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13.12.2018 | Arbeitsrecht | Schwerpunkt | Online-Artikel

Kündigung von Low Performern ist schwierig

verfasst von: Dr. Hendrik Heitmann

4:30 Min. Lesedauer

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Low Performer im Team zu führen, ist schwer, manchmal sogar unmöglich. Allerdings ist eine Kündigung wegen Schlechtleistung in der Regel kaum durchsetzbar. Die Fallstricke erklärt Rechtsanwalt Hendrik Heitmann. 


Die meisten Führungskräfte sind keine Juristen oder Arbeitsrechtler. In der betrieblichen Praxis durchlaufen deshalb viele Chefs  – meist zu Beginn Ihrer Tätigkeit – ein arbeitsrechtliches Training, das sie auf ihre neuen Aufgaben vorbereiten soll. Im Umgang mit ihren Mitarbeitern sehen sich viele Führungskräfte mitunter mit Situationen konfrontiert, für die ihnen die vorhergehenden Trainings keine Handlungsanleitungen gegeben haben. 

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Was muss der Mitarbeiter eigentlich „bringen“?

Welche Leistung kann von dem Mitarbeiter verlangt werden? Schuldet er auch einen Erfolg?


Im Führungsalltag wird dabei häufig der Umgang mit Mitarbeitern als problematisch betrachtet, die den eigenen Erwartungen und möglicherweise auch denen der gesamten Organisation nicht entsprechen. Begrifflich werden diese Personen schnell als sogenannte "Low Performer" klassifiziert. Der Ruf nach Unterstützung aus der HR-Abteilung folgt meist auf dem Fuße. Diese spielt den Ball aber gerne mit der Bemerkung zurück, es handle sich bei dem Umgang mit diesen Mitarbeitern um eine Führungsaufgabe. Verlagern die HR-Abteilungen damit ihre Verantwortlichkeiten zu Unrecht auf die Teamleiter und Chefs?   

Arbeitnehmer schuldet keinen Erfolg

Beim Umgang mit Low Performern ist zunächst festzuhalten, dass beim Arbeitsvertrag – als Unterfall zum Dienstvertrag – lediglich eine bestimmte Tätigkeit und nicht ein bestimmter Erfolg geschuldet wird. Beim Arbeitsvertrag ist die Arbeit selbst Vertragsgegenstand. Insoweit ist die Zeit das wesentliche Maß für die Arbeitsleistung. Die Qualität der Arbeitsleistung hat dabei mittlerer Art und Güte zu sein. Erreicht ein Mitarbeiter diese Qualität nicht und liegen in vorwerfbarer Weise Leistungsmängel vor, kann der Arbeitgeber eine verhaltensbedingte Kündigung in Betracht ziehen. Voraussetzung ist allerdings, dass der Arbeitnehmer zuvor einschlägig für vergleichbare Leistungsmängel abgemahnt wurde.

Subjektive Leistungsfähigkeit ist maßgeblich

Die besondere Schwierigkeit liegt darin, festzustellen, wann eine Schlechtleistung tatsächlich schuldhaft und in vorwerfbarer Weise vorliegt. Zu berücksichtigen ist dabei, dass das Bundesarbeitsgericht (BAG) die Arbeitsleistung nicht objektiv, sondern nach der individuellen, subjektiven Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers beurteilt. Es gilt das Prinzip: Der Arbeitnehmer muss tun, was er soll, und zwar so gut, wie er kann. Das bedeutet nicht, dass der Arbeitnehmer seine Leistungspflicht selbst willkürlich bestimmen kann. Er muss vielmehr unter angemessener Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit arbeiten.

Bei der Beurteilung einer kündigungsrelevanten Schlechtleistung spielt zum einen die Fehlerhäufigkeit eine Rolle. Es müssen aber auch die konkreten Arbeitsanforderungen und Gegebenheiten des Arbeitsplatzes betrachtet werden. Diese können durch vorhergehende Ausübung des Direktionsrechts durch den Arbeitgeber besonders konkretisiert worden sein. Hinzu kommt, dass der Umfang berücksichtigt werden muss, in dem das Verhältnis von Leistung, der Erbringung der Arbeitstätigkeit, und Gegenleistung, der Zahlung des Arbeitsentgelts, beeinträchtigt ist.

Abgestufte Darlegungs- und Beweislast

Sollte sich der Arbeitgeber zu einer Kündigung entschließen und der betroffene Mitarbeiter erhebt daraufhin eine Kündigungsschutzklage, trägt der Arbeitgeber zunächst die Beweislast, die aufgetretenen Leistungsmängel, die Fehlerzahl, die Art und Schwere sowie Folgen der fehlerhaften Arbeitsleistung des Arbeitnehmers darzulegen. Der Arbeitgeber muss insoweit aufzeigen, dass der Arbeitnehmer längerfristig die durchschnittliche Fehlerhäufigkeit aller mit vergleichbaren Arbeiten beschäftigter Arbeitnehmer erheblich überschreitet. Außerdem muss aufgezeigt werden, welche betrieblichen Beeinträchtigungen durch die Fehler verursacht werden und dass es sich nicht lediglich um Fehler handelt, die trotz einer gewissen Häufigkeit angesichts der konkreten Umstände der Arbeitsleistung vom Arbeitgeber hinzunehmen sind.

Hat der Arbeitgeber dies dargelegt, so muss der Arbeitnehmer daraufhin erläutern, warum er trotz erheblich unterdurchschnittlicher Leistungen seine Leistungsfähigkeit ausschöpft. Kann er dies zur Überzeugung des Gerichts darlegen, wird die Klage Erfolg haben.

Quantitative Schlechtleistung

Leichter zu ermitteln, sind für den Arbeitgeber Schlechtleistungen, die sich aus Tätigkeiten mit quantitativen Vorgaben – etwa im Produktionsprozess – ergeben. Allerdings beginnt nach Ansicht des BAG die quantitative Schlechtleistung erst bei einer Leistung, die mindestens ein Drittel unter dem Durchschnitt der vergleichbaren Arbeitnehmer liegt. Erst nach dem Vorlegen dieses Beweises durch den Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess, muss der Arbeitnehmer dann seinerseits darlegen, dass die Minderleistung entweder nicht vorliegt oder nicht in seiner Verantwortung liegt.

Die Nichtleistung

Abzugrenzen von der Schlechtleistung ist die reine Nichtleistung, die bei wirklichen Low Performern häufig in Kombination mit der Schlechtleistung auftritt. Diese liegt etwa vor, wenn der Arbeitnehmer pflichtwidrig seine vertraglich geschuldete Arbeitszeit versäumt. Entweder erbringt der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung komplett oder temporär nicht. Der Arbeitnehmer kommt zum Beispiel überhaupt nicht zur Arbeit, er kommt zu spät oder geht zu früh, oder unterbricht seine Arbeit grundlos. Sollte sich der Arbeitgeber wegen einer Nichtleistung zur Kündigung entschließen, unterliegt er nicht der oben beschriebenen abgestuften Beweislast. Nach vorher ergangener Abmahnung würde die Kündigung bestätigt werden, soweit die Pflichtverstöße belegt werden können.

Fazit: Viele Führungskräfte fühlen sich von den HR-Business-Partnern im Stich gelassen, wenn ihr Ruf nach arbeitsrechtlichen Sanktionen gegenüber ihren Problemfällen im Team nicht sofort erhört wird. Eine pflichtwidrige Verlagerung von Verantwortlichkeiten liegt darin aber nicht. Die dargelegte arbeitsrechtliche Situation zeigt vielmehr, dass die HR-Abteilungen das Risiko eines erfolglosen Kündigungsschutzprozesses richtig einschätzen.

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