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11.03.2021 | Arbeitsrecht | Fragen + Antworten | Online-Artikel

Kündigung wegen Corona scheitert an Verhältnismäßigkeit

verfasst von: Dr. Christoph Abeln, Alexander Haasler

3 Min. Lesedauer

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Manager bangen um den Job, denn in Krisen wird gern an den vermeintlich teuren Leistungsträgern gespart. Miese Abfindungen und ausfallende Gerichtstermine schüren Existenzängste. Fragen + Antworten zu Kündigungen in der Corona-Krise von Christoph Abeln und Alexander Haasler.
 

Haben Leitende Angestellte Kündigungsschutz?

Ganz klar: Ja. Wenn das Arbeitsverhältnis bereits länger als sechs Monate besteht und der Betrieb mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt, kann der Arbeitgeber eine Führungskraft nur unter den gesetzlich aufgeführten Kündigungsgründen entlassen. Die Kündigung kann dann verhaltens-, personen- oder betriebsbedingt erfolgen und muss schlüssig begründet werden. Zudem trifft die Nachweispflicht den Arbeitgeber. In manchen Fällen beobachten wir jedoch, dass Führungskräften das Gegenteil erzählt wird, um sie zu einem schlechten Aufhebungsvertrag zu überreden.

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In welchen Fällen haben der Arbeitnehmer beziehungsweise Führungskräfte einen Anspruch auf eine Abfindung?

Einen gesetzlichen Anspruch gibt es nur in sehr wenigen Fällen. Vielmehr ist es so, dass viele Kündigungsschutzfälle sinnvollerweise durch Aufhebungsvertrag oder Vergleich mit Abfindung geregelt werden. Die Abfindung ist in diesem Fall Verhandlungssache. Besteht hingegen ein Sozialplan, enthält dieser gegebenenfalls einen Anspruch auf eine Abfindung. Besonders sofern ein Sprecherausschuss, eine Art Betriebsrat auf Leitungsebene, gebildet wurde, wird oftmals für Führungskräfte eine solche Regelung vereinbart.

Können Mitarbeiter coronabedingt gekündigt werden?

Die Corona-Krise an sich stellt keinen wirksamen Grund dar. Jedoch kann es für eine betriebsbedingte Kündigung ausreichen, wenn beispielsweise der Beschäftigungsbedarf durch die Corona-Krise tatsächlich oder langfristig entfällt. In vielen Fällen besteht trotzdem kein Grund zur Sorge: Die Aussichten für Führungskräfte stehen trotz Corona gut. Auch scheitern die meisten Kündigungen aufgrund der Corona-Krise an der Verhältnismäßigkeit, obwohl Leitfäden für Trennungsgespräche oder Drohungen des Arbeitgebers gegenteiliges vermuten lassen. So rechtfertigen weder ein Umsatzrückgang von 30 oder 50 Prozent noch Kurzarbeit die Kündigung großer Teile der Belegschaft – und insbesondere nicht der leitenden Angestellten. Auch Outplacement-Angebote sind derzeit keine Alternative, da der Markt nur eingeschränkt vorhanden ist.

Woran liegt das genau?

Zur Rechtfertigung einer betriebsbedingten Kündigung durch die coronabedingten Umstände reicht ein Umsatzrückgang allein grundsätzlich nicht aus. Immer wieder kommt es glücklicherweise vor, dass es sich nur um einen kurzen Umsatzeinbruch oder eine Liquiditätsschwäche handelt. Solange der Beschäftigungsbedarf nicht dauerhaft entfällt, ist eine Beendigungskündigung sozial nicht gerechtfertigt. Zudem sollte auch die Sozialauswahl, die auch bei coronabedingten Umsatzrückgängen durchgeführt werden muss, nicht vergessen werden. Von wesentlicher Bedeutung ist außerdem der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit: Es dürfen also keine anderen, weniger intensiven Mittel als die Beendigungskündigung zur Verfügung stehen. Solche könnten etwa die Versetzung, Änderungskündigung, Entgeltkürzung oder Kurzarbeit sein.

Kann das Unternehmen einseitig Kurzarbeit anordnen?

Nein. Einseitig kann Kurzarbeit nicht angeordnet werden. Voraussetzung ist eine arbeitsvertragliche beziehungsweise tarifvertragliche Regelung oder eine Betriebsvereinbarung. Noch nicht abschließend geklärt ist, ob Arbeitgeber durch Änderungskündigung Kurzarbeit einseitig durchsetzen können. Das Arbeitsgericht Stuttgart hat dies Ende 2020 bejaht. Jedoch ist diese Entscheidung noch nicht rechtskräftig und wird mit hoher Wahrscheinlichkeit in der nächsten Zeit vom Bundesarbeitsgericht entschieden.

Kann das Unternehmen trotz Kurzarbeit betriebsbedingte Kündigungen aussprechen?

Kurzarbeit stellt ein milderes Mittel gegenüber der vollständigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses dar und ist damit beim Personalabbau zu berücksichtigen. Kurzarbeit greift, wenn ein vorübergehender Beschäftigungsausfall besteht. Es ist also stets eine Prognose anzustellen, wie lange der Beschäftigungsausfall bestehen wird, denn sollte die Beschäftigung dauerhaft nicht mehr möglich sein, dann kann der Arbeitgeber auch bei Kurzarbeit mit betriebsbedingten Kündigungen reagieren. Dennoch ist auch dies kein Automatismus, sondern die oben angesprochenen Voraussetzungen des Kündigungsschutzes sind weiterhin zu beachten.

Alle tagesaktuellen Beiträge rund um die Corona-Krise finden Sie hier

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