht werden, bei bis zu 20 Prozent reduziertem Gewicht und Volumen, aber nur zehn Prozent höheren Kosten im Vergleich zu einem konventionellen Antriebsstrang.

Daily als Hybrid-Transporter

Roberto Mantia von Iveco präsentierte die Ergebnisse im Bereich Medium Duty Application. Basisfahrzeug ist ein Iveco Daily, der zum Plug-in-Hybrid umgerüstet wurde. Dank flexiblem Ladesystem lassen sich die Batterien von Bosch sowohl mit Mode 1 an einer CEE-Steckdose oder mit Mode 3 Typ-2-Stecker laden. Nach rund 70 Minuten sollen die zwei Batteriepakete mit jeweils 22 kWh Kapazität wieder voll sein. Antriebsseitig stattete Iveco den 7,2-Tonner mit einem 100 kW starken Elektromotor aus, der maximal 400 Newtonmeter Drehmoment abgibt, dauerhaft sind es 280 Newtonmeter. Das sorgt zwar nicht für überragende Fahrleistungen, dafür wurde so der Gesamtenergieverbrauch um rund 30 Prozent verringert. 

Bedingt durch das Gewicht der Elektronik sowie der Batterien – diese wiegen 373 Kilogramm – sank die Nutzlast um rund elf Prozent. Eine Besonderheit des Hybrid-Daily ist das manuelle Getriebe, welches für den E-Antrieb modifiziert wurde. Laut Roberto Mantia bevorzugten die Kunden ein manuelles Getriebe, später sei jedoch auch ein Automatikgetriebe möglich. Als weitere Entwicklungsmöglichkeit nach Abschluss des Ecochamps-Projekts sei beispielsweise ein kleinerer Motor denkbar; der aktuelle 3.0-l-Motor könnte durch ein 2.3-l-Motor ersetzt werden, was zusätzlich Gewicht spart.

Bus mit Pkw-Antriebskomponenten

Gewicht spielt im folgenden Fall eine eher untergeordnete Rolle, denn es geht um einen Stadtbus, der von MAN optimiert wurde. Basisfahrzeug ist ein MAN Lion City Hybrid, für dessen Antrieb Pkw-Komponenten weiterentwickelt und angepasst wurden. Für Vortrieb sorgt ein 140 Kilogramm schwerer Elektromotor mit 210 Kilowatt Leistung; ein zweiter identischer E-Motor erzeugt als Generator Strom. Der Zulieferer Magna entwickelte für den Hybrid-Bus zwei Getriebe-Prototypen, um die hohen Drehzahlen der Pkw-Elektromotoren für die Anwendung im Bus zu reduzieren. Die Effizienz liege je nach Drehzahl bei nahezu 99 Prozent, zudem sei das Getriebe sehr kompakt und benötigt nur wenig Bauraum.

Einsparpotenzial durch elektrifizierte Nebenaggregate

Um die hochgesteckten Ecochamps-Ziele zu erreichen, legten die Ingenieure auch Hand an die Nebenaggregate. Magna entwickelte eine neue elektrohydraulische Lenkhilfspumpe, die vom Dieselmotor entkoppelt und mit 24 Volt Bordspannung betrieben wird. Die maximale hydraulische Spitzenleistung beträgt rund drei Kilowatt, während herkömmliche Lenkhilfspumpen auf circa sieben Kilowatt kommen und dementsprechend mehr Energie benötigen. Der Wirkungsgrad des Lenksystems kann mit der neuen Pumpe von etwa 16 auf 37 Prozent gesteigert werden.  Ebenfalls vom Dieselmotor getrennt arbeitet der Kompressor. Zulieferer Gardner Denver entwickelte einen elektrisch angetriebenen Kompressor, der maximal 13,5 bar liefert und damit in Lkw und Bussen eingesetzt werden kann. In Summe führen die Maßnahmen zu einer Effizienzsteigerung gegenüber dem Referenzfahrzeug von neun Prozent im dichten Stadtverkehr, ebenfalls neun Prozent im normalen innerstädtischen Betrieb und immerhin noch fünf Prozent im Zubringerbetrieb. MAN ist mit den Ergebnissen zufrieden: der Verbrauch wurde gesenkt, die Effizienz des Antriebsstrangs gesteigert.

Eines der Ziele des Ecochamps-Projekts ist die Modularisierung und Standardisierung von Komponenten. So ist es kein Zufall, dass auch in der Zugmaschine von DAF der elektrisch angetriebene Kompressor sowie die neue Lenkhilfspumpe von Magna rotieren. Im Demonstrator-Lkw DAF XF stecken Batteriezellen von Samsung, die eigentlich in Pkw zum Einsatz kommen und für die Anwendung im Lkw adaptiert wurden. Für den elektrischen Antrieb wählte DAF einen 100 Kilowatt starken Elektromotor, der 250 Newtonmeter Drehmoment abgibt. Die Integration der neuen Elektronikkomponenten inklusive deren Kühlsystems sei laut Bart Lips von DAF eine große Herausforderung gewesen. Ebenso die Entwicklung des Wärmerückgewinnungssystems durch Bosch, das äußerlich unscheinbar an der rechten Seite der Zugmaschine integriert wurde. Das auf dem Rankine-Prozess basierende System erzeugt maximal 15 Kilowatt. Lohn der Mühe und umfassenden Modifikationen sind ein um 14,5 Prozent geringerer Verbrauch.

Neben den Light- und Heavy-Duty Anwendungen geht es im Projekt auch um die Hybridisierung von Pkw. Ein Blick unter die Haube des Renault Mégane offenbart den zumindest optisch rustikalen Einbau – es sei dem Prototypen verziehen. Die Reserveradmulde und ein Teil des Kofferraums sind ebenfalls mit Technik gefüllt, dennoch falle das Kofferraumvolumen nur rund zehn Prozent geringer aus als beim herkömmlichen Mégane. Claude Le Hongre von Renault bekennt auf Nachfrage aus dem Publikum, dass sich der Mehrwert für den Endnutzer in Grenzen hält; die Entwicklung sei hauptsächlich getrieben durch immer strengere CO2-Grenzen.

Projektpartner arbeiten weiter an Serieneinführung

Mit Ende des Ecochamps-Projekts endet für die beteiligten Unternehmen nicht die Entwicklung. Die Partner wollen die Technik weiter verbessern und Kosten reduzieren; in bestimmten Flotten sei eine Serieneinführung einzelner Komponenten möglich. Vor allem im Nutzfahrzeugbereich scheint noch einiges an Potenzial vorhanden zu sein hinsichtlich Verbrauchsreduzierung durch die Optimierung von Nebenaggregaten.

Ein Wermutstropfen zum Schluss, der bei den Teilnehmern für Kopfschütteln sorgte: Brüssel und Amsterdam liegen nicht einmal zwei Stunden voneinander entfernt, und obwohl das Projekt mit mehr als 21 Millionen Euro von der EU gefördert wird, war zur Abschlussveranstaltung und der Präsentation der Ergebnisse kein Vertreter der Europäischen Kommission anwesend.


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Quelle:
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