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Auszug
Die Auseinandersetzung mit den „Systemgrenzen“ der Arbeitswissenschaft wurde schon in den 1970er und 1980er-Jahren eröffnet. So hat z. B. Schweres in der ZfA 1/1980 die Übertragbarkeit des Systemansatzes auf eine Theorie integrativ organisierter, interdisziplinär orientierter Arbeitswissenschaft erörtert, wobei sich die Diskussion zunächst auf das Mensch-Maschine bzw. Mensch-Technik Modell (Mikrosystem der Arbeit) konzentrierte. In Anlehnung an Fürstenberg (1975, 1978) hat er jedoch darauf hingewiesen, dass dies nicht übergreifende Probleme (z. B. Sozialorganisation) bzw. übergreifende Systeme umfasse, in denen Mensch-Maschine-Systeme eingebettet sind. In derart geschlossenen Systemen fehlt somit der Umweltbezug (Gesellschaftsbezug). In solchen Mikroarbeitssystemen wird in der Regel das System auch statisch betrachtet (Zeitpunktbezug). Aus dem Blick gerät dabei der dynamische Charakter menschlicher Arbeit (Prozesscharakter). Insofern bedarf es der Makrosysteme mit Umweltbezug (Schweres 1980). Diese Betrachtungsweise entspricht dem Konzept des sozio-technischen Systems (Zink 1997), wie es im Kontext des BMBF Förderprogramms „Humanisierung der Arbeit“ in den 1970er-Jahren mit Rückgriff auf die Studien des Tavistock Instituts wieder thematisiert wurde (Trist 1981). Mit der Erweiterung des Mensch-Maschine-Umwelt-Ansatzes entwickelte sich in den USA das Konzept Macroergonomics basierend auf der Analyse des Human-System Interface (Hendrick und Kleiner 2002). Trotz dieser Weiterentwicklung war der Betrachtungsgegenstand immer noch ein Arbeitssystem in einer Organisation. Einer gewissen Erweiterung der Betrachtungsweise folgte das Memorandum der Gesellschaft für Arbeitswissenschaft „Die Zukunft der Arbeit erforschen“ (GfA 2000), in dem die Thematik der „vernetzten Informations- und Arbeitswelt“ aufgegriffen wurde. Dennoch stand auch hier weitgehend ein nationaler Fokus in der Theorieentwicklung im Vordergrund. In der jüngeren Vergangenheit verstärkten sich die Auswirkungen der EU-Einbindung Deutschlands zudem im Forschungsbereich, was allerdings in der Regel „nur“ bedeutete, dass gleichartige Problemstellungen in unterschiedlichen Nationen gleichzeitig bearbeitet wurden. Die Notwendigkeit der Betrachtung der Arbeitsbedingungen in internationalen Beschaffungsketten (Zink 2014a, 2017) wurde eher durch Konzepte wie „Corporate Social Responsibility“ und die daraus weltweit resultierenden Gesetzgebungen initiiert, weil sich zeigte, dass die zunächst angestrebte Freiwilligkeit der Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung durch die Unternehmen nicht zum Erfolg führte. Aus arbeitswissenschaftlicher Sicht macht dies eine System-of-Systems-Betrachtungsweise erforderlich (Thatcher und Yeow 2016; Zink 2014b), d. h. man muss Arbeitssysteme in unterschiedlichen Unternehmen und Kontexten entlang der Lieferkette betrachten. Wenn man diese zusätzliche Perspektive benennen will, kann man z. B. von „Supply-Chain-Ergonomics“ reden (Zink 2017). Dabei muss man konstatieren, dass Globalisierung kein neues Phänomen ist, aber in der (internationalen) Arbeitswissenschaft bisher keine wesentliche Rolle gespielt hat. Die Sensibilisierung für nicht akzeptable Arbeitsbedingungen hat (national und international) jedoch zugenommen und den Ruf nach einer gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen für Ihr Handeln in der Lieferkette verstärkt. Dies schlägt sich in einer Reihe von Resolutionen und Gesetzen bzw. Gesetzentwürfen nieder, die es bis dahin nicht gab. Beispielhaft seien die UN Initiative „Business and Human Rights“ (OHCR 2011) und deren Umsetzung in nationale Aktionspläne, die Vorhaben der Europäischen Union (European Commission 2020) sowie die deutsche Initiative zu einem „Lieferkettengesetz“ (BMAS 2021) genannt. In diesem Kontext stellt sich die Frage, ob diese Entwicklung auch Chancen für eine Weiterentwicklung der Arbeitswissenschaft bietet. …
Z. B. im Zusammenhang mit einem Forschungsprojekt „Arbeitswissenschaft und globale Lieferketten – ein potenzieller Beitrag zu einer sozialen Marktwirtschaft in Zeiten der Globalisierung“ am Institut für Technologie und Arbeit e. V. an der TU Kaiserslautern, in dessen Kontext dieses Themenheft entstanden ist. Dieses Projekt wird von der Wolfgang Schultze Stiftung für soziale Verantwortung in der Marktwirtschaft finanziell unterstützt.