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15.09.2021 | Arbeitsrecht | Gastbeitrag | Online-Artikel

Sachgrundlose Befristungen könnten schwerer werden

verfasst von: Minh Riemann (LL.M.)

3 Min. Lesedauer

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Das Bundesarbeitsministerium hat einen Referentenentwurf für Änderungen bei sachgrundlosen Befristungen sowie bei Kettenbefristungen vorgelegt. Auch wenn der Gesetzesentwurf in dieser Legislaturperiode wohl nicht mehr umgesetzt wird, sollten sich Unternehmen für mehr Planungssicherheit mit der möglichen Gesetzesverschärfung vertraut machen.

Zusammengefasst sieht der Referentenentwurf vom 14. April 2021 für sachgrundlose Befristungen und Kettenbefristungen Folgendes vor: Die zulässige Höchstdauer für sachgrundlose Befristungen soll von derzeit 24 Monate auf 18 Monate begrenzt werden. Anders als bisher wäre innerhalb dieser Zeitspanne nur noch eine einmalige statt einer dreimaligen Befristungsverlängerung zulässig. Es soll weiterhin möglich sein, durch Tarifvertrag die gesetzliche Höchstbefristungsdauer zu überschreiten; allerdings nur noch bis zu einer Höchstdauer von bis zu 54 Monaten bei einer dreimaligen Verlängerungsmöglichkeit.

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Arbeitgeber, die in der Regel mehr als 75 Arbeitnehmer beschäftigen, könnten zukünftig nur noch bis zu 2,5 Prozent der Belegschaft sachgrundlos befristet beschäftigen dürfen. Der jeweilige Stichtag für die Ermittlung der sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnisse ist der erste Kalendertag des vorangegangenen Quartals. Wird der Schwellenwert von 2,5  Prozent überschritten, so gelten die darüber hinaus geschlossenen Arbeitsverträge als unbefristet.

Höchstbefristungsdauer ändert sich

Um Kettenbefristungen zu verhindern, soll bei Befristungen mit Sachgrund zukünftig eine Höchstbefristungsdauer von fünf Jahren gelten; lediglich Befristungen aufgrund der "Eigenart der Arbeitsleistung" sowie aufgrund "gerichtlichen Vergleichs" wären hiervon ausgenommen. Bei der Ermittlung der Höchstbefristungsdauer werden dann Vorbeschäftigungszeiten aufgrund vorheriger befristeter Arbeitsverhältnisse oder aufgrund einer Überlassung als Leiharbeitnehmer berücksichtigt, wenn diese nicht länger als drei Jahre zurückliegen. Nicht vorgesehen ist die fünfjährige Obergrenze allerdings für die in der Praxis bedeutsamen Rentenbefristungen aufgrund des Erreichens der Regelaltersgrenze.

Zitiergebot macht Spielraum für Arbeitgeber enger

Darüber ist ein Zitiergebot geplant, wonach im Fall von kalendermäßigen Befristungen in der schriftlichen Befristungsabrede ausdrücklich niederzulegen ist, dass es sich um einen sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrag handelt. Enthält die Befristungsabrede keinen entsprechenden Hinweis, soll der Arbeitgeber sich nicht auf eine sachgrundlose Befristung berufen können. In einem solchen Fall bedürfte es für die Befristung eines Sachgrundes. 

Wird demgegenüber in der Befristungsabrede geregelt, dass das Arbeitsverhältnis sachgrundlos befristet wird, soll es für den Arbeitgeber nicht möglich sein, sich nachträglich auf einen bei Vertragsschluss objektiv vorliegenden Sachgrund für die Befristung zu berufen. Nach dem Zitiergebot schließen sich die sachgrundlose Befristung und die Befristung mit Sachgrund demnach zukünftig gegenseitig aus.

Obergrenze für sachgrundlose Befristungen erhebliche Erschwernis

Kommt es tatsächlich zu der im Referentenentwurf vorgesehenen Änderung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes, so hätte dies weitreichende Folgen für die Unternehmenspraxis. Hatte bereits die Novellierung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) im Jahr 2017 grundlegende Einschränkungen bei der Zeitarbeit zur Folge, so würde die vorgesehene Verschärfungen des Befristungsrechts Arbeitgeber erschweren, flexibel auf einen schwankenden und schwer prognostizierbaren Personalbedarf zu reagieren. Insbesondere die geplante Obergrenze für sachgrundlose Befristungen von 2,5 Prozent für Arbeitgeber mit in der Regel mehr als 75 Arbeitnehmern dürfte für mittelständische Unternehmen, die bislang regelmäßig Arbeitsverhältnisse sachgrundlos befristet haben, eine erhebliche Umstellung bedeuten.

Die dem Gesetzesentwurf zugrundeliegende Intention, Arbeitnehmern Sicherheit in ihrer Lebensplanung zu verschaffen und missbräuchliche Kettenbefristungen zu verhindern, ist anerkennenswert. Angesichts des sehr weitreichenden Kündigungsschutzes in Deutschland stellt sich aber die Frage, ob die geplanten Änderungen des Befristungsrechts dazu führen, dass Arbeitgeber auf Neueinstellungen verzichten und ob Arbeitnehmern die Chance verwehrt bleibt, sich zunächst im Rahmen einer befristeten Anstellung zu bewähren, um später unbefristet übernommen zu werden.

In der laufenden Legislaturperiode wird der Gesetzesentwurf nicht mehr umgesetzt. Ob und wie das Gesetzesvorhaben nach der Bundestagswahl im September 2021 weiterverfolgt wird, ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt ungewiss. Im Interesse der Planungssicherheit ist es für Unternehmen dennoch ratsam, die möglichen Änderungen im Blick zu haben.

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