Der angeschlagene Automobilzulieferer Continental verschlankt sich und will sich von der Kunststofftechniksparte Contitech trennen. Die Zeichen stehen auf Verkauf. Was dabei arbeitsrechtlich zu beachten ist.
Das Nachweisgesetz wurde reformiert und trifft in seiner neuen Fassung Arbeitgeber bei der Erstellung von Arbeitsverträgen.
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Nach der geplanten Abspaltung der Automotive-Sparte, will sich Continental nun auch noch von seiner Kunststofftechniksparte Contitech trennen. Contitech produziert unter anderem Schläuche, Antriebsriemen und Förderbänder für die Industrie.
Nach den bisherigen Plänen wird ein Verkauf von Contitech als die wahrscheinlichste Option angesehen. Doch bevor dies geschehe - so viel scheint festzustehen - will Continental die Kunststofftechniksparte verselbstständigen und als eigenständiges Unternehmen an die Börse bringen. Bei Continental verbleiben soll zukünftig nur noch das angestammte Reifengeschäft.
Die Verselbstständigung von Contitech betrifft nicht nur wirtschaftliche und strategische Gesichtspunkte, sondern wirft auch beachtliche arbeitsrechtliche Fragen auf. Dabei sind aus arbeitsrechtlicher Sicht insbesondere die Auswirkungen auf die Arbeitnehmer und deren Arbeitsverhältnisse näher zu beleuchten.
Rechtliche Grundlagen
Bei der Abspaltung überträgt der übertragende Rechtsträger nur einen Teil seines Vermögens auf einen oder mehrere andere Rechtsträger, während er mit dem verbleibenden Vermögensteil weiterhin fortbesteht. Abspaltungen vollziehen sich in der Regel auf Grundlage des Umwandlungsgesetzes, wobei diese entweder zur Aufnahme oder zur Neugründung erfolgen können. Bei der Abspaltung zur Aufnahme wird der abgespaltene Teil auf einen oder mehrere bereits bestehende Rechtsträger übertragen. Dagegen wird bei der Abspaltung zur Neugründung der abgespaltene Teil auf eine oder mehrere durch die Spaltung gegründete neue Rechtsträger übertragen.
Eine zentrale arbeitsrechtliche Norm in diesem Zusammenhang ist der Betriebsübergang gemäß § 613a BGB. Diese Vorschrift findet auch bei Abspaltungen Anwendungen, sofern diese zu einem Wechsel des Rechtsträgers führen und ein Betrieb oder Betriebsteil als wirtschaftliche Einheit identitätswahrend auf den neuen Rechtsträger übergeht. Dabei besteht der Zweck des § 613a BGB gerade darin, den Bestand des Arbeitsverhältnisses trotz Arbeitgeberwechsel zu sichern.
Übergang der Arbeitsverhältnisse
Doch was für arbeitsrechtliche Folgen hat ein solcher Betriebsübergang, insbesondere für die bestehenden Arbeitsverhältnisse? Ein Betriebsübergang im Sinne des § 613a BGB führt dazu, dass der neue Rechtsträger in die Rechte und Pflichten aus allen Arbeitsverhältnissen eintritt, die im Zeitpunkt des Übergangs bestehen und dem übergegangenen Betrieb zuzuordnen sind. Die betroffenen Arbeitsverhältnisse gehen dabei grundsätzlich automatisch kraft Gesetzes über, wobei es weder einer Zustimmung der betroffenen Arbeitnehmer bedarf noch bisheriger und neuer Arbeitgeber frei darüber entscheiden können, welche Arbeitnehmer übergehen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Arbeitnehmer dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses gem. § 613a VI BGB widersprochen hat.
Fortgeltung der bisherigen Arbeitsbedingungen
Da die Arbeitsverhältnisse mit sämtlichen Rechten und Pflichten übergehen, gelten auch alle bisherigen Arbeitsbedingungen, wie beispielsweise Vergütung, Arbeitszeit, Urlaub und Betriebszugehörigkeiten unverändert weiter. Einseitige Verschlechterungen der Arbeitsvertragsbedingungen nach Betriebsübergang durch den neuen Arbeitgeber sind daher nicht möglich.
Kollektivrechtliche Folgen des Betriebsübergangs
Der Übergang eines Betriebs auf einen anderen Rechtsträger hat nicht nur individualrechtliche, sondern auch kollektivrechtliche Folgen: Grundsätzlich gelten die Rechte und Pflichten aus Rechtsnormen in Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträgen zwischen dem neuen Arbeitgeber und den Arbeitnehmern weiter. Sie dürfen gemäß § 613a I 2 BGB nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden, es sei denn, sie werden gem. § 613a I 3 BGB beim neuen Arbeitgebers durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrages oder einer anderen Betriebsvereinbarung abgelöst.
Besondere Rechte der Arbeitnehmer
Die vom Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer haben besondere Rechte, wozu insbesondere das Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers zählt. Widerspricht der Arbeitnehmer dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses gemäß § 613a VI BGB, bleibt sein Arbeitsverhältnis bei dem bisherigen Arbeitgeber fortbestehen und geht nicht über. Der widersprechende Arbeitnehmer hat dann allerdings aufgrund des Wegfalls des Arbeitsplatzes mit einer betriebsbedingten Kündigung zu rechnen. Der Widerspruch ist dabei schriftlich innerhalb einer Frist von einem Monat zu erklären.
Kein Kündigungsrecht wegen Betriebsübergang
Eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers wegen Betriebsübergangs ist gem. § 613 a IV 1 BGB unwirksam. Durch dieses eigenständige Kündigungsverbot wird der Schutz des Arbeitsplatzes verstärkt. Dabei erfolgt die Kündigung nur dann wegen des Betriebsübergangs, wenn dieser der wesentliche, tragende Grund für sie war, es also keine anderen Gründe gibt, die die Kündigung aus sich heraus tragen könnten. Kündigungen nur aus anderen Gründen sind daher zulässig.
Fazit: Die Abspaltung von Contitech hat zwar arbeitsrechtlich weitreichende Folgen. Allerdings ist in diesem Zusammenhang auch festzustellen, dass die von einem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer durch die Vorschrift des § 613a BGB geschützt sind. Denn zum einen wird der Bestand ihres Arbeitsverhältnisses trotz Arbeitgeberwechsel gesichert, indem sie automatisch übernommen werden. Zum anderen wird ihr Arbeitsplatz aber auch durch ein Kündigungsverbot gestärkt, weil wegen des Betriebsübergangs nicht gekündigt werden darf. Darüber hinaus haben die betroffenen Arbeitnehmer aber auch das Recht dem Arbeitgeberwechsel zu widersprechen. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Abspaltung von Contitech in Zukunft entwickelt.