Autoren: Sonja Günther (Associate) und Konradin Pleul (Local Partner), Greenberg Traurig, LLP
Zu Beginn der Corona-Pandemie war unbürokratisches Handeln gefragt, um Arbeit außerhalb des Büros zu ermöglichen. Doch für das Homeoffice fehlen bis heute klare gesetzliche Regelungen. Wie sich Arbeitgeber rechtlich absichern können.
Unternehmen haben die positive Erfahrung gemacht, dass die ständige Präsenz ihrer Beschäftigten im Büro keine Voraussetzung für produktives Arbeiten ist. Auch viele Arbeitnehmer haben die Vorteile des Homeoffices schätzen gelernt. Daher ist als Folge aus der Corona-Krise zu erwarten, dass zahlreiche Unternehmen auch bei steigender Impfquote ein bis zwei Tage die Arbeit im Homeoffice ermöglichen wollen. Sie müssen sich nun vermehrt damit beschäftigen, das von ihnen präferierte Homeoffice-Modell dauerhaft auf eine rechtlich sichere Grundlage zu stellen. Doch wie kann diese aussehen?
Homeoffice-Lösungen gehen mit Rechtsunsicherheit her
Gesetzliche Regelungen speziell zum Homeoffice existieren bisher nur vereinzelt. Bei der Entscheidung für eine bestimmte Regelungsvariante haben Unternehmen daher einen recht großen Gestaltungsspielraum. Dieser geht allerdings mit einer gewissen Rechtsunsicherheit einher. Um dies möglichst zu vermeiden, sollten die folgenden Punkte stets bedacht und regelmäßig überprüft werden.
Für Arbeitgeber stellt sich zunächst die zentrale Frage, welche rechtliche Grundlage sie für die Arbeit im Homeoffice wählen: Besteht ein Betriebsrat, muss dieser bei der Einführung beteiligt werden. Hierzu wurde jüngst sogar das Betriebsverfassungsgesetz ergänzt. Idealerweise schließen Arbeitgeber und Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung ab. Gibt es keinen Betriebsrat, kann ein Anspruch auf Arbeit im Homeoffice durch eine Unternehmensrichtlinie eingeräumt werden. Zusätzlich können individuelle Vereinbarungen mit den einzelnen Beschäftigten abgeschlossen werden.
Welche Rechtsbereiche Working from home tangiert
Unabhängig davon, welche rechtliche Basis für die Einführung von Working from home gewählt wird, sind stets die folgenden Themen zu berücksichtigen:
Geheimnis- und Datenschutz
Die Arbeit von zu Hause birgt das erhöhte Risiko, dass personenbezogene Daten oder Geschäftsgeheimnisse in die falschen Hände geraten. Den Mitarbeitern sollten daher explizit Pflichten zu deren Schutz auferlegt werden. Wichtig ist, dass diese Pflichten spezifisch auf die konkrete Gefahrenlage und die Schutzbedürfnisse des betreffenden Unternehmens zugeschnitten sowie praxisnah ausgestaltet sind. Zudem sollte die Belegschaft vor Arbeitsbeginn im Homeoffice noch einmal gesondert zum Risiko und ihren Pflichten geschult werden.
Arbeits- und Gesundheitsschutz
In der Regel werden weder Unternehmen noch Arbeitnehmer einen Telearbeitsplatz im Sinne der Arbeitsstättenschutzverordnung einrichten. Dann hat das Unternehmen aber kaum Einfluss auf die Gestaltung des Arbeitsplatzes im Homeoffice. Es sind also Mitarbeit und Eigenverantwortung der Mitarbeiter gefragt, wenn es um die tatsächliche Verwirklichung vom Gesundheitsschutz am häuslichen Arbeitsplatz geht.
Den Arbeitgeber trifft im Gegenzug eine erhöhte Informations- und Hinweispflicht im Hinblick auf eine gesundheitswahrende Ausstattung des Arbeitsplatzes zu Hause. Mitarbeiter sollten schriftlich bestätigen, dass sie informiert worden sind und ihr häuslicher Arbeitsplatz den arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften, insbesondere den Anforderungen an Bildschirmarbeitsplätze, entspricht. In der Regel wird es damit seiner Pflicht, eine Gefährdungsbeurteilung des Arbeitsplatzes im Homeoffice durchzuführen, gerecht werden.
Auslagenerstattung
Im Zusammenhang mit Working from home und der arbeitsschutzkonformen Ausstattung des Arbeitsplatzes stellt sich auch die Frage einer etwaigen Erstattung der Kosten durch das Unternehmen.
Wenn der betriebliche Arbeitsplatz für Mitarbeiter bestehen bleibt und diese nicht ganz überwiegend im Homeoffice arbeiten, dürfte eine Regelung wirksam sein, nach der bestimmte Kosten des Homeoffices mit der Vergütung abgegolten sind. Dazu zählen vor allem Infrastrukturkosten und Mietkosten.
Möchte das Unternehmen seinen Beschäftigten die Kosten des Homeoffice nicht vollständig, sondern nur teilweise erstatten, bietet sich eine monatliche Pauschale oder auch eine bestimmte Summe für die Erstausstattung an.
Zudem können Beschäftigte ihre Mehrkosten im Homeoffice seit 2020 in Höhe von fünf Euro pro Tag und bis zu maximal 600 Euro pro Jahr steuerlich geltend machen. Dieser Betrag ist auf die Werbungskostenpauschale anzurechnen.
Arbeitszeiterfassung
Nach dem derzeit geltenden Arbeitszeitgesetz müssen im Homeoffice – wie auch im Büro – Überstunden dokumentiert werden. Das sind alle Arbeitsstunden, die über acht Stunden pro Werktag hinausgehen sowie alle Stunden an Sonn- und Feiertagen. Nach dem jüngsten Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Arbeitszeiterfassung von 2019 müssen Unternehmen ein objektives, verlässliches und zugängliches Arbeitszeiterfassungssystem einrichten. Dieses muss dokumentieren, dass die gesetzlich vorgeschriebenen Pausen-, Ruhe- und Höchstarbeitszeiten eingehalten werden.
Ob Arbeitgeber bereits zur Einrichtung eines solchen Zeiterfassungssystems verpflichtet sind, bevor der deutsche Gesetzgeber das Arbeitszeitgesetz entsprechend angepasst hat, wird unterschiedlich beurteilt, wenngleich überwiegend abgelehnt. Entwürfe eines neuen Arbeitszeitgesetzes liegen noch nicht vor, auch wenn von Regierungsseite bereits Gutachten in Auftrag gegeben worden sind, wie eine EuGH-konforme Gesetzesänderung aussehen könnte. Bevor Unternehmen ihr elektronisches Arbeitszeiterfassungssystem kostspielig aktualisieren oder neu anschaffen, ist ihnen daher zunächst zu raten, eine Gesetzesänderung oder zumindest weitere Entwicklung der Rechtsprechung abzuwarten.
Unfallversicherung
Die gesetzliche Unfallversicherung greift auch im Homeoffice während der Arbeitstätigkeit oder auf dem unmittelbaren Weg dorthin. Durch die neue Regelung in § 8 Abs. 1 Satz 3 SGB VII sind nun auch Wege im Haushalt, etwa in die Küche oder ins Bad, ebenso versichert wie Wege im Betrieb.
Homeoffice im Ausland
In jedem Fall zu regeln ist auch, wie mit Homeoffice im Ausland umgegangen werden soll. Soll dies unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt oder ganz verboten sein? Dabei sind neben dem Aspekt der Datensicherheit vor allem die sozialversicherungsrechtlichen und steuerrechtlichen Folgen der Arbeit im Ausland zu bedenken.
Beendigung der Homeoffice-Tätigkeit
Schließlich ist die Regelung zur Beendigung der Homeoffice-Tätigkeit wichtig. Ein Grund, Mitarbeiter wieder zur Präsenzarbeit im Büro zu verpflichten, kann etwa darin liegen, dass dies aufgrund einer Änderung der Arbeitsaufgaben oder wegen vermehrter Abwesenheiten im Team wieder erforderlich ist.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Um die Arbeit im Homeoffice zu regeln, sollte stets eine Bestandsaufnahme durchgeführt werden, die sowohl die Bedürfnisse von Unternehmen als auch von Beschäftigten berücksichtigt. Und schließlich sind nicht nur Regelungen wichtig, sondern vor allem auch die entsprechende Kommunikation des Unternehmens gegenüber seiner Belegschaft. Da die Rechtslage in vielen Punkten noch unklar ist, sollten die bestehenden Regelungen in regelmäßigen Abständen auf ihre Aktualität überprüft werden.