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27.06.2016 | Arbeitsrecht | Schwerpunkt | Online-Artikel

Quo vadis Arbeitnehmerfreizügigkeit?

verfasst von: Andrea Amerland

3 Min. Lesedauer

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Freies Arbeiten in Großbritannien wäre für EU-Europäer nach vollzogenem Brexit nicht mehr ohne weiteres möglich. Fragen und Antworten zur Arbeitnehmerfreizügigkeit nach dem Referendum.

In Frankreich wohnen und in England arbeiten: Fast allen EU-Bürgern ist freigestellt, in welchem Land der Union sie leben und arbeiten möchten. Arbeitnehmerfreizügigkeit und Dienstleistungsfreiheit gehören zu den wichtigsten Säulen in der EU-Arbeitswelt. Die freie Wahl des Arbeitsortes ist eine der vier Grundfreiheiten, die innerhalb der Europäischen Union gelten sollen. Die anderen drei betreffen den Warenverkehr zwischen den Ländern, Dienstleistungen und den Kapital- und Zahlungsverkehr. 

Allerdings muss relativierend darauf hingewiesen werden, "dass von der Arbeitnehmerfreizügigkeit nicht annähernd so viel Gebrauch gemacht wird wie von den anderen Grundfreiheiten", heißt es im "Handbuch Europarecht" auf Seite 447.

Nichtsdestotrotz müssen nach dem Brexit die Bedingungen für den Arbeitnehmertransfer zwischen Großbritannien und den EU-Ländern neu geregelt werden. Das stellt insbesondere international aufgestellte Unternehmen vor Herausforderungen. Nach dem Austrittsvotum sind nun wohl langjährige Verhandlungen für ein Nachfolgeabkommen nötig.

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  • Wie ist das Thema Arbeitnehmerfreizügigkeit im EU-Recht geregelt?

Nach dem aktuellen Status Quo können Mitarbeiter, grenzüberschreitender Unternehmen in den Mitgliedstaaten nicht nur ohne gesonderte Beschäftigungs-oder Aufenthaltsbewilligungen arbeiten oder beschäftigt werden, sondern sind in diesen Ländern grundsätzlich auch zum Bezug von Sozialleistungen berechtigt. Die Rahmenbedingungen für den EU-weiten Einsatz von Arbeitnehmern ist im "Allgemeinen Freizügigkeits- und Aufenthaltsrecht" geregelt. 

  • Welche Konsequenzen hätte das Ende der Arbeitnehmerfreizügigkeit in Großbritannien?

Für Großbritannien wird somit künftig der Zugang zu Fachkräften schwieriger. Das würde auch deutsche Unternehmen betreffen, die dort aktiv sind. Sie müssten unter Umständen Visa für ausländische Mitarbeiter organisieren. Doch das könnte je nach Qualifzierungsgrad schwierig werden. Laut einer Studie der Universität Oxford erfüllen drei Viertel der EU-Ausländer die Vorgaben nicht, die für Bewerber außerhalb der Staatengemeinschaft gelten. Von den Arbeitnehmern aus dem EU-Ausland in Hotels und Restaurants erfüllen 94 Prozent nicht die existierenden Visa-Vorschriften. In der Landwirtschaft sind es sogar 96 Prozent. 

Das Verhältnis des Königreichs zur EU muss insgesamt neu bestimmt werden. Da derzeit ungewiss ist, wie lange diese Neubestimmung dauert, denken Medienberichten zufolge Hersteller wie BMW oder Telekommunikationsunternehmen wie Vodafone über eine Standortverlegung nach. Denn auf einen Mini, der in England gebaut wird, wäre bei der Ausfuhr nach Frankreich Zoll für den bayerischen Autobauer fällig. 

  • Wie könnte die Mobilität von Arbeitnehmern zwischen EU und Königreich geregelt werden?

Eine mögliche Lösung für das Problem wäre das Norwegen-Modell, dass für den so genannten Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) und auch für Liechtenstein und Island gilt. Diese drei Staaten haben vollen Zugang zum EU-Binnenmarkt und profitieren von der Arbeitnehmerfreizügigkeit. Sie zahlen sogar in den EU-Etat ein. Allerdings haben diese Länder kein Stimmrecht in Brüssel.

Fazit: Derzeit arbeiten rund 2,2 Millionen Menschen aus anderen EU-Ländern in Großbritannien, heißt es. Sie werden voraussichtlich bleiben dürfen. Das hatten im Vorfeld die Brexit-Befürworter zugesichert. Für alle, die aber jetzt eine Stelle im Königreich antreten möchten, ist die Situation hingegen ungewiss. Und das wird auch für einige Zeit so bleiben. Denn während die EU möglichst rasch die Scheidungsverhandlungen aufnehmen möchte, fährt London derzeit aus parteitaktischen Gründen eine Verzögerungspolitik.


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2012 | OriginalPaper | Buchkapitel

Arbeitnehmerfreizügigkeit

Quelle:
Handbuch Europarecht

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